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Verloren

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27.01.2004
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Verloren

Ich erwache mit einem Gefühl, dass sich zwischen Brechreiz und dem unerträglichen Wunsch, endlich sterben zu dürfen ansiedelt.
Mühsam ringe ich mich zu einem ersten Versuch durch, die Augen zu öffnen. Es gelingt nicht gleich. Aber nach mehrmaligen Versuchen schaffe ich es.
Der Anblick, der sich mir bietet, ist jedes Mal derselbe.
Der verdreckte, kahle Boden. Weiße Wände, mit Blut verschmiert. Und dann noch dieser unbekannte Junge in der Ecke.
Mühsam rapple ich mich auf. Jede Bewegung verursacht Schmerzen unvorstellbaren Ausmaßes, ich bin wieder kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren. Schwarze Kreise tauchen vor meinen Augen auf, ich schaffe es nicht mehr, mich auf den Beinen zu halten.
Meine Füße geben nach und ich schlage der Länge nach auf dem Boden hin. Eine Woge neuen Schmerzes fährt durch meinen Körper. Gleichzeitig spüre ich eine warme Flüssigkeit an meinem Gesicht. Ich öffne die Augen und starre auf die Blutlache, in die ich gestürzt bin. Keine zwei Meter vor mir liegt, zusammengekrümmt, ein weiterer Junge. Ich fahre hoch, ignoriere den Schmerz, der dadurch verursacht wird und lehne mich gegen die Mauer.
Der Junge ist so tot, wie der, der in der anderen Ecke liegt. Man hat ihm die Kehle von einem Ohr zum anderen aufgeschlitzt. Viel hat nicht gefehlt und sein Mörder hätte ihn geköpft. Wie den anderen.
Er ist nackt, wie ich und der andere Junge, sein Arsch ist mit Kotresten verschmutzt. Eigentlich ist seine ganze untere Körperhälfte vollgeschissen.
Die Gerüche dringen auf mich ein. Mir wird übel. Es riecht nach Erbrochenem, nach Blut, Schweiß und Ammoniak. Und nach Scheiße.
Ich kann mich nicht mehr unter Kontrolle halten. Ich übergebe mich und beginne leise zu wimmern.
Mühsam zwinge ich mich selbst, mich zu erinnern. Meine Gedanken fließen wie Lava durch die Hirnwindungen, zäh, doch unaufhaltsam.
Ich bin auf dem Weg nach Hause ... Nach der Party ... Peter verabschiedet sich und dann – ein grüner Volvo, der neben mir hält ... Ein alter, freundlicher Mann, der mich nach dem Weg fragt ... Eine Faust die mein Gesicht trifft ... Schwärze ... Ein Keller ... Schmerzen, unsägliche Qualen, als jemand von hinten in mich eindringt, brutal und ohne Rücksicht. Aber ich kann nicht schreien, weil ich geknebelt bin. Kann mich nicht bewegen, weil ich gefesselt bin. Und irgendwann verliere ich die Besinnung. Ich erwache und sehe den Jungen vor mir in der Ecke. Er ist tot. Und in diesem Moment wird mir klar, dass ich sterben werde. Ich bin mir sicher, dass dieser Junge, einer wie ich, genauso missbraucht worden ist und dann einfach getötet wurde. So wie ich getötet werden würde. Als mir dieser Gedanke so klar wie schwarze Tinte auf weißem Papier erscheint, beginne ich zu weinen. Aber in diesem Moment höre ich Schritte ... die Tür geht auf und der alte Mann, der so freundlich nach dem Weg gefragt hatte, tritt ein und er lächelt...
Ich öffne wieder die Augen. Der alte Mann...

