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Sein letztes Konzert

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18.05.2004
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Sein letztes Konzert

Der Konzertsaal wirkte unheimlich verlassen und still. Alles war wie Janusch es in Erinnerung hatte. Der glatte Parkettboden, die vielen Reihen mit den samtbepolsterten Stühlen, die großen Fenster, durch die sonst das Sonnenlicht flutete, vor die jetzt jedoch die Vorhänge gezogen waren, die sich weit oben wölbende Decke und mitten in diesem imposanten Saal, der alte Flügel. Die spärlichen Sonnenstrahlen, die sich einen Weg durch die schweren Samtvorhänge brachen fielen auf das staubige Piano, auf sein schwarzes Holz.
Janusch trat durch den Saal, auf den Flügel, SEINEN Flügel, zu. Er klappte ihn auf, seine Hände hinterließen Spuren im Staub. Wie lange hatte hier keiner mehr gespielt. Janusch legte seine Finger auf die schmalen Elfenbeintasten. Wundervoll mattweiß schimmernd waren sie noch, und das schwarze Ebenholz glänzte noch genau wie vor dreißig Jahren. Fast meinte Janusch auch er hätte sich nicht verändert, nur ein bisschen Staub wäre auf ihn gefallen. Doch als er auf seine Hände blickte, die auf genau denselben Tasten ruhten wie vor so langer Zeit, da sah er, wie alt er geworden war. Tiefe Falten zogen sich über seine Handrücken, seine Finger waren spröde und rissig geworden. Janusch schlug eine Taste an. Der helle Ton flog durch den leeren Saal, stieß in die Stille hinein, legte sich in dreißig Jahre alten Staub.
Janusch lauschte, bis er verklungen war. Fast konnte er das erwartungsvolle Publikum hören. Ausgelassen quatschende Damen in schönen Kleidern, fein bekleidete Herren mit Zigarre und Krawatte. Janusch erinnerte sich an die Anspannung, die Nervosität, das Kribbeln im Bauch, die viel zu kalten Finger. Er schlug einen Akkord an. Majestätisch hallte er durch den Saal. Das Sonnenlicht spielte mit dem Staub auf dem glänzenden Parkett. Janusch hatte das Spielen geliebt. Die Bewunderung der Leute, wenn seine Finger in unübertrefflicher Sicherheit und Geschwindigkeit eine Sonate oder ein Prelude spielten. Das Klavierspiel war sein Atem, der Beifall sein Blut. Wie oft hatte er hier gespielt! Auf genau diesem Flügel. Jedes Konzert hatte ihm große Freude bereitet. Fast jedes. Der alte Mann faltete die Hände im Schoß. Einmal, ein ganz besonderes Mal, war es schrecklich gewesen. Es war jetzt genau einunddreißig Jahre her und Janusch konnte sich stehen sehen. Hier, vor dem prachtvollen Flügel, als junger Mann. Hell strahlte an diesem Tag die Sonne und da die Fenster weit geöffnet waren, wehten die Vorhänge leicht. Der junge Janusch hatte am Klavier gelehnt, die Hände in den Taschen und sie angestarrt. Sie, die einzige weitere Person im Saal, außer Janusch selbst. Anna. „Spiel für mich…“, hörte er ihre Stimme durch den Saal hallen. Hell und klar war sie, genau wie Anna selbst es gewesen war. Langes, blondes Haar, schmal und in einem einfachen Kleid hatte sie dagestanden und jugendlich im Sonnenlicht gestrahlt. Janusch hatte sich tatsächlich an das Klavier gesetzt. Anna flüsterte: „… ein letztes Mal…“ Seine Finger hatten zu spielen begonnen. Er spielte Liszt, Chopin, Tschaikowski. Die Töne flogen durch die Halle und klagten. Sie trösteten ihn nicht, sondern sie flehten und weinten. Sie umschlangen Anna und flüsterten ihr von seinem Leid. Er hatte spüren können, dass sie genau wusste, was er fühlte. Doch was hatte es geändert? Janusch hatte seine Finger für ihn sprechen lassen und geweint. Er hatte gespielt, ohne Pause und als er endlich wieder aufgeblickt hatte, war sie fort gewesen. Nur das Sonnenlicht flutete herein und ließ das blanke Parkett strahlen. Janusch erhob sich und sah müde durch die verlassene Halle. Damals hatte sie nur einen Zettel zurückgelassen. „Es tut mir Leid“ Sie war gegangen, hatte ihm nur diese letzte Nachricht gelassen. War aus seinem Leben mit den klagenden Klängen des Flügels geflohen. Janusch schloss den schweren Deckel des Flügels. Wie verlockte ihn das alte Piano zum Spiel. Wie drängte es ihn. Er wandte sich ab. Sein letztes Konzert hatte er vor langer Zeit gegeben, an ein Publikum, das er wirklich geliebt hatte. Sein Konzert für Anna.

 

hallo
Gefällt mir..... schön! ;-)
Nur der Anfang ist ein wenig "holprig". Man kann sich nur stockend an den ort begeben..... Aber sonst, gut!

Sopirado

 

Moin, zith.
Kurz und ergreifend... und noch voller Fehler...
"z.B. Die Töne umschlAngen Anna..."
Dann, am Anfang würde ich lieber mehrere kurze Sätze bilden, dann ist es flüssiger... Entscheide dich, zwischen Flügel und Piano, denn ein Flügel ist ein Pianoforte, das klänge aber doof...
dennoch, die Atmosphäre ist stimmig, wenn du sie entweder flüstern, oder rufen lässt..."spiel für mich... ein letztes mal... bitte???"Beschreibe noch die Blicke zwischen ihnen, als dieser Satz gefallen ist... dass sie während des Konzertes verschwindet ist aber gut gelöst, es hätte tatsächlich so sein können...
Lord
Lord

 

Moin!

@ Sopirado: Freut mich, dass es dir gefallen hat! :)

@ Lord: Ja... mit den Fehlern hab ich noch nicht so genau geguckt... Muss ich dann wohl nochmal machen. :Pfeif:
Aber jedes Klavier ist ein Pianoforte. Nicht nur ein Flügel. Darum habe ich es auf Piano verkürzt. ;)
Danke für deine Kritik... Werde versuchen, sie in meinen nächsten Geschichten anzuwenden.

Greetz

Zith

 

Hi zith,
eine nette Geschichte, die an einigen kleinen Schwächen leidet. Die Liebe, welche die beiden Prots wohl empfunden haben, kommt nicht richtig herüber und am Anfang denkt man, es wäre eine Geschichte über das Älterwerden, doch plötzlich geht es um Anna. Hier steckt viel Potential; zwei Ideen, eine story...
Außerdem fliegen verdammt viele Töne durch den Saal ;) Vorsicht vor zu vielen Wiederholungen in einem so kurzen Text.
Ansonsten ist dir die das letzte Konzert wirklich gut gelungen.

Grüße...
morti

 

Hi morti!

Vielen Dank für dein Lob und deine Verbesserungsvorschläge! :)
Werde ich sicher in meinen nächsten Geschichten anwenden.

Bye :)
Zith

 

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