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Das Rübezahlfüllhorn

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13.02.2008
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Das Rübezahlfüllhorn

„Eine Gemüsekiste würde unser Leben perfekt machen“, sagt mein Mitbewohner Jan, „Stell Dir mal vor: Wir müssten kein Gemüse mehr schleppen und wir würden mehr Gemüse essen, Biogemüse, und wir wären viel gesünder, gerade im Winter.“
"Wieso unser Leben?", frage ich.
"Die kleinste Kiste ist für zwei."
Auf dem Werbeflugblatt ist ein quadratischer Gnom mit roten Haaren zu sehen. Er steht auf einem Berg von glänzendem Gemüse, lacht und reibt sich den Bauch, aber für mich sieht es aus, als stünde er auf einem Leichenfeld, schreiend, weil ihm gerade ein Schrappnell in die Gedärme gefahren ist.
„Ich esse eigentlich kein Gemüse“, sage ich.

Jan studiert das Sortiment der Genossenschaft „Rübezahl“ im Internet und bestellt schließlich die Saisonkiste „Füllhorn“.
„Das ist wie eine Überraschungstüte, dann lernen wir auch mal andere Gemüse kennen, mit den Rezepten dazu. Man isst notgedrungen viel kreativer. Hier, wir können auch Extras dazubestellen, Markknochen und so.“
Ich sage: „okay“, weil er anfängt, mir Rezepte für Schwarzwurzel, Melde und Topinambur vorzulesen, die er als "vergessene" Gemüse bezeichnet. Mir klingt das alles eher unheimlich, schon weil ich mir denke, diese Gewächse werden wohl aus gutem Grund vergessen worden sein. Meine Mutter musste als Kind Schwarzwurzeln essen und die sagt immer: „Wenn Krieg ein Gemüse wäre...“
„Ich hoffe, man kann das jederzeit abbestellen“, sage ich noch.
„Klar“, sagt Jan.

Als es am nächsten Morgen klingelt, liege ich noch im Bett. Ich warte darauf, dass Jan aufsteht und seine blöde Kiste entgegennimmt, aber Jan steht nicht auf und der Kistenmensch klingelt weiter wie ein Specht. Ich springe aus dem Bett, Shorts und T-Shirt, und drücke den elektrischen Öffner, gehe zur Wohnungstür und lehne sie an. Dann trete ich gegen Jans Tür.
„Der Rübezahl ist da! Nimm mal bitte dein Scheiß Gemüse entgegen!“
„Ja, ich bin da“, spricht es hinter mir und ich fahre erschrocken herum. Im Flur steht ein kurzer Mann mit roten Haaren und einem großen Sack über der Schulter. Er trägt ein mintgrünes Polo-Hemd auf dem „Rübezahl“ steht. Als er sich bückt, um den Sack zu öffnen, sehe ich einen dunklen Schweißstriemen auf der Rückseite des Hemdes. Er beginnt zwischen den Schulterblättern, verbreitert sich nach unten und verschwindet zuletzt mit Hemd unter dem Gürtel, „gesund und lecker“ steht darüber.
„Wo ist denn die Kiste?“, frage ich.
„Ich bin gekommen, um das Füllhorn einzubauen“, antwortet er und rupft weiter mit dicken Fingern an dem eng geknoteten Bastseil herum. „Wo ist die Küche?“
Ich deute wortlos auf die Tür am Ende des Flures und Rübezahl schleift seinen Sack an mir vorbei, verliert im Rückwärtsschlurfen fast seine Sandalen.
Ich renne in Jans Zimmer. „Jetzt komm mal raus hier, ein bisschen zügig! Der baut da irgendwas in die Küche ein. Das ist doch Mist. Sag das ab!“

Als ich Jan endlich in den Flur schiebe, steht Rübezahl schon wieder da, den schlaffen Sack über der Schulter. „Jetzt brauch ich nur noch eine Unterschrift.“
Ich gucke an ihm vorbei in die Küche und sehe dort das Füllhorn neben dem Kühlschrank aus der Wand ragen. Ein großer Metalltrichter, etwa einen Meter über dem Boden.
„Das ist doch echt unnötig“, sage ich, aber in dem Moment drückt Rübezahl mir schon den Stift in die Hand.
„Aua, Scheiße!“, fluche ich und lasse den Stift fallen. Er landet mit einem dumpfen Ton auf dem Boden und hinterlässt eine Macke im Parkett. Es muss ein elektrischer Schlag gewesen sein, denke ich. Ein blöder, handgeschmiedeter Kugelschreiber von manufactum, bei dem man die Tinte selbst nachfüllen kann, der Umwelt zuliebe und überhaupt. Nur dass er sich auflädt wie ein Weidezaun, wenn man mit solchen dummen Plastiklatschen rumschlurft.
„Sind Sie nicht Herr Schneider?“, fragt Rübezahl mit gerunzelter Stirn.
„Nein, Jan ist Herr Schneider“, sage ich und schüttele mein Handgelenk.
„Ja, das bin ich“, sagt Jan „wo soll ich unterschreiben?“
Der Zwerg hält ihm ein mintgrünes Klippboard mit grauem Umweltpapier hin. „Hier, hier und hier. Drei Mal, bitte.“ Er grinst mit kurzen breiten Zähnen und langem Zahnfleisch.
Ich schüttele den Kopf und mache Schicksalsergebenheitsgesten mit den Händen, während Jan mit roter Tinte unterschreibt.

„Ah, und hier kommt das Gemüse dann raus“, sagt Jan und steckt seinen Kopf in das Füllhorn. Ich schnippe gegen das Blech, damit ihm drinnen die Ohren dröhnen, aber auch, damit er den Kopf wieder raus nimmt. Es ist mir unwohl, wenn er so mit dem Kopf im Metalltrichter steckt und blechern spricht.
„Vor allem zieht es jetzt wie Sau“, sage ich und fuchtele mit der Hand unter der Trichteröffnung umher, aus der wirklich kalte Luft weht. Ich kann es an meinen flatternden Shorts sehen.
„Wir können ja was davor machen. Was meinst du, wann kommt die erste Lieferung?“
„Weiß nicht“, sage ich und dann horchen wir beide eine Weile konzentriert am Trichter. Nichts ist zu hören. Erst als Jan „hallo!“ hineinruft, kommt ein „hallo!“ zurück, aber es klingt seltsam, nicht nach normalem Echo, sondern höher und mehrstimmig, irgendwie gehässig.
„Du blutest“, sage ich, denn Jan trägt einen roten Striemen auf der Wange. Er untersucht sich. „Oh, wo? Ah, ich muss mich an diesem Stift gepiekt haben. Ich hab das gefühlt.“
Er steckt den Daumen in den Mund.
Mir wird langsam kalt, mit bloßen Füßen und nur in Unterwäsche. „Jedenfalls werde ich jetzt nicht den ganzen Tag davor hocken und warten“, sage ich, doch ein Blick in Jans glänzende Augen macht mir klar, dass es genau das ist, was er den Rest des Tages tun wird.
Er zieht sich einen Stuhl heran und ich koche Kaffee, mit dem ich mich schließlich in mein Zimmer zurückziehe. Dort sitze ich dann im Bett und lese Parzival, bis Jan anfängt zu kreischen.

Als ich in die Küche komme, tanzt er vor dem Füllhorn wie vor einem goldenen Kalb. „Es kommt, es kommt! Hör doch!“
Und tatsächlich rumpelt es tief unten im Trichter, ein leises Grollen nur, das jedoch stetig lauter wird, bis das Horn anfängt zu rattern. Es schüttelt und faucht. Wir treten ein paar Schritte zurück. Tiefe Risse wachsen durch den Wandputz um den Trichter und ich blicke Jan vorwurfsvoll an. Doch Jan ist nicht empfänglich für meine stummen Vorwürfe, denn jetzt scheppert etwas laut gegen die Metallwand des Füllhorns, scheppert und springt die tieferliegende Röhre hinauf, bis es schließlich unzeremoniell aus dem Trichter fällt und unter den Tisch rollt. Ich stupse die schmutzige Kugel mit der Fußspitze an und fahre erschrocken zusammen, als ein Placken Erde abspringt.
„Was in Gottes Namen ist das?“, flüstere ich und halte mich an Jans Ärmel fest.
„Das ist rote Beete“, sagt er und lächelt.

