Steiniger Weg
Es war wieder mal soweit. Papa lag betrunken auf dem Sofa. Er hatte mich grün und blau geschlagen, nachdem ich mich geweigert hatte den Abwasch zu machen. Als ich Mama darauf ansprach spielte sie das Ganze wie immer runter. Ich sollte ihn doch auch nicht immer provozieren, dann bräuchte ich mich nicht zu wundern, wenn er mich mit dem Besenstiel schlagen würde.
Ich verstand sie nicht. Wie konnte sie ihn nur verteidigen nachdem er mich so zugerichtet hatte?
Jedes Mal wenn er mich schlug war ich wie gelähmt bis die Schmerzen so unerträglich wurden, dass ich nur noch schreien konnte. Angefangen hatte alles damit, dass er seine Arbeit im Büro verlor und mit dem trinken anfing. Bei jeder Kleinigkeit fing er an zu schreien und ließ seine Wut an mir aus. Beim ersten Mal war es besonders schlimm. Er hatte getrunken und bekam gleich 3 Bewerbungen mit der Post zurückgeschickt. Sofort rastete er aus und ging auf mich los. Danach hatte ich mehrere blaue Flecke an Armen und Beinen. Mit der Zeit wurde es immer schlimmer. Ich hatte am ganzen Körper Schürfwunden, Blutergüsse und einmal sogar ein blaues Auge.
Jedes Mal wenn mich in der Schule jemand auf meine blauen Flecken ansprach, sagte ich ich hätte mich gestoßen oder wäre vom Fahrrad gefallen. Keiner merkte etwas, bis meine Freundin mich fragte was wirklich passiert sei, ich erzählte ihr das mein Vater Alkoholiker sei und mich seit zwei Jahren regelmäßig schlägt und ich deswegen nur lange Kleidung trage. Sie schlug mir vor am Wochenende bei ihr zu übernachten um mich ein bisschen zu erholen.
Gleich am ersten Abend standen meine Eltern vor der Tür, sie wollte das ich mit nach Hause komme. Sie überredeten mich und versprachen sich zu ändern, also ging ich mit.
In den ersten Tagen verlief alles ruhig, doch als ich ein paar Tage später mit einer fünf in Englisch nach Hause kam wurde es wieder schwierig. Papa schlug mich und Mama interresierte sich nicht, sonderlich für unsere Probleme. Am nächsten Tag kam ich mit verweinten Augen zur Schule. Nach der Unterrichtsstunde bat mich meine Klassenlehrerin um ein Gespräch unter vier Augen. Sie fragte mich ob ich zu Hause oder in der Schule irgendwelche Probleme hätte. Mit ein paar Sätzen schilderte ich ihr meine Schwierigkeiten in der Familie.
Einen Tag später meldete sie sich telefonisch bei meinen Eltern und kündigte ihren Besuch an. Schon am selben Tag stand sie vor unsere Tür, das Gespräch dauerte ca. 45 Minuten, sie schlug vor zu unserem Schulpsychologen zu gehen, um mit ihm über unsere Probleme zu sprechen. Erst hielt mein Vater nichts von der Idee doch Mama überredete ihn dazu und er gab schließlich nach.
Also gingen wir eine Woche später zu dem besagten Schulpsychologen. Anfangs hatten wir es schwer darüber zu sprechen doch nach einer Weile wurde es immer einfacher und alles sprudelte nur so aus mir raus. Meine Eltern sahen ein das sie beide Fehler gemacht hatten und erklärten sich zu einer Familientherapie bereit. Nach ein paar Tagen hatten wir unsere erste Therapiestunde.
Wir saßen in einem Raum welcher nur so mit selbstgemalten Bildern zugehängt war. Unser Therapeut Maik erklärte uns wie wir unsere Probleme lösen konnten und stellte für uns eine Liste auf, auf der stand was uns einander stört, jeder von uns konnte mehrere Sachen sagen die ihn störten, doch ich hatte die meisten. Ich sagte meinen Eltern das ich so nicht weiterleben wollte und sie einiges ändern müssten das ich wieder glücklich wäre. Nach anderthalb Stunden, Therapie schloss Maik sein Buch und sagte das wir noch einiges vor uns haben würden, aber das wir es schaffen konnten. Er gab meinem Vater mehrere Adressen von guten Entzugskliniken und wir verabschiedeten uns bis zur nächsten Woche.