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Und dann kam Jonas

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04.09.2013
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Und dann kam Jonas

Mit gesenktem Kopf hastete Arno den Gehsteig entlang, den Griff des Kinderwagens so fest umklammert, dass die Fingerknöchel spitz und weiß hervortraten. Er starrte auf seinen schlafenden Sohn, flehte stumm, dieser möge nicht zu schreien beginnen, nicht jetzt, die letzten paar Meter, bevor er die Tür hinter sich verschließen konnte. Nach allem, was passiert war, wollte er nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Aber er hätte es sich denken können: Die Nachbarin stand in der Einfahrt zu ihrem Haus, so, als hätte sie schon immer dort gestanden, mit einem Besen in der Hand, der mechanisch den Asphalt entlangschrammte, obwohl sich darauf schon lange kein Körnchen Dreck mehr befand. Und alles nur, um Arno einen Blick zuzuwerfen, der so viel bedeuten sollte wie: Ich habe es ja schon immer gesagt. Ihr Kopf bewegte sich hin und her, schien etwas neben dem Kinderwagen zu suchen, und sie reckte ihre Nase zufrieden ein bisschen höher, als sie dort nichts erblickte. Ihre Lippen hatte sie fest zusammengepresst, damit ihr nicht aus Versehen ein Gruß herausrutschte.
Endlich erreichte er das Gartentor. Durch das Milchglas an der Haustür erblickte er einen vertrauten Schatten. Kaum hatte er die Tür einen Spalt geöffnet, erschien eine schwarze Schnauze, die energisch dagegen drückte, um den Weg so schnell wie möglich freizubekommen. Diego stupste Arnos Knie und blickte ihn mit seinen dunklen Augen an, während sein gesamtes Hinterteil sich vor Freude schüttelte. Arnos Hand fuhr automatisch zum Hundekopf, doch im letzten Moment zuckte er zurück. Sandra stand im Flur, die Arme vor der Brust verschränkt. Ein leises „Hallo“ kam von ihren Lippen.
„Er schläft noch im Kinderwagen“, sagte Arno. Er schaffte es nicht, ihr ein Lächeln zu schenken, ein zuversichtliches Lächeln, das sagen sollte: „Hey, es wird alles wieder gut.“ Vor fünf Tagen noch waren sie eine glückliche Familie. Sie kehrten von einem Spaziergang heim, Diego kam mit seinem dreckigen Tennisball angelaufen und Arno warf ihm diesen immer und immer wieder. Sandra saß auf der Steintreppe am Hauseingang, Jonas auf ihrem Schoß. Dieser quietschte jedes Mal vor Vergnügen, wenn Diego dem Ball hinterherhechelte und Sandra lachte, weil Jonas sich so amüsierte, und Arno lachte, weil sie gerade alle so glücklich waren.
„Meine Mutter ist da“, sagte Sandra und riss Arno aus seinen Gedanken. Es war nichts mehr so wie noch vor fünf Tagen.

Arno hatte gerade den Kinderwagen durch das Gartentor auf den Gehsteig geschoben, die Leine mit Diego am anderen Ende lag locker um sein Handgelenk. Er drehte sich um und schloss das Tor. Was dann passierte, lief auch Tage danach nur bruchstückhaft in seinem Kopf ab. Ein Knurren, ein Ruck an seiner Hand, ein Aufschrei, eisige Kälte, die sich auf Arnos Nacken ausbreitete. Er fuhr herum, sah den schreienden Jungen am Boden liegen, auf schaurige Weise hin und her gerüttelt, weil Diego an dessen Arm zerrte. Arno stürzte sich auf seinen Hund, rang ihn nieder, spürte Diegos Zähne in seinem Unterarm.
Der Junge lag am Boden, hielt seinen Arm mit der anderen Hand umklammert und wimmerte, Arno lag mit Diego daneben und Jonas begann im Kinderwagen zu brüllen. Die Nachbarin kam angelaufen, schlug die Hände vor den Mund und schrie: "Oh mein Gott, wie schrecklich! Lukas, ich hol deine Eltern." Und da lief sie schon wieder davon. „Ich habe es geahnt … verantwortungslos … Drecksvieh“, hörte Arno noch Fragmente ihrer Ausrufe.
"Wie wäre es mit helfen?", rief er ihr hinterher. Er registrierte erst jetzt, wer da am Boden lag. Lukas, der Sohn ihrer befreundeten Nachbarn.
"Lukas, es hilft dir gleich jemand, okay?", sagte er.
Ein Autofahrer war stehen geblieben, stürzte aus dem Wagen, doch kaum erblickte er Arno und Diego am Boden, hielt er in seiner Bewegung inne.
"Rufen Sie die Rettung", rief Arno ihm zu. Sichtlich froh, nicht zu nahe treten zu müssen, zückte der Autofahrer sein Handy. Lukas' Schluchzen wurde lauter, Jonas' Brüllen auch. Arno durchfuhr eine unglaubliche Erleichterung, als Sandra angerannt kam.
"Was ist passiert?"
Sie hatte das Gartentor erreicht.
"Oh mein Gott! Scheiße!" Wie schon die Nachbarin zuvor schlug sie die Hände vors Gesicht. "Lukas!" Sie eilte zu ihm. "Verbandskasten!", rief sie dem telefonierenden Mann zu.
Arno atmete tief durch, versuchte sich zu beruhigen. Langsam erhob er sich vom Gehsteig, während er Diegos Schnauze weiterhin zu Boden drückte. Behutsam zog er an der Leine, bedeutete seinem Hund damit, sich zu erheben und Schritt für Schritt, seine Finger nach wie vor fest um Diegos Maul geklammert, schlurften sie die Einfahrt entlang. Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, ließ er Diego von der Leine, der sofort unter die Küchenbank flüchtete. Arno blieb stehen, unfähig sich zu bewegen, und starrte an die weiße Wand. Als diese sich kurze Zeit später immer wieder blau verfärbte, wusste er, dass nichts mehr so sein würde, wie es noch vor zehn Minuten war.

Am nächsten Tag hatte er den Tierarzt angerufen.
„Schläfern Sie Hunde ein?“
„Ist der Hund krank?“
„Nein.“
Schweigen.
„Er hat ein Kind gebissen“, fuhr Arno fort.
„Das tut mir natürlich leid. Aber so einfach ist das nicht. Zum Glück, möchte ich sagen. Ein Biss ist noch lange kein Grund, ein gesundes Tier zu töten. Dürfte ich gar nicht. Je nach Schweregrad der Verletzung und Anzeige des Opfers wird da vermutlich ein Wesenstest auf Sie und Ihren Hund zukommen.“
„Okay, danke.“ Arno legte schnell auf und sank zitternd zu Boden. Was war eigentlich in ihn gefahren, wie konnte er nur daran denken, seinen geliebten Diego umzubringen? Kurzschlussreaktion. Aber er konnte es nicht leugnen, hatte er es doch mit eigenen Augen gesehen. Diego, nicht mehr wiederzuerkennen, eine wildgewordene Bestie, ließ vom Arm des Jungen ab und wollte die riesigen, blutverschmierten Zähne in den Kopf des Jungen zu jagen. Keine Sekunde zu früh, genau in dem Moment, als Diegos Zähne den Scheitel streiften, bekam Arno ihn zu fassen. Später hörte er den Rettungssanitäter sagen: „Oh, da hast du ja eine ordentliche Beule am Kopf. Bist hier wohl aufgeschlagen?“ Und Lukas, der über der Brechschüssel hing, nickte.

Arno, Sandra und ihre Mutter saßen beim Abendessen. Arno wunderte sich, warum sie heute noch kein Wort zur Tragödie, so wie sie den Vorfall nannte, geäußert hatte. Ihre Freunde hatten Anzeige erstattet und Arno harrte der Dinge, die auf ihn zukommen würden. Er nahm es gefasst auf, es war nie seine Absicht, sich vor seiner Verantwortung zu drücken. Aber er spürte, dass etwas völlig anderes im Raum stand. Wortwörtlich lag es im Büroraum unter dem Schreibtisch. Es klingelte an der Tür. Arno schaute kurz auf und hielt es für das Beste, einfach sitzenzubleiben. Erfreulichen Besuch hatten sie seit Tagen nicht mehr bekommen.
Seine Schwiegermutter war allerdings schon aufgesprungen und hastete zur Tür. So, als würde sie jemanden erwarten.
"Ah, hallo Hubert."
"Grüß dich."
"Komm rein, wir sind in der Küche."
„Hubert?“, fragte Arno und sah zu Sandra, die nur mit den Schultern zuckte und schnell wieder auf das Rindsgulasch vor ihr am Tisch starrte. Schwere Schritte verschluckten die Trippelschritte seiner Schwiegermutter und da stand er in der Küche. Hubert. Arno musterte ihn. Sein Blick blieb am Hut hängen, den er unter seinen rechten Arm geklemmt hatte. Wie eine Bedrohung reckte sich Arno der Gamsbart entgegen.
"Arno, das ist Hubert. Er ist …“
"Habt ihr jetzt alle komplett den Verstand verloren?" Arno sprang auf, mit derartiger Wucht, dass der Sessel hinter ihm zu Boden donnerte. „Das ist jetzt nicht euer Ernst! Sagt, dass das nicht euer Ernst ist!“
"Arno, jetzt hör doch erst mal", versuchte die Schwiegermutter zu beschwichtigen, während sie nach dem umgefallenen Stuhl langte.
"Lass den beschissenen Stuhl liegen!", fauchte Arno.
„Hubert hat so etwas schon oft gemacht. Das ist quasi dasselbe wie einschläfern. Der spürt da nix“, fuhr sie unbeirrt fort und stellte den Stuhl auf.
„Ganz sicher nicht! Das ist Tierquälerei. Das ist Mord. Das ist … Ach, vergesst es. Ich lass das sicher nicht zu!“
„Du hast doch selber beim Tierarzt nachgefragt.“
„Ja, weil ich unter Schock stand. War eine blöde Idee.“ Arno bereute es, Sandra überhaupt davon erzählt zu haben.
„Aber wie soll das denn weitergehen? Du kannst dieses Vieh nicht behalten. Denk doch an Jonas.“
„Ich bringe meinen Hund nicht um!“
„Ach, aber deinen Sohn schon?“
„Das war ein Unfall! Diego wollte den Kleinen beschützen.“
„Dann fällt er eben andere an. Macht’s auch nicht gerade besser. Nächstes Mal bin dann vielleicht ich das Opfer, wie?“
Fast wäre Arno eine unbedachte Antwort herausgerutscht. Sandras Lippen formten ein stummes O. Huberts Mundwinkel zuckten.
„Ihr könnt mich mal“, murmelte Arno stattdessen, stürzte aus der Küche und verschwand im Büro.