Zum Mittagessen kocht Jan die rote Beete. Ich habe noch nie rote Beete angefasst, aber Jan hat eine e-mail von der Rübezahl Genossenschaft erhalten, mit Rezeptvorschlag. Also backt er die einzelne rote Beete erst 90 Minuten im Ofen, lässt sie eine halbe Stunde abkühlen und versuppt sie dann zu pinkem Schaum, der um fünf Uhr fertig ist. Eine halbe Schüssel für jeden von uns. Ich habe die Wurzel unter Jans Anleitung lange geschrubbt, aber die Suppe schmeckt trotzdem erdig. Insgesamt kommt mir das Ganze unpraktisch vor.
„Sehr viel Gemüse ist es ja nicht gerade“, bemerke ich.
„Sie haben geschrieben, dass sie erst die Leitungen testen wollten. Wir kriegen bald mehr.“
Und in diesem Moment fühlen wir auch schon den Boden erzittern. Diesmal hört es sich an, als käme eine ganze Gnuherde das Metallrohr heraufgalloppiert. Und dann fängt das Füllhorn an, Erde zu spucken, immer mehr, bis ihm der Haufen fast zur Unterlippe reicht, und dann schüttelt es ganz fürchterlich und hustet ein paar Brocken in diesen Erdhaufen hinein, dass der Dreck nur so stiebt. Jan zählt laut gegen den Lärm, „sechs, sieben, acht, neun!“, dann hört das Schütteln auf. Nur noch ein leises Fiepen ist aus dem Trichter zu vernehmen. Als der Staub sich legt, treten wir vorsichtig an den Haufen heran. Ich sehe an Jans Gesicht, dass mein Gesicht schmutzig sein muss. Das Gemüse kann ich kaum erkennen, es ist zu sehr mit Erde verkrustet. Aber die daumendicken Goldstücke, die im Dreck liegen, glänzen blank wie in Dagobert Ducks Geldspeicher.
„Echtes Gold“, hauche ich, aber Jan schüttelt den Kopf. Er hat einen Taler aufgelesen und ihm die Goldhaut abgezogen. Jetzt steckt er sich den braunen Kern in den Mund. „Kaubonbon“, sagt er und renkt sich fast den Kiefer aus.
Doch da ist noch was in der Erde. Klein, pink und wimmelig.
„Äch, Würmer“, sagt Jan und wir starren.
„Nein, das sind Putten“, rufe ich, als die kleinen Wesen sich die Erde aus den goldenen Locken schütteln und von den rosigen Hintern klopfen. Hinten haben sie Arschritzen aber von vorne sieht es aus, als ob sie winzige Hautunterhosen tragen. Eine nach der anderen fächert ihre schwarzblau schillernden Flügel auf und schwirrt hinauf zur Küchenlampe. Dort tanzen sie schließlich alle durcheinander, mindestens zwanzig Stück, und beginnen mit Glockenstimmen zu summen und zu singen.
„Was singen die da?“, fragt Jan, „ist das Griechisch, so kyrie eleyson?“
Doch ich weiß es auch nicht, bin mir nicht mal sicher, ob es überhaupt Worte oder nur Töne sind.
„Es klingt auf jeden Fall schön“, sage ich.
Jan beginnt nun, das Gemüse und die Goldtaler aus der Erde zu sammeln. „Drei Kartoffeln, drei Möhren und zwei Sellerieknollen“, verkündet er. „Das könnte Eintopf sein.“
Die Markknochen stecken in einem durchsichtigen Plastikbeutel.
Ich putze das Gemüse, Jan kocht Eintopf daraus und die Engel singen dazu im Chor. Sie singen noch um die Lampe herum als wir essen und manchmal lassen sie winzige Tropfen auf den Fußboden fallen, grün wie Vogelschiss. Als ich die Lampe probeweise ausschalte, murren sie und ziehen sich in die dunklen Spalten über den Küchenschränken zurück.

Am nächsten Tag schippen wir den Erdhaufen weg, damit das Füllhorn nicht verstopft, wenn es die nächste Lieferung spuckt. Ich finde zwei weitere Goldstücke und denke, vielleicht sollte ich die Erde aufheben, die ist bestimmt ganz gut für die Kräuter. Mittlerweile bin ich sehr hungrig, den letzten Eintopfrest habe wir mittags in der Uni gegessen. Jan erlaubt mir trotzdem nicht, einkaufen zu gehen, schon gar nicht Gemüse. „Ich kaufe nie Gemüse“, sage ich, bleibe aber daheim. Wir essen Brot mit Leberwurst.

Mitten in der Nacht werde ich von Gerappel geweckt und denke „aha!“. Ich drehe mich um und will weiterschlafen, doch dann höre ich ein schrilles Greinen, ein Greinen, das so jammervoll und schmerzerfüllt klingt, dass ich sofort auf den Beinen bin. Im Flur treffe ich Jan, der blass und nackt ist. Zusammen stürzen wir in die Küche. Dort liegt ein neuer Erdhaufen und ich rutsche fast auf einer Lauchstange aus. Um die Lampe herum summt es, ein ganzer Schwarm Putten, und aus dem Haufen greint es, dass es mir das Herz zusammenschnürt. Noch halb in der Erde steckt eine Putte, deren linker Flügel in einem fürchterlichen Winkel absteht. Glitzerndes Blut sickert auf das schwarze Gefieder. Silberne Knöchelchen, dünn wie Gräten, stehen mit scharfen Bruchkanten heraus. Das Gesicht ist ein winziger Krümel konzentrierter Schmerz. Ich kann weder Nase noch Auge erkennen, nur das greinende Maul mit den spitzen Zähnchen.
„Mein Gott, tu doch was, Jan!“, schreie ich und will ihn am Kragen packen, doch er ist nackt, deshalb packe ich ihn an den Schultern.
„Halts Maul! Was soll ich denn tun?“, schreit er zurück.
„Mach, dass es aufhört! Du musst es töten! Es leidet!“ Ich schüttele ihn und er schubst mich von sich.
„Ich kann das nicht anfassen. Du musst das machen!“, heult er, aber mir ist auch ganz schwindelig.
Dann erst erinnere mich der fröhlich um die Lampe schwirrenden Gefährten. Doch die schwirren nicht mehr fröhlich. Das fällt mir erst jetzt auf, da ich den schlimmen Anblick verspätet vor ihnen zu verbergen suche. Sie kreisen jetzt dicht über uns, das helle vielstimmige Zwitschern ist zum Brummen geworden, wie aus einer Kehle. Ich frage mich, was der Resonanzraum für dieses Brummen sein mag, bis ich merke, das mein ganzer Körper vibriert. Ich stopfe die zappelnde Putte hektisch in den Erdsack, der noch immer in der Küche steht, und spüre wie etwas Eiskaltes herausquillt. Trotzdem verliere ich die Fassung erst, als eine der übrigen Putten gegen mein Ohr summt und sich in meinen Haaren verfängt. Ich raufe sie hysterisch heraus und schleudere sie zu Boden. Sie beginnt sofort zu greinen. Dieses doppelte Greinen ist unterträglich. Ich krieche auf allen Vieren in die Ecke neben den Mülleimer und halte mir die Ohren zu. Ich sehe, wie sich mehrere Putten auf die Putte stürzen, die ich mir vom Ohr gerupft habe. Sie reißen ihr das Goldhaar büschelweise aus, beißen Fetzen aus dem prallen Hinterteil und ich höre silberne Knochen splittern, obwohl ich meine Finger tief in die Ohren gebohrt habe. Das Greinen wird schriller und verstummt dann abrupt. Die Putte im Erdsack ist schon lange still. Der Schwarm steigt auf und ein paar Federn trudeln herab. Jan sitzt auf dem Boden, zitternd, voll Rotz und Tränen.
Wir kriechen aus der Küche, schlagen die Tür hinter uns zu und lagern eine Weile auf dem guten alten Flickenteppich im Flur, bis wir wieder atmen können.
„Scheiß Gemüsebox!“, sage ich schließlich, nehme meine Jacke vom Haken und renne mit dem Müllsack, den ich noch immer schwitzig umkrallt halte, in den Hof hinunter. Während ich die Sackzipfel dort zu einem sehr haltbaren Knoten vertäue, überlege ich welche Tonne. Sondermüll, oder noch besser eine Säuretonne, denke ich. Aber wir haben natürlich nur Haus, Papier und Bio. Ich schlage den Biodeckel zweimal zu.
Jetzt spüre ich auch wieder die Kälte auf meiner Hand brennen. Im weißen Hoflicht glitzert es vielfarbig. Es ist ganz eindeutig dieser Glanzstaub, den man im Baumarkt kriegt, mit dem wir als Kinder Weihnachtsbilder gemalt haben. Mit Uhu vorgemalt und dann draufstäuben und so lange nicht niesen, bis die Mutter den Überschussglitzer in die Gläschen zurückgeschüttet hat. Dieser Staub hier ist auch nass von klebriger Trägerflüssigkeit. Ich wische die Hand an meiner Hose ab und denke „Mist“, als ich das alte Handtuch über meinem Fahrrad hängen sehe.

Als ich wieder hochkomme, hat Jan eine Hose an und zwei Gläser Korn bereitgestellt, weil Korn ordentlich fürchterlich ist, ein gutes, erwartbares Grauen. Er fragt: „Junge, hast du dich mit deinem Kanarienvogel gestritten?“, und zupft mir eine winzige schillernde Feder vom Kopf.
„Wir sollten aber trotzdem das Licht in der Küche ausschalten, sonst kommen die nie wieder runter“, sagt er noch und bleibt dann auf dem Flickenteppich stehen, während ich vorsichtig die Küchentür öffne.
„Ich weiß gar nicht, was du hast, jetzt sind sie ganz ruhig“, sage ich grinsend und stoße die Tür weit auf. Da fliegen sie wieder um die Lampe, nicht lebhaft durcheinander, sondern in einem perfekten Zirkel, die Hände vor der Brust gefaltet. Mit lieblichen Stimmen singen sie die Tonleiter hinauf und hinunter.

„Sie haben gesagt, wir sollen die Putten einfach rausscheuchen. Das hätten wir von Anfang an machen sollen, es sind nur Parasiten. Wenn es kälter wird, sollte sich das Problem von selbst erledigen.“
Als Jan mir dies nach Rücksprache mit der Rübezahl Genossenschaft verkündet, bin ich nur zu bereit, die Kannibalenbrut eigenhändig rauszuschmeißen. Ich knipse das Licht an und fange sie in Jans Kopfkissenbezug, schüttele sie ungeachtet allen Greinens und Knochensplitterns aus dem Fenster. Dort tanzen sie noch eine Weile, summen lächelnd wieder und wieder gegen die geschlossene Scheibe, bis sie erschöpft herabtrudeln und von ihren Artgenossen zerfetzt werden. Einige wenige geben schließlich auf und fliegen jubilierend davon.

