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zwischen den Zeilen das Schweigen
Eine Bank irgendwo an einem Gewässer. Eine mittelalte Person sitzt auf der Bank und sieht auf das Wasser. Auf der anderen Seite des Wassers geht die Sonne hinter den schwarzen Konturen von Häuser-Giebeln und Bäumen allmählich unter, taucht den Horizont in ein zartes rot. Wolkenfetzen ziehen schattenhaft über den Horizont.
Vor der Bank verläuft ein schmaler Sandweg. Auf dem Weg knirschen eilige Schritte. Die Person auf der Bank sieht auf. Die Schritte mit dem dazugehörigen Menschen ziehen vorbei.
Wenig später naht wieder Knirschen. Diesmal ist es leiser, ruhiger.
Abrupt bleibt eine junge Person vor der Bank stehen. Die Person auf der Bank blickt auf.
Die beiden erkennen sich, eine merkwürdige Spannung tritt ein.
„Oh Hallo! Beinahe hätte ich sie übersehen, darf ich mich setzten?“
„Natürlich! Wie geht’s dir?“
„(verzieht das Gesicht)Danke, muss ja“
„schon klar, so dramatisch?“
„Nein, geht.“
„Das Lächeln war schwach“
-Schweigen-
„Und ihnen?“
„Soweit eigentlich ganz gut.“
„Was heißt eigentlich?“
„(zuckt die Schultern)Hm...“
„Also nicht so gut?“
„Ich kann mich nicht beklagen“
„Klagte da leiser Trübsinn mit !?“
„Ach na ja...“
„Ist es zu direkt, wenn ich frage, was sich hinter dem „Ach na ja“ verbirgt?“
„Ziemlich. Warum bleiben wir nicht beim Wetter?“
„Ich hasse Smalltalk, aber wenn sie wollen... Vielleicht schlägt ihnen der ewige Regen aufs Gemüt.“
„Dabei ist das Wetter heute so gut gewesen. Ich dürfte also eigentlich kein angeschlagenes Gemüt haben.“
„Na bitte, dann haben sie ja keinen Grund zum Trübsinn.“
„Ich hab nie behauptet, dass ich trübsinnig sei!“
„Eigentlich schon“
„Nein, eigentlich nicht.“
„Also doch?“
„Was hat das jetzt eigentlich noch mit Smalltalk zu tun?“
„Ich mag das einfach nicht. Mal ehrlich, finden sie es interessant über das Wetter zu diskutieren?“
„Meteorologen tun das ständig.“
„Dann werd ich wohl kein Meteorologe.“
„(lächelt) Das kann ich mir auch nicht vorstellen“
-Schweigen-
„Es ist kalt!“
„Das hat ein Herbstabend so an sich.“
„Meinst du?“
„Doch ja, zumindest hier. Wir sind schon wieder beim Wetter!“
„Ich wollte lediglich einen Anknüpfpunkt finden.“
„Was machen sie eigentlich um diese Zeit hier?“
„So spät ist es nicht! Ich war spazieren“
„Alleine?“
„Ist das so ungewöhnlich?“
„Nein ... nein.“
„Und du?“
„Was?“
„Was machst du hier?“
„Ich spaziere und philosophiere(lächelt).“
„Hört sich interessant an. Bist du zu einer Erkenntnis gekommen ?(lächelt)“
„Nein, ich stehe vor einem gedanklichen Problem, einer Sackgasse. Was ich auch anstelle, ich komme immer wieder dort an. (blick auf die Fußspitzen und lächelt schief)“
„(ernst)Schon merkwürdig diese verdrehten Gedanken....“
-Pause-
„Warum sehen sie mich so an?“
„(erschrocken wispernd)Tut mir Leid.“
-kurzes Schweigen-
„Oh, ich muss los, ich sollte demnächst zu Hause sein. Viel zu tun... (steht abrupt auf)“
„Nein!... Bleib doch noch ein paar Minuten!“
„(schmunzelt) warum?“
„Ich weiß nicht nur so...“
„Nein, ich glaube ich gehe besser. Viel zu tun!“
„Warum?“
„Wie warum? Sie verwirren mich!“
„Ein paar Minuten...?“
-kurze Pause-
„Ob man noch baden kann ?(geht ein paar Schritte auf das Wasser zu)“
„Um diese Jahreszeit?!“
„Warum nicht? Es gibt Leute die meißeln sich ein Loch ins Eis um zu baden.(lächelt)“