Sandra kam ins Büro. Sie setzte sich ihm gegenüber, den Kleinen auf ihrem Schoß.
„Mutter ist wieder weg.“
Arno nickte. Dann saßen sie minutenlang da und sagten nichts.
„Wie geht’s dir?“, fragte Sandra schließlich.
„Scheiße.“
„Glaub ich dir.“
„Wie geht’s dir?“
„Scheiße.“ Ein kurzes Grinsen, dann senkte Sandra ihren Blick. „Wie soll es denn jetzt weitergehen?“
„Weiß nicht.“
„Wie wäre es denn mit einem Tierheim?“
„Können wir nicht mal fünf Minuten über was anderes reden?“
Sandra schwieg. Jonas fing an zu brabbeln.
„Diego ist zwölf Jahre alt. Er hat ein Kind angefallen. Glaubst du tatsächlich, die Leute stehen Schlange, um so einen Hund zu bekommen?“, fragte Arno.
„Und wenn er dann eben seine letzten Tage im Tierheim verbringt?“
„Hast du mir nicht mal gesagt, du möchtest nie in ein Altersheim? Weil du dir da so abgeschoben vorkommst?“
„Kann man das vergleichen?“
„Ich denke schon.“
Sandra sprach mehr zu Jonas, als sie die nächste Frage stellte. „Und Hubert?“
„Jetzt fang nicht du auch noch damit an!“ Arno war laut geworden.
„Er ist zwölf. Wer weiß, wie lange er überhaupt noch hätte“, sagte Sandra.
„Du magst ihn doch auch, er ist Teil unseres Lebens. Weißt du nicht mehr, wie viel Spaß wir zu dritt hatten? Wie kannst du so etwas sagen?“
Sandra ließ sich Zeit für ihre Antwort.
„Arno. Diego ist ein Hund. Ein Tier. Schau dir deinen Sohn an. Jonas ist jetzt da.“
Arno streifte Jonas mit einem kurzen Blick, schaffte es nicht, seine Augen auf ihm ruhen zu lassen.
„Verdammt noch mal! Schau ihn dir an!“, schrie Sandra und sprang auf. In diesem Moment stürzte Diego unter dem Tisch hervor, das Fell im Nacken gesträubt. Ein bedrohliches Knurren drang aus seiner Kehle.
„Diego!“ Arno griff nach seinem Halsband und hielt ihn fest.
Sandra starrte ihn schockiert an. Sie drückte Jonas fest an sich, ihre Augen wurden glasig.
„Wir sind bei meiner Mutter“, sagte sie.

Arno wartete, bis es dunkel wurde, dann legte er Diego Leine und Maulkorb an und gemeinsam streiften sie durch die Straßen. So, wie sie es früher oft gemacht hatten. Diego trottete gemächlich neben Arno her, die Unruhe seiner jungen Tage war längst Vergangenheit. Arno dachte an die letzten Jahre.
Wie er Diego am nahegelegenen Bauernhof abholt. Der mutigste aller Welpen, der erhobenen Hauptes, fast arrogant, sofort auf Arno zustolziert. Sandra, die sich vor Hunden fürchtete, als sie sich kennenlernten und die drei Wochen später mit Diego auf dem Teppich sitzt, die Arme um ihn geschlungen hat und ihm die lächerlichsten Kosenamen zuflüstert. Sie beide, im Winter mit dem Schlitten, Diego als Schlittenhund vorgespannt, der den Schlitten in den Graben lenkt. Diego, der wasserscheuste Hund auf Erden, wie er beim Angeln versehentlich in den Teich plumpst und sie beide danach stundenlang nicht mehr ansieht, als hätten sie Schuld an seinem Missgeschick. Jonas, der seine kleinen Finger nach Diego ausstreckt, die sich plötzlich in das Fell krallen. Sandra und Arno, wie sie lachend versuchen, die Finger vorsichtig zu lösen. Diego, wie er vor ihm sitzt, seinen schweren Kopf auf Arnos Schoß legt und seinen Schwanz am Fußboden hin und her streifen lässt. Diego mit blutverschmiertem Maul. Arno, wie er ihm liebevoll die braunen Flecken über den Augen streichelt. Diego mit gefletschten Zähnen. Diego, wie er mit seinem schwarzen Fell beinahe majestätisch durch den tiefen Schnee watet. Jonas mit seinem zahnlosen Lachen. Diego, wie er einfach nur da ist.
Arno spürte, wie ihm die Tränen die Wangen hinunterliefen. Schluchzend ließ er sich auf der Gehsteigkante nieder. Diego spürte die Traurigkeit, stieß ihn an, stimmte winselnd in das Geheule mit ein. Arno nahm ihm den Maulkorb ab, vergrub seine Finger im dichten Fell. So saßen sie minutenlang da, er und sein Diego. Dann richtete Arno sich auf, wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und ließ Diego von der Leine. „Lauf“, rief Arno und gemeinsam jagten sie die Straße entlang. Zuerst ganz schnell, Diego bellend und Arno lachend, dann immer langsamer, Diego nur mehr im Laufschritt, die lange Zunge hing aus dem Maul und bewegte sich rhythmisch vor und zurück. Schließlich blieb Arno vor dem Haus stehen, legte seinem Hund Leine und Maulkorb wieder an.
Er presste seinen Daumen auf den silberfarbenen Klingelknopf und hielt drauf, bis sich die Tür öffnete und er endlich losließ, derartig ausgelaugt, als hätte ihn noch nie etwas so angestrengt.
"Hallo Hubert."

 
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Hallo rehla,

mir gefällt deine Geschichte. Sie ist schön und stimmig aufgebaut und kommt ganz unaufgeregt und trotzdem (oder gerade deshalb) stark daher. Und obwohl ich gar kein Haustiere-Mensch bin kann ich sie gut nachvollziehen. Ob Hunde tatsächlich so sind bzw. so reagieren kann ich überhaupt nicht beurteilen, es ist mir für die Stimmigkeit deiner Story aber auch egal. :)

Ich habe einige Anmerkungen, größtenteils Kleinkram.

Die wörtliche Rede zwischen den vier Personen in der Küche finde ich etwas konfus. Teilweise erschließt sich mir nicht: sagt das jetzt Sandra? Oder die Schwiegermutter? Ist vielleicht auch nicht allzu wichtig, in diesem Zusammenhang, aber als große Freundin von „er sagte“ und „sie sagte“ wollte ich das mal loswerden.

den Griff des Kinderwagens so fest umklammert, dass die Fingerknöchel spitz und weiß hervortraten. Er starrte auf seinen schlafenden Sohn, flehte stumm, dieser möge nicht zu schreien beginnen, nicht jetzt, die letzten paar Meter bevor er die Tür hinter sich verschließen konnte
Im erste Satz reicht nur „Knöchel“, finde ich. Im zweiten hingegen würde ich die „Tür“ zur „Haustür“ spezifizieren, damit schon klar wird, dass er auf dem Weg nach Hause ist. Da man ja noch nicht weiß, worum es geht, überlegt man sich sonst: geht er mit dem Baby zum Arzt? Oder bringt er es in die Kita?

Die Nachbarin stand in der Einfahrt zu ihrem Haus, so, als hätte sie schon immer dort gestanden, mit einem Besen in der Hand, der mechanisch den Asphalt entlangschrammte, obwohl sich darauf schon lange kein Körnchen Dreck mehr befand.
Finde ich sehr schön.

Vor fünf Tagen noch waren sie eine glückliche Familie. Sie kehrten von einem Spaziergang heim, Diego kam mit seinem dreckigen Tennisball angelaufen und Arno warf ihm diesen immer und immer wieder. Sandra saß auf der Steintreppe am Hauseingang, Jonas auf ihrem Schoß. Dieser quietschte jedes Mal vor Vergnügen, wenn Diego dem Ball hinterherhechtete und Sandra lachte, weil Jonas sich so amüsierte und Arno lachte, weil sie gerade alle so glücklich waren.
Den markierten Halbsatz würde ich löschen, das Bild danach beschreibt die rundherum glückliche Familie in ihrem Heim, also Vorgarten, völlig ausreichend.

"Wie wäre es mit helfen?", rief er ihr hinterher.
Klingt für mich nicht aufgebracht genug. Sowas wie „So helfen Sie doch!“ fände ich in der Situation plausibler.

"Lukas, es kommt gleich jemand, der dir hilft, ok?"
Hier irgendwie genauso, vielleicht besser „Hilfe kommt“ als „der dir hilft“. Das klingt für die Situation zu verschachtelt., finde ich. Hier kommt das viel besser rüber:
"Oh mein Gott! Scheiße!" Wie schon die Nachbarin zuvor schlug sie die Hände vors Gesicht. "Lukas!" Sie eilte zu ihm. "Verbandskasten!", rief sie dem telefonierenden Mann zu.*

Arno blieb stehen, unfähig sich zu bewegen und starrte an die weiße Wand. Als diese sich kurze Zeit später immer wieder blau verfärbte wusste er, dass nichts mehr so sein würde, wie es noch vor zehn Minuten war.
Finde ich sehr gut!

Diego, nicht mehr wiederzuerkennen, eine wildgewordene Bestie, ließ vom Arm des Jungen ab, nur, um die riesigen, blutverschmierten Zähne in den Kopf des Jungen zu jagen. Dann lag Arno auf Diego. Später würde er den Rettungssanitäter sagen hören: „ Oh, da hast du ja eine ordentliche Beule am Kopf. Bist hier wohl mit dem Kopf aufgeschlagen?“ Und Lukas, der über der Brechschüssel hing, würde nicken.
Diese Beschreibung verstehe ich logisch nicht so ganz: Hat Diego Lukas nun auch in den Kopf gebissen? Oder „nur“ in den Arm? Und woher dann die Beule, wieso sagt der Sanitäter, er sei angeschlagen? Und wieso die Brechschüssel?

Diego, der wasserscheuste Hund auf Erden, wie er beim Angeln versehentlich ins Wasser plumpst
Statt „Wasser plumpst“ vielleicht „Fluss fällt“ - würde das 2x „Wasser“ verhindern und – naja, plumpst halt nicht. ;)

Den letzten Absatz, wo sich die Bilder in seinem Kopf, von Menschen, Hund, Früher und Jetzt vermischen, finde ich sehr gelungen und auch den Wechsel der Erzählzeit sehr passend!

Also du siehst, alles nur Kleinkram, vielleicht hilft es dir trotzdem weiter.
Die sonnigsten Grüße sendet
heiterbiswolkig


P.S. Den Titel finde ich im Nachhinein irgendwie irreführend. Es geht doch nicht darum, dass er kommt, sonder, dass er (wie das bei Babys so ist) "ganz plötzlich" da ist, oder? Mh ...

 

Hallo Rehla!

Deine Geschichte hat mich berührt.
Dieses Hin und Her, zwischen der Liebe zum Hund (immerhin seit zwölf Jahren ein Familienmitglied) und der Liebe und Verantwortung zum Sohn hat mich gepackt. Während dem Lesen habe ich meine eigene Zerrissenheit gespürt.
In deiner Schluss Szene hast du mir als Leser die Möglichkeit gegeben, mich gemeinsam mit Arno von Diego zu verabschieden. Die Spannung hast du bis zum Schluss gehalten.

