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21.04.2004
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Sie

Blitze, aus Licht. Sie ziehen vorbei wie Wasser in einen sich schnell bewegenden Fluss. Der Mond spiegelt sich in tausenden Fenstern wieder. In jedem steht ein Gesicht und schaut. Alle sehen auf SIE… rennt um ihr Leben.
Ihre Lungen keuchen vor Erschöpfung, sie können den Sauerstoffandrang nicht verarbeiten. Alles Überschüssige setzt sich mit seiner Eiseskälte in ihrem Körper ab.
Die Gesichter sind anklagend, verwundert und verärgert. Sie verstehen nicht, wieso SIE läuft, wieso SIE weint und nicht einfach stehen bleibt. Der Verfolger, er ist schon ganz nahe. Ein langer schwarzer Umhang und eine grausame Maske verhüllen ihn. Das Messer, einen halben Meter lang, zittert in seiner Hand. Es weint vor Verlangen, es weint Blut. Das Monster ruft ihr hinterher: Bleib stehen!
SIE will aber nicht. Immer noch mobilisiert ihr Körper Energie. Wenn man genau hinsieht, bemerkt man, wie ihre Haare von diesem Energieaufwand langsam weiß werden. Ihre Pupillen zucken wild umher; sie suchen etwas, Hilfe. Alle Bewohner haben ihre Türen verschlossen, und keiner, nicht einmal die herzensguten unter ihnen, machen ihr das eigene Haus zum Versteck. Keiner, hörte SIE sich sagen, keiner von euch hilft mir. Es ist aus!
Bleib stehen, hört SIE das Monster erneut, dieses Mal viel näher. SIE spürt den Tod mit langen Fingern nach ihr greifen.

Ein schrilles Orchester wird laut. Tausende Vögel zwitschern, kalte Luft umweht ihr Gesicht. Der Boden ist hart, mit tausenden kleinen Holzsplittern übersät, die sich tief in ihre Rippen bohren. Sie versucht aufzustehen, greift in die Luft, sucht einen Halt, und fällt wieder zu Boden. Unerträgliche Schmerzen überfluten ihr Gehirn. Alles fängt an zu pulsieren, rote Blitze durchzucken ihre Augen.
Sie sieht sich um, so gut es geht. Der ganze Wald, in dem sie liegt, ist voll von Bäumen, die sie nie zuvor gesehen hat. Es sind hohe, gerade Bäume, aus denen Stacheldraht wächst.
Plötzlich hört sie eine Stimme. Sie versucht zu schreien, aber ihr Hals ist wie zugeschnürt. Jeder Ton schmerzt, und zerbricht gleich an der eiskalten Luft zu Millionen Splittern. Bald ist der Platz um sie herum voll von glitzernder Verzweiflung.
Eine Hand legt sich um ihre Schulter. Diese Hand zieht sie hoch. Ihre Beine wollen sie nicht tragen, sie wird gestützt. Es sind zwei Gestalten, klein, mit hohen Stimmen.
„Wer seid ihr?“, fragt sie zitternd.
„Freunde“, sagen sie.
„Wohin bringt ihr mich?“
„Auf eine Lichtung. Dort versammeln wir uns.“
Durch die vielen Baumreihen hindurch kann sie die Lichtung sehen. Sie ist riesig. Das Blitzen in ihren Augen lässt nach.
Als sie auf die Lichtung kommt, reißt sie sich von ihren Begleitern los und schleppt sich vorwärts, bis zu einem hohen Pfahl. Sie betrachtet das Holz, tastet mit ihrer Hand an ihm entlang. Dann blickt sie nach oben. Dort hängt ein Mann. Seine Leiche weht langsam im Wind. Er trägt eine Maske, ein riesiges Messer wurde in seinen Brustkorb gesteckt. Aus der Maske tropft Blut; auf dem Boden hat sich ein Rinnsal gebildet. Ein Lächeln tritt auf ihr Gesicht, genauso kalt wie die Luft um sie herum. Die beiden Gestalten kommen zu ihr und bleiben neben ihr stehen.
„Ihr habt ihn getötet?“, fragt sie ungläubig, erleichtert.
„Ja.“
„Wie habt ihr das geschafft?“
„Der Tod ist nicht leicht zu bezwingen“, sagt einer der beiden. „Er windet sich und schlägt um sich wenn er erwischt wird, aber wir haben eine Möglichkeit gefunden. Jetzt sind sie alle tot.“
„Was meinst du mit ‚alle’?“
„Dreh dich um!“
Sie dreht sich von dem hängenden Mann weg. Plötzlich schnürt sich ihr Magen zusammen, aus ihrem Mund dringt ein hoher, ungläubiger Ton. Sie sieht Pfähle, so wie ihren eigenen, in den Boden gerammt. Millionen von ihnen erstrecken sich bis zum Horizont. An jedem, sie ist sich sicher, hängt jemand. Die Maske des Toten hinter ihr fällt mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden. Sie sieht nach hinten. Ein junger Mann, vielleicht zwanzig Jahre alt, hängt an dem Pfahl, seine Leiche weht leicht im Wind. Aus seinem Mund und seinen Augen tropft Blut langsam auf den Boden.
„Es ist ein Mensch“, sagt sie überrascht.
„Das waren sie alle“, erwidern ihre Begleiter. „Bis sie diese Masken aufgesetzt haben. Sie haben das bekommen, was sie verdient haben!“
Gesänge werden laut. Geigen werden gespielt. Auf der riesigen Lichtung versammeln sich alle, die noch am Leben sind. Sie kommen aus dem Wald und fangen an zu tanzen und zu singen.
Die beiden Kleinen stehen noch immer neben ihr. Einer von ihnen geht auf den Pfahl zu. Er sieht mit einem stummen Lachen auf die Leiche. Dann nimmt er die Maske in die Hand und setzt sie auf. Wie ein Affe klettert er an der Leiche hoch und zieht das Messer aus dem Brustkorb. Eine Fontäne aus Blut übersät ihn. Als er wieder auf dem Boden ist, fließt es an ihm herab wie dickflüssiger Schleim.
Er sieht sie an, bemerkt ihr Zittern, ihre Schwachheit, und sagt:
„Gehen wir tanzen!“