Ich lausche angestrengt. Ich kann nichts hören. Nur eine einsame Fliege summt leise um die einzige Lichtquelle des Raumes.
Ich stehe auf, diesmal schaffe ich es sogar.
Was soll ich tun? Was kann ich tun?
Ich muss mich wehren, ich muss kämpfen ... aber wie denn?
Mein Blick fällt auf die Lampe. Sie ist oberhalb der Tür montiert, eine typische Kellerlampe. Verglast und ein Drahtgestell hält das Glas fest.
Ich versuche an die Lampe zu kommen, aber ich bin zu klein dafür. Ich verfluche meine Größe und sehe mich im Raum um. Ich sehe die beiden toten Jungen.
Ich gehe hin, packe den Ersten am Fuß und zerre ihn zur Tür, wobei er eine Blutspur hinterlässt. Mit vor Ekel verzogenem Gesicht fasse ich den Körper an und lege ihn neben dem Türrahmen an die Wand. Dann hole ich den Zweiten.
Ich fasse ihm unter die Achseln, damit ich nur ja nicht die Scheiße berühre, die seinen Körper unten ziert. Sein Kopf baumelt, fast haltlos, hin und her, die schreckliche Wunde, die seinen Hals anstellt grinst mich an. Ich staple ihn über die erste Leiche. Schließlich steige ich auf die beiden hinauf, es ist ein entsetzliches Gefühl.
Jawohl! Es geht sich aus. Ich erreiche mit der Hand die Lampe, öffne das Gitter und hole das Glas heraus, danach klettere ich von den Toten herunter. Mühsam schleppe ich sie zurück zu ihren Plätzen, dann breche ich das Glas. Mit stiller Genugtuung betrachte ich die Glasscherbe in meiner Hand, groß genug um gefährlich zu schneiden. Den Rest des zerbrochenen Glases verstecke ich unter dem Toten. Plötzlich durchbricht ein Geräusch die Atmosphäre der Stille.
Schritte!
Meine Gedanken rasen. Wohin mit der Scherbe, sie ist zu groß um sie in der Hand zu verbergen.
Die Schritte kommen näher. Ein Schlüssel wird ins Schloss geschoben.
Entschlossen nehme ich die Scherbe und stecke sie mir in den Hinter und kneife die Arschbacken fest zusammen, dann knie ich mich auf den Boden.
Der Schlüssel wird gedreht, die Tür geöffnet.
Der alte Mann tritt ein. Er hat lediglich eine Unterhose an. Er lächelt. Und ich sehe in seinen Augen die pure Lust. Er stürmt auf mich zu, ich kann mich nicht wehren, er ist stark. Der Alte packt mich an den Haaren und zerrt mich aus meiner Zelle. Ich beiße vor Schmerz die Zähne zusammen und versuche keinen Laut zu machen, um ihm nicht diese Befriedigung zu geben.
Ich bekomme nichts von der Umgebung mit, der Schmerz macht mich rasend, noch während er mich an meinen Haaren im Schlepptau durch die Gegend zieht, hole ich die Glasscherbe hervor. Ich drehe mich halb und warte ab, bis er auf einmal stehen bleibt. Ich packe das Glas, er beugt sich zu mir herunter. In diesem Moment verpasse ich ihm einen Hieb ins Gesicht. Die Scherbe zieht eine tiefe Furche in seine rechte Wange. Der Mann schreit auf und lässt mich überrascht los. Er taumelt. Und dann zerbricht irgendetwas in mir. Wie ein Tier stürze ich mich auf ihn, ich weiß nicht, woher ich noch die Kraft dazu nehme, aber ich springe ihn an. In seiner Überraschung kann er mich nicht abwehren. Wir stürzen gemeinsam zu Boden. Ich schlage auf ihn ein, er grunzt und schreit, aber dann packe ich die Scherbe fester. Sie schneidet tief in meine Hand und ich setze sie ihm an die Kehle. Der Alte versucht meine Hand zu packen, aber dafür ist es zu spät, mit einer verzweifelten Kraftanstrengung schneide ich ihm mit der scharfen Scherbe die Kehle durch. Blut spritzt hervor, besudelt mein Gesicht, gleich darauf trifft mich seine geballte Faust und schleudert mich von ihm herunter.
Der alte Mann röchelt. Er will aufstehen, aber er schafft es nicht mehr. Sein Röcheln wird zu einem Gurgeln, mit beiden Händen versucht er, dem Lebenssaft Einhalt zu gebieten, der durch die Wunde austritt. Ein letztes Mal bäumt sich sein Körper auf, ein letztes Röcheln, schließlich sinkt er zu Boden und liegt still. Mühsam stehe ich auf. Leicht benommen werfe ich die Scherbe beiseite.
Plötzlich höre ich hinter mir ein Geräusch. Ich fahre herum und muss erkennen, dass ich einen schweren Fehler gemacht hatte. Eine Tür ist offen, ein Mann steht im Raum. In seiner rechten hält er eine Pistole und sein Ungläubiger Blick drückt Staunen aus. Er blickt überrascht zuerst auf mich, dann auf den Alten am Boden. Langsam weiche ich zurück. Der Mann in der Tür hebt die Waffe.
Und nun ist es sicher, dass ich verloren bin...

 

tag nochmal!

Aber: ich weiß, warum ich ihn hatte: weil es mMn passender und tragischer ist.

tragischer auf alle fälle. und die idee is sau gut, die werd ich mal woanders einbaun, aber denk mal nach: gesucht wird nach einem Kinderentführer und wenn der polizist nachher ein kind sieht, das den alten umgelegt hat, denk ich ned, dass ers erschießen wird, weisst du, was ich meine?
ich meine: zwar ist ja dann das kind der mörder, ABER mans ucht nach einem Mann, den manche schon gesehn haben und deshlab wäre es ehe undenkbar, finde ich.

Hoffe, es hat gemundet...

konnte mir nur mehr eine kleine pizza leisten, weil ich fast mein ganzes geld beim pokern verloren hab :D
aber die hat ganz gut geschemckt ;)

mfg

 

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