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Weiße Wäsche

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20.09.2004
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Weiße Wäsche

Weiße Wäsche


Hanna fühlte, wie ihr Unbehagen in nackte Angst umschlug. Zögernd betrat sie den schmalen Gang, der zum Umkleideraum der Wäscherei führte. Mit schweißnassen Händen stieß sie die Tür zur Wäscherei auf, hinter der auch heute wieder das Martyrium auf sie lauerte. Woher sie die Kraft nahm, an jedem Arbeitstag diesen bitteren Weg zu gehen konnte, Hanna sich schon lange selbst nicht mehr erklären. Doch sie musste da hinein! Musste den hämischen, lauernden Blicken ihrer Kolleginnen standhalten, das zischelnde Getuschel hinter ihrem Rücken überhören und die offenen Feindseligkeiten erdulden. Sie musste – denn ihr Überleben hing davon ab und das Leben ihrer kleinen Tochter. Diesen Job durfte sich nicht auch noch verlieren, Arbeitsstellen für alleinstehende Mütter waren nicht so dicht gesät.

Mit lautlosen Schritten hastete Hanna den unbeleuchteten Gang entlang und lauschte mit angehaltenem Atem auf jedes Geräusch. Plötzlich klang ein helles Lachen durch das Morgengrauen und ihre verkrampften Züge entspannten sich ein wenig. Tanja war da! Der einzige Mensch in einer geifernden Meute, der noch ein warmes, mitfühlendes Herz zu haben schien. Niemals beteiligte sich Tanja an der Treibjagd gegen Hanna. Und immer wieder schenkte sie der Gepeinigten Gehör, wenn sie zu verzweifeln drohte. In diesem Moment schien Tanja einen verbalen Angriff gegen Hanna abzuwehren. Ganz deutlich konnte sie ihren Namen durch die halb geöffnete Tür zum Umkleideraum hören. Schon wollte sie beherzt den Raum betreten. Da ließ ein falscher Ton, ein einziger, kurzer Satz der Freundin, sie zurückschaudern. „Hanna, diese Gans, glaubt noch immer, dass sie mir alles erzählen kann.“ Diesmal klang Tanjas Lachen schrill und grausam. Hanna riss die Tür auf und dann fühlte sie nur noch, wie tief in ihrem Inneren Wut, Enttäuschung und Hass explodierten und ihr den Atem nahmen. Beinahe tonlos schrie sie die Frage in das feixende Gesicht der Freundin: „Warum? Warum hast du das getan Tanja? Du bist doch meine Freundin!“

Tanja warf ihre roten Locken in den Nacken und lachte aus vollem Hals: „Du bist aber die Einzige, die das glaubt. Deine Freundin war ich nie. Du Schaf hast gedacht, nur weil ich dir zuhöre, kannst du mir alles anvertrauen. Und ein paar deiner rührseligen Geschichten waren ein gefundenes Fressen für mich und meine Freundinnen." Tanja drehte sich beifallheischend nach den Kolleginnen um, die grinsend im Hintergrund herumstanden, sich mit den Ellbogen anstießen und miteinander tuschelten.

„Hast du noch immer nicht begriffen - du passt nicht zu uns. Deine Sorgen interessieren uns nicht. Dass der Erzeuger deiner Tochter abgehauen ist, was geht uns das an? Dass dein Vater dir nichts als Schulden hinterlassen hat – wen kümmert das? Wenn du deine Ruhe haben willst, verschwinde hier. Keiner wird dir eine Träne nachweinen.“ Tanjas Stimme war kalt, kalt wie ihre Augen, die Hanna mit offener Verachtung musterten.