Man kann die Putten leicht einsammeln, wenn sie noch in der Erde stecken, aber für das Füllhorn kann ich mich nicht mehr begeistern. Wir latschen den Dreck aus der Küche in alle Teppiche der Wohnung, sogar in den guten alten Flickenteppich, und die Nachbarin beschwert sich, dass wir die Biotonne mit Erde befüllen. Ich habe keine Lust mehr, das Gemüse zu putzen, bis meine Hände rot sind. Die Möhren sind menschenförmig und lassen sich mit all ihren Auswüchsen sehr schlecht schälen. Die Kartoffeln haben zentimeterlange Keime. Ich will überhaupt kein Wurzelgemüse mehr und gehe dem Füllhorn fremd. Obwohl ich mich noch nie sonderlich für Gemüse interessiert habe, fühle ich mich nun unwiderstehlich von den prallen Kurven glänzender südafrikanischer Paprika und dem süßen Duft grasgrüner mexikanischer Zuckerschoten angezogen, die ich roh und ungewaschen auf dem Weg vom Supermarkt nach Hause verschlinge. Jan putzt und kocht tapfer weiter, Eintopf, Suppe und Auflauf, aber er sieht nicht glücklich aus, nicht mal besonders gesund. Er geht nicht mehr zum Sport oder zum Duschen und kommt trotzdem nicht hinterher mit dem Essen. Mehr und mehr Möhren, die zu dreckig für den Kühlschrank sind, verschrumpeln neben dem Füllhorn zu alten Männern.
Als ich ihn eines Abends dabei ertappe, dass er wie hypnotisiert auf meine Tiefkühlpizza starrt, sage ich: „Jan, du bist zum Sklaven des Füllhorns geworden. Jetzt kündige doch endlich diesen vermaledeiten Vertrag!“
Er bricht in Tränen aus, schiebt den Teller grauer Suppe von sich und verbirgt das Gesicht in seinen rohen Händen. Tiefe Schluchzer erschüttern seinen ausgemergelten Körper, dann ist er eine Weile ganz still. Ich will schon nach seinem Puls tasten, doch da hebt er den Kopf und spricht ruhig: „Du hast Recht. Es muss aufhören. Morgen rufe ich an.“

Am Tag darauf komme ich nach Hause und der Trichter ist weg. Stattdessen klafft ein riesiges schwarzes Loch in der Küchenwand. Ich wundere mich, wie es da so weit und so schwarz klaffen kann, wo doch das Nachbarhaus von außen ganz eng neben unserem steht, und ärgere mich, weil es jetzt noch mehr zieht. Jan ist nicht zu Hause. Wahrscheinlich ist er zu seinen Eltern gefahren, um sich mit Schweinebraten aufpäppeln zu lassen. Hat mich einfach mit dem Loch allein gelassen.

Als es ein paar Tage später beginnt, aus dem Loch zu stinken wie hungriger Atem, habe ich noch immer nichts von ihm gehört. Ich fluche ihm auf die Mailbox und fahre zum Baumarkt, um eine Rigipsplatte zu kaufen. Mit langen Spaxschrauben befestige ich sie über dem Loch. Dann stelle ich das Regal davor und gehe mir Currywurstpommes holen.

 

Hey Moechtegern,

schoen, dass Du diese Geschichte nochmal ausgebudelt hast. Ich les sie auch selbst immer wieder ganz gerne, weil sie mich an mein echtes Gemueseboxtrauma, aber gleichzeitig auch an den weltallerbesten Mitbewohner erinnert. Und ich vermisse ihn so :heul: Und auch den anderen weltallerbesten Mitbewohner :heul:

Deine rausgepickten Wortwitzstellen mag ich auch alle sehr gerne. Und ueberhaupt die ganze Geschichte - vielleicht geb ich mir selbst meine Stimme bei der Wahl :D

Was das Geschlecht vom Ich angeht: Da hab ich mich mittlerweile etwas entspannt - bin sowieso voll in touch mit meiner femininen Seite neuerdings ;) Noch bevor Du kommentiert hattest, hab ich naemlich ueberlegt, ob ich da ne Erzaehlerin draus mache, bzw. eine Version mit Erzaehlerin, die ich bei Gelegenheit bei ner offenen Lesung oder so mal zum Besten geben koennte. Dann muss ich mir fuers Vorlesen keinen Schnurrbart aufkleben. Und: Es waere natuerlich auch schoen, wenn Ruebezahl ein Maedchen fragt, ob sie denn Herr Schneider waere und die muesste dann erstmal checken ob ihre Brueste noch an Ort und Stelle sind (den Brust-Check-Blick fand ich auch bei Jos neuer Geschichte cool, wuerd ich dann einfach mal klauen).

Also schoenen Dank! Auch fuers Ausbuddeln der anderen Mitstreiter.

lg,
fiz

 
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Hi feirefiz,

Bei der Wahl für die besten 2012er Geschichten sind einige Texte dabei, die ich noch nicht gelesen habe, und diejenigen, die ich gelesen habe, haben mir alle außerordentlich gut gefallen. Trotzdem habe ich nicht lange überlegt, als die Umfrage geöffnet wurde, und spontan auf das Rübezahlfüllhorn geklickt, weil ich die Geschichte einfach genial finde.

Nur kommentiert habe ich sie bisher nicht, und das will ich endlich mal nachholen. Kritisieren kann ich hier allerdings nichts, nur versuchen zu sagen, warum mir die Geschichte so gut gefällt.

Ich habe früher immer ein bisschen das Gesicht verzogen bei dem Ausdruck "magischer Realismus". Mir kam das so vor, als wäre das eine Erfindung von Snobs, die sich nicht eingestehen wollen, dass sie Fantasy mögen. Aber als ich diese Geschichte gelesen habe, dachte ich mir, dass es vielleicht doch eine ganz sinnvolle Kategorie ist.

Ich habe auch mal in einem Gemüsekiste beziehenden Haushalt gelebt. Da waren zum Glück keine Putten drin, aber ich finde, du hast das Dilemma mit diesen Dingern wunderschön auf den Punkt gebracht. Man bestellt die, weil das einem so ein gutes Gefühl gibt - man tut was für die Umwelt, die Gesundheit, die regionale Wirtschaft etc. - und in der Realität wird das gute Gefühl dann langsam erodiert, weil das so furchtbar anstrengend ist und weil man dauernd Gemüse essen muss, das man eigentlich gar nicht wollte. Und dann kriegt man auch noch vorgeführt, dass die Produktion von Lebensmitteln mehr mit Dreck und Scheiße und Tod zu tun hat, als als das einem Stadtmenschen lieb sein kann. Die Putten verkörpern all das, was an Gemüsekisten nervt. :)

Und den Erzähler fand ich toll, der ist sehr lebensnah. Ich hatte das Gefühl, ich kenne den. Und der liefert einen ganz hervorragenden Kontrast zu den seltsamen Rübezahlereignissen, weil der so schön normal und pragmatisch ist. :)
Ich weiß nicht, was du noch überarbeitet hast nach der ersten Fassung, aber Unsicherheit über das Geschlecht oder die Beziehung der beiden Jungs sind bei mir in der Version, die ich gelesen habe, jedenfalls nicht aufgekommen. Ich würde es auch schade finden, wenn du wegen der Zweifel einiger Leser in der Hinsicht noch was änderst. Dieses Schubladendenken, was als "männlich" und "weiblich" gilt, das nervt mich sowieso immer. Natürlich gibt es statistisch gesehen Unterschiede zwischen Männern und Frauen, aber die sagen absolut gar nichts über Individuen. Man hat als Leser bestimmte Vorstellungen, und es kann immer mal vorkommen, dass man einen Protagonisten, bei dem es nicht gleich eindeutig ist, erst mal falsch einordnet. Aber deshalb muss man sich als Autor nicht verpflichtet fühlen, die Figur dann "eindeutiger" in eine Schublade zu stecken, finde ich. Wenn es dir Spaß macht, aus dem Erzähler ein Mächen zu machen, ist das natürlich okay, aber es wäre aus meiner Sicht total unnötig. Und ich finde, der der Gag mit dem Nachsehen, ob die Brüste noch da sind, das würde ablenken von dem, was mir an der Stelle mit "Sind Sie nicht Herr Schneider?" eigentlich am besten gefällt - dass der Stift dem einen Schlag verpasst, weil er nicht der richtige ist, und dass der Vertrag mit roter Tinte unterschrieben wird. :)

Eine Kleinigkeit habe ich noch im Erdhaufen gefunden:

Ich sehe an Jans Gesicht, das mein Gesicht schmutzig sein muss.
dass

Grüße von Perdita

 

Hey Perdita,

schön dass Du nicht nur geklickt, sondern auch noch kommentiert hast.

Ich habe früher immer ein bisschen das Gesicht verzogen bei dem Ausdruck "magischer Realismus". Mir kam das so vor, als wäre das eine Erfindung von Snobs, die sich nicht eingestehen wollen, dass sie Fantasy mögen. Aber als ich diese Geschichte gelesen habe, dachte ich mir, dass es vielleicht doch eine ganz sinnvolle Kategorie ist.
Wahrscheinlich hilft es, wenn der Autor selbst keine Ahnung voon magischem Realismus hat. :D Ich weiß gar nicht, ob ich schon mal was gelesen hab, was offiziell dieser Gattung zugeordnet wird - Makitatexte vielleicht? Aber ich mag den Gedanken, das Alltägliche ins Absurde zu überzeichnen, weil man da ja meist gar nicht sooo viel dran drehen muss. Würd ich gerne öfter machen, wenn ich nicht gerade so unkreativ wäre.

Man bestellt die, weil das einem so ein gutes Gefühl gibt - man tut was für die Umwelt, die Gesundheit, die regionale Wirtschaft etc. - und in der Realität wird das gute Gefühl dann langsam erodiert, weil das so furchtbar anstrengend ist und weil man dauernd Gemüse essen muss, das man eigentlich gar nicht wollte. Und dann kriegt man auch noch vorgeführt, dass die Produktion von Lebensmitteln mehr mit Dreck und Scheiße und Tod zu tun hat, als als das einem Stadtmenschen lieb sein kann. Die Putten verkörpern all das, was an Gemüsekisten nervt.
Hehe, ich wusste doch, dass es da draußen Leute geben muss, denen ich mit dem Gemüsekistendilemma aus der Seele spreche. Gibt es überhaupt Leute, die solche Kisten länger als 6 Monate aushalten? Und wenn ja, was sind das für Menschen und wie organisieren die ihr Leben um die schlimme Wintergemüsesaison herum? Ich möchte da gern mal Statistiken drüber sehen.