 
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Erstmal danke an euch beide

@Gisele:vielen Dank für das Lob. Die Stelle, von der du meinst, danach sei die Geschichte nicht mehr so gut zu lesen: an dieser Stelle war ich mir nicht wirklich sicher, ob ich DEN Tod meine oder eben alle Vergewaltiger, Mörder, Nazis usw. Ich habe mich dann für die Masse entschieden; die kleinen Zwerge sind die Verfolgten, ebenso wie SIE
Die kleinen Zwerge haben es aber geschafft, im Gegensatz zu ihr, nicht nur ihren "persönlichen" Verfolger zu vernichten, sondern alle anderen mit. Sie (die Zwerge) sind durch diese Tat genau zu dem geworden, wovor sie anderen Schwachen und Verfolgten beschützen wollten

@Red:
Du hast vielleicht recht. Wenn du mit der "Geschichte" immer noch nichts anfangen kannst, nachdem du meine Erklärung gelesen hast, dann ist sie einfach nur schlecht.

Viele Grüße an euch

Dust

 

hallo dust!
erst mal was zu anfang

Wenn du mit der "Geschichte" immer noch nichts anfangen kannst, nachdem du meine Erklärung gelesen hast, dann ist sie einfach nur schlecht
diese aussage wäre für mich als kritiker eine "alptraum-aussage"...
es geht doch nicht darum, dass du deine geschichte so schreibst, dass sie allen gefällt und kein kritiker würde so etwas erwarten. kritiken sind dazu da, einen denkanstoss zu geben, vielleicht etwas zu verbessern oder einfach nur um einen anderen standpunkt zu beleuchten, nicht dazu deine geschichte in eine rolle zu zwägen oder sie gänzlich zu verändern!
es ist deine geschichte, dein werk, und wenn es dir gefällt, dann lies die kritiken aufmerksam, schau welche ideen du aufnehmen kannst, aber lass dich doch nicht so sehr verunsichern...ach je...komme total von thema ab! sorry:-)

zu deiner gescichte:
finde deinen stil sehr schön...prägnant ud ausdrucksstark an so vielen stellen!!
inhaltlich gefällt mir deine geschichte auch, doch ist mir der tod am anfang schon zu genau bescrieben..hätte etwas so vielfältiges wie den tod etwas mehr im dunkeln gelassen...
dafür finde die eigtnliche "pointe" des textes etwas zu schnell kommend, zu durchstichtig...schwer zu erklären was ich meine...

nunja, also ich fand deinen stil schön und die idee interessant...
das wars eigetnich:-)

ftte

 

Finde deinen Stil, besonderns den Anfang sehr, sehr schoen.
Ich finde, das Problem ist zum Teil die Ueberleitung zwischen Teil eins und zwei.
Auf dem Bauch liegend wuerde ich dafuer nicht benutzen. Als ich das durchgelesen habe, dachte ich nur hae? Man muss sofort merken, dass beide Teile zusammengehoeren.
Naechste Sache: dunkelgruene Tannen haben meiner Meinung nach nichts mit Alptraum zu tun. Beschreibe lieber die Situation wie am Anfang. Man merkt durch solche Sachen, m.E. dass du nicht mehr so ganz genau wusstest was du wolltest, wie am Anfang.
Geschluckte Spucke finde ich nicht so schoen. Vielleicht faellt dir was besseres ein... .
Ich finde diesen einen Satz mit dem Tod der sich windet sehr nett. Schreib doch bitte danach, dass sie in den Toten die Moerder etc wiedererkennt. Dann weiss man auch, wer damit gemeint ist und das ganze ergibt einen Sinn. Ich hatte davor keine Ahnung, wer ALLE sind.
Kannst du nicht einen anderen Ausdruck als Zwerg finden? Das erinnerte mich sofort an Fantasy und hat mich total auf die falsche Faehrte gebracht. Meinetwegen kleine Maennchen oder sonst was. Nichts, womit man aber schon irgendwas assoziiert.