Hannas zitternde Hände ballten sich zu Fäusten. Ihr seltsam entschlossener Blick ließ jedes Gekicher und Getuschel verstummen. Eine nach der anderen versuchten die Frauen nun möglichst unauffällig den Raum zu verlassen. Ein bitteres Lächeln spielte um Hannas Lippen. „ Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Nein, keine von euch muss um mich weinen. Ihr solltet Eure Tränen aufsparen. Vielleicht müsst ihr bald schon um Tanja weinen. Verräter wie sie haben kein Recht zu leben!“ dachte sie, verwundert darüber, dass dieser Gedanke sie amüsierte. „Du gehst nicht!", sagte sie ruhig, als Tanja verstohlen zur Tür blickte. „ Nein, du gehst nicht!“

Bekümmert betrachtete Kommissar Burger noch einmal das tote Gesicht der jungen Frau. Sie war wohl hübsch gewesen, gestern noch – jetzt klebten nasse rote Strähnen um eine verzerrte Grimasse. Hüsch war sie gewesen - und leichtsinnig. Eine andere Erklärung konnte es für ihren makaberen Tod in einer der riesigen Waschmaschinen nicht geben. Ein Unfall! Ungewöhnlich und selten aber eindeutig ein Unfall. Das ergaben seine Ermittlungen ohne Zweifel. Niemand hatte etwas gehört oder gesehen. Bestürzte Gesichter, Schulterzucken, abgewandte Blicke. Keine Tränen, keine Trauer. Einzig Hanna Becht schien fassungslos und beunruhigt zu sein, konnte aber nichts zur Aufklärung beitragen. Resigniert nickte Burger seinen Kollegen zu. Der Sarg wurde geschlossen und hinausgetragen, die Absperrung um den Unfallort entfernt – der normale Ablauf in der Wäscherei begann mit einiger Verzögerung. Morgen schon würde der Alltagstrott den Arbeitern dabei helfen, das hier zu vergessen.

Langsam legte sich auch Hannas Unruhe. Befreit fühlte sie, dass es nie mehr so sein würde wie gestern und all die entsetzlichen Tage vorher. Tanja war tot und es schien, als wären damit auch all die Probleme mit den Kolleginnen verschwunden. Scheue Blicke begleiteten sie auf dem Weg zum Umkleideraum. Man trat zur Seite, machte ihr Platz. Ohne Hast nahm Hanna die Arbeitskleidung aus dem Kasten. Lächelnd und behutsam entfernte sie ein langes rotes Haar von ihrem feuchten Mantel, ehe sie ihn zusammengeknüllt in den Sammelbehälter warf und in einen neuen, blütenweißen Kittel schlüpfte.

 

Hallo hanini

wie ich sehe, hast du die meisten Zeilenumbrüche schon entfernt, bevor ich dich darauf hinweisen konnte, aber das "sinken-de Schiff" hast du übersehen ;)

nun zur Geschichte:

sie liest sich rasch und flüssig, aber Spannung will nicht aufkommen. Vielmehr ist in der Geschichte alles klar dagelegt, trotzdem beliben für mich viele Fragen offen.

Warum mögen die Frauen Hanna nicht? Gibt es dafür einen Grund? Warum diese offene Ablehnung?

Weshalb gehen alle raus, wenn hanna wütend wird? als Gruppe haben sie doch nichts zu befürchten, im Gegenteil, so eine Zurschaustellung von Emotionen ist doch nur bestätigung sein Zeil erreicht zu haben.

Warum ermittelt die Polizei nicht, bzw, was macht die Polizei überhaupt dort, wenn es nur ein "Unfall" war? Wer hat die Polizei gerufen? warum sagt keine der Frauen aus, dass es streit zwischen Hanna und Tanja gegeben hat?

So, ich hoffe ich habe dich nicht zu sehr entmutigt. Ich finde, du solltest diese Geschichte noch einmal gründlich überarbeiten, aus der Idee kann man einiges machen.
Bau vielleicht ein paar Hintergründe ein. Erkläre die Situation genauer weshalb handeln die Menschen so wie sie handeln.

Für die Spannung könntest du den Teil zwischen dem Streit und dem Auffinden der Leiche etwas ausbauen. Vielleicht den Mord einbauen, oder die planung desselben. Der Kommissar könnte einen Verdacht hegen, aber ihr im endefekt nichts nachweisen... usw... es gibt viele Möglichkeiten


Porcupine

 

Hallo Porcupine!