Ich weiß nicht, was du noch überarbeitet hast nach der ersten Fassung, aber Unsicherheit über das Geschlecht oder die Beziehung der beiden Jungs sind bei mir in der Version, die ich gelesen habe, jedenfalls nicht aufgekommen.
Ich hab eigentlich nichts geändert, nur Jan mit der Apposition "mein Mitbewohner" versehen. Ich glaub auch nach wie vor nicht, dass der Erzähler sonderlich weiblich ist. So Männer- und Frauenschubladen stehe ich ja eh höchst skeptisch gegenüber. Ich glaube, man überträgt einfach automatisch das Geschlecht des Autors auf einen nicht näher definierten Ich-Erzähler und versucht diese Zuordnung dann im Nachhinein mit weniger naheliegenden Argumenten zu rechtfertigen. So würd ich es jedenfalls tun :P Naja, okay, als man noch denken konnte, Ich und Jan wären ein Paar, aber das ist ja jetzt raus. Auch egal. Hier bleibt ich ein Er und wenn ich es mal lesen sollte aus pragmatischen Gründen ne Frau - mit oder ohne Brüste.

Danke für Deinen Kommentar und fürs Rausfischen des hoffentlich letzten Fehlers.

lg,
fiz

 
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Hallo fiz,

ich hab schon vor Jahren mal versucht die Geschichte zu lesen ... mich hat sie immer abgeschreckt, weil ich nicht wusste, was ein Rübezahlfüllhorn sein soll. Also ich dachte mir: Füllhorn ist bestimmt irgendein Blasinstrument, und mit Rübezahl konnte ich gar nichts anfangen. Hab jetzt gegoogelt und bin ein bisschen schlauer.
Also es ist überhaupt ganz faszinierend bei deinen Geschcihte, du schaffst es immer, dass ich mich sehr ausländisch fühle, und das passiert mir eig. nicht mehr. Also deine Erfahrungswelt, dein Erleben überhaupt, die unterscheidet sich schon sehr von meinem. Das macht das Lesen schon interessant auch. Also zum einen ist das sehr Deutsch, mit so richtigem germanischem Mythenzeug und so, und zum anderen ist das alles extrem weiblich, und dann ist es auch noch ein bisschen edel. Ich bin halt ein bisschen undeutsch, ein bisschen unweiblich und ein bisschen unedel.
Ich will das alles gar nicht bewerten auch ... ich weiß halt nicht, wie ich anders zu deinen Texten Stellung nehmen kann, das spingt mir einfach voll ins Auge.

Ich wusste auch nicht, was Putten sind. Hab ich gegoogelt. Ist ein lustiges Wort, das hätte ich vielleicht kennen müssen. Also ich lern auch immer was dazu bei dir. :)
Kyrie Eleson hab ich auch gegoogelt, weiß immer noch nicht, was das sein soll.
Und Parzival sagte mir leider auch nichts.

Und ich war auch von einem Erzähler ausgegangen. Allein schon, dass er immer meint: es zieht!

Ich hab erst in Deutschland gelernt, was das überhaupt sein soll. Ich kann das auch nicht übersetzten. Vielleicht so mit 20 habs ich dann kapiert: alle deutsche Frauen haben einen kalten Luftzugwahn. Also das ist schon was Kulturelles auch, da bin ich mir fast sicher. In anderen Ländern zieht es nicht. Den Leuten ist es dann einfach kalt oder so, da zieht man einen Pulli an oder man macht das Fenster zu. Hier geht man ja richtig auf Suche: irgendwo ziehts!!! Vernichten wir den kalten Luftzug!!!
Ich find das komisch.

Im Flur steht ein kurzer Mann mit roten Haaren und einem großen Sack über der Schulter. Er trägt ein mintgrünes Polo-Hemd auf dem „Rübezahl“ steht. Als er sich bückt, um den Sack zu öffnen, sehe ich einen dunklen Schweißstriemen auf der Rückseite des Hemdes. Er beginnt zwischen den Schulterblättern, verbreitert sich nach unten und verschwindet zuletzt mit Hemd unter dem Gürtel, „gesund und lecker“ steht darüber.

Das sind doch sexuelle Frauengedanken, das ist Chick-Lit-Humor. Igitt und so. Heteromänner denken so was nicht.

„Wo ist denn die Kiste?“, frage ich und streiche mein T-Shirt glatt.

Ich streiche mein T-Shirt nie glatt. Gar nie. Das Prinzip ist mir völlig fremd, ich weiß auch gar nicht, was das bringen soll, ich glaube, das bringt auch nichts.

Aber wenn ich mal wieder aus der Frauenpespektive schreibe, nütze ich das. Ich lern echt viel bei deinem Zeug.

Wir latschen den Dreck aus der Küche in alle Teppiche der Wohnung, sogar in den guten alten Flickenteppich, und die Nachbarin beschwert sich, dass wir die Biotonne mit Erde befüllen. Ich habe keine Lust mehr, das Gemüse zu putzen, bis meine Hände rot sind

Und die Nachbarin beschwert sich wegen Erde im Bioeimer ... hast du in Tübingen studiert? Freiburg?

Es ist jetzt auch nicht so, dass man dem Ezähler nirgends abkauft, dass er ein Mann ist. Die Geschichte funkt schon auch so irgendwie, weil es halt alles ein bisschen surreal ist.
Aber schon die Thematik halt. Ich meine .. es hat halt auch viel mit Gemüse zu tun. Und Putzen. Und Kochen. Und oh je, jetzt ist alles dreckig. Und überall putzige Putten. Aber nicht in meiner Küche! Scheiße, mir ist kalt, was mach ich jetzt: Versen aus dem 13 Jht. lesen!

Ich meine, das ist nicht schlimm, ich finds halt voll überdeutlich weiblich, so insgesamt. So bringt das doch kein Mann zusammen.

Also ich mag die Geschichte schon auch. Ist süß und drollig, so ein magisches Rohr in der Wand, wo Sachen rauskommen, das ist auch so eine Kindheitsphantasie von mir, das find ich cool, und es ist auch so gut geschrieben und lustig mit den Putten. Also hat auf jeden Fall Spaß gemacht.


MfG,

JuJu

 
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Hallo JuJu,

ja, das mit dem Deutschen meiner Texte hatten wir schon mehrfach. Ist auch ein witziger Effekt, dass nicht nur Du Dich beim Lesen meiner Texte ausländischer fühlst als sonst. Ich fühl mich beim Lesen Deiner Kommentare auch sehr viel deutscher als sonst.

Zu diesem Männer-Frauen-Ding muss ich sagen: Es langweilt mich mittlerweile wirklich. Ich meine, gibt es bei diesem Text wirklich nichts Besseres zu tun, als vermeintliche Unmännlichkeiten am Prot herauszusuchen? Es ist ja auch so: Wenn ich mit einer bestimmten Prämisse an einen Text gehe "der wurde von einer Frau/ einem Schwulen/ einem Marxisten/ einem Rassisten/ einem Fußfetischischisten geschrieben" werde ich immer auch Indizien finden, die diese These stützen. Ob das dann ne spannende Lektüre ist, sei mal dahingestellt. Und wahrscheinlich könnte ich mir jetzt einen Text von Andrea H. oder von Maria vorknöpfen und nachweisen, dass sie Männer sind, weil ihre Frauen, nicht so sind wie ich, und Du könntest Dir einen von Kew oder von Markus vorknöpfen und nachweisen, dass sie Frauen sind, weil ihre Männer nicht so sind wie Du.
Es ist jedenfalls schon auffällig, dass meine männlichen Ich-Erzähler nie in Frage gestellt wurden, so lange im Forum keiner wusste, dass ich ne Frau bin.

Und ich muss auch sagen, dass Deine Beweisführung mir hier ziemlich stereotyp erscheint.

Ich fasse mal zusammen: Ein Hetero-Mann kocht nicht, schon gar kein Gemüse (in dem Punkt wäre der Prot dann eigentlich korrekt männlich, nur Jan nicht). Er hat keinen Zug, streicht sich unter keinen Umständen jemals sein Hemd glatt und lebt gerne im Dreck.
Das werde ich bei meinen nächsten Männer-Figuren berücksichtigen. Zur Sicherheit werde ich dann zur Einstimmung noch ein paar Mario Barth-Shows angucken. Das sollte ich vielleicht sowieso mal öfter tun, sonst wirft man meinen Frauenfiguren demnächst noch vor, dass sie nicht genug an ihrer Figur herumnörgeln und sich nicht häufig genug die Fußnägel lackieren.

Vielleicht sollte ich bei der Gelegenheit auch die Männer in meinem Umfeld warnen, dass sie mit ihrem Verhalten ihre Männlichkeit kompromittieren. Meinen Vater, der sich immer über Zug beschwert (siehe Zuckerbrot und Peitsche), meinen Stiefvater, der schon immer der Koch in unserem Haushalt war (ja, auch Gemüse), meinen Ex-Mitbewohner, der auf die Idee mit der Gemüsebox kam, meinen Chef und meine Kollegen, die immer Parzival lesen und alle Männer, mit denen ich je zusammengelebt habe und die immer ordentlicher als ich waren und mehr geputzt haben (einzige Ausnahme waren übrigens meine schwulen Mitbewohner, die noch schlampiger als ich waren und komischerweise auch überhaupt keinen guten Modegeschmack hatten).

