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Steinsee

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30.03.2004
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Steinsee

Ich sitze in Gedanken versunken am See und stiere vor mich hin.
Es musste ja so kommen. Du mit deinem sturen Dickkopf und ich mit einem Kopf der mindestens genau so stur ist wie deiner. War doch klar, dass es da zu Stress kommt. Als wir uns dann in den Haaren lagen wollten wir natürlich beide mit dem Kopf durch die Wand anstatt auf diplomatischem Weg über die Mauer zu klettern. Schei...
Ach zum Teufel mit der guten Kinderstube.
Scheiße! Die ganze Sache kotzt mich an. Ich weiß, dass ich nicht ganz fair zu dir war aber du warst auch nicht fair. Wir würden wohl beide vom Schiri eine rote Karte kassieren.
Ich stehe auf und betrachte einen faustgroßen Feuerstein, der am Ufer liegt.
Soll ich dich anrufen? Versuchen mit dir zu klären, was war? Aber dann überschütten wir uns beide wieder gegenseitig mit Entschuldigungen und Beteuerungen, dass diese nicht nötig wären, mit der Folge, dass wir uns beide richtig mies fühlen.
Ich nehme den Stein in die Hand und betrachte die scharfen Kanten, wo Teile des Gesteins weggesplittert sind.
Und wenn ich dich nicht anrufe?
Der Arm schnellt hoch und der Stein fliegt durch die Luft.
„Pflump, ptsch“, landet er im Wasser und versinkt.
Ach Käse, ich ruf dich an! Und zwar jetzt gleich!
Kreisrunde Wellen bilden sich an der Stelle, wo der Stein versank.

Habe wohl mal wieder umsonst Alarm geschlagen. Alles scheint nur halb so schlimm.
Du hast gesagt, dass ich mir zu viele Gedanken mache, wahrscheinlich hast du Recht. Egal, jetzt stehe ich hier am See
mit dir!
Ich halte dich in den Armen und beobachte, wie der Wind die Wasseroberfläche kräuselt. Vorsichtig löse ich mich aus deiner Umarmung, bücke mich und hebe einen kleinen Stein vom Boden auf. Es ist ein flacher, weißer Kiesel und er funkelt im Sonnenlicht, als wenn tausend helle Sterne in ihm blitzen.
Mit einer schnellen, kraftvollen Bewegung aus dem Handgelenk schicke ich ihn auf die Reise. In lustigen kleinen Sprüngen hüpft der Kiesel übers Wasser – und versinkt.
„Wie viele Steine wohl auf dem Grund liegen?“, fragst du.
„Bestimmt jede Menge“, antworte ich.
„Es ist schön hier. Keine Müllkippe wie sonst überall.“
Wenn du wüsstest, wie viel Müll ich schon in diesen See geworfen habe. Laut sage ich:
„Ja, es ist schön!“
„Wie eine Schatztruhe, für so kleine glitzernde Träume wie den, den du eben springen lassen hast.“
„Ja, wie eine Schatztruhe“, und wie eine Müllkippe. Eine Müllkippe voller Schätze oder eine Schatztruhe voller Müll?
Kleine Träume, die vor einem her springen und untergehen, wenn man nicht genügend Kraft in sie steckt.
Bei diesem Gedanken fröstelt es mich und ich nehme dich fester in die Arme.

 

Hallo Nice,

das deinen Prot bei seinem abschließenden Gedanken fröstelt kann ich verstehen.Denn die Kiesel als Traum gesehen, bedeutet, dass die Träume immer untergehen, egal wie viel Kraft in sie gesteckt wird, egal wie viele Sprünge sie vorher machen dürfen. Irgendwann versinken sie im See oder im Meer. Vielleicht, wenn es ein Fluss ist, schaffen sie es ans andere Ufer.

Eine schöne kleine Alltagsepisode mit einem hübschen Bild, wenn auch vielleicht pessimistischer,als du selbst es gemeint hast. :)

Einen lieben Gruß, sim

 

Hallo sim
Freut mich das dir mein "Steinsee" gefällt

"vielleicht pessimistischer,als du selbst es gemeint hast."
vielleicht bin ich ein wenig über das Ziel hinaus geschossen.;)
HAND Nice

 

Hallo Nice!

Auch mir hat Deine Geschichte gefallen. Du verwebst hier die Gefühle, den Streit der beiden mit den Träumen und der Szene am Wasser, was mir sehr gut gefallen hat. Das Bild der Kiesel als Träume gefällt mir.
Was mich irriterit hat, war die äußere Form mit den fett gedruckten Stellen, mit denne Du innen und außen trennst. Diese Form von Heraushebung hat der Text nicht nötig, ich würde maximal die Zeieln durch Absätze trennen, aebr ich glaube, nicht einmal das braucht es.

schöne Grüße
Anne

 

Hi, Maus
Nach einer langen Durststrecke bin ich endlich wieder online;)
Ich wollt dir für deine Mühe, meinen Text zu lesen, danken, sowei für deinen Vorschlag was das Schriftbild angeht (Hab' ihn mir zu Herzen genommen und was draus gemacht;))

Dann an dieser Stelle noch ein dickes Dankeschön an Marius M. alias MM. der mir bei der Überarbeitung mit Rat und Tat zur Seite stand.
Nice

 

Hi Nice,
mir hat dein Steinsee auch gefallen, aber eher aus dem Grund, weil du auf überflüssige Dramatik verzichtest und das Ganze halt zum Alltag machst. Denn genau das ist es: Alltag. Jeden Tag beschäftigen wir uns doch mit diesen Problemen. Aber eins hast du vergessen zu erwähnen. Auch wenn der Stein (Traum) versinkt, bleibt er doch auf dem Grund liegen. Nur weil man ihn nicht mehr sieht, oder die Wellen, die er verursacht hat verschwinden, ist er dennoch da...

Grüße...
morti

 

Hallo Nice,

auch mir hat deine Geschichte gut gefallen. Mir sind einige schöne Bilder aufgefallen, das mit dem See natürlich, aber z.B. auch die Idee, einfach über das Hindernis zu klettern statt mit dem Kopf durch zu wollen.
Der See scheint mir auch symbolisch für das Verhältnis der beiden zueinander oder Beziehungen grundsätzlich zu sein: nur die Oberfläche ist sichtbar, was sich wirklich in den jeweiligen Menschen abspielt bleibt verborgen. Das machst du durch ihre "Innenansicht" gut deutlich.

Zwei kleine Fehler hab ich entdeckt, vielleicht magst du sie ausbessern:

War doch klar, dass es da zu Stress kommt.
Habe wohl mal wieder umsonst die Alarm geschlagen.
entweder ein "die" zuviel oder ein "-glocke" zu wenig ;)

Liebe Grüße
Juschi

 

Hi, morti
erstmal danke für's Lesen und dafür, dass du das Ding mal wieder aus den Tiefen des Vergessens hervorgezogen hast;)
Es freut mich das dir meine Geschichte gefallen hat und hoffe trotz fehlender Dramaturgie genügend Tiefgang in die Geschichte gepackt zu haben.

"Auch wenn der Stein (Traum) versinkt, bleibt er doch auf dem Grund liegen. Nur weil man ihn nicht mehr sieht, oder die Wellen, die er verursacht hat verschwinden, ist er dennoch da..."
schopn aber er ist erstmal "unerreichbar"
Man liest sich

Hi, Juschi
auch dir ein dickes Dankeschön fürs Lesen und für's Ausmerzen von RsF:)
Das dir die Symbolig des Sees aufgefallen ist freut mich ungemein und auch das dir meine Bilder zugesagt haben.
Nice

 

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