Was ist neu

Wann wirst du kommen, Cherie...

Mitglied
Beitritt
24.07.2004
Beiträge
62
Zuletzt bearbeitet:

Wann wirst du kommen, Cherie...

Wann wirst du kommen, Chéri...

„Wann wirst du kommen, Chéri?“
Chéri...
Dieses Wort, zärtlich und weich ausgesprochen, schien so gar nicht zu ihm passen.
Seine Stimme aus dem Hörer, leise, mit diesem ganz bestimmten, heiseren Unterton, ließ augenblicklich und gestochen scharf, die Erinnerung über sie herfluten.
Es war einer dieser typischen Montage: ihr Wecker hatte zwar pflichtschuldigst geklingelt, doch sie erinnerte sich dunkel daran, blind auf ihn eingedroschen und gemurmelt zu haben :
“Schon gut, schon gut, ich weiß, wann ich aufstehen muss.“
Doch eben das hatte sie nicht getan.
Bereits eine gute Stunde hinter der Zeit, klatschte sie sich nur eine Handvoll Wasser ins Gesicht, sprang in ihre Jeans und Pulli, rammte ihre Füße im Vorbeihasten in die Schuhe , schnappte ihre gepackte Tasche im Flur und raste nach unten, wo ihre Freundin auf sie schon ungeduldig wartete.
Sie kam gerade noch rechtzeitig, um nicht den Zug nach Mailand, wo sie die ganze nächste Woche mit dem Auswählen der neuen Bilder für die Galerie verbringen würde,abfahren zu sehen.
Eine flüchtige Umarmung, ein Kuss an der Wange ihrer Freundin vorbei in die Luft gehaucht und sie saß erschöpft und total außer Atem in ihrem Abteil.
Der Zug bewegte sich bereits mit voller Geschwindigkeit als sie wahrnahm, dass sie nicht allein im Abteil war.
Der Mann, der am Fenster, ihr gegenüber, saß und zutiefst in die Lektüre seines Buches versunken schien, fesselte augenblicklich ihre Aufmerksamkeit.
Sein Haar war so dunkel, dass es fast schwarz wirkte, und mit seinen feingemeißelten Gesichtszügen hätte er beinahe zu schön ausgesehen, wenn da nicht das energische Kinn gewesen wäre und eine klein wenig schief sitzende Nase, die aussah, als sei sie schon mal gebrochen worden.
Die Hände, die sein Buch locker im Schoß hielten, waren langfingrig, kräftig und tiefgebräunt.
Etwas durchzuckte sie blitzschnell bei diesem Anblick.
Sie muss ihn wohl schon eine Weile angestarrt haben, denn jetzt hob er den Kopf und ein Augenpaar, unergründlich, wie das Meer im Sturm, blitzte sie leicht amüsiert an.
„Und ? Gefällt Ihnen, was Sie sehen?“
Im Klang seiner vollen, dunklen Stimme schwang eine gewisse Belustigung mit.
Sein verschlagenes Grinsen verriet, dass es ihm nicht zum ersten mal passierte, von einer Frau dermaßen angestarrt zu werden.
„Ähem...ich...ja...“, sie räusperte sich verlegen und fühlte voller Entsetzen, wie eine verräterische Röte sich hektisch über ihr ganzes Gesicht ausbreitete.
Der Mann legte sein Buch auf die Bank neben sich und schenkte ihr ein Wahnsinnslächeln, bei dem ihr ganz warm und kribbelig wurde.
„ Aber sehen Sie, genau diese Nase scheint alle meine weiblichen Fans zu begeistern.
Obwohl ich selbst finde, die Ärzte hätten sich ruhig etwas mehr Mühe geben sollen.
Damals, beim Zusammenflicken.“
Zwei Stunden und einige Hundert Kilometer später wusste sie, dass er ein Schauspieler, aus der französischen Schweiz kam und unterwegs nach Lugano war.
Und ein begnadeter Erzähler.
Er konnte mit Worten ganze Welten entstehen und sie wieder versinken lassen.
Sie meinte, allein durch seine Beschreibungen, all die Gerüche schmecken zu können und die Farben leuchten zu sehen.
Seine Mimik, seine Hände, sein ganzer Körper verlieh den lebhaften Erzählungen eine irre Glaubhaftigkeit.
Erst als er seufzend vor Bedauern flüsterte, er müsse jetzt leider aussteigen, der Zug würde jeden Moment im Bahnhof von Lugano einlaufen, schüttelte sie benommen den Kopf, als sei sie aus einer Art Trance erwacht.
Seine Augen verdüsterten sich melancholisch, wurden grau, weich und dunkel, als er sie zum Abschied anschaute.
Ein Ausdruck von solch nackter Sehnsucht breitete sich auf seinem Gesicht aus, dass sie zusammenzuckte.
Dann ging alles rasend schnell.
Noch bevor der Zug vollständig zum Stehen kam, riss sie ihre Tasche von der Ablage runter, zerrte die Jacke vom Garderobenhaken und stürmte ihm hinterher in den Gang, zur Tür.
Auf dem Bahnsteig standen sie sich eine ganze Weile schweigend gegenüber.
Ein paar lose, dunkle Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht .
Sie hätte sie gerne zurückgestrichen, und einen Moment lang stellte sie sich vor, es mit ihrem Mund zu tun.
Er muss in ihrem Blick gelesen haben, denn jetzt sah er ihr direkt in die Augen und sie spürte augenblicklich ein vertrautes Ziehen im Bauch.
Und dann geschah etwas Unerklärliches.
Als sie fühlte, wie sich seine weichen, nachgiebigen Lippen auf ihren Mund senkten, zerbarst ihre Welt wie eine Glaskugel, und Musik explodierte in ihrem Kopf.
Keine Händel-Chöre oder Puccini-Opern, sondern das rohe Kreischen von dreckigem, schweißigem, pulsierendem Wirf-sie-auf’s-Kreuz, come-on, come-on, come-on-baaaby!-Rock’n’Roll.
Die Zimmertür seines Hotelzimmers war noch nicht richtig ins Schloss gefallen, als sie, wie ausgehungert, über einander herfielen.
Sich aus ihren Kleidungsstücken windend, stolperten sie, in einander verschlungen, zum Bett.
Seine Hände umfassten ihre Hüften, und seine Daumen strichen über die Stelle, an der das dünne Gummiband ihres winzigen Slips einen Abdruck auf ihrem Po hinterlassen hatte.
Das Blut pulste mit rasender Geschwindigkeit durch ihren ganzen Körper und sie stöhnte lange und gequält auf.
Er zog sie noch fester an sich und bewegte seinen Daumen...sanfte kleine Kreise.
Sie keuchte auf und wand sich in seiner Umarmung.
Erst als er spürte, wie sie sich anspannte und den Rücken durchbog, als ihre Hände an seinen Haaren rissen, hielt er inne und suchte ihren Blick.
Sie blieb stumm. Nur ihre Augen gingen auf, wurden groß und dunkel.
Ihr heiseres Stöhnen zerrte an seiner Disziplin.
Er küsste sie, und mit aller Zärtlichkeit, derer er fähig war, ließ er sie über die Klippe fallen.
Danach hatten sie sich noch einmal geliebt.
Langsamer diesmal, bedächtiger, zärtlicher.
Und als die Sonne eine spektakuläre, filmreife Abschiedsvorstellung über dem Luganer See gab, saß sie wieder im Zug und weigerte sich, auch nur einen Gedanken nach dem Warum im ihrem wirrem Kopf Platz einzuräumen.
Das war jetzt genau sechs Wochen her.
„Wann wirst du kommen, Chéri?“ und der Klang dieser Stimme aus dem Hörer ließ die Musik in ihrem Kopf wieder anschwellen.