Danke
Herzliche Grüße
Sunnygirl

 
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Hallo rehla,

traurige Geschichte, wenn ein Hund – immerhin nicht umsonst der beste Freund des Menschen – natürliche Reflexe ausleben muss, um sein Rudel oder ein Mitglied daraus zu schützen. Dass dann ein „Hubert“ als Notlösung herhalten muss, wirkt auf mich wie Kolportage: Hubert, der wahrscheinlich Hubertusjünger ist, der auch schon mal in freier Wildbahn einen Yorkshire Terrier mit einem Wildschwein verwechselt …

Aber auch, wenn der – ich vermut mal – große, schwarze Hund (schon die Farbe löst bei Nekrophoben – vielleicht die putzwütige Nachbarin? - Angst aus, die durch die Größe des Tieres noch gesteigert wird). Und um auch das anzusprechen: Die (statistische) Lebenserwartung großer und „rein“rassiger Hunde ist niedriger als die der Kleinen und Mischlinge, vor allem aber – wie in jedem Leben – der Gesundheitszustand.
Das Drama vor allem des Hundes, Diego, der wahrscheinlich gar nicht anders kann, ist manierlich geschildert. Bis auf den „Schwanz“

und seinen Schwanz am Fußboden hin und her streifen lässt
Rute ist das bessere Wort, und wenn der Hinterleib sich bewegt bzw. die Rute wedelt, wird die Anspannung schlechthin ausgedrückt, nicht nur Freude, wie dennoch korrekt zu Anfang der Geschichte angesprochen. Wer einen Hund hält muss ihn „lesen“ und „deuten“ lernen. Das ist eine andere Art Literatur.

Das geschilderte Millieu zeigt sich als kleinbürgerlich, was zum einen oft in an sich entbehrlichen Possessivpronomen sich ausdrückt (ich nehm mal nur vom Anfang)QUOTE]Er starrte auf seinen schlafenden Sohn, …[/QUOTE] Arno wird wohl niemanden entführt haben …

Die Nachbarin stand in der Einfahrt zu ihrem Haus, …
usw., was direkt zum
führt - und sei's das kleinste Körnchen (nachher ist der Ball Diegos auch noch dreckig).

Dreck erinnert an Fäulnis und Kehricht, Kot und Mist, kurz: Schmutz und Minderwertiges – womit unbewusst ein Schnappschuss auf die Nachbarschaft fällt … wozu dann auch passt, wenn man's ja immer schon gewusst habe
Und alles nur, um Arno einen Blick zuzuwerfen, der so viel bedeuten sollte wie: Ich habe es ja schon immer gesagt.

Triviales (den Namen lesend hastu's bestimmt schon gewusst, gelt? Ist ja erschreckend weniger geworden ...)

…, die letzten paar Meter[,] bevor er die Tür hinter sich verschließen konnte.
Sandra lachte, weil Jonas sich so amüsierte[,] und Arno lachte, weil sie gerade alle so glücklich waren.
Arno blieb stehen, unfähig sich zu bewegen[,] und starrte an die weiße Wand.
Als diese sich kurze Zeit später immer wieder blau verfärbte[,] wusste er, dass nichts mehr so sein würde, wie es noch vor zehn Minuten war.
„Verdammt noch mal! Schau ihn dir an!“[,] schrie Sandra

Ok // ok
Besser: O. K. oder o. k., aber auch: okay
… wenn Diego dem Ball hinterherhechtete und …
Besser „hinterherhechelte“, Diego hat ja schon sein Alter und ich brauch auch keine elf Sekunden mehr auf hundert Metern ...

Fein, mal wieder was von Dir gelesen zu haben, wenn auch ein Tragödie

Friedel

 

Liebe rehla,

Auch mich hat Deine Geschichte angesprochen. Ich wurde ins Geschehen mit hineingenommen.
Du schreibst flüssig und anschaulich. Eine Geschichte, die gut zu lesen ist.

Was den Titel anbetrifft, so geht es mir ähnlich wie heiterbiswolkig. Vielleicht kannst Du Dir darüber nochmals Gedanken machen.

Besonders berührt hat mich der Schluss, als Arno über die letzten Jahre nachdachte. Die Freude, welche die Familie mit Diego erlebte. Und dann dieser Schmerz.

Dabei musste ich kurz an Miel denken, unsere grosse, schöne Katze mit dem honigfarbigen Fell, die aus Eifersucht in den Kinderwagen meines Patenkindes sprang und sich auf sein Gesicht setzte. Zum Glück kam mein Vater dazu. Wir konnten sie auch nicht behalten. Sie hätte es sonst wieder getan. Das sind schwierige und schmerzliche Entscheidungen.

Vielen Dank für die Geschichte.
Liebe Grüsse
Marai

 

Hallo heiterbiswolkig,

vielen Dank für deinen Kommentar. Freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat und du sie sogar als stimmig und stark bezeichnest, auch wenn es nicht so ganz dein Thema ist.

Die wörtliche Rede zwischen den vier Personen in der Küche finde ich etwas konfus. Teilweise erschließt sich mir nicht: sagt das jetzt Sandra? Oder die Schwiegermutter? Ist vielleicht auch nicht allzu wichtig, in diesem Zusammenhang, aber als große Freundin von „er sagte“ und „sie sagte“ wollte ich das mal loswerden.

Der Dialog findet nur zwischen Arno und seiner Schwiegermutter statt (in meinem Kopf war das jedenfalls so), aber du hast Recht, weil ja Sandra auch immer wieder erwähnt wird, kann das schon etwas verwirrend sein. Werde da tatsächlich noch etwas konkreter werden.

Im erste Satz reicht nur „Knöchel“, finde ich. Im zweiten hingegen würde ich die „Tür“ zur „Haustür“ spezifizieren, damit schon klar wird, dass er auf dem Weg nach Hause ist. Da man ja noch nicht weiß, worum es geht, überlegt man sich sonst: geht er mit dem Baby zum Arzt? Oder bringt er es in die Kita?

Das mit dem Knöchel werd ich mir nochmal ansehen. Ebenso die Tür, wobei ich es allerdings in diesem Moment nicht wichtig finde, ob der Leser schon weiß, wohin Arno will, das erschließt sich ja ein paar Zeilen später.

Den markierten Halbsatz würde ich löschen, das Bild danach beschreibt die rundherum glückliche Familie in ihrem Heim, also Vorgarten, völlig ausreichend.

Der Halbsatz liest sich in der Tat überflüssig, aber ohne kommt mir der Übergang auch wieder zu hart vor, hmm ...

Klingt für mich nicht aufgebracht genug. Sowas wie „So helfen Sie doch!“ fände ich in der Situation plausibler.

Ich wollte es nicht zu aufgebracht klingen lassen, sondern ein wenig sarkastisch. Sozusagen auf die Art, dass nicht mal in derartig brenzligen Situationen die Kabbelei mit der Nachbarin vergessen ist.

Hier irgendwie genauso, vielleicht besser „Hilfe kommt“ als „der dir hilft“.

Das könnte ich etwas umformulieren.

Diese Beschreibung verstehe ich logisch nicht so ganz: Hat Diego Lukas nun auch in den Kopf gebissen? Oder „nur“ in den Arm? Und woher dann die Beule, wieso sagt der Sanitäter, er sei angeschlagen? Und wieso die Brechschüssel?

Diego hat Lukas' Kopf quasi gestreift oder berührt, bevor er dann zu Boden gerungen wurde. Habe das selber schon ein paar Mal erlebt, allerdings "nur" am Oberschenkel (wenn ich ein Mann wäre, wäre es sicher böser ausgegangen): Wenn dich der Hund nicht richtig erwischt, sei es, weil etwas dazwischen liegt (Kleidung) oder es einfach nicht seine Absicht ist richtig zuzubeißen oder er im richtigen Moment noch abgefangen wird, dann bildet sich an dieser Stelle durch die Krafteinwirkung ein blauer Fleck, ergo müsste am Kopf auch eine Beule zu sehen sein.
Mit der Brechschüssel wollte ich nur zum Ausdruck bringen, dass Lukas ziemlich unter Schock steht (da kann einem schon mal schlecht werden) und er selber nicht mitbekommen hat, was genau passiert ist bzw. es ihm in diesem Moment schlicht egal ist.

Statt „Wasser plumpst“ vielleicht „Fluss fällt“ - würde das 2x „Wasser“ verhindern und – naja, plumpst halt nicht.

Was hast du denn gegen "plumpsen"? Ich hab mich gefreut wie ein Honigkuchenpferd, weil mir so ein tolles Wort eingefallen ist. Aber einmal Wasser kann ich getrost durch Teich ersetzen, das stimmt.

P.S. Den Titel finde ich im Nachhinein irgendwie irreführend. Es geht doch nicht darum, dass er kommt, sonder, dass er (wie das bei Babys so ist) "ganz plötzlich" da ist, oder? Mh ...

Da triffst du einen wunden Punkt. Mit dem Titel hatte ich tatsächlich so meine Schwierigkeiten. Da "Und dann war Jonas da" aber noch schlimmer klingt, hoffe ich auf eine Eingebung.

Nochmals vielen Dank fürs Lesen und deine Tipps!


Hallo sunnygirl,

dankeschön, freut mich zu lesen, dass dich meine Geschichte berührt hat. Dieses Hin und Her, zwischen Hund und Sohn, allerdings viel mehr auch zwischen Hund und dem Rest der Familie und der Gesellschaft. Schön, dass es bei dir so angekommen ist.

Vielen Dank für deinen Kommentar.


Lieber Friedel, liebe Marai,

bei euch melde ich mich später noch.

 
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Hallo rehla!

Ich finde die Geschichte ebenfalls gut erzählt. Wobei ich beim ersten Lesen dachte: Starker Anfang - man will wirklich wissen, was da passiert ist und liest daher automatisch weiter.
Dann kam die "Erklärung", sprich Konflikt Hund-Kind.
Da habe ich erst so gedacht: Warum taucht der Hund nicht schon eher auf? Andererseits finde ich es trotzdem stimmig, so wie Du es angelegt hast. Und Du hast den Hund vorher auch schon erwähnt ... aber vielleicht ginge das noch etwas deutlicher. (s.u.)

Ein paar Kleinigkeiten:

Dabei hatte Arno sich vor kurzem noch gewünscht, er müsse nicht immer ihr leeres Geschwätz ertragen.
Würd ich streichen, weil der Satz vorher "stark" ist und dann besser wirkt. - Also: Was ist da eigentlich passiert? (Diese "Erklärung" mildert die Dramatik, da es ja im weitesten Sinn eine "Wunscherfüllung" ist.
- Finde ich.

Würd generell die Geschichte noch mal auf "Erklärungen" überarbeiten; vieles kann sich der Leser selber zusammenreimen und es ist oft besser, dem Leser - ja, wie soll ich sagen - also vielleicht "die reinen Fakten" zu liefern, ohne Beschwichtigungen und Beschönigungen, ohne "Ausweg".
Das macht den Text knackiger und dramatischer. (- Kopfkino).

„Meine Mutter ist da“, sagte Sandra und riss Arno aus seinen Gedanken. Es war nichts mehr so wie noch vor fünf Tagen.
Hm. Er denkt (vorher), dann wird er aus den Gedanken gerissen --- aber im nächsten Absatz geht es wieder um Gedanken.
Da bin ich so ein bisschen hängen geblieben.
Vielleicht reicht auch hier nur zu schreiben: "Meine Mutter ist da", sagte Sandra. [Punkt]
Ich als Leser würde das so, glaube ich, besser nachvollziehen.
Insbesondere, wenn der nächste Absatz beginnt mit "Vor fünf Tagen ..." .

während sein gesamtes Hinterteil sich vor Freude schüttelte.
Ist es nicht "der" Hinterteil? Also "sein gesamter Hinterteil"? - Nee, ich seh gerade: Quatsch mit Soße. Also anders: Ein sich schüttelndes Hinterteil finde ich als Bild nicht gut - ich würde, wenn auch nur kurz, den Hund so genau und "persönlich" mit liebevollem Blick beschreiben, wie nur irgend möglich.
Z.B. Die "Rute" mit dem schwarzen Fleck am Ende (o.ä.). Evtl. auch noch ne Erinnerung einbauen.
(Drama!) ;)


Viele Grüße!

