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wenn du kämst

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25.07.2004
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wenn du kämst

Du sagst, du hast dasselbe auch kürzlich gesagt. Du findest es gar nicht so schön, dass wir uns so ähnlich sind, nicht wahr? Man achtet nämlich nur dann so penibel auf solche Dinge, wenn man jemanden ziemlich mag oder ziemlich scheiße findet. Ich weiß, dass du mich so sehr nicht magst, du kannst es auch gar nicht und das weiß ich und das weißt du und trotzdem lächeln wir uns an, wenn wir uns begegnen und unser Lächeln sieht so gespielt gar nicht aus. (Eigentlich gar nicht.)
Weißt du, ich kann dir gar nicht sagen, wie oft ich über diese Buche schon geschrieben habe. Sie ist das zweite, das ich sehe, wenn ich aus dem Fenster schaue. Sie hat sich versteckt, hinter der Birke, die ewig trauern muss. Und die Buche sehe ich nur dann, wenn der Himmel grau ist und durch die Farbe ihrer Blätter erscheint er jedes Mal lila und rosa, auch wenn das natürlich nicht stimmt.
Wenn man Musik an ihren Stamm hält, hören die Blätter auf, sich zu bewegen, als würde die Musik ihr Tanzen stoppen. Als würden sie der Musik lauschen. Dabei ist es egal, welche Musik. Die Buche ist nicht sehr wählerisch.
Einmal ging ich hin, legte eine Decke um sie (genauer, ich warf sie hinauf in die Krone), weil es schon so kalt war und ihre Blätter so zitterten. Und die Decke blieb da oben, die Blätter wuchsen um sie herum, die Äste schlossen sie ein und die Zweige legten ihre Köpfe auf sie. Sieht so Liebe aus?
Ich putze nie Fenster. Einmal habe ich es getan und ich konnte nicht hinaussehen, weil die Scheibe wie ein Spiegel mein Zimmer reflektierte. Das machte mir Angst, ein Mensch muss sehen können, was außerhalb seiner Grenzen liegt. Seitdem lasse ich solche Dinge. Der Regen genügt und von innen wird die Scheibe sowieso nicht so dreckig.
Sie wollte einmal diese Stimme sehen. Die so traurig ihre Lieder weinte. Vor allem bei dieser Musik lauschten die Blätter, wir beide sitzen da und atmen kaum noch. Ich kann nie zu lang bei der Buche bleiben, habe immer Angst, sie würde ersticken.
Sie ist älter als ich. Aber ich weiß nicht, ob sie sich als Überlegene sieht. Jedenfalls zeigt sie es nicht. Irgendwie ist sie sowieso der bescheidenste Baum, den ich kenne. Sie ist launisch, ja, natürlich, aber wer wäre das nicht, wenn er gezwungen wäre, so fest am Boden zu stehen, völlig dem Wind ausgeliefert zu sein. Ich meine, sowas gefällt niemandem, nur für eine Weile vielleicht.
Du könntest einmal zu mir kommen, wenn du willst. Weißt du, ich könnte dir einiges erzählen. Von mir und meinen Launen (tatsächlich übertragen sich die Launen der Buche so oft auf mich...) und davon, wie wenig man beidem glauben darf. Vielleicht würdest du mich verstehen.
Vielleicht ... komm mal zu mir, ja?

 

Hallo Veratmet,

und erst einmal ein herzliches Willkommen hier :)
Deine Geschichte kam mir stellenweise wie ein Brief an eine Person vor. Das Problem an einer Geschichte, in der jemand drittes mit "Du" angesprochen wird, ist, dass der Leser sich direkt angesprochen fühlt und darüber irritiert ist, da er nicht weiß wer da so vertraulich mit ihm redet und warum ;) Ich habe auch mal eine Geschichte aus der Perspektive geschrieben, da ist es mir auch erst im Nachhinein aufgefallen, dass Leser bei einem "Du" denken, dass sie direkt gemeint sind.

Mir blieb etwas unklar, in welcher Beziehung die beiden Personen zueinander stehen. Vielleicht könntest Du ein paar mehr Informationen darüber einbauen, wer die beiden sind, wie sie sich kennen gelernt haben, wie sie miteinander umgehen? Ist natürlich nur ein Vorschlag. Ich denke, Du wolltest die Beziehung der beiden über die Gefühle des Erzählers zu dem Baum beschreiben. Die Idee ist gut, vielleicht war´s mir einfach nicht deutlich genug.
Deine Beschreibungen fand ich toll, insbesondere die Passage über das Fenster putzen.

