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Wer bin ich?
Der Fremde mir gegenüber schaut mich an. Die Falten in seinem Gesicht erzählen Geschichten. Jede Furche steht für eine Erinnerung. Schöne, peinliche, lustige, traurige, vergessene und verdrängte. Als ich in dieses offene Buch sehe frage ich mich, was alles in mir steckt. Was ich bedeute, was ich darstelle, wer ich bin... Seine Augen schließen sich langsam, fast andächtig. Er spricht kein Wort, er sitzt nur da und schaut in sich hinein. Was sieht er? Das gleiche wie ich? Oder womöglich erkennt er mein wahres Wesen... und ich seines...
So ein Unsinn! Abrupt öffne ich meine Augen. Mein Spiegelbild tut es mir gleich. Ich starre in meine eigenen, glitzernden Augen. Tief und unergründlich schaut die Reflektion zurück. Wir sind eins und doch nicht.... Ich versuche die Gedanken abzuschütteln, wie Staub. Aber dieser Staub verdichtet sich nur um mich herum und hüllt mich immer mehr ein. Täglich stelle ich mir die Frage, wer ich bin. Die Antwort ist da! Greifbar nah, unerreichbar, in mir, in meinem verzerrten Abbild im schmutzigen Spiegel. Eine Träne glitzerte auf meiner Wange. Ich nehme ein Tuch und wische sie weg. Sie war nur aufgemalt. Die weiße Grundierung meiner Schminke verwischt, ergibt einen hässlichen grauen Fleck. Warum verkleiden sich Leute und bringen andere zum Lachen, obwohl ihnen selbst überhaupt nicht zum lachen zu Mute ist?
Clowns sind traurige Menschen, die in ihrer Arbeit ihr verlorenes Lachen suchen. Aber sie finden es nicht. Es ist ihnen nicht vergönnt, während alle anderen johlend unter den Stühlen liegen, einmal selbst herzlich zu lachen. Natürlich ist das nicht bei allen so. Aber den meisten... und bei mir. Das Kostüm gibt mir eine Identität, schützt mich. So machen es viele Leute... Tag für Tag. Sie müssen sich dazu nicht Schminken und ziehen auch keine grell-bunten Gewänder an. Sie verstellen sich so, dass wir die wahre Person nicht mehr sehen können. Sie lügen, betrügen, hintergehen und lächeln uns dabei ins Gesicht. Und wir bedanken uns für die Lüge. Jeder baut sich seine Identität auf. Meine ist abschminkbar. Doch wer bin ich danach? Während ich immer tiefer in dem Strudel meiner Philosophien versinke, haben meine Hände mechanisch das zerfurchte Gesicht von jeder Farbe befreit. Ich bin ich... aber wer bin ich? Man sollte nicht über so etwas nachdenken. Das macht einen verrückt. Und doch kann ich nicht anders. Gibt es jemanden der sich niemals verstellt? Jemand, der offen und ehrlich sagt was er denkt... in jeder Situation? Wir alle tragen Masken...