Reiki

PS. Titel heiterbiswolkig finde ich ebenfalls überarbeitenswert.

 

Hallo rehla,

danke für deine Erklärungen.

Diego hat Lukas' Kopf quasi gestreift oder berührt, bevor er dann zu Boden gerungen wurde. Habe das selber schon ein paar Mal erlebt, allerdings "nur" am Oberschenkel (wenn ich ein Mann wäre, wäre es sicher böser ausgegangen): Wenn dich der Hund nicht richtig erwischt, sei es, weil etwas dazwischen liegt (Kleidung) oder es einfach nicht seine Absicht ist richtig zuzubeißen oder er im richtigen Moment noch abgefangen wird, dann bildet sich an dieser Stelle durch die Krafteinwirkung ein blauer Fleck, ergo müsste am Kopf auch eine Beule zu sehen sein.
So konnte ich das besser nachvollziehen. Aber vielleicht wäre es sinnvoller, das dann auch im Text in etwa so zu erklären, damit auch nicht Hunde-Erfahrenen das auf Anhieb deutlicher wird? Also, bitte versteh mich nicht falsch, es ist ja nicht völlig unlogisch. Aber wie gesagt, mir haben die Erläuterungen geholfen.

Was hast du denn gegen "plumpsen"? Ich hab mich gefreut wie ein Honigkuchenpferd, weil mir so ein tolles Wort eingefallen ist.
Ja gut, hast recht: pro plumpsen! :thumbsup:

Etwas zum Titel ist mir noch eingefallen, nur eine spontane Idee: Vielleicht wäre sowas besser wie „Es geht um Jonas“? Das benennt gleichzeitig die Hauptfigur und lässt doch noch alles offen. Wie gesagt, nur ein spontaner Einfall. Vielleicht hilfts weiter. :)

Die sonnigsten Grüße
von heiterbiswolkig

 
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Lieber Friedel,

ach herrje, und ich hab mir noch beim Schreiben gedacht: Hoffentlich sieht der Friedel diese Geschichte nicht, der mag doch die Hunde so gern. Dafür ist dein Kommentar sehr wohlwollend ausgefallen, vielen Dank! Und ich mag sie ja auch, die Hunde.

Dass dann ein „Hubert“ als Notlösung herhalten muss, wirkt auf mich wie Kolportage: Hubert, der wahrscheinlich Hubertusjünger ist, der auch schon mal in freier Wildbahn einen Yorkshire Terrier mit einem Wildschwein verwechselt …

Genau, hab ich mir schon gedacht, dass der Friedel sicher einen Bezug zum Namen herstellt. Hubertus, Schutzpatron der Jagd, wobei das in meiner Geschichte natürlich wie Ironie wirkt, wenn der heilige Hubertus zugleich als Beschützer der Hunde galt.
Bei uns verwechseln die dann eher Gebirgsschweißhund mit Hirschkuh.

Das Drama vor allem des Hundes, Diego, der wahrscheinlich gar nicht anders kann, ist manierlich geschildert. Bis auf den „Schwanz“

Rute ist das bessere Wort, und wenn der Hinterleib sich bewegt bzw. die Rute wedelt, wird die Anspannung schlechthin ausgedrückt, nicht nur Freude, wie dennoch korrekt zu Anfang der Geschichte angesprochen.


was zum einen oft in an sich entbehrlichen Possessivpronomen sich ausdrückt

Oje, da wird mir wieder einmal bewusst, was für ein Graben sich da bei mir zwischen meinem Deutsch und schönem, korrektem Deutsch auftut.

Diese Ausdrücke sind wohl allesamt meiner Umgangssprache geschuldet. So wird man bei uns niemanden sagen hören, der Hund bewege seine Rute, das macht höchstens der Krampus am 5. Dezember, und das nennt man dann nicht mehr bewegen, sondern "dreschen". Da sich der "Schwanz" an dieser Stelle aber in der Tat etwas rüde macht und es für die Stimmigkeit der Geschichte egal ist, ob nun auf Österreichisch oder nicht, werde ich eine Rute daraus machen.

Und Possessivpronomen, tsss ... Keinen Satz gibt's ohne die! Hubert's Hut ist nicht schlicht und einfach Hubert's Hut, sondern "den Hubert sein Hut". Klingt also nicht nur schräg, sondern ist auch grammatikalisch ein Fiasko.

Vielen Dank - ich hab wo gelesen, dass du als Gott der Zeichensetzung betitelt wurdest, darf ich dich an dieser Stelle auf gut Österreichisch einfach "Beistrichmeister" nennen? - für's Aufzeigen dieser Schwachstellen. Wobei ich mir sonst wohin beißen könnte, weil ich bei den meisten Beistrichen kurz davor war, diese zu setzen und es dann doch unterlassen habe. Du weißt ja schon, ich mach die nach Gefühl.

Besser „hinterherhechelte“, Diego hat ja schon sein Alter und ich brauch auch keine elf Sekunden mehr auf hundert Metern ...

Stimmt vollkommen.

Fein, mal wieder was von Dir gelesen zu haben, wenn auch ein Tragödie.

Nochmals vielen Dank, lieber Friedel, für deinen wie immer sehr geschätzten Kommentar.


Hallo Marai,

schön, dass dich meine Geschichte angesprochen hat. Beim Titel bin ich schon fest am Überlegen, aber ich glaube, da muss ich alles mal ein paar Tage ruhen lassen.

Dabei musste ich kurz an Miel denken, unsere grosse, schöne Katze mit dem honigfarbigen Fell, die aus Eifersucht in den Kinderwagen meines Patenkindes sprang und sich auf sein Gesicht setzte. Zum Glück kam mein Vater dazu. Wir konnten sie auch nicht behalten. Sie hätte es sonst wieder getan. Das sind schwierige und schmerzliche Entscheidungen.

Ich denke zwar, Katzen legen sich gerne der Wärme wegen zum Baby in die Wiege/den Kinderwagen, aber nichtsdestotrotz eine gefährliche Situation. Zum Glück gut ausgegangen. Und man kann sich ja das, bevor ein Baby da ist, gar nicht vorstellen, welche gemischten Gefühle man plötzlich gegenüber Haustieren entwickeln kann, wenn etwas Derartiges passiert.

Vielen Dank, Marai!

Hallo Reiki Wuwu,

wir haben's wohl mit den Hunden. Und mich erinnert ja schon dein Name daran.

Da habe ich erst so gedacht: Warum taucht der Hund nicht schon eher auf? Andererseits finde ich es trotzdem stimmig, so wie Du es angelegt hast. Und Du hast den Hund vorher auch schon erwähnt ... aber vielleicht ginge das noch etwas deutlicher. (s.u.)

Es war sogar kurz meine Idee, eine ausführlichere Beschreibung des Hundes früher einzubauen bzw. zu erwähnen, warum er so liebenswürdig ist, aber ich fand es letztendlich besser, vor der großen Tragödie so nüchtern wie möglich zu bleiben.

Würd ich streichen, weil der Satz vorher "stark" ist und dann besser wirkt. - Also: Was ist da eigentlich passiert? (Diese "Erklärung" mildert die Dramatik, da es ja im weitesten Sinn eine "Wunscherfüllung" ist.
- Finde ich.

Würd generell die Geschichte noch mal auf "Erklärungen" überarbeiten; vieles kann sich der Leser selber zusammenreimen und es ist oft besser, dem Leser - ja, wie soll ich sagen - also vielleicht "die reinen Fakten" zu liefern, ohne Beschwichtigungen und Beschönigungen, ohne "Ausweg".
Das macht den Text knackiger und dramatischer. (- Kopfkino).


Das werde ich mir auf jeden Fall noch einmal durch den Kopf gehen lassen.

Hm. Er denkt (vorher), dann wird er aus den Gedanken gerissen --- aber im nächsten Absatz geht es wieder um Gedanken.
Da bin ich so ein bisschen hängen geblieben.

Die Erzählebene kann hier wohl wirklich ein bisschen verwirrend wirken. Mal schauen, ob sich wer anderer auch noch daran stört. Aber ich fand die Einleitung "vor fünf Tagen" nicht gerade spannend. Und etwas fordern darf man den Leser ja.

in sich schüttelndes Hinterteil finde ich als Bild nicht gut - ich würde, wenn auch nur kurz, den Hund so genau und "persönlich" mit liebevollem Blick beschreiben, wie nur irgend möglich.
Z.B. Die "Rute" mit dem schwarzen Fleck am Ende (o.ä.). Evtl. auch noch ne Erinnerung einbauen.
(Drama!)

Wie gesagt, vor der Hundeattacke möchte ich nicht zu viel Schwärmerei haben. Aber so ein Bild zum Ende hin mit einer weißen Schwanzspitze am ansonsten schwarzen Hund wäre eventuell wirklich schön. Sagt mir jetzt aber bitte nicht, dass das dann "Rutenspitze" heißen soll? :eek:

Das mit dem Titel ist mittlerweile eine klare Ansage.

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar!


heiterbiswolkig,

dankeschön nochmal für deine Rückmeldung. Das mit der Beule lasse ich noch etwas auf mich zukommen. Und ich denke für den Titel muss ich komplett umdenken. Eventuell gar nix mit Jonas. Aber danke für deine Anregung. Das Wort "plumpsen" wird darin jedenfalls sicher nicht vorkommen. :D

Gruß,
rehla

 

Und Possessivpronomen, tsss ... Keinen Satz gibt's ohne die! Hubert's Hut ist nicht schlicht und einfach Hubert's Hut, sondern "den Hubert sein Hut". Klingt also nicht nur schräg, sondern ist auch grammatikalisch ein Fiasko.

Ha, da kennze aba dat Ruulatein schlecht, da jibbet auch schon ma den Spruch "komma bei mich" oder dann "tun mer bissken quatschn" und der Fälle kennen wir nur noch drei, wie der Spruch behauptet, "mir und mich verwechsel ich nicht, das kommt bei mich nicht vor. Ich bab'n kleinen Mann im Ohr, der sagt mich alles vor." (Hab ich mals auf Neuhochdeutsch nieder geschrieben, soll man ja auch verstehn, gelt?

Was Possessivpronomen betrifft so hilft oft die Frage "wessen sonst?", ums einzudämmen-

Gruß und schönes Wochenende vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Rehla!

Eigentlich ist schon alles zu dieser gut erzählten Geschichte gesagt. Aber was heißt schon eigentlich. Ich habe diese Geschichte erst gestern gelesen (bin neu hier) und sie konnte mich von Beginn an mitnehmen und bis zum letzten Satz überzeugen: und nicht weil mir das Leben mit Hund (zwei an der Zahl) und Kind (über die Jahre drei) vertraut ist, sondern weil mich die Erzählweise sehr sicher und glaubhaft durch die Geschichte führte.
Die Figuren agieren überzeugend, sind kurz und klar gezeichnet, haben ihre Zweifel und als Leser darf ich diese miterleben. Der Spannungsbogen ist gut gesetzt: auslösendes Ereignis, entstehender Konflikt, die Auseinandersetzung, die Reibungen und auch die Entwicklungen, alles ist unaufgeregt und angemessen erzählt und dennoch mit der notwendigen "Dramatik".