Liebe Grüße
Juschi

 

Hallo Veratmet,
dein Stil gefällt mir, irgendwie war das wunderschön zu lesen. Den Vergleich mit der "fabelhaften Welt der Amelié" fand ich schon sehr passend.


>>Man achtet nämlich nur dann so penibel auf solche Dinge, wenn man jemanden ziemlich mag oder ziemlich scheiße findet<<

Das war das einzige, was mich in diesem schönen Bild etwas gestört hat. Das "Scheiße" ist in meinen Augen viel zu hart für diesen Text, zu vulgär.

Ich denke, es handelt sich hier um einen zaghaften Versuch, seine Liebe jemandem zu gestehen, von dem man sich sicher ist, dass er diese Liebe nicht erwiedern wird. Nein, soooo zaghaft ist dieser Versuch eigentlich garnicht, denn dieser Brief (ja, ich halte es auch für einen Brief) entblößt die Seele des Schreibers/der Schreiberin (wobei ich eher zu einer Schreiberin tendiere) ungemein.

Direkt am Anfang ist diese Unsicherheit zu spüren. Der Verfasser des Briefes ist derjenige, der peinlich genau seinen Gegenüber beobachtet, jede Reaktion und jedes Wort prüft, aber zu seinen Ungunsten auslegt. Der Satz:"Man achtet nämlich nur dann so penibel auf solche Dinge, wenn man jemanden ziemlich mag oder ziemlich scheiße findet" ist zwar an den Empfänger gerichtet, aber im Grunde ist der Schreiber des Briefes genauso damit gemeint... nur das er den Empfänger halt ziemlich mag.

Der plötzliche Sprung zu der Buche ist wunderbar. Die Unsicherheit wird hier noch verstärkt, im Grunde weiß der Schreiber nicht so recht, was er noch sagen soll, findet die rechten Worte nicht. Also schreibt er über das, was ihn in seinem Leben mit am meisten bewegt, nämlich die Buche.

Ich denke, die Person ist ziemlich einsam ist. Genau deswegen baut sie auch zu der Buche so eine Beziehung auf, die ja auf ihre Art ebenfalls einsam ist.

>>Und die Decke blieb da oben, die Blätter wuchsen um sie herum, die Äste schlossen sie ein und die Zweige legten ihre Köpfe auf sie. Sieht so Liebe aus?<<

Ein wunderschönes Bild!!!!

Ich mag da garnicht näher drauf eingehen, um es nicht zu zerstören.

Die Stelle mit den Fenstern fand ich auch sehr schön, besonders den Satz:"Das machte mir Angst, ein Mensch muss sehen können, was außerhalb seiner Grenzen liegt." Eine Einsicht, die leider viel zu wenig Menschen haben.

Insgesamt ist die Schreiberin sehr sensibel und einfühlsam, macht sie viele Gedanken um die Dinge, die von den meisten einfach übersehen werden. Und schon der Anfangssatz zeigt, dass sie offensichtlich fest davon überzeugt ist, dass der Addressat dieses Briefes genauso ist.

Schön finde ich den Gegensatz zwischen dem Anfang/Ende und dem Mittelteil.

Anfangs und auch am Ende ist sie zurückhaltend, unsicher, aber in der Mitte wird mit einer solchen Begeisterung gesprochen, klar, deutlich, ohne zögern.

Irgendwie wünscht man sich zum Schluß, dass der Angesprochene sie tatsächlich besucht, dass es zwischen den beiden funktioniert.

Ok, das war jetzt alles etwas wirr, ich hoffe, es ist trotzdem klar geworden, was ich sagen wollte.

Für mich sollte da garnicht mehr rein. man muß nicht wissen, wo die beiden sich kennengelernt haben, und ich glaube, dass es auch nciht so eine Rolle spielt, wie die momentane Beziehung zwischen den beiden aussieht oder wie oft sie sich sehen.
(Außer, ich habe mit meinen Gedankengängen vollkommen daneben gelegen und die Geschichte nicht verstanden. ;-)


Hat mir auf jeden Fall gut gefallen!!!

Liebe Grüße,
Fee

 

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