Ich danke dir, daß du dir die Mühe gemacht hast meine "Fingerübung" zu lesen und danke auch für die Ratschläge, die mich ganz sicher nicht entmutigen. Ich bin eben noch im Versuchsstadium, da ist man auf guten Rat angewiesen. Also werde ich mich mal daran machen und die Geschichte ein wenig spannender schreiben - oder es wenigstens versuchen. Wahrscheinlich dachte ich irrtümlich, dass ich mich möglichst kurz halten sollte - da ist wohl einiges auf der Strecke geblieben.

LG Hanini

 

Hallo Hanini,

an deinem Vorhaben, dich kurz fassen zu wollen, solltest du ruhig festhalten. Prüfe deine Geschichte auf Überflüssiges, ersetze Ungenaues und ergänze Fehlendes. Der Umgang mit Sprache ist dir nicht fremd, aber manchmal kann eben auch rigoroses inhaltliches Umarbeiten vonnöten sein - davor solltest du gegebenenfalls nicht zurückschrecken!

Ich zerpflücke fremde Texte nicht gern, möchte dir aber ein Beispiel aus "Weiße Wäsche" bringen. Hier der Original-Absatz:

Hannas zitternde Hände ballten sich zu Fäusten. Ihr seltsam entschlossener Blick ließ jedes Gekicher und Getuschel verstummen. Eine nach der anderen versuchten die Frauen nun möglichst unauffällig den Raum zu verlassen. Ein bitteres Lächeln spielte um Hannas Lippen. „ Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Nein, keine von euch muss um mich weinen. Ihr solltet Eure Tränen aufsparen. Vielleicht müsst ihr bald schon um Tanja weinen. Verräter wie sie haben kein Recht zu leben!“ dachte sie, verwundert darüber, dass dieser Gedanke sie amüsierte. „Du gehst nicht!", sagte sie ruhig, als Tanja verstohlen zur Tür blickte. „ Nein, du gehst nicht!“

Man könnte zum Beispiel Hannas Gedanken einfach streichen, weil der Leser inzwischen ja so oder ähnlich selbst denkt! Er wurde über den bisherigen Handlungverlauf zu diesem Gedankengang geführt. Auch ohne Hannas gedachte Drohung kommt nun Spannung auf. Ich konnte mir beim Lesen den drohenden, keinen Widerspruch duldenden Tonfall Hannas bei ihren Worten:
„Du gehst nicht!"
sehr gut vorstellen.

Nun der Absatz ohne Hannas Gedanken:

Hannas zitternde Hände ballten sich zu Fäusten. Ihr seltsam entschlossener Blick ließ jedes Gekicher und Getuschel verstummen. Eine nach der anderen versuchten die Frauen nun möglichst unauffällig den Raum zu verlassen. Ein bitteres Lächeln spielte um Hannas Lippen. „Du gehst nicht!", sagte sie ruhig, als Tanja verstohlen zur Tür blickte. „ Nein, du gehst nicht!“

Danach würde ich wieder rigoros streichen, die Geschichte nach wenigen Sätzen sogar schon enden lassen. Das Auffinden der Leiche erwähnen, Hanna ihren weißen Kittel überstreifen lassen und ein Polizist erwartet sie vor dem Umkleideraum mit der Frage: "Sind sie Hanna Becht?"

Das ist natürlich nur ein Beispiel. Wenn du statt einer Kurzgeschichte eine Erzählung aus der Idee machen willst, musst du natürlich ausführlicher werden.

Porcupine hat Recht, es gibt auch inhaltlich einiges, worüber du nachdenken solltest. Warum mag man Hanna wohl nicht? Möglicherweise, weil der Vater ihrer Tochter ein Schwarzer ist? Oder weil Hanna schon einmal im Gefängnis war?

Vieleicht konnte ich dich ermuntern, weiter an der Geschichte zu arbeiten. Ich selbst feile noch an Geschichten herum, die älter als zehn Jahre sind. Und sie sind immer noch nicht perfekt. Wir sind also Leidensgenossen...

Gruß Brussac

 

Hallo Brussac!