Ich habe die Kommentare überflogen und will auch nicht großartig etwas wiederholen. Vielleicht zu drei Punkten einfach meine Meinung und mein Empfinden.

Zum Titel: Und dann kam Jonas
Zwar kam Jonas nicht so unerwartet in diese Familie, wie der Titel es signalisiert, aber die Reaktion Diegos, das Ereignis, das dann alles veränderte, das kam plötzlich und eben auch die Erkenntnis, dass es mit der veränderten Familiensituation zu tun hat, mit Jonas, aber nicht nur mit Jonas. Und nun formuliert sich plötzlich eine Frage, die sich so niemand hätte vorstellen können und auch niemand so will: Jonas oder Diego?
Ich finde, der Titel benennt diese Spannung und deutet den Zusammenhang an. Am Ende kann auch der Leser nicht ausweichen, auch er wird sich hier Fragen stellen und Antworten suchen.

Darum: Für mich passt es.

Zur Stelle mit dem Biss in den Kopf. Sie ist nicht einfach zu bewältigen. Ich zitiere sie einmal und markiere mal fett, woran ich ein Fragezeichen setzen würde.

Arno legte schnell auf und sank zitternd zu Boden. Was war eigentlich in ihn gefahren, wie konnte er nur daran denken, seinen geliebten Diego umzubringen? Kurzschlussreaktion. Aber er konnte es nicht leugnen, hatte er es mit eigenen Augen gesehen. Diego, nicht mehr wiederzuerkennen, eine wildgewordene Bestie, ließ vom Arm des Jungen ab, nur, um die riesigen, blutverschmierten Zähne in den Kopf des Jungen zu jagen. *** Dann lag Arno auf Diego. Später würde er den Rettungssanitäter sagen hören: „ Oh, da hast du ja eine ordentliche Beule am Kopf. Bist hier wohl mit dem Kopf aufgeschlagen?“ Und Lukas, der über der Brechschüssel hing, würde nicken.

Zum ersten Mal in der Geschichte empfand ich die Erzählweise „angestrengt“ und mein Lesen wurde ein anstrengendes.
Ich wurde hier beim ersten Lesen irre geführt. Ich habe nicht gleich dieses „um“ registriert, und es vor allem nicht als eine Fehleinschätzung von Arno gedeutet.
Ein wenig spielt dabei auch eine Rolle, dass diese Szene in der Geschichte im Nachhinein als eine Reflexion von Arno abläuft, da gehe ich als Leser vielleicht automatisch davon aus, dass hier "Vermutungen und Fehleinschätzungen" erkannt sind und offengelegt werden.

Ich sehe beim ersten Lesen eins zu eins, wie der Hund die riesigen Zähne in den Kopf des Jungen schlägt und Arno sich „dann“ auf ihn wirft. „Dann“ ist für mich immer ein „danach“.

Ich denke, diese Reflexion soll Arnos kurze Fehleinschätzung, seine Panik zeigen, und das, was er zu sehen glaubte. Und erst etwas später werden sich die Fakten für Arno zurechtrücken. Für mich müsste es dann etwas anders formuliert werden. Die von mir fett markierten Sätze verursachen die Unsicherheiten.

Aber er konnte es nicht leugnen, hatte er es mit eigenen Augen gesehen.

Ein selten zwiespältiger Satz: a)Aussage: Er konnte es nicht leugnen. / b) Frage: Hatte er es mit eigenen Augen gesehen? Das Konstrukt wackelt für mich.

… eine wildgewordene Bestie, ließ vom Arm des Jungen ab, nur, um die riesigen, blutverschmierten Zähne in den Kopf des Jungen zu jagen. *** Dann lag Arno auf Diego.

So kann ich das nur als Tatsache, nicht als Vermutung von Arno lesen, denn er holt sich die Szene ja vors Auge. Auch stört hier, dass die Erzählweise das „ER“ verlässt und plötzlich zu „Arno“ wechselst, als schaute hier Arno mit Abstand auf die Szene.

Später würde er den Rettungssanitäter sagen hören:... / Lukas würde sagen:

Warum hier erzählerisch auf den Konjunktiv +Infinitiv zurückgreifen, als „futurische Umschreibung“? Das alles gibt dieser Stelle etwas Angestrengtes. (Rehla, das ist nur meine Sicht und es kann ja auch sein, dass du gerade hier den Leser in eine „Engstelle“ führen willst.)

Ich erzähle es einmal etwas vereinfacht und bin mir bewusst, dass es genau an deiner Erzählabsicht vorbeischrammen kann. Darum lies es einfach als meine Leseweise:

Kurzschlussreaktion. Aber er konnte es nicht leugnen; hatte er es nicht mit eigenen Augen gesehen? Diego, nicht mehr wiederzuerkennen, eine wildgewordene Bestie, ließ vom Arm des Jungen ab, nur, um die riesigen, blutverschmierten Zähne in den Kopf des Jungen zu jagen. Das sah er und warf sich auf Diego. Er zog ihn vom Jungen weg und blieb auf ihm liegen. Viel später hörte er den Rettungssanitäter sagen: „ Oh, da hast du ja eine ordentliche Beule am Kopf. Bist hier wohl mit dem Kopf aufgeschlagen?“ Und Lukas, der über der Brechschüssel hing, nickte.

Und nun noch meinen Senf zu Schwanz und Rute.

Ich lebe im Rheinland, ländlich, quasi mitten unter Hundebesitzern und Jägern. Ich habe noch nie gehört, dass einer im normalen Sprachgebrauch von „Rute“ spricht. Keiner würde hier sagen: „Er wedelt mit der Rute.“ Dieser Begriff hat sich hier nicht in den Sprachgebrauch etabliert. Er gehört weiterhin zur „Fachsprache“. Jäger untereinander werden sie sicherlich korrekt benutzen.
In dieser Geschichte klingt das Wort "Rute" wie ein Begriff, fremd, aber eben korrekt: „nur“ korrekt.

Rehla, mir hat es sehr viel Freude gemacht, diese Geschichte zu lesen.

Liebe Grüße. Joenna

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Friedel,

Ha, da kennze aba dat Ruulatein schlecht, da jibbet auch schon ma den Spruch "komma bei mich" oder dann "tun mer bissken quatschn" und der Fälle kennen wir nur noch drei, wie der Spruch behauptet, "mir und mich verwechsel ich nicht, das kommt bei mich nicht vor. Ich bab'n kleinen Mann im Ohr, der sagt mich alles vor." (Hab ich mals auf Neuhochdeutsch nieder geschrieben, soll man ja auch verstehn, gelt?

Und ich dachte immer wir sind ein komisches Volk.

Liebe Joenna,

Rehla, mir hat es sehr viel Freude gemacht, diese Geschichte zu lesen.

vielen Dank für dieses Lob, freut mich sehr.

Ich habe diese Geschichte erst gestern gelesen (bin neu hier)

Gehört zwar jetzt nicht zu meinem Text, aber dazu möchte ich mich auch kurz lobend äußern: Finde es total super, dass du dich neu hier anmeldest und gleich so fundierte Kommentare zum Besten gibst. So etwas kommt hier eher selten vor, normal fängt jeder mit seiner Geschichte als ersten Beitrag an und dann hört man oft gar nix mehr von demjenigen.

Zum Titel: Und dann kam Jonas
Zwar kam Jonas nicht so unerwartet in diese Familie, wie der Titel es signalisiert, aber die Reaktion Diegos, das Ereignis, das dann alles veränderte, das kam plötzlich und eben auch die Erkenntnis, dass es mit der veränderten Familiensituation zu tun hat, mit Jonas, aber nicht nur mit Jonas. Und nun formuliert sich plötzlich eine Frage, die sich so niemand hätte vorstellen können und auch niemand so will: Jonas oder Diego?
Ich finde, der Titel benennt diese Spannung und deutet den Zusammenhang an. Am Ende kann auch der Leser nicht ausweichen, auch er wird sich hier Fragen stellen und Antworten suchen.

Darum: Für mich passt es.


Schön, hier auch eine entgegengesetzte Meinung zu hören. Für mich ist der Titel persönlich wirklich nicht so optimal, der ist eher aus einer Emotionalität heraus entstanden, so hab ich mir gedacht, vorher ist Diego der Mittelpunkt der Familie und dann soll er es auf einmal nicht mehr sein. Diego versteht ja nicht, was da wirklich passiert ist, er spürt nur, dass nun auf einmal ein Baby da ist und seine vertrauten Personen nicht mehr so sind wie vorher. Es sollte so ein bisschen bedrohlich klingen, so auf die Art: Jetzt ist nichts mehr wie früher. Ich glaube, wir beide können das nachvollziehen, weil wir persönlich eine derartige Situation zu Hause haben (Hund und Kind), aber ich will ja eigentlich einen Titel, der auch allen anderen zugänglich ist. Was Besseres ist mir aber eh noch nicht zugeflogen, also bleibt's vorerst ohnehin dabei.

Zur Stelle mit dem Biss in den Kopf. Sie ist nicht einfach zu bewältigen.

Es stimmt schon. Es klingt wirklich so, als würde Diego schon in den Kopf gebissen haben, was er ja eigentlich nur ansatzweise gemacht hat. Ich schreib die Stelle ein bisschen um und werde dein Beispiel als Anregung nehmen.

Und nun noch meinen Senf zu Schwanz und Rute.

Ich lebe im Rheinland, ländlich, quasi mitten unter Hundebesitzern und Jägern. Ich habe noch nie gehört, dass einer im normalen Sprachgebrauch von „Rute“ spricht. Keiner würde hier sagen: „Er wedelt mit der Rute.“ Dieser Begriff hat sich hier nicht in den Sprachgebrauch etabliert. Er gehört weiterhin zur „Fachsprache“. Jäger untereinander werden sie sicherlich korrekt benutzen.
In dieser Geschichte klingt das Wort "Rute" wie ein Begriff, fremd, aber eben korrekt: „nur“ korrekt.


Oh, dankeschön! Ich weiß manchmal wirklich nicht, was nun korrekt Deutsch ist und was nicht. Dann kann ich ja wieder getrost meinen Schwanz daraus machen.

Nochmal vielen Dank für deinen tollen Kommentar und ich freue mich darauf, bald eine Geschichte von dir zu lesen.

Gruß,
rehla

 
Zuletzt bearbeitet:

rehla schrieb:
Da sich der "Schwanz" an dieser Stelle aber in der Tat etwas rüde macht und es für die Stimmigkeit der Geschichte egal ist, ob nun auf Österreichisch oder nicht, werde ich eine Rute daraus machen.

Tu es nicht, rehla. Tatsächlich würde es die Stimmigkeit der Geschichte beeinflussen. Allerdings nicht zum Besseren. Deshalb nämlich, weil der Begriff Rute - abgesehen von dem einen oder anderen canophilen Sprachpuristen (nichts für ungut, Friedrichard) - von keinem Menschen verwendet wird. Oder kannst du dir im wirklichen Leben etwa folgenden Dialog vorstellen?
„Na, hat mein Wuffi nicht einen hübschen Behang?“
„Hä?“
„Ohren.“
„Ach so.“

Aber was ich eigentlich sagen will: Obwohl ich nicht unbedingt ein Hundefreund bin, oder, anders gesagt, mir diese Viecher einfach herzlich egal sind, oder, anders gesagt, mich vor allem das alberne Herumgetue vieler Hundebesitzer mit ihren Lieblingen nervt, oder, anders gesagt, ich in Wahrheit einfach ein zynischer, verbitterter Misanthrop bin, ist es deiner Geschichte gelungen, mein Herz zu berühren. Ehrlich.

