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to live a life in misery

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31.03.2004
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to live a life in misery

Müde wanderten meine Augen umher und realisierten nur nebenbei, dass sie mich wie immer aus ihren stumpfen grauen Augen anstarrten.
Seit ich mich erinnern kann war ich ein Außenseiter gewesen, stets war ich anders gewesen als die Übrigen. Für sie war ich ein minderwertiges Wesen obwohl ich mich eigentlich ganz hübsch fand.
Zärtlich fuhr ich mit dem Schnabel durch die kleinen schwarzen Federn an meinem Flügelansatz. Wenn morgens die Sonne aufging reflektierte sich ihr Licht in ihnen und ließ sie auf mysteriöse Weise schimmern.
Wie immer saß ich alleine auf meiner großen Eiche während die anderen sich auf der ein wenig entfernt liegenden Seite des Hofs versammelt hatte.
Im Gegensatz zu ihnen war ich Einzelgänger und scheute den Kontakt zu anderen. Sie hingegen drängten sich aneinander, taten so als wären sie eine Gemeinschaft, missgönnten sich aber dennoch alles. Sie waren falsch, benahmen sich wie Menschen. Allein zu sein bedeutet für sie den Untergang und um dies zu verhindern scheuten sie nichtmal sich anzupassen.
Wütend grub sich eine meiner Krallen in den Ast unter meinen Füßen und ließ die Rinde splittern. Es machte mich immer wieder aufs Neue wütend wenn ich sie und ihre Lebensgewohnheiten beobachtete. Ich konnte einfach nicht verstehen wie sie glaubten so glücklich sein zu können.
Ganz in der Nähe der unruhigen Gruppe öffnete sich ein Fenster und eine alte Frau beugte sich aus diesem. Mit einer mechanischen Bewegung – wie aus einer Gewohnheit heraus – griff sie in ein Körbchen neben sich und warf dann die kleinen Brotstücke auf den Steinboden unter ihrem Fenster. Sofort stürmten alle darauf zu. Die Gruppe war vergessen, nun war sich jeder selbst am nächsten und es schien ein Ding der Unmöglichkeit zu sein einem anderen selbstlos etwas zu überlassen.
Obwohl es zweifelsohne genug für alle gab herrschte großes Durcheinander und der eine oder andere von ihnen kam nicht darum herum auf einen seiner Kameraden einzuhacken.
Ich hingegen würde niemals von einem Menschen etwas annehmen. Überhaupt brachte ich mich nur ungern in die Abhängigkeit von anderen. Lieber wäre ich verhungert als um Almosen zu betteln.
Ich glaubte nicht, dass es jemanden geben könnte der mir ähnlich wäre. Meiner Meinung nach war ich so was wie ein einmaliger Fehler der Natur, ein Missgeschick Gottes, etwas Besonderes. Ich war ein Gefangener meiner eigenen Welt. Unsichtbare Barrikaden hinderten mich daran die Mauern des Hofes hinter mir zu lassen. Eine Krähe unter Tauben. Was für ein erbärmliches Leben.

 

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