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Tage im Leben des Ich

Beitritt
08.07.2003
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Tage im Leben des Ich

Wenn Musik dazu genutzt wird, jede Form von Emotion auszudrücken, warum gleiten dann meine Finger über die CDs in meinem CD- Regal, welches - penibel, wie ich nun einmal bin - natürlich eine strikte Ordnung hat, um letztendlich dann doch die sinnlose Suche abzubrechen, wieder zu erschlaffen und sich anderen Aufgaben zu widmen - zum Beispiel dem Schreiben eines Gedichtes, welches ich nach vier Zeilen abbreche, da eine Fortführung der Gedanken unmöglich scheint.
Egal, was ich anfange, ich breche es ab - scheinbar warte ich auf etwas.
Scheinbar, das heißt, ich fühle mich, als würde ich im ausgestorbenen Hamburger Hauptbahnhof sitzen, auf einen Zug wartend, von dem ich nicht weiß, ob er mich nach Hause bringt oder in den Garten Eden oder zu Beidem. Aufstehen sollte ich, raus aus dem Haus sollte ich laufen, Purzelbäume schlagen, mich meines Lebens freuen wie ich es noch vor zwei Stunden getan habe. Doch nicht eine meiner nervösen Zuckungen geht auch nur ansatzweise in Richtung Tür. Wenn ich aus diesem Zimmer ausbräche, was würde das bringen? Natürlich, ich könnte im Sonnenschein durch den Stadtpark laufen und mir Blumen ins Haar stecken, wäre es nicht nachts und hätte ich selbst damit ganz bestimmt nicht das Gefühl, frei zu sein.
Denn das Gefühl von Freiheit trifft mich nur selten außerhalb des Hauses, es ist eher so, dass ich meistens im Moment zwischen Wachen und Schlafen etwas in der Art verspüre, denn dann bin ich wirklich frei - denn ich kann mich nicht davon abhalten, einzuschlafen.
Wie auch jetzt, gute Nacht, liebe Welt.

Guten Morgen, mein Vietnam!
Während ich mir die ungewaschenen Haare aus den verquollenen Augen wische, denke ich daran, dass aus dem Tag doch eh nichts wird.
Aber wenn ich mich wieder zurücklegen würde, würde mein Bett nicht wieder Uterus sein, nein, ich würde mir vorkommen wie zu oft benutztes Backpapier in einem alten Umluftherd und das Bettzeug, welches so weich wie nur die Wolken am Himmel selbst schien, wäre auf einmal verschwitzt und ungemütlich.
Mag sein, dass die nunmehr differente Sichtweise an den verschiedenen Tageszeiten und damit Launen liegt, in der, an der ich mir meine Meinung bildete und an der, in der ich sie wiederrief.
Der einzige Fluchtweg aus diesem skurrilen Gedankengang war die Tür zum Badezimmer, in Erwartung auf eine warme und entspannende Dusche und in der Hoffnung, dass sich der Duschvorhang diesmal nicht wie eine zweite Haut an mich schmiegt.

Frisch geduscht und bereit für eine überklebrige und garantiert ungesunde erste Mahlzeit verlässt man die Dusche, der alte Tag ist abgewaschen und mit ihm alle negativen Gedanken, die den neuen Tag betrafen.
Nach dem Essen versuche ich mich gar nicht erst am CD- Ständer, ich werde eh nichts passendes finden, dazu bin ich scheinbar verdammt in letzter Zeit. Jetzt, mit neuer Hoffnung in den Augen in mit einem Nutella- Brötchen im Magen gelingt mir das, was gestern Abend noch ein allzu großer Schritt für mich war - der Schritt über die Türschwelle.
Im ersten Moment ist es, als würde man von etwas ausgespuckt, die kalte, allzu klare Luft schlägt auf mich ein, doch nach einigen Sekunden krallen sich Sonnenstrahlen an meiner Haut fest und ich wage die ersten zaghaften Schritte, noch leicht torkelnd, wobei ich mir allerdings keine Gedanken darüber mache, wie ich laufe, viel wichtiger scheint zu allererst das wohin. Als mir dann auch nach langem Abwägen nichts einfällt, was auch nur ansatzweise interessant klingt, wiederhole ich die übliche Prozedur.
Ich irre ziellos umher.
Hin und wieder begegne ich Menschen, die ich flüchtig grüße oder mit denen ich für ein, zwei Minuten Small Talk zusammentreffe, während mir irgendjemand dabei mit einem Eispickel an der Wirbelsäule rumstochert, um mich daran zu erinnern, dass ich nichts unangenehmer finde als oberflächliche Konversationen.
Alsbald aber verabschiedetet man sich mit einem 'Naja, muss weiter, mach's gut!' und seufzt leise.
Auf meiner absonderlichen Reise durch die Straßentäler meiner Heimatstadt begegne ich aber zum Glück auch den anderen Menschen, denen, bei den mir zwar mein Artikulationsvermögen häufiger in die Fresse tritt und bei denen mich mein Humor verlässt, damit ich mit ihnen allein sein kann - richtig, ich rede von Mädchen, die umhauen - nicht einen von den Klitschko- Brüdern sondern vielmehr mich, den tragischen Helden dieser Geschichte.
Als dann schließlich der Berg der Minuten, die in Schweigen verbracht wurden, so hoch angehäuft hat, dass er mir die Sicht auf sie nimmt, entschließe ich mich dann letztendlich, wieder zurückzukehren in mein Zuhause, welches, Marcus Wiebusch zum Trotze, nicht dort ist, wo auch mein Herz anzufinden ist.
Um den Herren aber gnädig zu stimmen sehe ich nach dem Essen ein, dass es weitergehen muss - möge der nächste Tag nicht so enden.