„Allein bei dem Gedanken wird mir schon kalt!“
„Stimmt, sie zittern!“
„Nein!“
„Doch, ihre blauen Lippen haben sie verraten.“
„Ich sag ja, dass es kalt ist.“
„Das hab ich nicht abgestritten. Ich denke, wir sollten jetzt gehen, wenn sie schon blau sind... (grinst)“
„(etwas verstimmt) Wenn ich blau wäre, würde ich jetzt wahrscheinlich nicht frieren.“
„(setzt sich wieder) Sie würden es nur nicht merken, das ist ein Unterschied!“
-Schweigen-
„Worüber hast du philosophiert?“
„Wie kommen sie denn jetzt wieder darauf?“
„Es interessiert mich.“
„Aber ich bin zu direkt ja!?“
„Und...?“
„Über was soll ich schon philosophiert haben? Banale, sentimentale Gedanken eines jungen Menschen!“
„Sehr vielsagend!“
„Ja ich weiß. Und was hat es mit ihren verdrehten Gedanken auf sich (herausfordernder Blick)?“
-Schweigen-
„Schwierig...“
„Warum?“
-Schweigen, beide Personen blicken sich lange an, starke Spannung entsteht-
„(leise) Du weißt warum!“
„Ja(springt auf)“
„Du kannst jetzt nicht gehen!“
„(etwas lauter)Doch, es macht mir Angst!“
„(laut)Was?“
-Pause-
„Macht es ihnen keine?“
„Doch.“
-ein unbewegliches Schweigen tritt ein-
„Was ist los? Ich möchte mir ungern etwas einbilden!“
„(leise)Nein, ich denke nicht. Ich denke das ist real...“
„(leise)Ich will flüchten.“
„(fast flüsternd)Ich auch...aber.... ich bin so lange gelaufen...gelaufen zum Jetzt. Hab nie damit gerechnet anzukommen. Ich will nicht sofort wieder Kehrt machen müssen, will...“
„Unmöglich!“
„Ja.“
„Ich habe soviel nachgedacht... aber mein Gehirn ist jetzt trotzdem völlig leer (lächelt hilflos).“
„Weißt du wie oft ich dich gehasst habe? Verflucht dafür, dass du mich nicht sahst?
Weißt du wie oft ich mich gehasst habe? Verflucht dafür, dass ich dich...“
„(laut)Nein!(leise) Bitte lassen sie das letzte Wort weg!“
-langes Schweigen-
„Es ist schon dunkel...“
„So schnell!“
„Ich glaube es ist ein Gewitter aufgezogen.“
„(leise etwas zitternd) Meinen sie wir sind alleine?“
„(tonlos) Ja“
-Schweigen-
„Glauben sie wirklich ich hätte sie nicht gesehen?“
„Ich weiß es nicht.... Hast du mich gesehen?“
„Ja! Ja natürlich! (laut) Ja verdammt!“
-Schweigen-
„(sachlich)Ich habe darüber nachgedacht, wie es wäre über deine Hand zu streichen... wie, deinen Rücken zu berühren...?“
„(flüsternd)Ich wüsste es gerne...“
„Tausendmal hab ich in Gedanken deine Stirn berührt, vorsichtig deinen Nacken gestrichen. Tausendmal und nie!“
„Nicht weinen! Nicht!-Pause- (tonlos) Darf ich diebisch ihre Tränen stehlen? Darf ich sie behalten? Sie als das einzige Ihrige-Meinige betrachten?“
„(holt tief Luft um nicht weiter zu weinen)Bitte, es sind deine!“
„(bedächtig flüsternd)Ich glaube... Die Zeit steht still. Sie hat angehalten, vielleicht uns einen Moment zu schenken!? Nur einen...!?“
„(unter kullernden Tränen) Vielleicht!“
„(flüsternd rufend) Darf ich ihre Lippen berühren? Nur einmal?“
„Darf ich deine berühren? Nur einmal?“
-Stille-
„Zweimal, dreimal... nur den Moment...nur ein Moment!“
„Nein! Nein! Ich verliere mich! Lass mich gehen! Lass mich flüchten!“
„Dann verlieren wir uns!! Verlieren uns ganz, nur den einen Moment!? Fliehen dann beide!“
„...Fliehen soweit wir können!...Nur den einen Moment!“
Dunkle Wolken ziehen, halten inne, zerreißen und heulen. Ein Sturm erwacht, tobt. Vertreibt alle Hindernisse, schützt nur den einen Moment!