Also nochmal: Ist das wirklich der diskussionswürdigste Punkt dieser Geschichte? Ich könnte es ja noch halbwegs verstehen, wenn es eine Geschichte wäre, die sich irgendwie um das Verhältnis von Mann und Frau dreht, eine Liebes- oder Beziehungsgeschichte oder so. Aber es geht um eine Gemüsebox - dass da das Geschlecht des Empfängers und seine heteronormativen Charakterisierung von so zentraler Wichtigkeit sein soll irritiert mich.
Möglicherweise kannst Du die Figur besser in Dein Welt- und Männerbild integrieren, wenn Du Dir vorstellst, er sei schwul (obwohl wie gesagt, der echte schwule Gemüseboxbesteller sich ebensowenig wie Jan um den Dreck geschert hat).

Also, tut mir leid, dass ich hier etwas genervt reagiere, aber das liegt einfach daran, dass ich genervt bin. Du kannst es ja einfach auf allgemeinweibliche Zickigkeit oder hormonelle Schwankungen schieben. ;)

Trotzdem danke, auch wenn ich die die chick-lit-Bemerkung gerne um die Ohren hauen würde, denn das label haben weder meiner Frauen- noch meine Männertexte verdient.

lg,
fiz

P.S.: Ach so, das mit dem T-Shirt glattstreichen nehm ich wohl wirklich raus. Das tu ich selbst nämlich auch nie.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich weiß nicht, warum du so genervt reagierst.
Ich hab ja gleich vorangestellt, dass wir ein bisschen verschieden denken bzw. schreiben, aus völlig verständlcihen Gründen auch, und ich deine Texte deswegen interessant finde. Das war wirklich weder wertend noch sonstwie gemeint. Irgendwie könnt man das doch annehemen, oder?
Ich meine, wenn ich das so lese ... ich war doch einfach nur ehrlich zu dir.

Ich meine, gibt es bei diesem Text wirklich nichts Besseres zu tun, als vermeintliche Unmännlichkeiten am Prot herauszusuchen?

Mir macht das halt Spaß. Das interessiert mich auch. Das haben auch andere angesprochen. Ich schreibe auch immer wieder gern aus der Sicht einer Frau, dann allerdings in der dritten Person.
Ich verstehe auch deine Bedenken, so von wegen Bias und so, weil man weiß, die Autorin ist eine Frau, die Bedenken hätte ich auch, wenn ich einen Text aus der Sicht einer Frau hier reinstelle.

Aber guck mal, so beginnt dein Text:

„Eine Gemüsekiste würde unser Leben perfekt machen“, sagt mein Mitbewohner Jan, „Stell Dir mal vor: Wir müssten kein Gemüse mehr schleppen und wir würden mehr Gemüse essen, Biogemüse, und wir wären viel gesünder, gerade im Winter.“
"Wieso unser Leben?", frage ich.
"Die kleinste Kiste ist für zwei."

Kannst mal ne Umfrage starten bei dir im Geschäft starten, wo alle Parzival lesen, wer da eig. spricht.
Also wer da von zwei Männern ausgeht ist nicht von dieser Welt.

Im Grunde ist deine Einleitung schon direkt irreführend.

Auf mich wirkt es so, als hättest du einfach. ich weiß es nicht .. du hast nicht einfach drauf los geschrieben, dafür ist es zu gut geschrieben, aber hast du wirklich verucht dich in einen Mann hineinzuversetzen?
So ist das halt solipstistisch. Zu sagen: die Welt ist so, wie ich sie erlebe, und so erleben Männer sie auch. Was anderes behauptest du doch nicht, oder?
Ich glaube einfach, da irrst du dich.
Ich weiß gar nicht, warum ich das jetzt schreib, ich kämp hier schon wieder an einer Front, wo ich nur verlieren kann, aber scheiß drauf. Es ist so doch so, dass jeder Mann in D sich lang und breit damit beschäftigt, wie Frauen eig. ticken. Das gehört unbedingt dazu. In einer Beziehung, wenn man sich eine abchecken will und und und .. man bekommt immer wieder zu hören, wie wahnsinning komplex das alle sei mit den Frauen, das könne man überhaupt nur ganz schwer kapieren, und so weiter und so weiter fort, und man übt sich lange darin, die weibliche Psyche zu checken ... und trotzdem traut sich hier fast keiner aus der Sicht einer Frau zu schreiben.
Und dann les ich so was ... uind ich denk mir halt: komm! Nimm doch mal Rücksicht auf deinen Ich-Erzähler.
Das ist halt so die Sache beim Feminismus, dass man sagt: Manner und Frauen sind total gleich. Frauen hören das und denken dann log.weise: Also sind Männer so wie ich. Das ist die log. Schlußfolgerung. Und wenn sie anders sind, hab ich dann logischerweise wenig Vertständis dafür. Wieso auch? Das sind doch nur dumme Stereotype und so. So wie ich denke, so wie ich empfinde, so empfinden auch andere, und dann blockt man alles andere aus. Als sei es nicht da. Für Autoren ist das keine förderliche Einstellung, finde ich. Da leidet nur unsere Literatur darunter.

Die Geschichet ist süß und drollig und toll geschrieben, und es tut mir leid, wenn ich da nicht mehr drauf eingehe, aber ich fress heut noch einen Besen, wenn ich mir einreden lass, dass dein Ich-Erzähler nicht wie eine Frau klingt.
Also nur weil etwas nicht in dein Weltbild passt, heißt nicht zwangsläufig, dass mein Weltbild das Problem ist.

 

Ich weiß gar nicht, warum ich das jetzt schreib, ich kämp hier schon wieder an einer Front, wo ich nur verlieren kann, aber scheiß drauf.
Seit ich mich mit dem Schreiben beschäftigt habe, hab ich diese Diskussion einige Male geführt und es endete jedesmal "nicht gut" - und zwar für mich. Dich dann fünf Jahre später in denselben Canyon des Todes wandern zu sehen, ist schon amüsant, aber ich denke das würde jetzt diese Geschichte hier zerschießen.

Ich hab, als ich deinen Beitrag gelesen hab, schon geahnt, was hier auf uns zukommen wird. Ich schlage vor, wenn du das wirklich diskutieren willst - auf einer allgemeineren Ebene auch - dann machen wir einen Meta-Thread daraus und dann kannst du dein persönliches Wateroo erleben.

Dann machen wir das ein bisschen allgemeiner und schreiben: In wie weit können sich Autoren in Erzähler einfinden, die über bestimmte andere Eigenschaften verfügen als sie selbst? - dann kriegen wir den garstigen "Du bist eine Emanze", "Du bist ein Chauvi"-Ton aus so einer Diskussion raus, der spätestens, wenn die Tagesschau anfängt, hier Einzug gehalten haben wird.

Das ist mein Vorschlag, ansonsten: Ich werd dir nicht helfen. Mir hilft auch nie einer.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich mach das kurz, weil ich wie gesagt echt ermüdet bin von der Diskussion um diese Geschichte. Du führst sie ja erst seit heute, ich seit zwei Jahren. Das erklärt vielleicht auch, warum ich genervt bin und Du das noch interessant findest. Tut mir auch leid, wenn Du das jetzt abgekriegt hast, aber das ist jetzt einfach mal das Pech des Nachzüglers.

So ist das halt solipstistisch. Zu sagen: die Welt ist so, wie ich sie erlebe, und so erleben Männer sie auch. Was anderes behauptest du doch nicht, oder?
Ich glaube einfach, da irrst du dich.
Das ist halt so die Sache beim Feminismus, dass man sagt: Manner und Frauen sind total gleich. Frauen hören das und denken dann log.weise: Also sind Männer so wie ich. Das ist die log. Schlußfolgerung. Und wenn sie anders sind, hab ich dann logischerweise wenig Vertständis dafür. Wieso auch? Das sind doch nur dumme Stereotype und so. So wie ich denke, so wie ich empfinde, so empfinden auch andere, und dann blockt man alles andere aus.
Du übertreibst. Ich denke nicht, das Männer und Frauen die Welt gleich sehen (das tut übrigens auch der Feminismus nicht, denn den Feminismus gibt es so gar nicht). Wenn ich das täte, hätte ich keinen Grund gehabt, jemals aus einer männlichen Perspektive zu schreiben. Das reizt mich schon, mich da reinzudenken und das hab ich bei meinen Beziehungsgeschichten auch getan. Alles, was ich sage ist, dass die Unterschiede nicht bei jedem Individuum gleich ausgeprägt sind - es gibt härte und weichere Jungs und Mädchen mit und ohne Eier. Und die Männlichkeitsentwürfe Deiner vielzitieren Straßenkanaken sind mir nun mal einfach fremder - da reicht dann auch meine Empathie tatsächlich nicht, mich da reinzuversetzen und das glaubhaft rüberzubringen. Hab ich persönlich auch kein Interesse dran.
Und während ich einige Argumente, die in dieser Diskussion vorgebracht wurden, überdenkenswert finde - zum Beispiel, dass am Anfang nicht klar war, dass die beiden kein Pärchen sind, so dass man erstmal von Mann und Frau ausgeht; oder auch die ausgesprochene Sensibilität Jan gegenüber, die Möchtegern angesprochen hat, finde ich andere eher unverständlich - dass Männer grundsätzlich keine Gemüsekisten ordern, oder wie yours truly damals argumentiert hat, dass der Erzähler deshalb weiblich erscheint, weil Jan der aktive und der Erzähler der passive Part der Handlung sei.
Und in Deinem Kommentar über Dreck und Gemüse, tut mir leid, das liest sich nicht nur so, als seist Du der Meinung, dass Männer und Frauen etwas unterschiedlich sind, sondern so, als ob ein Mann da, wo eine Frau einen Kohlkopf sieht, eine Karotte erblickt. Und das scheint mir einfach überzogen. Zumal all diese Dinge, die Du als kategorisch unmännlich aufzählst, ja Dinge sind, die viele Männer bewiesenermaßen tun, ohne dass ihnen sofort der Schwanz abfällt. Vielleicht nicht jeder Straßenkanake, aber über die schreib ich ja auch nicht. Und selbst, wenn es so ist, dass das Thema Gemüsekiste eher untypisch für das "klassische Mannsbild" ist, was ist so schlimm daran, wenn hier mal ein anderer Typ um die Ecke kommt? Guck Dir doch mal an, wie sich beispielsweise die vegane Bewegung in den letzten Jahren entwickelt hat. Wer sind denn da die Posterboys? Das sind doch alles keine Müslitanten, sondern diese Hipster-Jungs - und die haben bestimmt auch schwer gebeutelte WG-Mitbewohner.
Wenn man schon bei Gemüse so eindeutige Regeln hat, wie ein echter Mann sich dazu zu verhalten hat, finde ich das einfach ein bisschen streng. Ich kenn dann halt vielleicht auch einfach nicht genug echte Männer, die diesem Rollenideal entsprechen.

