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So viele rote Rosen

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14.08.2004
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So viele rote Rosen

So viele rote Rosen


Er lebte alleine. Sein kleines weißes Haus stand etwas abseits der anderen und wirkte verwahrlost und herunter gekommen. Die Fensterläden klapperten unheimlich bei Sturm und die Dachziegeln waren von einer dicken grünen Moosschicht überwuchert.
Doch so verlottert sein Haus auch sein mochte, so wunderschön war sein Garten. Er hegte und pflegte ihn mit einer Ausdauer, die Argwohn hervorrief.
Hunderte exotische Pflanzen zierten sein Grundstück und trotz deren Pracht waren es die Rosen, die er so liebte, um die er sich mit grenzenloser Leidenschaft und Hingabe kümmerte. Riesige Rosenstöcke rahmten den kleinen Pfad in seinem Garten ein und mitten auf der penibel auf eine Länge gekürzten Rasenfläche wuchs ein Rosenstock, schöner als alle anderen, mit tiefroten Blüten. Jeden Sommer erblühten sie in neuer Pracht, starben langsam, um im Frühling wiedergeboren zu werden.
So verströmten sie auch dieses Jahr einen berauschenden Duft, der die Sinne benebelt.
Der Mann schnitt eine frische rote Blüte vom Stock, als alte Erinnerungen in ihm aufkeimten.
„So viele rote Rosen“, hat sie gestaunt. Und sie hat gelacht und sich an ihrer Schönheit erfreut.
Er verwarf die Erinnerungen und vertiefte sich in einen Gedanken.
Wie soll ich sie ihr überreichen? Einfach als Rose an sich, oder doch lieber geschmückt mit anderen Pflanzen und Farnen.
Sie ist eine solide, stilvolle Frau. Immer die Haare zu einer komplizierten Frisur hochgesteckt, die Lippen blutrot geschminkt, die Augen dunkel, doch nicht zu aufdringlich...

All diese Überlegungen bewogen ihn dazu, ihr nur eine einzige Rose zu schenken.
Sie wird sie zu schätzen wissen...

Er rekonstruierte den vergangenen Abend in seinem Kopf.
Ich habe mich auf dem Geschäftsessen vorgestellt. Ich war zuvorkommend und charmant, so bin ich immer. Habe ihr vielsagende Blicke zugeworfen, ihr zugezwinkert. Ich habe ihr in den Mantel geholfen und ihr die Türe aufgehalten. So was wollen die Frauen.
Er grinste selbstgefällig, zufrieden, wie gut er sie kannte. Er könnte sie alle haben, das wusste er. Doch er wollte sie nicht alle. Nur wenige hatten das Glück von ihm auserwählt zu werden. Ja, auserwählt, so nannte er es.
Immer noch völlig in Gedanken kehrte er zurück in sein kleines Heim und stellte die Blume in kaltes Wasser.
Dann klingelte das Telefon. Er schüttelte den Kopf, als müsse er die Gedanken erst abschütteln, bevor er sich etwas anderem widmen konnte. Er lies es noch zwei Mal klingeln und nahm erst dann den Hörer ab.
Eine Frauenstimme meldete sich, und er erkannte sie sogleich. Diese feine, zarte Stimme, das hauchige Geräusch ihres Atems, wenn sie ein wenig nervös Luft einzog. Wüsste er es nicht besser, so hätte er manchmal fast denken können er spräche mit ihr: Sein Mädchen war etwas ganz besonderes gewesen, doch ihm war klar, er würde sie nicht wieder sehen. Sie war mit seinen Rosen gestorben, aber im nächsten Frühling nicht wiedergekehrt. Und einen Moment lang trauerte er um Ria. Doch dann überwog wieder der Hass in seinen Erinnerungen.
Ich würde nur meine Rosen lieben, sie dagegen vernachlässigen. Ich hätte ihr nicht genug gegeben, wäre so fordernd gewesen, nicht genug auf sie eingegangen, nicht zugehört, nicht dies, nicht das...
Er spürte, wie der Hass auszubrechen drohte. Fühlte die Hitze in sich aufsteigen. Doch er war stark. Er hatte sch unter Kontrolle. Immer, fast immer.

Wann sie kommen sollte, wollte sie wissen. Sie flötete ins Telefon und er überlegte, ob nicht doch ein Rosenstrauß besser wäre. Er sagte ihr, sie solle gegen Acht bei ihm sein und legte auf.

Ich habe sie unter Kontrolle und mich. Ich habe uns beide unter Kontrolle und alles läuft perfekt.
Er zog sich um, legte einen herben Duft auf und striegelte sein schwarzes Haar zurück. Ein zwei Strähnen ließ er locker in die Stirn fallen. Zufrieden betrachtete er sich im Spiegel.
Sie mochte es, wenn ich mein Haar so trug.
Er lächelte sich verführerisch an.
Punkt acht Uhr schellte es an der Tür. Er öffnete und sie stand vor ihm. Sie war schön, zweifellos. Sie trug ein caramellfarbenes Kleid, das ihre schlanken Hüften locker umspielte. Der leichte Seidenstoff umwehte ihren Körper und ihre Brüste zeichneten sich fein darunter ab.
Ihr Haar war nicht streng zurückgesteckt, sondern fiel wellig über ihre Schultern.
Sie sieht gut aus. Ich mag ihr Haar, mag wie sie duftet.
Er machte ihr reichlich Komplimente, brachte sie in Verlegenheit doch errettete sie sofort mit einem lockeren Spruch. Sie tranken viel Wein und unterhielten sich angeregt. Es war ein gelungener Abend.

