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Verurteilt

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09.06.2004
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Verurteilt

Verurteilt

Ich stand auf und ging ans andere Ende des Zimmers, um mein Geschäft zu verrichten. Weit war das nicht; knapp drei Schritte.
Als ich mich am Gurt meiner Hose zu schaffen machte, hörte ich spottendes Gelächter.
Angewidert schritt ich zur Tür, zog mein dreckiges Shirt aus und hängte es so gut es ging über den Fensterrahmen, der in der Tür montiert war. Anschliessend ging ich zurück und beeilte mich. Ich wusste, dass in ein paar Sekunden die Tür aufgehen würde.
„Verurteile hindert die Aufsichtsperson“, würde es heissen.
Ach, wie ich das hasste beobachtet zu werden. Wie ich es hasste, in dieser verdreckten, alten Gefängniszelle zu sitzen, um zu büssen. Und weswegen? Wegen nichts!
Vor knapp einer Woche war ich hier eingeliefert worden. Seit dem Tag wartete ich auf das Urteil. Schuldig oder nichtschuldig. 7 Jahre Gefängnis oder die Freiheit. All das lag einzig und allein am Richter. Einen Anwalt hatte ich nicht; zu teuer.
In etwa einer Stunde würden sie mich holen kommen.
Ich war sehr nervös. Immer wieder fragte ich mich warum das alles passiert war. Ich hatte doch überhaupt nichts getan. Was konnte ich dafür, dass ich zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war? Hätte ich dem Verletzten, der auf der Strasse gelegen hatte, nicht geholfen, wäre ich dann nicht hier gelandet? War das die Strafe dafür, dass ich dem alten Mann geholfen hatte, der einen Herzinfarkt infolge eines Überfalls erlitten hatte?
Ich wusste es nicht. Auch als ich zwischen zwei bewaffneten, schräg grinsenden Polizisten in den Gerichtssaal gebracht wurde wusste ich es nicht.

Der Richter, ein etwa 50- jähriger Mann mit dunklen, kalten Augen wartete bereits.
Dieses Mal durfte ich mich sogar verteidigen. Das war beim ersten Mal anders gewesen. Also stand ich auf und begann zu sprechen: „Ich weiss, dass ich sehr verdächtig wirkte, als ich letzte Woche neben dem Opfer kauerte und verzweifelt versuchte, ihm zu helfen. Ich weiss aber auch, dass ich nie im Stande wäre so was zu tun. Ich kann keine Menschen überfallen und ausrauben. Ich nicht. Der echte Täter schon, aber nicht ich.“
Ich setzte mich wieder und schaute den Richter aufmerksam an. Doch ich konnte an seinem Gesicht keine Veränderung feststellen.
Also wartete ich. Der Richter und sein Gefolge zogen sich zurück, um zu besprechen.
Erst nach 10 Minuten öffnete sich die schwere Tür wieder.
Nachdem alle aufgestanden waren, begann der Richter die Beschuldigungen aufzuzählen. Ich hörte gar nicht hin. Innerlich hoffte ich nur, dass ich frei kam. Was sollte denn aus meinem Sohn werden, falls ich eingesperrt würde? Sowieso hatte eine Unschuldige Frau hier nichts zu suchen.
Unschuldige waren unschuldig. Sie hatten nichts mit den Taten zu tun. Sie waren unschuldig. Doch wenn Unschuldige verurteilt würden, was würde mit den Tätern geschehen? Frei? Einfach so, weil die Unschuldigen den Kopf herhielten? Ich hatte keine Zeit weiter nach zu denken, denn die tiefe Stimme des Richters wurde lauter. Ich konnte gerade noch den wichtigsten Satz hören: „…die Angeklagte wird schuldig gesprochen. Sie wird…“ Weiter hörte ich nichts mehr.
Was hatte mir mein Lehrer in der Schule einmal gesagt? „Die Welt ist ungerecht“.
Damals hatte ich noch gelacht.

 

Hallo Sopirado

obwohl ich finde, dass Deine Geschichte gut geschrieben ist, bin ich etwas zwiegespalten. Das Thema, als Unschuldige verurteilt zu werden, gefällt mir gut, aber irgendwie fehlt mir hier etwas. Vielleicht wäre es anders, wenn man herauslesen würde, dass die Erzählerin mehr kämpft. In Deiner Geschichte gibt sie ja nur ein kurzes Statement ab. Wenn ich mir vorstelle, ich würde da sitzen, ich weiß nicht, ich denke, ich würde versuchen, mich mehr zu verteidigen.

Ich kenne mich nicht gut genug aus, wenn es um Gefängnisse geht, aber ich könnte mir vorstellen, dass einem der Gürtel abgenommen wird. Könnte man als Waffe benutzen.

Liebe Grüße,
gori

 

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