P.S.: Ich bin gegen Metathread. Zumindest werde ich mich nicht daran beteiligen. Wie gesagt, das Thema nervt mich.

 
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Ich bin freilich auch müde vom Diskutieren und gegen einen Meta-Thread und völlig genervt, deswegen halt ich mich auch kurz.


. Und die Männlichkeitsentwürfe Deiner vielzitieren Straßenkanaken sind mir nun mal einfach fremder - da reicht dann auch meine Empathie tatsächlich nicht, mich da reinzuversetzen und das glaubhaft rüberzubringen. Hab ich persönlich auch kein Interesse dran.

Die hab ich gar nicht zitiert und mir war auch überhaupt nicht bewusst, dass ich mich ständig auf Kanaken berufe.

Ich hab mir Folgendes vorgestellt: Ich schreibe eine Geschichte mit einer Ich-Erzählerin, die sich ein magisches Bierrohr in ihrer Studenten-Wg von einem Zombie installieren lässt, den ganzen Tag auf der Couch hockt, Fußball guckt und sich am Schritt kratzt, Bukowski für das Höchste der Gefühle hält, und dann die halbe Geschichte über mit kleinen Playboy-Häschen zu kämpfen hat, die aus der Wand summen, und dabei total roh und grob klingt. Und dann werde ich, wenn Leute kommen und sagen: Hm ... ob deine Ich -Erzählerin nicht ein bisshen männlich klingt, JuJu? die Arme hochreißen und empört rufen: Ihr habt doch alle ein archäisches sexistisches normatives strenges Weltbild, auch Frauen dürfen Fußball gucken und Bier trinken!

Aber dann hab ich gedacht .. ne, das kann ich doch nicht schreiben, weil Bukowski natürlich nicht mit Parzival gelichzusetzen ist, und ein Zombie auch nicht mit dem Rübezahl, und Putten nicht mit Playboy-Häschen, weil Parzival und Rübezahl und Putten irgendwie zur gehobenen Bildung gehören, und Bukowski und Zombies und Playboy-Häschen für Assis wie mich bestimmt sind.

Es ist halt so, wie ich gleich gesagt hab: Du bist edler wie ich. Ich bin grob der Meinung, ohne dass ich mich für besonders militantisch in dieser Hinsicht hallte, dass die hohe Literatur und die hohen Künste schon immer was Vernobbtes und Elitäres und Ausgrenzendes an sich hatten, und die besten Sachen entweder nicht aus diesem Milieu kamen, oder häufig von Leuten, die sich irgendwie damit abgeben mussten. (Freilich nicht immer) Ich glaube, ich mag versnobbte Sachen nicht unbedingt, und du strebst danach. Damit wirst du häufig "im Recht" sein, weil die Literaturlandschaft auch heute natürlich was Vesnobbtes und Elitäres an sich hat und du so immer die "wichtigen" Leute auf deiner Seite hast.
Und um den Kreis zu schließen: es ist nun mal so, dass die "Unterschicht" eher männliche Züge trägt, und die "Oberschicht" eher weibliche. Das merkt man jedes Mal, wenn man eine Geschichte von jimmy liest. Oder von Hemingway oder eben auch Bukowski und da gibts noch vieles mehr. Und das war sicher schon immer so. Und jetzt gibt es heutzutage aber auch noch den Feminsimus, der, wie auch immer man den definieren will, nicht gerade voll auf "Männliches" abfährt, und wenn der sich dann auch noch mit der sowieso eher weiblichen "Oberschicht" vermischt, wie es heute praktisch überall der Fall ist, nun, dann gibt es eben haufenweise Veganisches zu essen, und alle können sich gesund und moralisch erhaben fühlen und sich auf die Schulter klopfen, ohne dass irgendwer wirklich beurteilen mag, inwiefern das Zeug wirklich schmeckt.
Es sei denn, es kommt doch mal eine Frau daher und schreibt mal 200 Seiten über ihre Muschi, oder über ihre Sm-Erfahrungen, oder über einen jungen Zauberer, oder über ein Teenager-Mädchen, das sich in einen allmächtigen Vampir verliebt, der nicht mit ihr Sex haben kann - dann fllippt plötzlich die ganze Welt aus.

Naja, wie auch immer.

 

Hallo feirefiz,

eine ungewöhnliche, fantasievoll-fantastische Geschichte, die ich auch als schön böse empfinde. Sie hat eine geradezu klassische Ausrichtung und man ist als Leser zu jeder Zeit gespannt, wie es denn weiter geht .

Bei mir hat sich über den Verlauf allerdings eine Erwartungshaltung auf ein "Wumm" aufgebaut, das am Ende nicht wirklich kam. Das hat mich nach diesem so geschickt und fantasievoll aufgebauten Ablauf ein wenig enttäuscht. Der Schluss bleibt so offen wie das Loch in der Wand. Ich hatte jetzt mit einer kleinen Putte gerechnet, die daraus hervorkommt, und die aussieht wie Jan.

Die Putten als Parasiten bei einer Gemüselieferung, darauf muss man überhaupt erst mal kommen, das hat mir sehr gefallen.

Ja, geschrieben ist das tadellos und hat mich bestens unterhalten.

Rick

 

Mir klingt das alles eher unheimlich, schon weil ich mir denke, diese Gewächse werden wohl aus gutem Grund vergessen worden sein.

Also spätestenst mit diesem Satz hattest du mich, feirefiz.
Jetzt, nachdem du ohnehin nicht gewonnen hast, kann ich’s dir ja sagen, ohne opportunistisch zu klingen: Ich war einer der ersten, der zur Wahl 2012 seine Stimme abgegeben hat und ich gab sie dieser Geschichte.
Sie war eine der allerersten, über die ich vor ca. einem Jahr als Forumsneuling zufällig gestolpert bin, und sie hat damals einen derart nachhaltigen Eindruck auf mich gemacht, dass ich sie mittlerweile nicht nur zwei weitere Male gelesen, sondern sie auch in meinem Freundeskreis weiterempfohlen habe. Und bisher noch jeder, ob Mann ob Frau, ob alt ob jung, bedankte sich überschwänglich – und in aller Regel mit einem breiten Grinsen - für den Lesetipp. Besonders meine Exfrau, seit Jahren Bezieherin einer aberwitzig überteuerten Biokiste, lachte sich krumm und schief.
Weil: das ist einfach eine absurd witzige und gleichzeitig liebenswerte Geschichte, vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der deine Figuren mit dieser vollkommen bizarren Situation umgehen gefiel mir, wie sie diese süßen goldlockigen, fliegenden, murrenden, bissigen und jubilierenden Würmchen kurzerhand akzeptieren, wie überhaupt auch dieses erst alles ausspuckende und letztlich den Jan verschlingende mysteriöse Loch, aus dem der Brodem der Unterwelt(?) weht, ja, das ist schon herrlich schräg.

Mit langen Spaxschrauben befestige ich sie über dem Loch. Dann stelle ich das Regal davor und gehe mir Currywurstpommes holen.

Loch zunageln, Problem behoben, fertig. Ein würdiger Schluss für eine wahrlich abgedrehte Geschichte.


offshore

 
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Hallo zusammen, bitte entschuldigt die verspätete Antwort, ich war im Urlaub, aber die Umstellung im Profil hat nicht geklappt. Hatte vergessen anzugeben, dass ich ein echter Mensch bin, glaub ich :dozey: Na ja.

Hallo Rick,

eine ungewöhnliche, fantasievoll-fantastische Geschichte, die ich auch als schön böse empfinde.
Ja, ein bisschen böse muss ich immer haben. So ungebrochen niedliche Putten könnte ich nicht ertragen.

Bei mir hat sich über den Verlauf allerdings eine Erwartungshaltung auf ein "Wumm" aufgebaut, das am Ende nicht wirklich kam. Das hat mich nach diesem so geschickt und fantasievoll aufgebauten Ablauf ein wenig enttäuscht. Der Schluss bleibt so offen wie das Loch in der Wand. Ich hatte jetzt mit einer kleinen Putte gerechnet, die daraus hervorkommt, und die aussieht wie Jan.
Ja, hmm, das kann ich verstehen. Also komplett offen finde ich das Ende zwar nicht - es ist ja klar, dass der Rübezahl den Jan "geholt" haben muss - aber natürlich hätte man das noch dramatischer darstellen können. Hier ist es halt auch eher so ne untergründige Fiesheit als offener Terror. Jo hatte ja auch schon msal so paar Gedanken, wie das Ganze ausgebaut werden könnte. Also jetzt hat man ja quasi die Geschichte vor dem Loch und dann ist da aber noch ne riesen Geschichte in dem Loch, der man sich auch noch mal annehmen könnte. Vielleicht mach ich mal ein Sequel.

