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Wenn Gott doch nicht so nett wäre

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11.08.2004
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Wenn Gott doch nicht so nett wäre

Wenn Gott doch nicht so nett wäre ( Version 2 )

Langsam gehe ich, Toni Mariginelli, über den Markusplatz in Venedig. Es ist ein warmer Frühlingstag und viele Menschen sind auf der Straße. Ich liebe diese Stadt ohne Autos, mit ihren wimmelnden Massen. Auf dem Markusplatz werden einige spendierfreudige Touristen von hungrigen, oft degenerierten Tauben umringt.
Mit einem leichten Kopfschütteln gehe ich weiter. Vor der Markuskirche bleibe ich stehen. Ich weiß, dass sie nicht gut ist für mich, und doch kann ich nicht widerstehen. Je näher ich der Kirche komme, umso schlechter fühle ich mich. Es beginnt mit einem leichten Kribbeln. Die Haare auf meinen Armen stellen sich auf.
Die Klinke der Kirchentür brennt in meiner Hand, wie eine glühende Kohle. Ich setzte den ersten Schritt in die Kirche, und muss Augenblicklich, einen entsetzlichen Brechreiz nieder kämpfen.
Das Kirchenschiff erstreckt sich vor mir. Am anderen Ende, das Abbild Jesu Christi am Kreuz. Ich habe das Gefühl, als wollen meine Augen aus ihren Höhlen springen, und am Boden zerplatzen. Das Blut in meinen Adern beginnt zu kochen. Meine Oberarme werden von einem blassblauen Adernnetz überzogen, das deutlich durch meine weiße Haut scheint.
Auf meiner Stirn bildet sich Schweiß, und meine Knie fangen an zu zittern. Schritt für Schritt, kämpfe ich mich weiter in der Kirche voran. Zum Glück sind nur einige wenige Menschen da, die mir ohnehin kaum Beachtung schenken.
Als ich das Kreuz des Jesu Christi erreicht habe, fängt meine Nase an zu bluten. Ich habe das Gefühl, als schlage mir jemand einen glühenden Nagel, direkt in mein Gehirn. Mit einem Vorschlaghammer. Ich schürze die Lippen, um den hölzernen Jesu zu küssen. Tränen rollen wie ein Strom flüssiger Lava über meine Wangen. Als meine Lippen den hölzernen Jesu berühren, habe ich das Gefühl, bei lebendigem Leibe gehäutet zu werden. Nur mit Mühe, kann ich einen Aufschrei reinsten, unverfälschten Schmerzes verhindern.
Ich halte es nicht mehr aus. Langsam und schwankend, wie ein Betrunkener, stehe ich auf und verlasse die Kirche. Kaum stehe ich wieder auf dem herrlichen Markusplatz, verschwindet der Schmerz, als hätte es ihn nie gegeben. Lediglich das dumpfe Gefühl in meinem Kopf, es wieder einmal nicht geschafft zu haben, bleibt.
Ich beginne zu laufen. Immer schneller Richtung Süden. Ich schenke den vielen Menschen, die mir entgegen kommen, keine Beachtung. Als ich den äußersten Rand der Stadt erreicht habe, bleibe ich, schwer atmend stehen. Meine Lungen brennen wie Feuer.
Dennoch brülle ich so laut ich kann: „Hast du dich endlich genug an mir gerächt? Habe ich nicht lange genug gebüßt?“ Ich drehe mich, wild mit den Armen rudernd, einmal im Kreis. „Bitte vergieb mir.“
Keuchend beginne ich zu lachen. Es ist das Lachen eines Verrückten. Ich schließe die Augen und strecke die Arme von mir, wie ein Vogel die Flügel beim Abflug. Ich hauche ein letztes "Vergieb mir.", in den Wind, dann stürze ich mich in den Abgrund. Noch während ich falle, offenbart sich mir, dass es nicht funktioniert. Einige Zeit später erwache ich wieder am Strand. Es hat mich bis zum Festland von Italien gespült.
Es heißt, Gott vergibt alle Sünden. Dass ich nicht lache. Es gibt sie, die Hölle. Seit annähernd 2000 Jahren lebe ich nun in ihr. Ich wurde nicht aufgenommen im Himmelreich.

 

Tachi Noel,

erst einmal vielen Dank für deine positive Kritik. :bounce:
Tja wie heißt es doch irgendwo in den ( mir ebenfalls unbekannten Tiefen der Bibel ) "Die Wege des Herrn sind unergründlich."

Mit Religion kann ich ebenfalls nicht besonders viel anfangen aber der Plot hat mir ganz gut gefallen.

mfg
Thor

 
Zuletzt bearbeitet:

Heyho Thor,

ja, die Pointe ist ganz amüsant, aber das war's dann auch schon. Zumal ich nicht verstehe, warum Judas überhaupt in die Kirche geht und Jesus küsst - schon klar, den Kuss gab's auch in der Bibel und damit hat der ganze Schlamassel erst angefangen, aber was erhofft er sich denn jetzt davon? Vergebung?