Arno spürte, wie ihm die Tränen die Wangen hinunterliefen. Schluchzend ließ er sich auf der Gehsteigkante nieder. Diego spürte die Traurigkeit, stieß ihn an, stimmte winselnd in das Geheule mit ein. Arno nahm ihm den Maulkorb ab, vergrub seine Finger im dichten Fell. So saßen sie minutenlang da, er und sein Diego.

Also diese Szene am Schluss, was soll ich sagen, die ist schon verdammt herzzerreißendes Kino. Die erwischte mich gehörig und erinnerte mich in ihrer Dramatik daran, wie ich vor gut fünfundvierzig Jahren ähnlich emotional reagierte, als ich den Film "Lassie kehrt zurück" im Fernsehen sah. Und auch daran, wie ich Jahre später - als mittlerweile erwachsener Mann - bei der Lektüre von "Krambambuli", einer wahrlich hirnwegsprengenden Erzählung von Marie von Ebner-Eschenbach, Rotz und Wasser heulte.

Krambambuli von Marie von Ebner-Eschenbach schrieb:
Am selben Abend stand Hopp vor dem Schlafengehen am Fenster und blickte in die schimmernde Sommernacht hinaus. Da war ihm, als sähe er jenseits der Wiese am Waldessaum den Hund sitzen, die Stätte seines ehemaligen Glückes unverwandt und sehnsüchtig betrachtend – der Treueste der Treuen, herrenlos!
Der Jäger schlug den Laden zu und ging zu Bett. Aber nach einer Weile stand er auf, trat wieder ans Fenster – der Hund war nicht mehr da. Und wieder wollte er sich zur Ruhe begeben und wieder fand er sie nicht.
Er hielt es nicht mehr aus. Sei es, wie es sei ... Er hielt es nicht mehr aus ohne den Hund. – Ich hol ihn heim, dachte er, und fühlte sich wie neugeboren nach diesem Entschluß.
Beim ersten Morgengrauen war er angekleidet, befahl seiner Alten, mit dem Mittagessen nicht auf ihn zu warten, und sputete sich hinweg. Wie er aber aus dem Hause trat, stieß sein Fuß an denjenigen, den er in der Ferne zu suchen ausging. Krambambuli lag verendet vor ihm, den Kopf an die Schwelle gepreßt, die zu überschreiten er nicht mehr gewagt hatte.
Der Jäger verschmerzte ihn nie. Die Augenblicke waren seine besten, in denen er vergaß, daß er ihn verloren hatte. In freundliche Gedanken versunken, intonierte er dann sein berühmtes: «Was macht denn mein Krambam...» Aber mitten in dem Worte hielt er bestürzt inne, schüttelte das Haupt und sprach mit einem tiefen Seufzer: «Schad um den Hund.»

Vielleicht bin ich ja doch nicht der elende, sarkastische Hund, als den ich mich gerne hinstelle, sondern in Wahrheit eh eine sensible, verdammte Pussy.

Bitte mehr davon, rehla.
(Und nicht wieder erst in einem Jahr.)

offshore

 

Lieber Ernst,

Tu es nicht, rehla. Tatsächlich würde es die Stimmigkeit der Geschichte beeinflussen. Allerdings nicht zum Besseren. Deshalb nämlich, weil der Begriff Rute - abgesehen von dem einen oder anderen canophilen Sprachpuristen (nichts für ungut, @Friedrichard) - von keinem Menschen verwendet wird. Oder kannst du dir im wirklichen Leben etwa folgenden Dialog vorstellen?
„Na, hat mein Wuffi nicht einen hübschen Behang?“
„Hä?“
„Ohren.“
„Ach so.“

Gut, dass du gestern nicht reingeschaut hast. Da stand nämlich für ein paar Stunden die "Rute" drin, ich kann das heute selber kaum mehr glauben. Zum Glück hat mir Joenna schon versichert, dass das auch nicht unbedingt umgangssprachliches Deutsch ist. Vielleicht baue ich ja noch etwas mit dem Behang ein?

Aber was ich eigentlich sagen will: Obwohl ich nicht unbedingt ein Hundefreund bin, oder, anders gesagt, mir diese Viecher einfach herzlich egal sind, oder, anders gesagt, mich vor allem das alberne Herumgetue vieler Hundebesitzer mit ihren Lieblingen nervt, oder, anders gesagt, ich in Wahrheit einfach ein zynischer, verbitterter Misanthrop bin, ist es deiner Geschichte gelungen, mein Herz zu berühren. Ehrlich.

Wie schön, danke! Ich muss ehrlich gestehen, dass ich dich tatsächlich nicht zu meinem Zielpublikum gezählt habe. Daher freut es mich umso mehr, dass ich den zynischen, verbitterten Misanthropen in dir zumindest für eine Weile außer Gefecht setzen konnte.

"Krambambuli"

Ich muss mir dieses Werk wohl echt mal zu Gemüte führen. In der Schule hätten wir das glaube ich lesen müssen, aber weißt eh wie das ist, alles, was man muss, macht man doch extra nicht.

Vielleicht bin ich ja doch nicht der elende, sarkastische Hund, als den ich mich gerne hinstelle, sondern in Wahrheit eh eine sensible, verdammte Pussy.

Ich wusste es.

Bitte mehr davon, rehla.
(Und nicht wieder erst in einem Jahr.)

Ich werde mich bemühen.

Vielen Dank für deinen netten Kommentar, Ernst.

Grüße,
rehla

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe rehla,

das ist ja eine Geschichte wie aus dem Lehrbuch :). Also, man könnte sie gut in ein Lehrbuch packen und anhand der Story Spannungsbogen, Aufbau, Figuren, Konflikt etc. belegen. Gut gelöst! Liest sich zudem flüssig und schlüssig.

Um mir jetzt ein wow, super oder sogar eine Empfehlung aus dem Rücken zu leihern, fehlt mir persönlich jedoch das gewisse Etwas. Es ist von vornherein klar, wie der Konflikt zu lösen ist. Das ist gesellschaftlich vorgegeben, moralisch bedingt. Spannender wäre da für mich gewesen, mehr am inneren Kampf des Protagonisten teilzuhaben, mehr in seine Entscheidung, seinen Kampf hineingezogen zu werden - das kratzt ja doch sehr an der Oberfläche. Verstehe mich jetzt nicht falsch, Du machst das schon sehr gut mit dem Anruf beim Tierarzt und den Rausschmiss von Hugo, die Gedanken an "Früher", und es reicht auch allemal um das zu Transportieren, was Dir wichtig ist, das kommt schon an, aber es ist eben auch (für mich) alles absehbar und korrekt, wie es dann so läuft.

Bissel Detailkram habe ich auch noch :).

Der Titel - meins ist er nicht. Jonas ist ja schon eine Weile da, er kann den Hund beobachten und seinen Handlungen folgen, er kann Freude daraus ziehen, also, so eben mal um die Ecke kam er nicht. Das der Hund das Nachbarkind anfällt kommt dagegen sehr plötzlich. Vorher scheint man ja noch nichts bemerkt zu haben, an der Wesensänderung des Hundes. Von daher finde ich den Titel irreführend. Überhaupt spielt Jonas ja kaum eine Rolle. Okay, am Ende stellt sich die Frage Diego oder Jonas, aber ob es nun tatsächlich die Eifersucht auf das Baby ist, die den Hund "verändert", lässt Du ziemlich offen. Darauf kann der Leser nur spekulieren.

Die Nachbarin stand in der Einfahrt zu ihrem Haus, so, als hätte sie schon immer dort gestanden, mit einem Besen in der Hand, der mechanisch den Asphalt entlangschrammte, obwohl sich darauf schon lange kein (Körnchen) Dreck mehr befand. Und alles nur, um Arno einen Blick zuzuwerfen, der so viel bedeut/ete (en sollte) wie: Ich habe es ja schon immer gesagt. Ihr Kopf bewegte sich hin und her, schien etwas neben dem Kinderwagen zu suchen, und sie reckte ihre Nase zufrieden ein bisschen höher, als sie dort nichts erblickte. Ihre Lippen hatte sie fest zusammengepresst, damit ihr nicht aus Versehen ein Gruß herausrutschte.

bedeuten sollte - warum indirekt, warum abschwächen? Finde ich schade um die Wirkung, die es haben könnte.
Ansonsten starke Vorstellung der Nachbarin. Überhaupt ist der erste Absatz gut gestaltet und baut Spannung auf, auch wenn der Konflikt da nur so ganz zart durchschimmert. Gefällt mir gut.
Ihre Lippen - das hast Du oft im Text: ihre, seine, ... Wenn klar ist, zum wem die Lippen gehören, würde ich des Flusses wegen auf eine Zuordnung verzichten. Die Lippen hielt sie ...

... erschien eine schwarze Schnauze,

Findest Du nicht auch, dass klingt blöd?
Eine schwarze Schnauze drückte energisch ...

„Er schläft noch (im Kinderwagen)“, sagte Arno.

Ja wo sonst, wenn er gerade vom Spaziergang mit ihm kommt :).

... Sandra lachte, weil Jonas sich so amüsierte, und Arno lachte, weil sie gerade alle so glücklich waren.
Sehr schön!

... die Leine mit Diego am anderen Ende lag locker um sein Handgelenk. Er drehte sich um und schloss das Tor.

Gehts noch komplizierter?

Diegos Leine lag locker um sein Handgelenk, als er das Tor schloss.

Arno stürzte sich auf seinen Hund, rang ihn nieder, spürte Diegos Zähne in seinem Unterarm.

Ihn hat Diego auch gebissen? Ich hatte überhaupt Probleme, dem Vorfall zu folgen und bin erst durch deine Erklärung schlau draus geworden. Das ist blöd. Wenn so eine Szene, die ja die ganze Geschichte erst ins Rollen bringt und von daher total wichtig ist, beim Leser ein Hä? hervorruft. Ich habe mir eine ganze Menge dazu angemalt und will das nicht einzeln ausfusseln. Ich änder das mal direkt und Du kannst ja draufschauen und danach etwas nehmen oder energisch mit dem Kopf schütteln ;).

Der Junge lag am Boden, hielt seinen Arm mit der anderen Hand umklammert und wimmerte, Arno lag mit Diego daneben und Jonas begann im Kinderwagen zu brüllen. Die Nachbarin kam angelaufen, schlug die Hände vor den Mund und schrie: "Oh mein Gott, wie schrecklich! Lukas, ich hol deine Eltern." Und da lief sie schon wieder davon. „Ich habe es geahnt … verantwortungslos … Drecksvieh“, hörte Arno noch (Fragmente ihrer Ausrufe). Fragmente ihrer Ausrufe ... oh Mann ... So redet dein Erzähler die ganze Zeit nicht, warum hier auf einmal?
"Wie wäre es mit helfen?", rief er ihr hinterher. Jetzt erst registrierte er, wer da am Boden lag. Lukas, der Sohn ihrer befreundeten Nachbarn.
"Lukas, es hilft dir gleich jemand, okay?", sagte er.
Ein Autofahrer war stehen geblieben, stürzte aus dem Wagen, doch kaum erblickte er Arno und Diego (am Boden), hielt er (in seiner Bewegung) inne.
"Rufen Sie die Rettung!", rief Arno ihm zu. Sichtlich froh, nicht zu nahen/näher treten zu müssen, zückte der Autofahrer/Mann sein Handy. Lukas' Schluchzen wurde lauter, Jonas' Brüllen auch. Arno durchfuhr eine unglaubliche Erleichterung, als Sandra angerannt kam.
("Was ist passiert?"
Sie hatte das Gartentor erreicht.)
"Oh mein Gott! Scheiße!" Wie schon die Nachbarin (zuvor) schlug sie die Hände vors Gesicht. "Lukas!" Sie eilte/kniete sich zu ihm. "Verbandskasten!", rief sie dem telefonierenden Mann zu.

