Wenn der Himmel weint...
„Und du willst jetzt wirklich gehen? Bei dem Regen?“ Meine Freundin Isa sah mich stirnrunzelnd an. Ich schaute aus dem Fenster nach draußen, wo es Bindfäden regnete. Entschlossen nickte ich. „Ich will zu Micha nicht zu spät kommen. WO er doch für heut Abend alles so lieb hergerichtet hat!“ Bei dem Gedanken musste ich lächeln. Ich hatte gerade meinen Realschulabschluss bekommen und mein Freund Micha, der selbst noch in die zwölfte Klasse unseres Gymnasiums ging, hatte sich zur Feier des Tages eine Überraschung überlegt. „Ach, du hast es gut! Ich will auch endlich mein Single-Dasein beenden...“, seufzte sie. Man musste dazusagen, dass sie wirklich nur Pech mit Jungen hatte. Obwohl sie eigentlich – meiner Meinung nach – eine Art Traumfrau war. „Ach, das wird schon!“ Tröstend legte ich ihr den Arm um die Schulter. Sie lachte und öffnete die Haustür. „Na dann mal weg mit dir.“ Grinsend zog ich meine Kapuze fester und trat hinaus in den strömenden Regen. Es regnete wirklich schlimmer als ich gedacht hatte. Nachdem meine Klamotten und Schuhe durchnässt, und auch meine Kapuze nicht mehr wasserdicht waren, beschloss ich mich bei einem Kaufhaus unterzustellen. Es war Sonntag und zudem regnete es ja noch – die Straßen waren menschenleer. Ich betrachtete gelangweilt ein Schaufester und versuchte, mich so wenig wie möglich zu bewegen. Wenn ihr auch schon mal in pitschnassen Klamotten dagestanden habt, dann wisst ihr warum. Immer noch starrte ich das Schaufenster an. Einige Schaufensterpuppen mit allen möglichen Fummeln an, saßen und standen darin und grinsten einen blöd an. Ich fragte mich, wer solche Klamotten anziehen würde. „Wahrscheinlich schrecken schon diese dummen Gesichter einen ab“, murmelte ich. Schnell stakste ich weiter zum nächsten Schaufenster, während ich den grauen, mit Wolken verhangenen Himmel betrachtete. Es würde noch eine Weile dauernd, bis es aufhören würde zu regnen... . Plötzlich stieß ich gegen ein hartes, gutgebautes.... menschliches... ja, männliches Etwas. Im nächsten Moment lag ich in den Armen eines großen, schlanken und braunhaarigen Jungen, der gerade aus einer Tür getreten war. „Uppsala, du gehst aber ran!“, meinte der. „So ein Idiot!“, dachte ich und trat schnell einen Schritt zurück um en bissiges „Tut mir leid“ zu murmeln. Der Junge grinste mich an und sagte dann: „ Schon vergessen! Du siehst nass aus...“. Er griff nach meiner Jacke um ihre Nässe zu überprüfen. Als ich seine Hand an meinem Körper spürte, bekam ich doch tatsächlich weiche Knie und aus dem anfänglichen Argwohn wurde Sympathie und Interesse. In dem Moment fiel mir Micha ein. Musste ich nicht langsam los? „Wie wäre es, wenn du zu mir hoch kommen würdest? Könntest trockene Klamotten bekommen und nen heißen Tee...“, holte mich der Junge aus meinen Gedanken, ,,Ich bin übrigens Chris. Was ist? Kommst du?“ Ohne lang zu überlegen nickte ich. Irgendwie wollte ich ihn näher kennen lernen und für trockene Klamotten tat ich nun alles. Außerdem war das ja nicht fremdgehen. Oder? Dieses Frage hämmerte mir noch im Kopf herum als Chris sacht meine Hand nahm und mich durch ein Treppenhaus hinauf in seine Wohnung führte. „Wie heißt du eigentlich?“ Ich öffnete meinen Mund, der total trocken war. Schnell schluckte ich und sagte „Susa“. Chris lächelte mich an und ging schnell fort um Klamotten zu holen. Ich merkte wie mein Kopf heiß wurde. Damm sah ich mich in Chris’ Wohnung um. Alles war hell und ordentlich, die Wohnung gefiel mir. In dem Moment trat Chris durch die Tür. Er sah wirklich super aus. Als er mir eine graue Jogginghose und ein weißes T-Shirt reichte, durchfuhr mich eine heiße Wärme und ich merkte, wie ich schon wieder rot wurde. Als Chris mir mit seinem unbeschreiblich schönen Lächeln den Weg zum Bad zeigte, dachte ich mir würden gleich die Beine abknicken. Hinter verschlossener Badezimmertür atmete ich erst einmal tief durch. „Beruhig dich, Susa! Denk an Micha!“, versuchte ich mir einzureden, doch auch das half wenig.
