Stephen King: Colorado Kid
Nahezu unbemerkt (zumindest von mir) hat "der Meister" ein neues Buch auf den Markt geworfen. Da ich mir vor Kurzem die beiden letzten Bände des dunklen Turmes zugelegt habe, konnte ich einfach nicht wiederstehen, als ich das Ding gesehen habe. Einen Abend und einen Morgen hat es mich dann an Zeit gekostet und hier ist meine Meinung dazu:
Verlag: Ullstein
1. Auflage: Januar 2006
Seiten: 159
Preis: 5,oo Euro
Klappentext:
"Am Strand von Maine wird eine Leiche gefunden. Als sie endlich identifiziert werden kann, erscheint die Situation höchst mysteriös: Wie kam der Mann von Colorado, wo er wenige Stunden vor seinem Tod noch gesehen wurde, nach Maine? Scheinbar unmöglich ..."
Klang für mich eigentlich ganz vielversprechend. Zu meinem Bedauern hätte der Klappentext aber eher so lauten müssen:
"Zwei klapprige Greise an der Nordküste Maines erzählen ihrer knackigen Praktikantin von einem über 25 Jahre alten ungelösten Rätsel: Warum kam "Colorado Kid" nach Maine?
Vermutung reiht sich an Unbewiesenem und zum Ende bleibt doch alles offen."
Das wäre ehrlicher gewesen und ich hätte die Finger davon gelassen.
Hinlänglich bekannt ist, dass King zum Schwafeln neigt. Er schreibt 3 Seiten, wo eine halbe nötig wäre, aber bislang schaffte er es dann doch mit einem so schönen (zumindest in meinen Augen) Stil, dass er fesselte. Hier klappte das nicht. Ja, ich habe seinen Stil streckenweise sogar immens vermisst, was daran liegen könnte, dass die 18 Kapitel eigentlich ein einziges durchgehendes Gespräch darstellen, ohne sonderlich viel Handlung.
Dabei bricht streckenweise Altbewährtes durch, wie zum Beispiel in folgender Szene: "Die junge Frau zwischen den beiden Alten hatte er kaum wahrgenommen, nur einige Male mit flüchtigem Blick ihre Brüste gestreift". Aber letztlich läuft es darauf hinaus, dass King in diesem Buch nicht fesseln kann.
Deshalb hoffte ich auf den Inhalt. Auch hier streckenweise nahezu geniale Ideen (wie zum Beispiel die, dass der Tote damit gerechnet haben musste, dass er nicht identifiziert werden könne und aufgrund dessen als Nichtraucher eine Packung Zigaretten einsteckte, mit der Steuermarke Colorados).
Um nun die Kurve zurück zum Inhalt zu bekommen:
Ein junges Mädel hat ihr Praktikum nicht bei einer großen städtischen Zeitung gemacht, sondern will lieber auf einer der kleinen Inseln an der Nordküste dem Journalismus frönen. Lieber über Wald- und Wiesenfeste schreiben, als über Raub und Mord.
Da sie den Einheimischen (zumindest den anderen beiden Prots des "Romans" - den beiden Redakteuren der Zeitung) sympathisch ist und sie sie schon zu den "ihren" zählen, berichten die beiden ihr über ein ungelöstes Geheimnis, das nun schon 25 Jahren zurück liegt:
Ein Toter am Strand. Alles deutet auf einen Unfall hin (an einem Bissen Steak erstickt), fraglich bloß, wie er überhaupt dorthin kam. Er hatte eine Frau, ein Kind, einen guten Job, etc ... Von der einen Minute zur anderen verschwand er aus dem einen Staat und wechselte in einen ganz anderen, um beim Anblick des Meeres im Mondschein jämmerlich zu ersticken. War es möglicherweise doch ein Mord?
Ich will hier gar keine Spannung aufkommen lassen. Nein, er ist nicht hingebeamt worden. King bietet dem Leser eine ganz plausible Erklärung. Der Typ ist zum Flughafen gefahren, hat sich hinfliegen lassen und ist mit der Fähre auf die Insel gewechselt.
Nachdem ich also die Hoffnung auf Mystery aufgegeben hatte, fieberte ich auf das "Warum?" Irgendwas musste sich der Meister ja beim Schreiben gedacht haben. Pustekuchen. Die junge Reporterin klärt nichts auf.
Sammler dürfen hier gerne zuschlagen und es sich in den Schrank stellen. Ob sie es lesen sollten ist eine andere Frage.
Ich habe mich jedenfalls geärgert und werde vorläufig nur noch Kings alte Bücher lesen.
Fazit: Die 5 Euro kann man besser anlegen!