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Sprache im Ausverkauf
Sprache im Ausverkauf
Alles begann in unserem örtlichen Supermarkt, in dem seit neuestem Mitarbeiter, die vormals hinter der Fleischtheke standen, eine Filiale der Deutschen Post AG betreiben. Soweit die neuen Aufgaben aus dem Verkauf von Briefmarkenbögen bestehen, funktioniert das auch ganz wunderbar. (Geschnitten oder am Stück?) Doch an jenem Nachmittag wollte ich mir einen „Gebühr bezahlt“-Stempel ausleihen. Kein Problem, sagte man mir, ich müßte nur eine Gebühr von 30 EUR bezahlen. Ich fragte süffisant zurück, ob es sich wirklich um eine Gebühr oder nicht doch eher um einen Pfand handelte, heutzutage müsse man ja schließlich mit allem rechnen. Nein nein, eine Gebühr, die ich aber selbstverständlich zurückbekäme, brächte ich den Stempel zurück. Diese Garantie reichte mir dann aus, und ich übergab den geforderten Betrag, ohne im folgenden eine semantische Diskussion über die Wörter „Gebühr“ und „Pfand“ anzuzetteln.
Da ich mich gerade schon in einem Supermarkt befand, besorgte ich mir noch einige kulinarische Kleinigkeiten, die ich dann, um mir 1,50 m schweren Schleppens zu ersparen, auf das Ende des Förderbandes zur Kasse legte, an der gerade einer dieser unendlich langen Zahlungsvorgänge mit einer ec-Karte stattfand. Als sich von hinten ein weiterer Kunde näherte, der genau wie ich alle seine Einkäufe in Ermangelung eines Einkaufswagen respektive –korbes bei sich trug, schob ich meine Sachen ein Stück nach vorne. Daraufhin dankte mir dieser, daß ich ihm so nett intuitiv Platz gemacht hätte. Jetzt reichte es mir langsam. Ich erwiderte, genau gesehen zu haben, wie jemand voll bepackt hinter mir steht und daß es mithin eine bewußte Entscheidung war, hier ein wenig Platz zu machen. Mein Hintermann fuhr jedoch unbeirrt fort, daß es doch diese kleinen Dinge des Lebens seien, die Menschen zusammenbrächten, die Teil und Ausdruck eines wunderbaren Ganzen seien, so wie wir nun ins Gespräch gekommen wären, usw. usf.. Ich wünschte mir, ich hätte die Sachen intuitiv liegen lassen.
Als dieses überstanden war, machte ich mich auf den Nachhauseweg, auf dem meine Nase ein wenig zu laufen anfing. Also betrat ich eine Apotheke, um eine Packung Taschentücher käuflich zu erwerben. Hier bediente mich ein Apotheker, der die Waren- Geld- und Wechselgeldübergabe mit einem auffällig eintönigen und vorprogrammiert klingenden Bitteschön – Dankeschön – Bitteschön – Gute Besserung begleitete. Ich bedankte mich, erklärte aber noch, daß es so schlimm nicht um mich stünde. Zu Hause berichtete ich meinen Mitbewohnern, neben den anderen Abenteuern, auch von diesem Erlebnis. Erhärtet wurde mein Verdacht des übertrieben routinierten Verhaltens des Apothekers durch einen meiner Mitbewohner, der unlängst in ebendieser Apotheke eine Packung Kondome kaufte, und auch ihm wurde „Gute Besserung“ gewünscht...