Ohne mich wäre dein Sohn niemals so berühmt geworden! Hörst du? In einer solchen Geschichte, muss der Held immer sterben.

Spätestens ab hier wird's dann satirisch.

Da die Pointe reiner Selbstzweck ist, stellt deine "Geschichte" bestenfalls eine amüsante Fingerübung dar - aber die ist flüssig geschrieben und hat mich zumindest nicht gelangweilt. Darauf kann man aufbauen.

Cheers

 

So, ehe das hier eskaliert hab ich mal einen auf Zensor gemacht und die pikante Passage aus Noels Posting entfernt. Ich mach das nicht gerade gerne, aber Noel hat meine PM mit der Bitte es selbst zu erledigen noch nicht gelesen und jetzt hab ich's halt selbst in die Hand genommen, ehe noch andere Kritiker darauf Bezug nehmen und ich dann nachher alles wegen Off Topic löschen muss.

Beschwerden diesbezüglich per PM, E-Mail oder Flaschenpost an mich, ansonsten bitte hier im Thread nur noch Postings zur Geschichte selbst.

 

Hi Wendigo,

vielen Dank erst einmal für die positive Kritik. :D

- schon klar, den Kuss gab's auch in der Bibel und damit hat der ganze Schlamassel erst angefangen, aber was erhofft er sich denn jetzt davon? Vergebung?

Er erhofft sich Vergebung, um die "Hölle" eines Tages verlassen zu dürfen.


- Da die Pointe reiner Selbstzweck ist, stellt deine "Geschichte" bestenfalls eine amüsante Fingerübung dar - aber die ist flüssig geschrieben und hat mich zumindest nicht gelangweilt. Darauf kann man aufbauen.

Da hast du vollkommen Recht. Diese "Geschichte" ist tatsächlich lediglich eine Fingerübung. Es ist erst die dritte Geschichte die ich hier veröffentliche. Ich habe noch viel zu lernen.
Aber wenn die Geschichte dich nicht gelangweilt hat, und sie dir ein bisschen gefallen hat, dann ist das mehr als ich mir erhofft habe. :bounce:

In diesem Sinne :rotfl:

mfg
Thor

 

Hi, ich wette du hast dich von dem Film "The Gathering" inspirieren lassen, oder? Ist ja erst kürzlich erschienen. In dem Film wird eine Kirche entdeckt mit einem merkwürdigen Fresko. Jesus steht mit dem Rücken zu diesem Fresko, auf dem mehrere Gesichter zu erkennen sind. Später stellt sich heraus, dass es die gleichen Zuschauer sind, die auch bei der Hinrichtung Christi "nur" zugeschaut haben. Aus Strafe, dass sie nur zugeschaut haben, müssen sie seitdem auf Erden wandeln und jedem schlimmen Erlebnis als Zuschauer beiwohnen...
Dennoch sehr gut geschrieben. Kurz, aber prägnant!

 

Tach Thor ;) ,

die Pointe ist zu schnell offensichtlich, schon als seine Adern hervortreten, hatte ichs geahnt. :dozey: Daher: Vielleicht tut es gut, a) das Ganze etwas subtiler zu inszenieren und b) vor allem den Namen unten zu streichen, das wertet deine Geschichte mächtig ab. Laß das offen, laß ihn nur schreien: "Hörst du mich, es tut mir Leid! Hab ich nicht genug gebüßt?" Oder so, nimm auch den "Sohn" raus und das "berühmt werden"

Jupp.

Liebe Grüße.

Dante_1

 

Hi Polyxena und Dante_1,

erst mal, vielen Dank für die Kritik.

@Polyxena
Eigentlich habe ich mich für diese Geschichte, von zwei Filmen inspirieren lassen. Der erste ist, wie du richtig erkannt hast The Gathering. War ein super Film. Dazu allerdings noch "Dracula" von Wes Graven. In diesem Film wird Judas zum Vampir, nachdem er sich auf einem Hügel erhängt hat.

@Dante_1
Ja das ist nicht schlecht. Muss mal schauen wie ich das einarbeiten kann.
Mein Grundgedanke war eben, dass Judas wütend auf Gott wird. In den ersten Jahrhunderten bittet er um Vergebung, aber als sich die Jahrhunderte zu Jahrtausenden zusammen gefunden haben, wird er nur noch wütend.
Vielleicht wird er auch Verweifelt.... :hmm:

Liebe Grüße an euch beide.

Thor

 

@Dante_1
Eine Frage hab ich noch. Subtiler in Bezug auf die Schmerzen die Toni hat?
Hier habe ich nämlich versucht, Judas die Schmerzen fühlen zu lassen, die Jesus am Kreuz verspürt haben muss. Wird schwer daran etwas zu ändern, auch wenn dadurch die Pointe schnell offen gelegt wird.
Aber, Papier ist geduldig. :D

Liebe Grüße
Thor

 

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