Ich stimme meinem Vorredner vollkommen zu. Sage nie ueber deine Geschichte, dass sie einfach nur schlecht ist, weil ein einziger mal meint, deine Geschichte zerreisen zu wollen. Ich kann auch Kafka (wenn wir schon in dem Gebiet sind) zerreisen, aber macht das seine Geschichten schlechter? Nein, wohl kaum. In dem Fall heisst das wohl nur, dass ich von Kafka keine Ahnung habe :Pfeif:. Selbst wenn ich Ahnung haette... .

 

Erstmals vielen Dank für eure Kritik,

hab mich sehr darüber gefreut, auch über die mehr positive als negative Aussage.

Ihr habt ja Recht, ich sollte mich nicht so sehr verunsichern lassen, aber das ist für mich nicht so einfach.

Die Überleitung zwischen Teil 1 und Teil 2 besser zu gestalten, ist eine gute (und zwingende) Idee. Ich werde es in den nächsten Stunden/Tage durchführen.

Ich mach mich mal an die Arbeit,

vielen Dank nochmal,

Dust

 

Tja, da ich gerne fuer den moralischen Dampfhammer zu haben bin, finde ich den Schluss ziemlich gut. -Auch wenn ich nicht dieser Meinung bin. Was mir so nebenbei einfaellt. Den Tod kann man nicht toeten. Damit wird naemlich der Killer zum Tod. Warum stellst du es nicht so dar, dass die kleinen versuchen den Tod umzubringen, es schaffen, aber dann selbst zum tod werden (in dem sich ploetzlich ihre Gestalt in die des Todes verandert oder so). Damit haettest du den Dampfhammer zur Seite geschoben und bildlich die Selbe "message"ruebergebracht.

 

@ Zao: vielen Dank erstmal für deine Kritik

Die Dame ändert ihre Meinung ziemlich schnell, wenn sie zuerst weiße Haare aus Furcht vor jemandem mit einem 50cm langen Messer bekommt, andererseits später aber dessen Mörder verurteilt.
Stell es dir einmal so vor: "die Dame" ist Jüdin und wurde von Nazis verfolgt, die sie in KZs stecken wollten. Dann aber, fast plötzlich, wurden die Nazis in den Nürnberger Prozessen alle zum Tode verurteilt und sind von den Verfolgern zu Verfolgten geworden. "Auge um Auge, Zahn um Zahn" - damit kann "die Dame" nicht leben. Das findet sie genauso wenig in Ordnung, wie ihre eigene unbegründete Verfolgung. Ich werde es aber alles noch deutlicher machen im Rahmen meiner Überarbeitung.

@ Red Right Hand

Aber ich habe doch keine Geschichte zerreißen wollen. Schon recht nicht diese hier! Mir sagt sie zwar tatsächlich nichts - auch nach den Erklärungen - weil sie mir vor allem etwas zu gewollt erscheint. Jedoch finde ich nicht, dass diese Geschichte schlecht ist.
Ich habe es nicht so aufgefasst, dass du meine Geschichte zerreißen wolltest. Dass sie dir immer noch nichts sagt, finde ich schade. Deswegen habe ich auch geschrieben: wenn du sie nach meiner Erklärung immer noch nicht verstehst, dann scheint sie nicht die Message (wenigstens dir gegenüber) zu vermitteln, wie beabsichtigt. Ich würde mich darüber freuen, wenn du die überarbeitete Version lesen und kritisieren würdest. Ich kann dir ja eine PM schicken, wenns soweit ist.

@Tommy

Den Tod kann man nicht toeten. Damit wird naemlich der Killer zum Tod.
Genau so war meine Geschichte auch gemeint. Die "Zwerge" mutierten von den "Befreiern" zu "Verfolgern". Sie wurden zu dem, was sie beseitigen wollten.
"Auge um Auge, Zahn um Zahn"
Warum stellst du es nicht so dar, dass die kleinen versuchen den Tod umzubringen, es schaffen, aber dann selbst zum tod werden (in dem sich ploetzlich ihre Gestalt in die des Todes verandert oder so).
Gute Idee

Viele Grüße

Dust

 

hab mir grad die idee von tommy durchgelesen und finde sie ganz toll:-)
wollt ich nur mal anmerken :-)

liebe grüße
frotte

 

So, hab sie geändert/überarbeitet

Ich hoffe, jetzt ist sie leichter verständlich.

 

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