Transport
Träume lassen sich von mir verschleiern, wenn sie es nicht bereits von sich aus sind, auch am Tag der Realität. Realität – wer hat sie bestimmt? Träume nicht, wenn du klaren Verstandes denken kannst – dachte ich mir, als ich heute morgen die Augen öffnete und mir der Magen brannte. War es, weil ich seit zwei Tagen nichts gegessen hatte, oder weil mir der Traum in dieser Nacht die Magenschleimhaut wegriss. Ich stand auf, ging zum Kühlschrank, wie auf Schienen mit Endbahnhof gefüllte Flasche Orangensaft. Den Schluck den ich nahm lag in meinem Bauch wie ein schwerer Sack Orangen, nicht ausgepresst. Die Säure verbrannte meinen Schlund hinunter und ich sackte vor der geöffneten Tür zu Boden. Schlimme Reise des Saftes. Das schwache Licht des Kühlschranks setze sich auf meine Stirn und das wenige Essen, dass noch gelagert war, grinste mir höhnisch ins Gesicht. Ich werde euch nicht anfassen – langsam werdet ihr verfaulen, stach es mir durch den Kopf und mit einem schäbigen Lächeln zurück schloss ich die magnetisch aufgeladene Tür. Magnetbahnen faszinieren mich, mein nächster Gedanke. Geräuschlos reisen! Ich zog mich am Kasten rechts hoch und war kurz dazu entschlossen in Richtung Bad zu pendeln. Mein volles Gewicht schien zuviel für meine Füße zu sein und ich beschloss die kürzere Route zurück zum Bett zu wählen. 10 Uhr morgens – Zeit um ins Bett zu gehen. Nütze den Tag – Lebe das Leben – schon lange nicht mehr, weil mir dieser Spruch, sobald er mir einfiel so banal und widerwärtig erschien, dass ich, egal was passiert wäre, oder unbeeindruckt von dem, was Aufregendes auf mich warten hätte können, ich mit Sicherheit genau das Gegenteil gemacht hätte. Willkommen Passivität – einen schönen Aufenthalt wünsche ich. Die Reise beginnt von neuem zurück auf den gefederten Strand. Transportmittel Bus, denn meine Schritte waren holprig, wackelig. Reisen mit der Bahn ist bequemer – sicherer, dachte ich mir, als ich mich endlich nach Ankunft horizontal hinstreckte und mir die Decke über den Kopf zog. Abgedunkelt – die Augen geschlossen öffnete sich die bunte Welt. Ich stieg aus dem Bus aus und ging die Straße entlang. Menschen säumten die Straße rechts und links, vor mir eine Menschenmenge wartend, hinter mir Menschen, die gegen meinen Rücken drückten. Alle erwarteten das nächste Transportmittel. Mit offenem Mund wartend, dass sie abgeholt werden – raus aus der Unterbeschäftigung, rein in das Abenteuer. Jeder Mensch sich selbst fragend, was wohl der andere macht, Fragezeichen auf jeder Stirn, suchend nach einer Adaption der Tätigkeit des anderen. Langeweile, der Killer dieser Anhäufung von beinahe Toten – gemessen an deren Handlungen. Würde ich nicht träumen, sie wären alle tot. Und es bliebe ihnen nur noch eine Reise – abgedunkelt in einem schwarzem Wagen. Schnell motorisiert ans letzte Ziel. An dieser Stelle – immer wieder – beginnt Nebel einzusetzen. Die Wegweiser werden langsam bis zur Unkenntlichkeit entstellt, doch das ist egal – es bleibt nur dieses Ziel – wartend auf uns alle. Warum länger an dieser Stelle stehen, warum verweilend auf dem Weg ... wenn doch nur ein Ort wartet – den niemand kennt – das bietet die wahre Aufregung, Abenteuer und Reiselust. Das ist die Realität, die Träume versinken im schwarzen Schleier.