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Sprache im Ausverkauf

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07.01.2002
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Sprache im Ausverkauf

Sprache im Ausverkauf

Alles begann in unserem örtlichen Supermarkt, in dem seit neuestem Mitarbeiter, die vormals hinter der Fleischtheke standen, eine Filiale der Deutschen Post AG betreiben. Soweit die neuen Aufgaben aus dem Verkauf von Briefmarkenbögen bestehen, funktioniert das auch ganz wunderbar. (Geschnitten oder am Stück?) Doch an jenem Nachmittag wollte ich mir einen „Gebühr bezahlt“-Stempel ausleihen. Kein Problem, sagte man mir, ich müßte nur eine Gebühr von 30 EUR bezahlen. Ich fragte süffisant zurück, ob es sich wirklich um eine Gebühr oder nicht doch eher um einen Pfand handelte, heutzutage müsse man ja schließlich mit allem rechnen. Nein nein, eine Gebühr, die ich aber selbstverständlich zurückbekäme, brächte ich den Stempel zurück. Diese Garantie reichte mir dann aus, und ich übergab den geforderten Betrag, ohne im folgenden eine semantische Diskussion über die Wörter „Gebühr“ und „Pfand“ anzuzetteln.
Da ich mich gerade schon in einem Supermarkt befand, besorgte ich mir noch einige kulinarische Kleinigkeiten, die ich dann, um mir 1,50 m schweren Schleppens zu ersparen, auf das Ende des Förderbandes zur Kasse legte, an der gerade einer dieser unendlich langen Zahlungsvorgänge mit einer ec-Karte stattfand. Als sich von hinten ein weiterer Kunde näherte, der genau wie ich alle seine Einkäufe in Ermangelung eines Einkaufswagen respektive –korbes bei sich trug, schob ich meine Sachen ein Stück nach vorne. Daraufhin dankte mir dieser, daß ich ihm so nett intuitiv Platz gemacht hätte. Jetzt reichte es mir langsam. Ich erwiderte, genau gesehen zu haben, wie jemand voll bepackt hinter mir steht und daß es mithin eine bewußte Entscheidung war, hier ein wenig Platz zu machen. Mein Hintermann fuhr jedoch unbeirrt fort, daß es doch diese kleinen Dinge des Lebens seien, die Menschen zusammenbrächten, die Teil und Ausdruck eines wunderbaren Ganzen seien, so wie wir nun ins Gespräch gekommen wären, usw. usf.. Ich wünschte mir, ich hätte die Sachen intuitiv liegen lassen.
Als dieses überstanden war, machte ich mich auf den Nachhauseweg, auf dem meine Nase ein wenig zu laufen anfing. Also betrat ich eine Apotheke, um eine Packung Taschentücher käuflich zu erwerben. Hier bediente mich ein Apotheker, der die Waren- Geld- und Wechselgeldübergabe mit einem auffällig eintönigen und vorprogrammiert klingenden Bitteschön – Dankeschön – Bitteschön – Gute Besserung begleitete. Ich bedankte mich, erklärte aber noch, daß es so schlimm nicht um mich stünde. Zu Hause berichtete ich meinen Mitbewohnern, neben den anderen Abenteuern, auch von diesem Erlebnis. Erhärtet wurde mein Verdacht des übertrieben routinierten Verhaltens des Apothekers durch einen meiner Mitbewohner, der unlängst in ebendieser Apotheke eine Packung Kondome kaufte, und auch ihm wurde „Gute Besserung“ gewünscht...

 

Hallo der Marburger,

Alles begann in unserem örtlichen Supermarkt, in dem seit neuestem Mitarbeiter, die vormals hinter der Fleischtheke standen, eine Filiale der Deutschen Post AG betreiben
.
Hört sich seltsam an. Alles?
Soweit die neuen Aufgaben aus dem Verkauf von Briefmarkenbögen bestehen, funktioniert das auch ganz wunderbar. (Geschnitten oder am Stück?)
:rotfl:
machte ich mich auf den Nachhauseweg, auf dem meine Nase ein wenig zu laufen anfing.
Lief sie hinter dem Prot. her? ;)

Ich weiß nicht, ob es deine Intension war, aber der Protagonist wirkt ein wenig überheblich auf mich, wenn er über den Ausverkauf der Sprache spricht.