Danke für deine konstruktive Kritik.Ich bin auf Ratschläge, wie ich meine Geschichten besser machen kann, angwiesen und freue mich jedesmal, wenn sich jemand dieser Mühe unterzieht. Also werde ich mich daran machen, diese Geschichte zu überdenken und daran zu feilen.

Lg Hanini

 

Hallo Hanini!

Manchmal ist es schwer eine Geschichte zu überarbeiten, wenn verschiedene, nicht übereinstimmende Meinungen geäußert werden. Aber ist nicht genau da die Herausforderung? Jeder Leser hat andere Ansichten. Und hier ist meine:

Ich finde es eigentlich unwichtig, warum die Kolleginnen Hanna nicht mögen. In fast jedem Betrieb gibt es eine Person, über die hergezogen wird. Und meistens ist das nur so, weil alle Mitläufer sind und gar nicht darüber nachdenken warum sie die entsprechende Kollegin/Kollegen nicht mögen.

Unrealistisch fand ich den Tod in der Waschmaschine. Es kam mitunter vor, dass ein Haustier oder Kleinkind unbemerkt in der Waschmaschine gelandet ist. Aber eine erwachsene Frau, die jeden Tag diesen Job erledigt .....

„ Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Nein, keine von euch muss um mich weinen. Ihr solltet Eure Tränen aufsparen. Vielleicht müsst ihr bald schon um Tanja weinen. Verräter wie sie haben kein Recht zu leben!“ dachte sie, verwundert darüber, dass dieser Gedanke sie amüsierte. „Du gehst nicht!", sagte sie ruhig, als Tanja verstohlen zur Tür blickte. „ Nein, du gehst nicht!“

Hier solltest du zwei deutliche Absätze einbauen. Ich musste diese Stelle zweimal lesen, ehe ich kapiert habe, dass sie einmal nur denkt, und direkt darauf laut etwas äußert.
Evtl., um das „du“ im letzten Satz deutlich hervorzuheben, ist meiner Meinung nach auch kursiv erlaubt.


Eine nach der anderen versuchten die Frauen nun möglichst unauffällig den Raum zu verlassen.
Ein bitteres Lächeln spielte um Hannas Lippen. Die Ratten verlassen das sinkende Schiff, dachte sie. Nein, keine von euch muss um mich weinen. Ihr solltet Eure Tränen aufsparen. Vielleicht müsst ihr bald schon um Tanja weinen. Verräter wie sie haben kein Recht zu leben. Sie war verwundert darüber, dass dieser Gedanke sie amüsierte.
„Du gehst nicht!", sagte sie ruhig, aber bestimmend, als Tanja verstohlen zur Tür blickte. „ Nein, du gehst nicht!“

Absolut weggeworfen vor lachen (entschuldige bitte!) habe ich mich bei folgendem Satz:

Bekümmert betrachtete Kommissar Burger noch einmal das sehr tote Gesicht der jungen Frau.
Wenn man tot ist, dann ist man tot.
Streiche das Wort „sehr“ aus dem Satz. Bitte!!! ;-)

Im Großen und Ganzen fand ich deinen Schreibstil gar nicht schlecht. Es war flüssig zu lesen, wie ja bereits schon erwähnt wurde. Aber die Spannung kam nicht wirklich auf.
Dass Tanja von Hanna ermordet wurde, ist dem Leser so oder so klar. Die Geschichte so darzustellen, damit wirklich Spannung aufkommt, dürfte die wahre Herausforderung für dich sein.
Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Erfolg dabei.

Als kleiner Tipp am Rande: Du kannst es nicht jedem Leser recht machen. Es ist deine Geschichte. Egal wie und was du schreibst, es wird immer einer daher kommen und Kritik üben.
Du kannst also nur die Äußerungen der Kritiker wahrnehmen, und versuchen dich dadurch zu verbessern.
Manchmal ist es auch sinnvoll, die Geschichte ganz neu zu schreiben, anstatt die ganzen Fehler auszumerzen. (Aber nur manchmal!)

Um weiterer Kommentare abzugeben, werde ich erst mal warten ob, und wie, du die Geschichte überarbeitest.

In diesem Sinne
noch viel Spaß beim schreiben und lesen

LoC

 

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