 

Kleine Info:
Marcus Wiebusch ist der Sänger von kettcar,
singt in Ausgetrunken 'this home ist nunmal where your heart is'
und in Landungsbrücken raus
'aufstehen, atmen, anziehen und hingehen.
zurückkommen, essen und einsehen zum schluss:
dass man weiter machen muss.'
...um Fragen zu vermeiden - nebenbei sollte man sich besagte band auch mal gut anhören!

 

Hi Nail,

werde nicht viel zu Deiner eigentlichen Geschichte schreiben. Ich bin mehr ein Fan von Handlungsstories, sorry.

Was mir aber besonders gut gefallen hat, ist Dein Schreibstil. Er hat mich, ehrlich gesagt, auch in der story gehalten. Wirklich super flüssige Sätze, die Spaß gemacht haben, sie zu verinnerlichen.
Vielleicht finde ich ja noch eine andere Geschichte von Dir, die mir ein bißchen mehr zusagt. Nicht böse sein ... :)

Liebe Grüße! Salem

 

Hi Salem,

danke für das Feedback!
Das meine Story keine wirkliche Handlung hat, ist mir schon bewusst, weshalb ich sie auch ins Seltsam- Forum gestellt hab.
Die Story entstand eher spontan und ich hab wirklich mehr Wert darauf gelegt, einen guten Schreibstil an den tag zu legen, als der Geschichte eine Richtung zu geben.

Cured

 

Hi CuNiNa,
ich weiß nicht so recht, was ich von deiner Geschichte halten soll. Ich sehe das so, dass dein Prot sein Leben nicht sonderlich mag und die Dinge, die es erträglich machen nicht sonderlich häufig auftauchen. Mehr ist doch da nicht, oder?
Durch deine anschließende Erklärung sehe ich sogar noch weniger. Du scheinst hier einen Liedtext lediglich ausgearbeitet zu haben, oder sollte ich lieber ausgebreitet sagen.
Positiv abgewinnen kann ich der story leider nur deinen Schreibstil. Solide beschreibst du die Grausamkeit des Alltags. Aber deinem Prot geht es doch wirklich schlecht?! Ich hätte versucht das noch intensiver zu beschreiben.

Grüße...
morti

 

Hi morti,

danke für das Feedback!
Um ehrlich zu sein weiß ich nicht mal selber, was ich von meiner Geschichte halten soll. Wie schon gesagt, auf eine wirkliche Handlung habe ich keinen Wert gelegt, vielmehr halt auf eine gewisse Grundstimmung. Und die ist, das möchte ich mal betonen, gewiss nicht schlecht. Dem Prot. geht es nicht wirklich schlecht, es geht ihm aber natürlich auch nicht gut, er hat eigentlich nur einen Tag verschwendet, allerdings nimmt er sich fest vor, den nächsten Tag besser zu gestalten und mehr draus zu machen. Der Prot. ist nicht hoffnungslos verloren, er ist nicht depressiv oder sonstwas, nein, er durchlebt einfach einen Tag, der ihm nichts wirklich bringt und lernt daraus...
Es ist allerdings auch schwer zu erklären... Weil es wie gesagt auch mehr um die Stimmung ging - die ich meines Erachtens nach nicht sehr düster oder sonstwas gestaltet habe...

Und ich habe keinen Text ausgearbeitet oder ausgebreitet, nein, die Textzeilen fielen mir einfach ein, hab auch erst mitten im Schreiben bemerkt, dass ich zweimal denselben Menschen zitiert habe...

Danke dir sehr für deine ehrliche Kritik!

Cured

 

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