Als Chris und ich später zusammen auf der roten Couch saßen, Tee tranken und miteinander redeten verschwand meine Verlegenheit zum Glück. Chris war wirklich ein toller Typ, sportlich und wir hatten viele gleiche Interessen und Ansichten. Er war so ganz anders als Micha. An seiner Seite fühlte ich mich wohl, hier musste ich nicht die Große, Starke und Coole spielen. Hier konnte ich einfach ich selber sein. Chris war humorvoll, mit ihm konnte ich wirklich über alles reden und lachen... er war einfach richtig lieb... eben wirklich das Gegenteil von dem achso coolen Micha. Nur dass ich einen Freund hatte verschwieg ich. Als ich das nächste Mal auf die Uhr sah, saß ich seit drei Stunden hier. Es war 21 Uhr. Erst erschrak ich, aber gehen wollte ich auf keinen Fall. Am seltsamsten war jedoch der Gedanke, was ich eigentlich an dem Macho Micha gefunden hatte, und, dass ich mich irgendwie in Chris verliebt hatte. Irgendwie. Als ich wieder von der Uhr auf Chris sah, merkte ich, dass r mich anstarrte. Doch auch als ich zu ihm sah, schaute er nicht weg, sonders sah mich nur still an. „Was ist denn?“, fragte ich. Chris sah verlegen zu Boden und lächelnd stellte ich fest, dass er rot wurde. Dann sah er mir wieder fest in die Augen. „Du... Susa... ich glaub ich hab mich in dich verliebt“. Erschrocken sah ich in and. Dann merkte ich, dass ich genau das gleiche empfand. „Ich... ich glaube... ich...“ . Noch ehe ich zu Ende gesprochen hatte fasste er mich am Nacken und küsste mich. Ich schloss die Augen und genoss den Augenblick. Als der Kuss zu enden schien nahm auch ich ihn in den Arm und drückte ich küssen auf das Sofa. So lagen wir eine Weile da, küssten uns und streichelten uns. Irgendwann begann er mich auszuziehen und ich wusste: Ja, ich wollte ihn! Dann schliefen wir miteinander. Es war wunderschön und ich wollte ihn nie mehr loslassen, ihn für immer so nah spüren. Plötzlich hörten wir, wie die Haustür geöffnet wurde und noch ehe wir aufstehen konnten, stand eine mir fremde, junge Frau im Zimmer, deren Lächeln verschwand als sie uns sah. „Sara“, stieß Chris hervor. Langsam stand er auf. Sara, die anscheinend seine Freundin war, öffnete langsam den Mund und schrie ihn an, wie er denn so etwas tun könne und so weiter. Ich stand zaghaft auf und schlüpfte in meine inzwischen fast trockenen Klamotten. Noch ehe ich meine Jeans ganz anhatte kam Sara auf mich zu und verpasste mir eine heftige Ohrfeige. Darauf packte Chris sie und zerrte sie aus der Wohnung hinaus, nackt wie er war. Noch konnte man von draußen ihre zornige Stimme hören, als er wieder zu mir kam. „Sorry...“, meinte er nur. Dann erzählte ich, dass auch ich einen Freund hatte. Er nickte, doch ich zog ihn zu mir her und küsste ihn. Ich hatte mich für Chris entschieden. Als Chris kurz auf dem Klo verschwand schaute ich auf mein Handy. Zehn Anrufe in Abwesenheit. Acht von Micha und zwei von meiner Mum. Dazu noch zwei SMS von Micha. In allen drei stand ungefähr dasselbe: „Wo bist du? Ich dachte, du freust dich. Meld dich!“ Aber in der ersten klang er mehr wütend, in der zweiten hatte er noch „Miss you“ dazugetippt und in der dritten „I love you. Was habe ich falsch gemacht?“. Ich wusste, dass er mich wirklich liebte, doch ich schrieb ihm nur eine SMS mit zitternden Fingern zurück: „Es tut mir leid. Ich liebe einen anderen. Ich erkläre dir alles, Susa!“ Plötzlich stand Chris hinter mir, er hatte die SMS gelesen. „Ich liebe dich auch!“ Er schloss mich in seine Arme und wir küssten uns. Dabei vergaßen wir die ganze restliche Welt um uns, auch die zwei Herzen, die wir soeben gebrochen hatten.
Ich schreib noch nicht so lange und würde mich deshalb über Kritik und Verbesserungsvorschläge freuen!
Bye,
Dada