Der Leuchtturm
Der Leuchtturm
Tim stand gerade an seinem Lieblingsaussichtspunkt, am alten Leuchtturm. Die Sonne schien ihm ins Gesicht, der Wind zog an seinem Cappy und er verzehrte genüsslich einen Apfel.
Er war viel zu früh an dem Treffpunkt, wo er sich mit seinen Eltern treffen wollte. Vor drei Stunden, also gegen zehn Uhr, ist er mit seinem besten Ferienfreund, Peter, spielen gegangen. Sie haben sich durch die Stranddünen gekämpft und im Unterholz Verstecken gespielt.
Als sie sich schon gut ausgetobt hatten und in ihren Turnschuhen schon der Sand knirschte, klingelte Peters Handy und seine Mutter war dran.
„Ich muss gleich mit meiner Mutter zum Friseur“, seufzte Peter.
„Ok, ich schaue von hier aus noch etwas auf das Meer und gehe dann zum alten Leuchtturm, damit ich mir das alte Ding noch etwas in Ruhe ansehen kann, bevor meine Eltern da sind“, sagte Tim.
Als endlich seine Mutter kam, verabschiedete er sich schon mal von Tim. Beide würden morgen ihre Heimreise antreten und sich erst nächstes Jahr hier wieder sehen.
Nicht lange nachdem Peter sich von seiner Mutter, auf Händen und Füssen zum Friseur schleifen lies, lag Tim auch schon im Gras und sah den Wolken zu, wie Sie sich spielerisch in alle möglichen Dinge verwandelten. Er sah Flugzeuge, Schiffe, Delfine und während er dort so lag, wurde ihm irgendetwas auf den Mund gedrückt und alles wurde schwarz.
Als er langsam erwachte und sein Bewusstsein wieder erlangte, war alles um ihn herum dunkel. Am Anfang glaubte er, dass er seine Augen noch geschlossen hatte, was aber nicht so war, als ihm bewusst wurde, das ein winziger Lichtstrahl in den Raum drang, wo er auf etwas weichem lag. Trotz dieses Lichtstrahls konnte er nichts in dem Raum erkennen.
Die Angst umklammerte sein innerstes wie ein eisiger Würgegriff, dessen Klauen sich ganz langsam immer fester um seinen Verstand schlossen.
Jetzt erst wurde ihm bewusst, dass seine Hände auf seinem Rücken gefesselt waren und er irgendwas in seinem Mund hatte, dass ihn daran hinderte um Hilfe zu rufen. Er versuchte sich von seinen Fesseln zu befreien, aber je mehr er seine Hände bewegte, desto fester zogen sich diese zusammen, bis langsam seine Hände taub wurden und er kein Gefühl mehr in ihnen hatte.
Plötzlich öffnete sich die Tür mit einem Ruck und jetzt wurde Tim alles klar. Er befand sich im Leuchtturm. Anscheinend gab es ganz oben noch einen Raum von dem niemand etwas zu wissen schien. Jedenfalls bis auf den Mann, der jetzt in der Tür stand.
Sein Kopf war fast ganz kahl und Tim konnte ein paar weiße Haare sehen. Seine rechte Hand umfasste fest einen alten Krückstock, den er schon länger benutzt, dachte sich Tim. Seine Mundwinkel waren zu einem Lächeln verzogen und seine Augen strahlten einen irren Glanz aus. Er füllte fast den ganzen Türrahmen aus, nur an einigen Stellen fiel das Licht in das kleine Zimmer. Die Strahlen waren dunkelrot und draußen ging langsam die Sonne unter.
Wie konnte das sein fragte sich Tim? Hatte er etwas so lange geschlafen? Nein, dass konnte einfach nicht sein. Tränen schossen ihn in die Augen.
„Ah, da ist ja mein kleiner Freund!“, sagte der alte Mann mit einem Anflug von irrer Freude.
„Mhhh...mmmhhh“, machte Tim und versuchte um Hilfe zu rufen, was ihm aber wegen dieses Knebels nicht gelang. Vermutlich kamen seine wehleidigen Geräusche nicht einmal aus diesem Zimmer heraus.
„Du bist ein braver Junge, nicht wahr?“, fragte der Alte und sein Lächeln wurde immer breiter.
„Es geschieht alles nur zu deinem besten. Ich will dir doch nur helfen“, sagte er.
Nun war es um ihn geschehen. Blanke Panik hatte sich seiner bemächtigt und er versuchte sich wieder aus seinen Fesseln zu befreien oder den Knebel auszuspucken und um Hilfe zu schreien.
Der alte Mann kam ins Zimmer, drückte auf den alten, staubigen Lichtschalter an der Wand und schloss die Tür hinter sich.