Danke für Deinen Kommentar

Hallo Ernst,

danke, dass Du Dich auch noch meldest und schön, dass Du der Geschichte zu so vielen Lesern verholfen hast. Das ist ja immer erfreulich, wenn so ne Geschichte, dann noch ein bisschen über diese Plattform hinaus wirken kann, zumal bei einem offenbar so breit gefächerten Publikum.

Loch zunageln, Problem behoben, fertig. Ein würdiger Schluss für eine wahrlich abgedrehte Geschichte.
Das ist ja jetzt sozusagen noch die Gegenstimme zu Ricks Position. Ich verstehe, was er meint, aber irgendwie passt der Schluss für mich auch zum Text, weil er eben sowas lakonisch-pragmatisches und nur hintergründig Böses hat.

Danke für Deinen Kommentar.

Hallo JuJu,

ich habe jetzt eigentlich keine Lust, nachdem schon fast etwas Gras gewachsen ist, den ganzen Mist nochmal aufzurühren und mich ewig mit Dir rumzuzanken. Zumal die Ausgangslage von meiner patzigen Antwort bis hin zu Deiner Snob-Beschimpfung und Sticheleien in Nachbarthreads hier nicht so richtig konstruktiv erscheint und zu dieser ziemlich harm- und auch anspruchslosen Geschichte nicht so recht passen will.

Klar ist der Durschnittsmann anders als die Durchschnittsfrau (wobei die meisten Realmenschen diesem Durchschnitt wohl nicht in allen Punkten entsprechen). Hab letzens noch gelesen, wie Jungs schon im Mutterleib mehr Testosteron kriegen und Sozialisation tut dann eben ein Übriges, um diese biologischen Unterschiede zu amplifizieren. Was da dann Biologie und was Sozialisation ist, kann man im Einzelnen sicher schwer auseinanderklamüsern. Was mich an Geschlechterrollen aber aufregt ist, wenn die zu starr sind und präskriptiv dazu benutzt werden, Individuen in ihrer freien Entwicklung einzuschränken. Wenn sich der eine unter hundert Jungs, der halt gerne Ballett tanzen will, dafür von anderen Jungs als schwul beschimpfen lassen muss (der schlimmste aller Vorwürfe in einer so normierten Welt), oder wenn kleine Mädchen so darauf gedrillt werden, hübsche Prinzessinen zu sein, dass sie vor lauter Körperkomplexen und Shopping gar keine Energie mehr haben, ein Buch zu lesen oder gar Fußball zu spielen. In solchen Fällen richten solche gesellschaftlichen Geschlechternormen bei jungen Menschen, die einfach nicht recht hineinpassen, halt auch viel Schaden und Leid an.
Ich seh das echt mit Schrecken, wie Babyzimmer für Mädchen heute von Kopf bis Fuß Pink und mit Krönchen eingerichtet sind. Das war in meiner Kindheit noch nicht so ausgeprägt. Da gab es auch noch keine Ü-Eier speziell für Mädchen und wir hatten trotzdem nie ein Problem damit. Ich will auch keinem Mädchen seine Barbie und keinem Jungen sein Auto verbieten, wenn sie die denn gerne haben wollen und auf dem Schulhof sollen Mädchen wie Jungen bitte gerne Raufgelegenheit haben, aber sie sollten doch unvoreingenommen wählen können, was ihnen persönlich besser gefällt - ohne Angst, dass eine Abweichung durch Hohn oder Schlimmeres geahndet wird.
Letztens war ich im Aldi und da wollte ein kleiner Junge so ein Kindermagazin haben. Das war aber rosa und mit Pferden drauf. Da hat seine Mutter gesagt, das dürfe er nicht haben, das sei nur für Mädchen. Ich frag mich echt, was da für ne Angst hintersteht. Was würde passieren, wenn ein kleiner Junge aus Versehen ein rosa Mädchenheft lesen würde?

Über Deinen Beitrag hab ich mich aufgeregt, weil ich da die Grenze zwischen den Geschlechtern nach wie vor viel zu streng gezogen sehe. Und dann verläuft sie noch klassisch beim Kochen und Putzen. Es mag sein, dass 90 Prozent aller Gemüseboxen von Frauen bestellt wird, aber das bedeutet auch, dass 10 Prozent der Boxen von Männern bestellt wird. Und ich sehe keinen Grund, warum ich meine Protagonisten dem bundesdeutschen Männerdurchschnitt anzupassen habe, oder warum Du keine Frauenfigur entwerfen dürftest, die Fußball spielt und Bier trinkt. Außerdem ist der vielumstrittene Erzähler ja kein Gemüseboxbesteller sondern Currywurstfan. Er ist auch kein Putzteufel, sondern findet hüfthohe Erdhaufen in der Küche unpraktisch. Ich finde halt nach wie vor, dass Du da übertreibst. Du tust, als sei eine Gemüsebox ein Lippenstiftabo und Parzival-Lektüre dasselbe wie Shopping Queen-Gucken.

Diese Elitediskussion ist dann noch mal ne ganz andere Kiste. Das mit den "vielzitiereten" Straßenkanaken nehme ich zurück. Die hast Du nicht viel zitiert, sondern einmal angeführt, um den Unterschied zum Männlichkeitskonzept eines meiner anderen Protagonisten zu illustrieren und das hat mir auch eingeleuchtet und ist hängen geblieben. Auch den Kontrast zwischen Deinem Text und meinem Text, in denen es auf ganz unterschiedliche Weise um sehr ähnliche Konkurrenzsituationen ging, fand ich spannend. Ich seh nicht, warum Du Dich plötzlich als Asi von mir angegriffen fühlst, nur weil meine Protagonisten ihre Konflikte nicht so offen austragen wie Deine, oder weil sie mal nen Text lesen, den Du nicht gelesen hast. Es gibt in meinen Texten weder seitenlange theoretische Reflexionen (meine Protagonisten denken so gut wie nie), noch einen bestimmten Kanon an Hochliteratur oder Philosophie, den man gelesen haben muss, um meine Geschichten zu verstehen. Ich seh auch Jimmy nicht als Asi, weil er über Zuhälter und Säufer schreibt. Und ich kommentiere auch nie in die Richtung, er solle doch mal seine Protagonisten kultivieren (neulich eher im Gegenteil) - auch bei anderen Autoren tue ich das nicht. Andererseits würde es mir selbst schwer fallen, überzeugend aus der Sicht eines "Straßenkanaken" oder eines Zuhälters zu schreiben. Deshalb lasse ich es. Das heisst aber nicht, dass ich auf Leute, die es tun herabschaue, oder sowas nicht auch gerne lese, wenn es gut gemacht ist und mich in diese fremde Gedankenwelt hineinversetzt. Umgekehrt erlebe ich Dich mittlerweile als sehr viel intoleranter Texten gegenüber, die nicht Deinem Ideal an Wildheit und Rohheit entsprechen. Ich sag nicht, dass Du die toll finden musst, oder nicht sagen sollst, dass sie Dir nicht gefallen. Aber Du baust ja hier ein regelrechtes Feindbild auf und projizierst das dann umgekehrt auf mich, als bedeute die Tatsache, dass ich eher leise Texte über eher sensibel veranlagte Menschen schreibe, dass ich alles, was lauter und ungezähmter ist, als niederen Prollkram ansehe, der gefälligst gezähmt und "verweiblicht" gehört.
Ich finds auch etwas unglücklich, alles was im weitesten Sinne gezähmt ist, als "weiblich" und alles was eher wild ist als "männlich" zu etikettieren. Das beißt sich auch mit einem anderen traditionellen Stereotyp demzufolge das Männliche rational und das Weibliche irrational sein soll. Aber wenn man diese "männlich-weiblich" Kulturmetaphern dann mal auf Individuen hin konkretisieren möchte, wird es schwierig und im schlimmsten Falle diskriminierend. Soweit ich Dich kenne, gehe ich nicht davon aus, dass Du damit sagen willst, dass nur Männer gute Literatur produzieren können. Denn auch die Elitekultur wird ja schließlich seit Jahrhunderten von Männern beherrscht und gestaltet und Du richtest den Vorwurf der Überkultiviertheit nicht nur an mich, sondern auch an männliche Forumsautoren. Umgekehrt räumst Du ein, dass auch Mädchen Eier haben können. Ich frage mich also, welchen Erkenntnisgewinn diese Metapher bringen soll, wenn sie über konkrete Menschen beider Geschlechter nichts aussagt. Umgekehrt hat sie aber ein hohes Risiko in dem Sinne missverstanden zu werden, dass eben doch nur Männer gut schreiben können. Wenn Du mal ne Tochter haben solltest, die mit 12 auch anfangen will zu schreiben, wirst Du ihr ja wohl nicht sagen, dass gute Literatur "männlich" sein muss. Denn selbst wenn Du ihr dazu erklärst, dass das eigentlich nicht heißen soll, dass sie nicht schreiben kann, weil sie ein Mädchen ist, wird sie sich ja fragen, warum Du alles, was Du an Literatur gut findest, Mut und Wildheit und Rückgrat, mit dem Begriff "männlich" bezeichnest, während alles, was Du an Literatur scheiße findest "weiblich" heisst. Ich mein, wir sind hier in einem Literaturforum, da muss ich jetzt nicht nochmal ausführlich auf die Macht von Worten und Metaphern eingehen.

Also, ich will unsere Differenzen jetzt nicht unter den Teppich kehren. Da gibt es offensichtlich welche. Ich sehe auch, dass ich in dieser Diskussion nicht eben freundlich war und fühle mich umgekehrt von Dir durch diese Snob-Bezeichnung auch verunglimpft. Andererseits sind jetzt einige Tage ins Land gegangen (in denen ich auch noch einen entspannten Urlaub hatte) und ich fände es jetzt auch affig, wenn wir jetzt wegen dieser Differenzen auf alle Zeit verfeindet sein müssten.