Arno atmete tief durch, versuchte sich zu beruhigen. Langsam erhob er sich vom Gehsteig, während er Diegos Schnauze weiterhin zu Boden drückte. Behutsam zog er an der Leine, bedeutete seinem Hund damit, sich zu erheben und Schritt für Schritt, seine Finger/eine Hand nach wie vor fest um Diegos Maul geklammert, schlurften sie die Einfahrt entlang.

Das geht auch bunt. Festhalten, aufstehen, festhalten ... das wäre mit der einen Hand besser dargestellt, als mit den Fingern. Ich krieg dazu sonst kein Bild in den Kopf. Eine Hand Schnauze, eine Leine dagegen verstehe ich sofort.
Für mich wäre hier allerdings viel mehr die Frage, was ihm durch den Kopf schießt. Was da abgeht in genau dieser Minute. Hier ist auf jeden Fall noch Potenzial offen.

Am nächsten Tag hatte er den Tierarzt angerufen.
„Schläfern Sie Hunde ein?“
„Ist der Hund krank?“
„Nein.“
Schweigen.
„Er hat ein Kind gebissen“, fuhr Arno fort.
„Das tut mir natürlich leid. Aber so einfach ist das nicht. Zum Glück, möchte ich sagen. Ein Biss ist noch lange kein Grund, ein gesundes Tier zu töten. Dürfte ich gar nicht. // Je nach Schweregrad der Verletzung und Anzeige des Opfers wird da vermutlich ein Wesenstest auf Sie und Ihren Hund zukommen.“

Sehr, sehr gut!
Aber die lange Ausführung des Tieraztes einmal unterbrechen. Ist kein Dialog, in dem ein Monolog Platz hat. Da wo die // könnte man zum Beispiel eine Reaktion von Arno einbauen ("Aha") oder auch Schweigen auf beiden Seiten.

Und dann geh ich noch mal durch. Wenn das mit dem Kopf sich nicht erschließt, einfach weglassen. Wenn man es nicht 1:1 an den Leser bringen kann, dann geht es meist auch ohne ;).

„Okay, danke.“ Arno legte auf. Er sank zitternd zu Boden. Was war eigentlich in ihn gefahren? Wie konnte er nur daran denken, seinen geliebten Diego umzubringen? Kurzschlussreaktion. Aber er hatte es mit eigenen Augen angesehen. Diego, wie eine wildgewordene Bestie, ließ nur vom Arm des Jungen ab, um die blutverschmierten Zähne in den Kopf des Jungen zu jagen. Das konnte Arno gerade noch verhindern. Genau in dem Moment bekam Arno ihn zu fassen.

Alles gesagt, alles verstanden. Schock und Brechschüssel und Beulen sind irgendwie logisch und ergänzt der Leser von allein. Naja, die Brechschüssel nicht, aber gerade weil er es nicht tut, verwirrt sie ihn nur.

So, ich beende meine Ausführungen an dieser Stelle mal, sonst denkst Du noch, die Fliege nörgelt ja nur rum. Dabei sagte sie doch, ihr hätte es gefallen. Hat es auch! Bisschen brav alles (Meckern auf sehr hohem Niveau), aber gut gemacht :).

Liebe Grüße, Fliege

 

Hallo rehla

Prima Gesellschaftsstück über Liebe und Verantwortung. Fatal, wie durch familiäre Veränderungen die Gefühlswelt deines Prots, ja sein ganzes Leben plötzlich auf den Kopf gestellt wird. Hatte er bisher den Fünfer und das Brötchen, so muss er sich letztendlich zwischen seinem besten Freund und seiner Familie entscheiden. Ein letztes Mal zusammen die Strasse lang rennen, danach ist Feierabend. Das schmerzt, doch die Wunden werden heilen. Zum guten Glück ist wenigstens die Sache mit Lukas noch mal gut ausgegangen.

Ich mag diese unaufgeregte Erzählweise, vor allem Sätze, deren Bedeutung zwischen den Zeilen zu finden ist:

Sein Blick blieb am Hut hängen, den er unter seinen rechten Arm geklemmt hatte. Wie eine Bedrohung reckte sich Arno der Gamsbart entgegen.

Hier musste ich allerdings länger überlegen, dachte Arno hätte Halluzinationen, oder so:
Als diese sich kurze Zeit später immer wieder blau verfärbte, wusste er, dass nichts mehr so sein würde, wie es noch vor zehn Minuten war.
Dann dämmerte es - klar, Blaulicht.


„Verdammt noch mal! Schau ihn dir an!“, schrie Sandra und sprang auf. In diesem Moment stürzte Diego unter dem Tisch hervor, das Fell im Nacken gesträubt. Ein bedrohliches Knurren drang aus seiner Kehle.
„Diego!“ Arno griff nach seinem Halsband und hielt ihn fest.
Sandra starrte ihn schockiert an. Sie drückte Jonas fest an sich, ihre Augen wurden glasig.
„Wir sind bei meiner Mutter“, sagte sie.
Meiner Ansicht nach die Schlüsselszene, da kippt die Stimmung von konstruktiver Lösungsfindung in die unausgesprochene Grabenkampf-Haltung: Entweder wir oder der Hund.

Kleinkram:

„Er schläft noch im Kinderwagen“, sagte Arno.
Wo sonst, kann weg.

Arno sprang auf, mit derartiger Wucht, dass der Sessel hinter ihm zu Boden donnerte.
Ein Küchensessel, wirklich?

Klar, der Text zieht sich stringent bis zum (gesellschaftlich) erwarteten Ende durch und bietet keine grösserern Überraschungen, hat mir aber trotzdem gut gefallen, weil fehlerfrei geschrieben und süffig zu lesen.

Gruss dot

 
Zuletzt bearbeitet:

»Gobbo:
…; ich will einen Eid tun, wenn du Lanzelot bist, so bist du mein eigen Fleisch und Blut.
Gott im Himmelsthrone! was hast du für einen Bart gekriegt? - Du hast mehr Haar am
Kinne, als mein Karrengaul Fritz am Schwanze hat.
Lanzelot:
Je, so lässt's ja, als ob Fritz sein Schwanz rückwärts wüchse; ich weiß doch, er hatte
mehr Haar im Schwanze als im Gesicht, da ich ihn das letzte Mal sah.«
Shakespeare: Der Kaufmann von Venedig II,2​

Ihr wisst gar nicht, welche Freude mir der über die Rute obsiegende Schwanz bereitet,

liebe rehla (ich schau mir den geänderten Text noch mal an, versprochen!) und
liebe Joenna – und weil’s die erste Begegnung von uns ist, herzlich willkommen hierorts! -
und ernst – kommstu noch mit einem Taschentuch aus oder darf ich Dir ein Handtuch reichen? Oder watestu schon in einem Meer aus Tränen und bedürftest des Rettungsringes?,

aber interessant ist nicht der heutige, eher zwodimensionale Gebrauch beider Wörter mit ihm in und durch sie auf die Hose.

Da zierten sich weiland die Grimm Bros. zu Gründungszeiten des Deutschen Wörterbuches weniger als die Dudenredaktion heute. Der „Schwanz“, mhd. swanz gilt als Verbalsubstantiv/Rückbildung zu „swanzen“, in dem wir noch leidlich unser heutiges „schwänzen“ erkennen. Es bedeutet zunächst konkret die schwenkende Bewegung (die Grimms formulieren „wohl besonders von starkem Schwenken beim Tanz, das der Geistlichkeit immer als ausgelassen und üppig galt, dann von üppigem oder auch von zierlichem, geschicktem Gebaren beim Tanz.")
Gleichwohl ist die übertragene Bedeutung „Umweg, Abstecher“ näher beim Ursprung, wie heute in Schüler und Studentensprache das „Schwänzen“.
Die konkrete Bedeutung (schwenkende Bewegung) wird auch auf Kleidung übertragen (deutlich an Frauenkleidung aber auch dem Schwanz der Elster am Frack.)

Adelung – ein Vorgänger der Grimms in Sachen dt. Etymologie) wird auch tierisch: Er spricht da lieber von „Schleppe“ und „Schweif“. Wohlgemerkt, wir sprechen über Kleidung! Aber schon im 13. Jh. wird der Rumpffortsatz von Tieren in Analogie zur Kleidung vom zagel zum schwanz, seitdem kann selbst der Mensch den Schwanz einziehen, kann das Haupthaar zum Schwanz gebunden und geknüpft werden.
Die Umdeutung des Penis als Schwanz ist auch schon mittelalterlich.

Die „Rute“ bezeichnet zunächst einen „stamm- oder zweigartigen“ Pflanzenteil. Von der Pflanze abgebrochen wird sie zum Züchtigungsmittel, aber auch zum Stab der Hirten, Bischöfe, Könige

„2) rutenähnliches.
a) für den schwanz mancher thiere, besonders in der sprache der jäger: die ruthe oder standarte, ist
eigentlich sein (des wolfes) schwanz. …; des fuchses standarte oder ruthe ist sein schwantz. …; ruthe heiszet der schwanz eines hundes, dachses, wilden katze, fischotters, marders, iltisses, wiesels und haselmaus. …
b) penis. … ; das männliche glied (des hirsches) heiszt die ruthe, der zimmel oder pinsel. …; ruthe, das männliche glied eines rothirsches, tannhirsches, rehbocks. … leithund
c) clitoris. …: die eichel ist nämlich an der weiblichen ruthe in der nusz der häsin fast eben so
stark und eben so weit hervorragend als der pinsel des rammlers.
3) rute in technischer sprache: … " will ich denn mal unterlassen!

Aber wichtig ist immer,

liebe rehla,

was man selbst für richtig hält, nicht weil die Masse oder der Friedel meint, so müsse etwas heißen. An sich lässt Schwarmintelligenz uns zum Fisch werden. Die haben - Gott sei es gedankt und gepfiffen! - Flossen, wie ich. Ja gut, wär ich ein Vogl, hätt ich wenigstens Federn statt lästiger ...

Gruß aus der Anstalt vom

Friedel

Und doch beim Rattenschwanz an Schwänzen ist mir die Rute lieber, als zu wissen, dass der beste Freund des Menschen einen Schwanz habe wie die Ratte ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Fliege,

Wahnsinn, dein Kommentar ist ja beinahe länger als die Geschichte an sich. Vielen herzlichen Dank für deine Mühe und die umfangreiche Antwort. Du kannst gerne nörgeln, so viel du willst, mir hilft das unwahrscheinlich weiter. Und im Großen und Ganzen hat dir meine Geschichte ja gefallen, da kann ich mit der Nörglerei gleich noch besser umgehen.