 

Hallo immerfernweh,

auch wenn deine Geschichte mir im Ansatz und sprachlich gut gefallen hat, gibt es doch einige Verbesserungsmöglichkeiten. Wozu stellst du uns zum Beispiel die Freundin vor, die im Zug anscheinend gar nicht mehr anwesend ist, jedenfalls keine Rolle mehr spielt? Und wohin ist deine Prot unterwegs. Durch die Anfangsszene dachte ich eher an die morgentliche Fahrt zur Arbeit, aber da fährt man ja meist doch nicht so lange. Oder steigt sie nur seinetwegen nicht aus? Sie schien ja ein festes Ziel gehabt zu haben, welches ihr durch ihn egal wurde. Aber dann beschreibe uns doch, welches Ziel sie für ihn aufgibt. Da stimmt deine Geschichte in ihrem Aufbau leider noch nicht.

Noch einige Details:

Der Zug bewegte sich bereits mit voller Geschwindigkeit als sie wahrnahm, dass sie nicht allein im Abteil war.
Ich weiß zwar nicht, wo die Geschichte spielt, aber das erscheint mir im Berufsverkehr ohnehin unwahrscheinlich.
von einer Frau dermaßen anstarrt zu werden
angestarrt
und fühlte voller Entsetzen, wie eine verräterische Röte sich hektisch über ihr ganzes Gesicht ausbreitete.
dein Kampf für den Genitiv in allen Ehren, aber hier wäre der Dativ mE richtig gewesen.
an der das dünne Gummiband ihres winzigen Slips einen Abdruck auf ihrem Po hinterließ
hinterlassen hatte (ist ja schon passiert)

Lieben Gruß, sim

 

Hallo sim,
erstmal danke für das Lesen.
Ich stelle immer wieder fest, dass, wenn auch für mich beim Schreiben einer Geschichte alles absolut klar und verständlich ist, für denjenigen, der sie anschließend liest, es nicht unbedingt der Fall sein muss.
Daher auch danke für das Aufmerksammachen.
p.s.
Langsam bekomme ich so etwas wie Respekt vor deinen Kommentaren, sie helfen echt weiter! *lieb grins*
Nata

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom