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What a wonderful world

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12.01.2004
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What a wonderful world

"I see trees of green, red roses too
I see them bloom for me and you
And I think to myself, ...what a wonderful world."

Satchmos eigenwillige, melodische Stimme füllte den Raum. Carsten saß in seinem alten, englischen Ohrensessel, hatte ein halbvolles Glas mit einem guten, alten Cognac neben sich auf der Armlehne stehen und lauschte dem Klang des Liedes.

Geburtstage waren einfach etwas Furchtbares.
In zwei Stunden würden sich alle Honoratioren der Stadt, ja sogar des Landkreises, bei ihm die Ehre geben. Man würde Reden halten, ihn in den höchsten Tönen loben. Ihn, den Mann des Jahres, besser, den Unternehmer des Jahrzehnts! Der es geschafft hatte, trotz seiner Jugend, die Firma Tonstätter mit mehr als viertausend Mitarbeitern zu retten.
Noch wusste niemand, dass Dr. Scheib, der Konkursverwalter, am Montag das Scheitern der Rettungsaktion verkünden würde. Carsten nahm einen großen Schluck aus seinem Glas.
Die Firma würde aufgesplittert, die einzelnen Betriebszweige verkauft, Mitarbeiter, die jetzt noch voller Hoffnung waren, die ihn letzte Woche sogar auf Händen durch die Betriebshallen getragen hatten, würden arbeitslos werden.

Satchmo sang:
I see skies of blue and clouds of white
The bright blessed day, the dark sacred night
And I think to myself what a wonderful world.

Seine Gäste würden höflich, aber genüsslich nach seiner Frau fragen.
"Wo ist denn Ihre reizende Frau Gemahlin, Dr. Tonstätter?", würden sie hinterfotzig säuseln, wohlwissend dass Simone sich derzeit mit einem sechs Jahre jüngeren Tennislehrer auf Mallorca vergnügte. Schließlich hatten ja sämtliche Tageszeitungen Deutschlands darüber berichtet.
"Firma gerettet, Ehe verloren?"
"Hat sich Dr. Tonstätter zu sehr um seine Mitarbeiter gekümmert und dabei seine hübsche, junge Ehefrau vernachlässigt?", prangte da neben einem Bild, auf dem sie sich mit diesem athletischen Hünen barbusig am Pool räkelte.
Carsten hatte alle Schlagzeilen noch im Kopf. Alle.
Und egal was er tat, wie viel er auch trank, er bekam sie nicht aus seinem Kopf.

The colors of the rainbow so pretty in the sky
Are also on the faces of people going by
I see friends shaking hands saying how do you do
They're really saying I love you.

Die letzten neun Monate hatten nicht nur an seiner Ehe gezerrt, sondern auch an seinen sozialen Kontakten. Seine wirklichen Freunde hatten sich, da er nur noch für die Firma unterwegs war, langsam von ihm abgewandt. Seine Gesundheit litt unter der Situation. Keine regelmäßige Ernährung mehr, nur noch schnelle Essen zwischen den Sitzungen und übermäßiger Alkoholgenuss brachten ihm ein Magengeschwür ein. Aufputschmittel und Wachmacher taten ein Übriges.
Sobald alles vorbei ist, nahm er sich damals vor, werde ich kürzer treten. Man kann mit einer solchen Lüge leben. Wochenlang. Monatelang.
Bis der Arzt nach einem kleinen, unbedeutenden Zusammenbruch ein betroffenes Gesicht macht und einem die Wahrheit sagt. Die ungeschminkte Wahrheit.
Bis er diesen großen Fleck auf dem Röntgenbild erklärt. Und von einer unbedingt notwendigen Operation.
Einem völligen Verzicht auf Alkohol, Tabletten und Zigaretten.
Von nur noch einem verbleibendem Jahr. Fünfzehn Monaten vielleicht.
Carsten zündete sich eine neue Zigarette an und ließ die CD ein weiteres Mal laufen.

I hear babies cry, I watch them grow
They'll learn much more than I'll ever know
And I think to myself what a wonderful world
Yes I think to myself what a wonderful world.

Vielleicht hätte er damals auf Simone hören sollen. Die angeschlagene Firma vom Vater nicht übernehmen, sondern mit ihr zusammen ein Kind bekommen und als Ingenieur irgendwo mit ihr glücklich werden sollen.
Vielleicht. Hinterher ist man immer schlauer.
Er trank den letzten Rest des Cognacs und stellte das Glas neben sich auf den kleinen Beistelltisch.
Nebenan stand die Geburtstagstorte mit den vielen Kerzen. Vierzig Jahre.

Langsam hob er die Hand mit der Pistole an seine Schläfe, sah noch einmal in die untergehende Frühlingssonne und drückte lächelnd ab.

 

KLEINMÄDCHENGESCHWÄTZ? Sag mal wie abgehoben und arrgant bist du eigentlich Ich habe Deine Story ganz normal kritisiert....

Ich habe nur 2 Dinge an der Story kritisiert und das passt Dir wohl nicht?

Wenn Du meinst der Autor des Jahrhunderst zu sein: Bring die Geschichte in nem Buch heraus und halte Dich von Foren fern wo man Dir nicht nur Honig ums Maul schmiert....

 

Allen, die sich hier meiner Meinung nach zurecht auf die Zehen getreten fühlen, empfehle ich "Big Six" von Judge Dread - echt coole Nummer...:D

 

Hallo Compuexe!

Ein Mann blickt zurück auf die Trümmer seines Lebens, während im Hintergrund "Welch eine wundervolle Welt" gespielt wird. Was für eine Ironie! Ihm, dem strebenskranken Gescheiterten, ist nichts geblieben, außer der Erkenntnis, alles falsch gemacht zu haben. Da sehe ich den letzten Satz als durchaus nachvollziehbare Konsequenz, weiteren Seelenqualen zu entfliehen.

An Stil und Aufbau habe ich ebenfalls nichts zu beanstanden.


Ciao
Antonia

 

Geschrieben von Antonia
Hallo Compuexe!

Ein Mann blickt zurück auf die Trümmer seines Lebens, während im Hintergrund "Welch eine wundervolle Welt" gespielt wird. Was für eine Ironie! Ihm, dem strebenskranken Gescheiterten, ist nichts geblieben, außer der Erkenntnis, alles falsch gemacht zu haben. Da sehe ich den letzten Satz als durchaus nachvollziehbare Konsequenz, weiteren Seelenqualen zu entfliehen.

An Stil und Aufbau habe ich ebenfalls nichts zu beanstanden.


Ciao
Antonia

Hallo Antonia

Dank dir fürs lesen. :)

 

Hallo Compuexe

ich fand deine Geschichte sehr realitätsnah geschrieben. Auch die Eingliederung des Liedes hat mir sehr gefallen. Da konnte ich um die Tragik noch zu erhöhen, eben dieses gerne im Hintergrund erahnen.
Ich kann mich einigen Kritikern nicht anschließen der Schluss würde zu gerade dieser Geschichte nicht passen, denn gerade diesen Schluss erwartet nicht jeder.
Im Gegenteil, gerade weil er nicht 0815 ist empfinde ich ihn als reizvoll, wenn ich das mal so sagen darf.
Alles in allem hab ich sie sehr gerne gelesen.

Ich wünsche dir noch einen schönen Abend

Morpheus

 

Hallo Morpheus

So ein Schluss ist immer ein Grund für eine Diskussion, jeder sieht es eben anders.
Fruet mich, dass dir die Geschichte gefallen hat.
Danke fürs lesen und deinen Kommentar. :)

 

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