Rausschmiss von Hugo

Hugo? Wer zum Teufel ist Hugo? Mein Hubert? :D

Der Titel - meins ist er nicht.

Wie du weiter oben schon lesen kannst, bin ich damit auch nicht recht zufrieden. Ich warte hier nach wie vor auf eine Eingebung, denn je mehr ich darüber nachdenke, desto blödsinniger werden die Titel.

bedeuten sollte - warum indirekt, warum abschwächen? Finde ich schade um die Wirkung, die es haben könnte.

Das kann ich gut nachvollziehen, so wie du es mir jetzt erklärst. Werde ich ausbessern.

Ihre Lippen - das hast Du oft im Text: ihre, seine, ... Wenn klar ist, zum wem die Lippen gehören, würde ich des Flusses wegen auf eine Zuordnung verzichten. Die Lippen hielt sie ...

Ja, ja, die Possessivpronomen. Ich habe Friedel schon eine Erklärung abgeliefert, warum ich das mache. Mir fällt das leider nie auf, weil ich einfach so spreche. Aber da werd ich mich sicher nochmal dransetzen und ausdünnen.

Findest Du nicht auch, dass klingt blöd?
Eine schwarze Schnauze drückte energisch ...

Finde ich nicht so schlimm, aber ich werd's mir durch den Kopf gehen lassen.

Ja wo sonst, wenn er gerade vom Spaziergang mit ihm kommt

Genau das ist so eine Stelle, wo ich echt darüber nachgedacht habe, ob ich das mit dem Kinderwagen dazuschreiben soll und mir dann dachte, ich muss das dem Leser doch erklären. Gut, dass du das jetzt ansprichst, das lässt mich etwas sicherer werden, dass ich dem Leser derart logische Sachen nicht nochmal mit der Faust aufs Auge drücken muss.

Gehts noch komplizierter?

Diegos Leine lag locker um sein Handgelenk, als er das Tor schloss.


Ich wollte mich an dieser Stelle langsam an den Hundebiss annähern. Kompliziert soll es aber natürlich nicht erscheinen.

Die Szene mit dem Hundebiss werde ich durchgehen und sicher einige deiner Tipps beherzigen. So vom ersten Durchlesen ist da durchaus Brauchbares dabei.

Für mich wäre hier allerdings viel mehr die Frage, was ihm durch den Kopf schießt. Was da abgeht in genau dieser Minute. Hier ist auf jeden Fall noch Potenzial offen.

Darüber habe ich natürlich auch nachgedacht. Ich bin allerdings zu dem Schluss gekommen, dass sich Arno in diesem Moment nicht sofort den Kopf darüber zerbrechen würde, was da nun alles passiert ist und auf ihn zukommt. Der steht unter Schock und will nur seinen Hund wegbringen, damit nicht noch mehr passiert. So würde ich jedenfalls handeln (habe eine ähnliche Szene schon mal erlebt). Klar ist aber auch, dass den Leser das weniger interessiert, wie es in Wirklichkeit wäre, sondern der will eine stimmige Geschichte. Hmm ...

Alles gesagt, alles verstanden. Schock und Brechschüssel und Beulen sind irgendwie logisch und ergänzt der Leser von allein. Naja, die Brechschüssel nicht, aber gerade weil er es nicht tut, verwirrt sie ihn nur.

Schau ich auch noch drüber. Aber mir gefällt das mit der Brechschüssel so gut.

So, ich beende meine Ausführungen an dieser Stelle mal, sonst denkst Du noch, die Fliege nörgelt ja nur rum. Dabei sagte sie doch, ihr hätte es gefallen. Hat es auch! Bisschen brav alles (Meckern auf sehr hohem Niveau), aber gut gemacht.

Vielen, vielen Dank für dein Lob und vor allem für deine Vorschläge, wie man es besser machen könnte. Sowas sauge ich immer gerne auf.

Grüße,
rehla


Hallo dot,

vielen Dank für deinen Kommentar und es freut mich, dass dir meine Geschichte, wenn sie auch wenig überraschend war, gut gefallen hat.

Prima Gesellschaftsstück über Liebe und Verantwortung. Fatal, wie durch familiäre Veränderungen die Gefühlswelt deines Prots, ja sein ganzes Leben plötzlich auf den Kopf gestellt wird. Hatte er bisher den Fünfer und das Brötchen, so muss er sich letztendlich zwischen seinem besten Freund und seiner Familie entscheiden.

Schön, dass das so bei dir angekommen ist. Genau an dieser Gefühlswelt wollte ich den Leser teilhaben lassen. Dieses Hin und Her zwischen Mensch und Tier, zwischen Familie und Hund, aber vor allem auch zwischen Gesellschaft (dafür musste die arme Nachbarin herhalten) und wildgewordener Bestie.

Dann dämmerte es - klar, Blaulicht.

Da ist in meiner Ursprungsversion die Rettung herangerast und dann die Polizei und die Nachbarin und Lukas' Eltern ... Und dann hab ich mir gedacht: Das Denken überlasse ich an dieser Stelle dem Leser. Ha, Ziel erreicht.

Ein Küchensessel, wirklich?

Ja, wirklich. In Österreich wird auch der Küchenstuhl als Sessel bezeichnet.

Vielen Dank für deinen Kommentar, dot.

Grüße,
rehla


Lieber Friedel,

Gruß aus der Anstalt

sag ehrlich, setzt dir der Fasching (Karneval) heute so zu? Oder doch eher das Bockbier?

Die Umdeutung des Penis als Schwanz ist auch schon mittelalterlich.

Ähm, Friedel, ich glaube du solltest wirklich mal Urlaub machen bei uns. Ich befürchte allerdings, deine Weltanschauung musst du danach neu ordnen.

Ich danke dir für deine ausführliche Begriffserläutung. Ich wusste ja, dass ich hier viel lernen kann über Dinge, die der Mensch unbedingt wissen muss.

Na dann noch einen schönen, feuchtfröhlichen Abend!

Gruß,
rehla

 

Ganz kurz nochmal,

Hugo? Wer zum Teufel ist Hugo? Mein Hubert? :D

lol, ja, ich mein den Auftragskiller :)

Darüber habe ich natürlich auch nachgedacht. Ich bin allerdings zu dem Schluss gekommen, dass sich Arno in diesem Moment nicht sofort den Kopf darüber zerbrechen würde, was da nun alles passiert ist und auf ihn zukommt. Der steht unter Schock und will nur seinen Hund wegbringen, damit nicht noch mehr passiert. So würde ich jedenfalls handeln (habe eine ähnliche Szene schon mal erlebt).

Genau! Er denkt nur noch daran den Hund wegzubringen. Dann schreib doch das. Das ist doch so Halbsatzzeugs, manchmal völliger Irrsinn, was einem unter Schock durch den Kopf geht. Das will ich lesen ;).

Lieben Gruß!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi rehla,


ich schreibe mal beim Lesen mit.

Die Nachbarin stand in der Einfahrt zu ihrem Haus, so, als hätte sie schon immer dort gestanden, mit einem Besen in der Hand, der mechanisch den Asphalt entlangschrammte, obwohl sich darauf schon lange kein Körnchen Dreck mehr befand.
finde ich ne gute Beobachtung!

Diego stupste Arnos Knie und blickte ihn mit seinen dunklen Augen an, während sein gesamtes Hinterteil sich vor Freude schüttelte.
während sich sein gesamtes Hinterteil ... oder?

Er schaffte es nicht, ihr ein Lächeln zu schenken, ein zuversichtliches Lächeln, das sagen sollte: „Hey, es wird alles wieder gut.“ Vor fünf Tagen noch waren sie eine glückliche Familie.
Das Unterstrichene ist mir etwas zu plakativ, zu viel verraten. Sowas wie: Noch vor fünf Tagen war das anders, fände ich viel besser

Was dann passierte, lief auch Tage danach nur bruchstückhaft in seinem Kopf ab. Ein Knurren, ein Ruck an seiner Hand, ein Aufschrei, eisige Kälte, die sich auf Arnos Nacken ausbreitete
Hey, da kommt jetzt richtig Fahrt in die Geschichte, wird richtig spannend.

„Ich habe es geahnt … verantwortungslos … Drecksvieh“, hörte Arno noch Fragmente ihrer Ausrufe.
"Wie wäre es mit helfen?", rief er ihr hinterher. Er registrierte erst jetzt, wer da am Boden lag. Lukas, der Sohn ihrer befreundeten Nachbarn.
Ja ... er steht unter Schock, deswegen schreit er erst der Nachbarin hinterher, dann checkt er, was passiert ist. Das ist schon nachvollziehbar, aber irgendwie wäre es mir realistischer vorgekommen, wenn er erst seinen Hund wegzieht, sich runter zum Jungen bückt, und dann der Frau hinterherschreit - meinetwegen kann er danach auch erst verstehen, wer da am Boden liegt

Als diese sich kurze Zeit später immer wieder blau verfärbte, wusste er, dass nichts mehr so sein würde, wie es noch vor zehn Minuten war.
nice!


„Das war ein Unfall! Diego wollte den Kleinen beschützen.“
Das ist mir etwas, was mir zu kurz kommt in der Geschichte. Wieso hat der Hund den Jungen gebissen? Das ist echt eine quälende Frage, die Opfer und Hundebesitzer verfolgt, und die hier nur kurz angerissen wird, die meisten Gedanken Arnos kreisen ja darum: Einschläfern oder doch nicht?, aber ich glaube, dass so jemand in der Situation sich auch immer wieder die Frage stellt: warum? Gerade, wenn man selbst ein Kind im Haushalt hat, wird man sich das Fragen, damit nichts passiert, dass der Hund das eigene Kind anfallen könnte.

Ich finde, das ist eine sehr gute Geschichte. Sprachlich gut, und das Thema ist auch originell, der innere Konflikt griffig. Kurz noch zum Anfang:

Mit gesenktem Kopf hastete Arno den Gehsteig entlang, den Griff des Kinderwagens so fest umklammert, dass die Fingerknöchel spitz und weiß hervortraten. Er starrte auf seinen schlafenden Sohn, flehte stumm, dieser möge nicht zu schreien beginnen, nicht jetzt, die letzten paar Meter, bevor er die Tür hinter sich verschließen konnte. Nach allem, was passiert war, wollte er nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Aber er hätte es sich denken können: Die Nachbarin stand in der Einfahrt zu ihrem Haus, so, als hätte sie schon immer dort gestanden, mit einem Besen in der Hand, der mechanisch den Asphalt entlangschrammte, obwohl sich darauf schon lange kein Körnchen Dreck mehr befand. Und alles nur, um Arno einen Blick zuzuwerfen, der so viel bedeuten sollte wie: Ich habe es ja schon immer gesagt. Ihr Kopf bewegte sich hin und her, schien etwas neben dem Kinderwagen zu suchen, und sie reckte ihre Nase zufrieden ein bisschen höher, als sie dort nichts erblickte. Ihre Lippen hatte sie fest zusammengepresst, damit ihr nicht aus Versehen ein Gruß herausrutschte.
Hast du dir schon mal überlegt, das Fette zu streichen? Ich fände, das davor braucht es nicht, das ist irgendwie bloß heiße Luft, gekürzt wäre der Einstieg wirklich viel geschmeidiger, spannender. Müsstest du halt noch kurz wo mit einbauen, dass Arno den Hund an der Leine hat, damit man das Bild im Kopf hat.

Viele Grüße,
zigga

 

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