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Das traurige Leben eines Poolarbeiters
Ich bin Poolarbeiter und sitze in der Todeszelle.
Man sagte mir, dass ich übermorgen hingerichtet werde. Mit einer Giftinjektion.
Es wirke schnell, sagte man mir. In wenigen Minuten versage mein Nervensystem. Außerdem würde ein Beruhigungsmittel gespritzt, so dass ich das Ersticken nicht spüre.
Und das alles wegen dreihundert Dollar.
Mein Name ist Roberto. Ich bin fünfundvierzig Jahre alt. Ich habe Kenia nie verlassen. Über dreißig Jahren habe ich in vielen Hotels gearbeitet.
Jeden Morgen, wenn die Sonne gerade erwacht, stand ich am Pool. Der Geruch von Chlor hat sich in meine Nase gebrannt. Ich vermisse ihn hier.
Hier, in meiner Zelle, riecht es nach Urin.
Mein Vater hat mich als Kind in die Hotels mitgenommen. Er sagte, wir würden einer guten Zeit entgegen gehen. Jeder wusste, dass mit den ganzen neuen Hotels auch Urlauber kommen. Und mit ihnen Devisen.
Jeder hoffte, seinen Teil davon zu bekommen.
In der Tat reichte es, die Familie zu ernähren.
Fünf Dollar pro Tag sind viel Geld.
Dreihundert Dollar ein Vermögen!
Über Jahrzehnte lebten wir gut vom Tourismus.
Vor einigen Jahren kam die Ernüchterung.
Malaria, politische Verwerfungen – die Touristen blieben aus.
Viele Hotels schlossen.
Die Poole wurden trocken.
Ich hatte Mühe, Arbeit zu finden. Wie Tausende andere auch.
Meine Familie litt. Wir hungerten.
Ich musste mir etwas einfallen lassen.
Also führte ich die wenigen Touristen, die noch kamen, an spezielle Orte.
Mombasa hat derer viele. Man kann hier alles bekommen: Elfenbein oder auch junge Mädchen. Alles ist möglich, wenn man Dollars hat.
Waren die Touristen dann einmal dort, bezahlten sie. Fünf Dollar für ein Mädchen. Zehn für gutes Elfenbein. Ich bekam zehn Prozent. Meine Familie hatte wieder etwas zu essen.
Eines Tages hatte ich Glück. Ich durfte wieder in einem Hotel arbeiten, weil mein Vorgänger schlampig gearbeitet hatte. Zuviel Chlor im Wasser hatte die Augen eines Jungen verätzt.
Ich bekam drei Dollar pro Tag.
Nebenbei führte ich meinen Nebenverdienst fort.
Ich kam auf ungefähr 15 Dollar pro Tag.
Dann kam eine Gruppe Männer in das Hotel. Sie sahen reich aus. Und sie waren reich.
Ich bot ihnen an, eine Stadtrundfahrt der besonderen Art zu machen.
Sie waren sofort einverstanden.
Sie mussten 20 Dollar pro Mädchen bezahlen.
Sie zahlten.
Die Schreie der Mädchen sind bares Geld. Ihr Leiden eine Investition.
Warum ich keine Skrupel habe? Der Grund liegt auf der Hand: Dollars.
Es war ein lauer Abend letzte Woche. Ich erinnere mich an die Gruppe Männer noch genau. Sie kamen mir komisch vor. Es waren ihre Blicke, die mich stutzig machten.
Trotzdem führte ich sie zu jenem speziellen Ort.
Dann ging alles sehr schnell.
Ich und zwei andere wurden verhaftet.
Es war eine Razzia.
Mein Gefühl hatte sich bestätigt. Doch die Gier ließ mich unvorsichtig werden.
Die Mädchen schwiegen.
Aber man nahm mich mit. Der Verdacht reicht bereits aus.
Der Richter fällte sein Urteil schnell.
Ich konnte die dreihundert Dollar Kaution nicht zahlen.
Jetzt sitze ich hier, allein.
Ich erinnere mich an die Worte meines Vaters: „Du bist für dich verantwortlich“, sagte er einst.
Ich spüre keine Reue. Ich schäme mich nicht.
Ich habe getan, was ich wollte, was ich musste.
Ich habe Angst. Nicht um mich, sondern um die, die ich zurück lasse.
Meine Frau, meine Kinder.
Für manche werden meine Worte wie Hohn klingen.
Sie werden sich fragen, was für ein Mann ich sei, der mit Kinderprostitution Geld verdiente.
Dabei habe ich es mir nicht ausgesucht.
Es waren die Männer, die Geld dafür bezahlten.
Nicht ich.