Danach trafen sie sich noch einige Male, bei ihm, oder bei ihr. Ihre Gefühle zu ihm wurden stärker und man kam sich langsam näher.
Mit der Zeit war sie zu ihr geworden. War nicht länger die Arbeitskollegin. War sein Mädchen. Seine Ria. Ihr Gesicht war mit dem ihrem verschmolzen, er hörte ihr Lachen und spürte die Liebe in sich.

An einem schönen Sommertag beschloss er ihr den Garten zu zeigen. Er führte sie hinaus und sie bewunderte all die Blumenbeete und Pflanzen.
Und als sie den tiefroten Rosenstrauch erblickte war sie wie verzaubert.
„So viele schöne Rosen“, seufzte sie und wendete den Blick nicht von ihnen.
„So viele schönen Rosen“, das hast du schon einmal gesagt...Ja, am Anfang hast du sie geliebt. Doch mit der Zeit wuchs die Eifersucht in dir. Du konntest nicht ertragen, dass die Rosen genau soviel Platz in meinem Leben einnahmen wie du selbst. Plötzlich war ich dir zu brutal, zu lieblos. Du undankbares Mädchen. Ich habe dir alles geben, doch du, du hast gesagt ich würde dich beherrschen, dich einengen. Wie konntest du nur?
Und unendlicher Hass brodelte in ihm.
Und als sie ihm ein liebliches Lächeln zuwarf konnte er nicht mehr, verlor die Kontrolle.
Noch habe ich dich unter Kontrolle. Noch kann ich dich regieren und du bist mein. Ich werde nicht zulassen, dass du es noch einmal tust. Ich werde entscheiden wann du stirbst. Du hattest nicht das Recht einfach zu gehen. Nein, du warst undankbar...
Und er warf sie zu Boden. Sie stießen gegen den Rosenstock und es regnete rote Blütenblätter.
„Du hattest kein Recht einfach zu gehen. Du hast mich nicht gefragt. Hast mich einfach im Stich gelassen. Du...“
Er schlug auf sie ein, hielt ihr Mund und Nase zu.
Sie versuchte sich zu wehren, zu schreien. Sie zappelte, doch sie war nicht stark genug. Sein Griff war fest und sie konnte ihm nicht entkommen.
Und ganz plötzlich gab sie auf. Sie wehrte sich nicht mehr, lag ganz still. Ein tiefrotes Blutrinnsal lief wie ein Riss durch ihre Stirn.
Und als er die Hand von ihrem Gesicht nahm, erkannte er sie.
Sie war nicht seine Ria, und einen Moment lang schockierte ihn das. Doch dann überströmte ihn das Gefühl von Macht. Er hatte sie unter Kontrolle. Er hatte entschieden, wie lange sie bei ihm bleiben würde. Das war sein Recht. Sie war sein, denn er hatte ihr alles gegeben.
Befriedigt stand er auf und lies die Frau liegen.
Er wendete sich seinen Rosen zu. Viele Blüten waren im Kampf gefallen, bedeckten den schönen Rasen. Und er trauerte um seine schönen Rosen. Doch dann fasste er sich wieder. Er wusste, sie würden wiederkommen.
Ja, so viele schöne Rosen. Und nächstes Jahr wird sich wieder jemand an ihnen erfreuen.

Die Gewalt fängt nichts an, wenn einer eine erwürgt.
Sie fängt an, wenn einer sagt:
„Ich Liebe Dich: Du gehörst mir!“
Erich Fried

 

keine ahnung was mit mir los ist, solche geschichten sind gar nicht nach "meiner art", aber ich werde von diesen bösen gedanken geradezu verfolgt:)

sollte ich noch mehr absätze machen, oder kann man das so einigermaßen lesen?

liebe grüße
frotte

 

Hallo Frotte,

wenn dich die bösen Gedanken verfolgen, dann schreib sie doch einfach auf!

Mir hat deine Geschichte gut gefallen. Meiner Meinung nach schilderst du die Besessenheit des Mannes von seinen Rosen sehr schön... auch die Verwechslung mit seiner ersten Frau/Freundin Ria arbeitest du gut aus.
Allerdings hätte ich mir für deinen Prot. etwas mehr Charaktertiefe gewünscht - man erfährt zu wenig von ihm, außer von seiner Besessenheit von den Blumen und dass er Augenscheinlich recht eingebildet ist.
Vielleicht kannst du da noch mal drüber gehen?
So bleibt man beim Lesen sehr distanziert!

Ich habe die meisten deiner Geschichten gelesen. Fand die meisten auch sehr gut, bei dieser finde ich sie "nur" gut - eben aus oben genannten Gründen!

Beim Lesen hatte ich das Gefühl du hast einige Kommas vergessen, aber da ich da selber nicht so toll bin kann ich dir da leider nicht helfen. Vielleicht gehst du deinen Text bezüglich dessen noch einmal durch?

Ansonsten ein riesiges Lob - ich habe selten ein 16-jähriges Mädchen gesehen, dass sooooooo gut schreibt! Ich kritisiere deine Geschichten auch nur, weil ich mir denke: Die ist soooo gut, die könnte das nooooch besser! :) Verstehst du was ich meine?

LG
Bella

 

hi bella!
ganz lieben dank für die konstruktive UND gute kritik:)
freut mich, dass dir meine geschichten gefallen haben!
jaja...die kommas...deutsch-leistugskurs uund trotzdem keine ahnung:)

vielleicht schaff ichs noch am wochenende den charakter etwas besser zu veranschaulichen, danke für den tip!

liebe grüße
frotte

 

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