Zumal er nicht besser ist, wenn seine Nase auf dem dem Nachhauseweg läuft.
Unsere Sprache unterliegt nun mal einem Wandel. Es werden Wörter, die einst als umgangsprachlich oder fremd galten im Duden als Schriftsprache aufgenommen nur weil sie mehrfach (die genaue Anzahl ist mir leider entfallen) in Schrift (also auch von uns) erschienen sind. Ich finde es
Menschlich, wenn nicht alle deren Bedeutung kennen.

In diesem Sinne
Goldene Dame

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Goldene Dame,

vielen Dank für Deine Kritik!

"Ich weiß nicht, ob es deine Intension war, aber der Protagonist wirkt ein wenig überheblich auf mich, wenn er über den Ausverkauf der Sprache spricht." (Zitat, ich bekomme das noch nicht so kunstvoll wie allgemein üblich hin.)

Dazu:

"Intension (lat. intensio = Spannung) ist ein Begriff aus der sprachanalytischen Philosophie und bezeichnet die Menge aller Eigenschaften die einen Begriff auszeichnen, also die Menge aller Merkmale die ein Objekt aufweisen muss, damit ihm der entsprechende Begriff zugeordnet wird.
Nicht mit der Intention zu verwechseln, was die Absicht etwas zu tun bedeutet." (http://www.lexikon-definition.de/Intension.html)

Aber um mich nicht erneut dem Vorwurf der Überheblichkeit ausgesetzt zu sehen, werte ich das entwender als gelungenen Kunstgriff oder verzeihbaren Flüchtigkeits-/Tippfehler.

Doch dachte ich, mich einer orthographisch, semantisch, grammatikalisch und stilistisch einwandfreien Form befleißigt zu haben, gerade um einen Kontrapunkt zu dem allgemein nachlässigen Gebrauch unserer Sprache zu setzen.
Was hast Du sprachlich dagegen, daß "ich mich auf den Nachhauseweg machte, auf dem meine Nase ein wenig zu laufen anfing"?


Ansonsten bitte ich, insbesondere Solveig, die Geschichte nicht überzubewerten. Das alles ist mir an einem Vormittag passiert - da habe ich es einfach mal aufgeschrieben, bloß als Aneinanderreihung von drei amüsanten Geschichten, die einen Sinnzusammenhang, aber weiß Gott nicht eine abgeschlossene Sinneinheit darstellen.
Die drei Punkte am Schluß beziehen sich auf die Genesungswünsche an den Kondomkäufer, deren Unmöglichkeit man sich selber denken soll. Zugegebenermaßen am Ende der Geschichte vielleicht etwas unglücklich.

 

Hallo der Marburger,

Aber um mich nicht erneut dem Vorwurf der Überheblichkeit ausgesetzt zu sehen, werte ich das entwender als gelungenen Kunstgriff oder verzeihbaren Flüchtigkeits-/Tippfehler.
Wer spricht hier von Absicht? :dozey:
Wer spricht hier von Begriffsinhalten? :hmm:
Was für ein Kunstgriff? :schiel:

Ich wiederhole mich gern:

Ich finde es, menschlich, wenn nicht alle die Bedeutung des Wortes, welches sie in den Mund nehmen, kennen.
Wenn es dir nur darum gegangen ist, dass der Begriffsinhalt eines Wortes falsch verwendet wird, wirkt die Geschichte wirklich wie eine Aneinanderreihung von menschlicher Dummheit. Zum Teil wirkt es witzig, aber als der Protagonist zeigt, wie unangenehm er es findet dieser (vermeintlichen) Dummheit ausgesetzt zu sein, schwingt die Stimmung der Geschichte um. Und am Ende ist es ja nicht mehr der leichtfertige Umgang von Begrifflichkeiten, der den Protagonisten stört, als der Apotheker Gute Besserung beim Kauf von Kondomen wünscht. Da stört ihn etwas anderes: Der leichtfertige Umgang der Menschen miteinander.

Ich sehe leider keinen logischen Zusammenhang des Ganzen.

Gruß
Goldene Dame

 

Hallo der Marburger,
sprachlich gefällt mir deine Geschichte sehr gut. Vielleicht erscheint ja bald einmal etwas tieferes von dir, als eine einfache Beschreibung mit Literarischer Raffinesse. Die Idee sowie die Kritik daran kann ich aber gut nachvollziehen.
Tip: Wenn ich hier etwas schreiben möchte, von dem ich weiß, dass es mehr dem Schreiben wegen entsteht als dem Inhalt wegen, veröffentliche/verarbeite ich die Idee in der Wörterbörse.
Gruß Lasius

 

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