Exilfranke schrieb:
… das Überarbeiten und Verbessern von bereits fertiggestellten Texten ist mir mehrheitlich eine Qual. Ich brüte oft stundenlang über einen Absatz, schreibe ihn dann um, verwerfe wieder alles, nur um am Ende doch wieder auf die überarbeitete Version zurückzugreifen. Ich kann auch unmöglich sagen, wann "es denn mal gut ist", ich finde im Überarbeiten quasi nie ein Ende und mich plagt die Angst, dass ich den Text am Ende nur noch verschlimmbessere. Mir fehlt jedes objektive Maß, mit dem eigenen Text umzugehen, die Qualität einzelner Formulierungen gegeneinander abzuwiegen und dergleichen. Noch dazu ist der Zeitaufwand immens. Ich brauche für das Überarbeiten von fünf Seiten ungefähr das zehnfache an Zeit wie für das eigentliche Schreiben. Der Prozess bereitet mir keine Freude.
Also ich persönlich kenne diese radikale und aufreibende Form des Überarbeitens überhaupt nicht. (Wobei ich vielleicht einschränkend sagen sollte, dass sich meine Schreibtätigkeit ausschließlich auf Kurzgeschichten fürs Wk-Forum beschränkt.)
In aller Regel bin ich ein extrem langsamer und unökonomischer Schreiber, das heißt, die Zeit, die bei anderen in eventuelle nachträgliche Überarbeitungen fließt, brauche ich schon für die Erstfassung. Das Desaster, um einen einzigen Satz eine Stunde und um einen einzigen Absatz einen Abend lang zu ringen, kenne ich nur allzu gut.
Wenn ich dann allerdings die Storys poste, sind sie in aller Regel sowohl stilistisch als auch inhaltlich genau so, wie ich sie haben will. Dass sie zu diesem Zeitpunkt selten perfekt sind, ist natürlich klar. Allerdings sind sie auch nie so schlecht, dass ich sie anschließend zur Gänze oder passagenweise verwerfen will. Was sich später an Änderungen ergibt, geschieht wirklich nur sehr behutsam und über teilweise sehr lange Zeiträume hinweg. Immer wieder einmal, so alle paar Monate, lese ich eine meiner Geschichten hier im Forum und habe dann zur ursprünglichen Fassung meist genug Distanz, um endlich diesen oder jenen Satz umzustellen, dieses oder jenes Wort endlich zu streichen, diesen oder jenen Darling endlich zu killen.
Diese Form des Überarbeitens empfinde ich jedoch weniger als Arbeit, sondern vielmehr als eine Kombination aus Lesevergnügen - ja ich weiß, ich bin ein verdammt eitler Hund - und Freude über das immer besser werdende Ergebnis.
wieselmaus schrieb:
Eine besondere Situation, die ich jetzt neu im Forum erlebe, ist folgende. Was passiert, wenn man akribisch alle Vorschläge geprüft und berücksichtigt hat und nun - wie ein folgsamer Musterschüler- die Verbesserung nochmals präsentiert? Darf man dann nochmals auf Rückmeldung hoffen? Ich frage deshalb, weil wir als Kommentatoren oft genug einfordern, dass - bitteschön - Kommentare ernst genommen werden sollen.
Hoffen darf und soll man natürlich immer, wieselmaus, allerdings ist die komplette Überarbeitung einer Geschichte kein Garant fürs neuerliche Wahrgenommenwerden durch Kritiker. Aber möglicherweise widerspricht diese Erwartung auch einfach den Usancen eines so schnelllebigen Mediums, wie es ein Internetforum nun mal ist. Ich mein, hier werden täglich im Schnitt, ich weiß nicht, zehn, zwölf neue Storys gepostet, man kommt also sowieso nicht damit nach, allen Geschichten gebührenden Respekt zu zollen, und es gehört dann halt ein gerüttelt Maß an gutem Willen dazu, mit einer Geschichte, die man vielleicht eh schon kommentiert hat, sich ein weiteres Mal auseinanderzusetzen.
Ich habe das selber bei meinem Erstling erlebt: Nachdem die ersten Kommentare quasi einhellig das etwas schwache Ende der Geschichte kritisiert haben, setzte ich mich noch mal dran und schrieb ein neues Ende, mit dem Ergebnis, dass die Geschichte letztlich mehr als doppelt so lang wie die ursprüngliche Version war. Dazu bekam ich allerdings nur noch einen Kommentar, bzw. einen zweiten, den jedoch erst zwei Jahre später. (Der Vollständigkeit halber muss ich noch dazu sagen, dass ich als damaliges Forumsküken natürlich auch zu schüchtern war, auf die neue Fassung explizit hinzuweisen. Vermutlich wurde sie von den meisten schlicht übersehen. In einem solchen Fall, also quasi dem Neuschreiben einer Geschichte, wäre es allemal legitim, in einem extra Beitrag darauf aufmerksam zu machen. Das würde wohl niemand als Thread-Bumping bezeichnen.)