Eins kann ich mir aber zum Abschluss echt nicht verkneifen: Was ist das für eine Opferlämmchenrolle, die Du und Quinn hier annehmt, nach dem Motto "wir können nur verlieren"? Ich hab hier bisher noch keinen nudelholzschwingenden Lynchmob entdeckt. Und umgekehrt ist es heutzutage ja auch nicht eben populär, cool und sexy, sich als Feministin zu outen.

lg,
fiz

 
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Hallo feirefiz,


Gott, das kommt ja wie ein juristischer Großangriff daher. :)


Aber wenn man diese "männlich-weiblich" Kulturmetaphern dann mal auf Individuen hin konkretisieren möchte, wird es schwierig und im schlimmsten Falle diskriminierend. Soweit ich Dich kenne, gehe ich nicht davon aus, dass Du damit sagen willst, dass nur Männer gute Literatur produzieren können. Denn auch die Elitekultur wird ja schließlich seit Jahrhunderten von Männern beherrscht und gestaltet und Du richtest den Vorwurf der Überkultiviertheit nicht nur an mich, sondern auch an männliche Forumsautoren. Umgekehrt räumst Du ein, dass auch Mädchen Eier haben können. Ich frage mich also, welchen Erkenntnisgewinn diese Metapher bringen soll, wenn sie über konkrete Menschen beider Geschlechter nichts aussagt. Umgekehrt hat sie aber ein hohes Risiko in dem Sinne missverstanden zu werden, dass eben doch nur Männer gut schreiben können. Wenn Du mal ne Tochter haben solltest, die mit 12 auch anfangen will zu schreiben, wirst Du ihr ja wohl nicht sagen, dass gute Literatur "männlich" sein muss. Denn selbst wenn Du ihr dazu erklärst, dass das eigentlich nicht heißen soll, dass sie nicht schreiben kann, weil sie ein Mädchen ist, wird sie sich ja fragen, warum Du alles, was Du an Literatur gut findest, Mut und Wildheit und Rückgrat, mit dem Begriff "männlich" bezeichnest, während alles, was Du an Literatur scheiße findest "weiblich" heisst. Ich mein, wir sind hier in einem Literaturforum, da muss ich jetzt nicht nochmal ausführlich auf die Macht von Worten und Metaphern eingehen.

Das ist soooo anstrengend, feirefiz.

Was mich an Geschlechterrollen aber aufregt ist, wenn die zu starr sind und präskriptiv dazu benutzt werden, Individuen in ihrer freien Entwicklung einzuschränken.

Versuche ich hier irgendwer in seiner "freien Entwicklung" einzuschränken? Will ich hier irgendwer bremsen? Ich schreibe in meinen Komms fast immer dassselbe: mach mehr. Das hab ich so oder so ähnich schon Lollek, Quinn, Fliege, Jo, Rick, Jimmy, und praktisch jedem hier im Forum schon einmal gesagt. Schreibe mehr, waage mehr, geh nicht so schnell aus den Szenen raus, sei nicht so zurückhaltend, schwimm weiter raus, trau dich mehr, sich den Konflikt, trau dich da rein, bleib dabei, heul nicht rum, und und und …

Das hat alles auch gar nicht so viel mit "laut" und "leise" zu tun. Oder "grob" oder "wild" oder wie auch immer. Das korreliert vielleicht ein bisschen, hat aber letztlich nicht so viel mit Lautstärke und sensibel zu tun.
Ich bin auch sensibel.

Ich meine, es gibt da grob verschiedene Schreibansätze. So insgsamt vielleicht drei. Da wär der Genieansatz, demzufolge nur Genies scheriben können. Der Handwerksansatz, demzufolge Schreiben ein Handwerk ist, das man lernen kann. Und dann gibt es noch den … Dicke-Eier-Ansatz, der offenbar missverstanden wird.

Mir leuchtet nicht ein, wie irgendwer was Großes erschaffen will, ohne Großartiges zu leisten, und ausgerechnet das wird häufig unterschätzt, glaube ich. Das beißt sich mit: ich bin kreativ, und kreativ sein macht Spaß und so. Das beißt sich mit: an manche Dinge denke ich leiber nicht, weil die weh tun.
Man könnte doch auch sagen: Je weiblicher eine Gesellschaft, desto besser die Gesellschaft. Schließlich sind die Gefängnisse voller Männer. Wir bewegen uns auch stetig in diese Richtung. Ist auch nicht schlecht. Ob man jetzt bei 10% aller Jungs ADHS diagnostizieren muss und Frauenquote und so weiter … aber bleiben wir bei Literatur und Kunst.

Ich weiß nicht, ob das, was für eine harmonische Gesellschaft gilt, auch für Kunst und Literatur gilt.

Es müsste eine Schreibübung geben, wo man sagt: Mach etwas kaputt.

Ich glaube auch, dass eine Geschichte eine Reise ist. Man muss seine Koffer packen und losfahren, im Kopf muss man irgendwann einen psychologischen Sprung waagen, und der Ausgang ist in dem Moment des Sprungs immer ein bisschen ungewiss. Davor haben wirklich viele Schiss, glaube ich. Ich denk dann immer … da schwimmen alle am Ufer rum, halten sich am Ufer auf, weil wenn man zu weit vom Ufer wegschwimmt, dann könnte es ja sein, dass es nicht zurückschafft, oder vielelicht wird man von einem Hai gefressen, oder man bekommt einen Krampf und dann ist der Life-Guard zu weit weg und man geht unter.

Manchmal denke ich auch, es gibt hier so was wie einen sichtbaren Denkbereich im Forum, so zwischen 450 - 500 nm. Und aber alles, was gedacht werden kann, und auch gedacht wird, ist so zwischen 0-1000 nm.
Es ist aber wesentlicher einfacher und komfortabler und "sicherer" zwischen 450-500nm zu denken. Überhaupt interessant im Sinne von lesenswert werden Texte aber erst so zwischen 400-450 und 500 - 550. Ein bisschen weiter, bei Ultraviolet und Infrarot verbrennt man sich dann ganz schnell die Finger. Und wenn man noch weiter geht … dann ist man entweder schizophren oder ein verkanntes Genie oder ein Asiate oder so.

Ich finds auch etwas unglücklich, alles was im weitesten Sinne gezähmt ist, als "weiblich" und alles was eher wild ist als "männlich" zu etikettieren

Ich habe nicht von "alles" gesprochen, aber offenbar ist das etwas unglücklich, ja. Weil wenn Leserinnen das unbedingt missverstehen wollen, schaffen die das auch.


Es kann auch gut sein, dass Frauen kommunkative und emotionale Eigeschaften besutzen, die ihnen beim Schreiben einen Vorteil verschaffen. Und natürlich gibt es auch Frauen, die sehr gut schreiben können, hier im Forum und überall und sehr viel besser als ich. Das hab ich schon in meinem letzten Beitrag zum Schluß angedeutet …


Vielleicht bin ich einmal bei Kew zu weit gegangen.


Wir sind keine Feinde, fiz.

Ich frage mich also, welchen Erkenntnisgewinn diese Metapher bringen soll, wenn sie über konkrete Menschen beider Geschlechter nichts aussagt.

Ich wollte doch gar nichts über konkrete Menschen sagen.

Die Ursprungsfrage war: ist dein Ich-Erzähler nicht in Wirklichkeit eine Frau? Ab dann war das meiste ziemlich abstrakt und allgemein meiner Meinung nach.

Was ist das für eine Opferlämmchenrolle, die Du und Quinn hier annehmt, nach dem Motto "wir können nur verlieren"? Ich hab hier bisher noch keinen nudelholzschwingenden Lynchmob entdeckt.

Guck mal, wie sehr ich aufpasse, schon jetzt, während ich diesen Beitrag schreibe. Glaubst du, ich schreib das einfach so runter? (das wirkt nur so :) )Glaubst du, ich könnte an jeder einzigen Stelle, wo ich die sexistische “Grenze” berühre und/oder überschreite, nicht mit dem Finger drauf zeigen? Legt dein Komm mir nicht verdamt nah, dass ich besser höllisch aufpasse, wenn ich einer Verhaltensweise ein Geschlecht zuordne, wenn ich nicht als Sexist, der seine Tochter schlecht behandelt, abgestempelt werden will? Steckt das nicht irgendwo da in dem Geschwurbel drin?
Dass du dann nicht nochmal in deiner Antwort kommst und sagst: na, na, na … das kann man jetzt aber auch GANZ FALSCH verstehen, JuJu! Ich will nicht sagen, dass du sagen willst, dass Frauen nicht lesen und schreiben können, aber wenn ich ganz genau ungenau hinschaue, und deine Metapher so und so auslege, dann kann ich das schon so lesen!

Umgekehrt erlebe ich Dich mittlerweile als sehr viel intoleranter Texten gegenüber, die nicht Deinem Ideal an Wildheit und Rohheit entsprechen.

Ich würde nicht "Wildheit" und "Rohheit" dazu sagen, aber wie auch immer … ist auch egal. Ich bin hier doch nicht auf der Welt, um jedem das zu erzählen, was er hören will. Gerade bei Frauen ist die Versuchung manchmal sehr groß … (vielleicht ist das auch Teil eures Problems) … aber wir sind jetzt nicht in einer Bar.
Und mit halbgarem, blutlosem, ängstlich-unmotiviertem, klinisch-totem Pseudomatsch hab ich von Haus aus tatsächlich nicht so wahnsinning viel Geduld.
Aber es gibt doch immer noch genug andere, die dann zur Hilfe eilen und knuddeln und streicheln und so weiter.


Vielleicht würde ich meiner Tocher Folgendes sagen: Wenn du wirklich mit den Jungs mitschreiben willst, musst du aufhören rumzuheulen, dich auf deinen feinen Arsch hocken, auf die Zähne beißen und arbeiten.

 

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