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Der Zeidler
Es war Anfang Dezember. Kalt und nass.
Die Tage waren kurz und die kleine Familie eilte vom Adventsgottesdienst auf kürzestem Weg heimwärts, um vor Anbruch der Dunkelheit den Schutz und die Wärme ihres Zuhauses zu erreichen.
Trotz ihres dicht gewebten Mantelumhanges fror Berthe. Ihre Füße schienen sich vom langen Stehen in der kalten Kirche in Eisklumpen verwandelt zu haben. Auch Clemens, ihr Mann, spürte seine Zehen fast nicht mehr und schritt kräftig aus, um warm zu werden.
Die rundliche, kleine Frau trug ihre gemeinsame Tochter auf dem Arm und folgte ihrem Mann dicht auf. Seine hohe, drahtige Gestalt schirmte Mutter und Kind ein wenig vom beißenden Wind ab. So hasteten sie schweigend den Weg entlang.
Ihr Hof lag außerhalb des Ortes. Am Waldrand. Denn hier begann Clemens' Reich. Das Reich des Zeidlers.
Er kannte den Wald wie kein anderer, denn ihm oblag die Wildbienenwirtschaft und Schwarmpflege und seine Zeidlerei war eine der wenigen, die es in der Gegend gab.
Jedes Frühjahr richtete Clemens in von ihm bestimmten Bäumen die hölzernen Kästen, Klotzbeuten genannt, für die wilden Bienen ein, hegte und mehrte die Schwärme und sammelte später in schwindelerregender Höhe die goldgelben Erträge seiner emsigen Arbeiter ein.
Honig. Himmlische Süße. Rar und teuer.
Es war ein ehrbares Handwerk, das viel Geschick und noch mehr Mut erforderte. Seine Zunft trug an Festtagen eine eigene, grüne Tracht mit langer Zipfelmütze, die heute allerdings unter seinem warmen Wintermantel verborgen blieb.
Und wie alle Zeidler, war er zum Tragen einer Waffe berechtigt, denn die Arbeit in den weglosen Tiefen der Wälder war durchaus nicht ungefährlich. Nicht nur der Bienenstachel wegen. Es gab Bären und Wölfe und auch menschliche Diebe und Wegelagerer. Clemens besaß daher als einer der wenigen Bürger des Ortes eine schwere Armbrust, die er sorgsam pflegte. Und er vermochte ausgezeichnet damit umzugehen.
Die Ernte in diesem Spätsommer war üppig gewesen. Das hatte sein Gutes, denn im September war ihre Tochter zur Welt gekommen und nun mussten drei Menschen im Hause satt werden.
An Martini hatte Clemens wie jedes Jahr seine Abgaben an den Grundherrn und Waldbesitzer geleistet. Sechs Maß Honig und eine festgelegte Menge Bienenwachs für den Kerzenzieher der Burg. Aber alles, was ihnen danach blieb, konnten sie nun verkaufen. Und davon, und von dem, was sie den Sommer über im Garten anbauten, ließ es sich recht gut leben.
Sie erreichten im letzten Tageslicht ihr Heim. Drinnen war es stockdunkel und sie mussten die Tür offen lassen, bis Clemens das Küchenfeuer in Gang gebracht hatte und sie etwas sehen konnten. Er warf rasch ein paar trockene Kienäpfel in die letzte Glut und blies behutsam hinein. Nur Augenblicke später züngelten erste Flämmchen auf, erhellten den niedrigen Raum und Berthe konnte endlich die Tür verriegeln. Und sperrte die winterliche Dunkelheit und Kälte aus.
Während Clemens sich weiter um das Feuer kümmerte, legte Berthe ihre Tochter vorsichtig in die Hängewiege, die an Seilen von einem Deckenbalken hing, geschützt vor Ratten und Ungeziefer. Das Kind schlief tief und fest und bevor das Feuer nicht wieder ordentlich brannte, war es besser, sie in dem Bündel warmer Decken und Felle zu lassen, in dem Berthe sie getragen hatte, denn noch war es auch hier drinnen nicht behaglich.
Dann trat sie selber ans Feuer, stopfte ein paar lose, aschblonde Strähnen zurück unter ihre Haube und wärmte ihre klammen Finger. Ihr Mann legte Holz nach, nickte dann zur Wiege hinüber und flüsterte:
„Die einzige, die nicht gefroren hat, was?"
Berthe nickte und erwiderte sein Lächeln.
Mit seiner großen, leicht krummen Nase, dem mausbraunen, krausen Haar und einem struppigen Bart, war er wahrlich kein attraktiver Mann. Doch bei diesem breiten, verschmitzten Lächeln wurde ihr sofort wärmer.
Sie waren jetzt anderthalb Jahre verheiratet und heute konnte sie kaum noch glauben, dass sie sich anfangs vor diesem Mann gefürchtet hatte.
Aber sie hatte ihn ja auch nicht gekannt und vor der Hochzeit nur einmal gesehen. Ihr Vater hatte ihr nur erzählt, dass der Mann, der sie bekommen sollte, sechs Jahre älter war als sie, draußen am Wald wohnte und Witwer war.
Doch es gab auch andere Stimmen im Ort.
Stimmen, die munkelten, der Mann ziehe das Unglück an und hätte seine erste, wunderschöne Frau ins Verderben gestürzt.
Wahrscheinlich nur deshalb war eine Verbindung mit ihr, der damals gerade sechzehnjährigen, eher unscheinbaren Tochter eines armen Tagelöhners, überhaupt zustande gekommen.
Berthe hatte von jeher hart arbeiten müssen. Das war sie gewohnt und das tat sie auch in seinem Haus. Sie bestellte das kleine Feld und den Garten, versorgte die Hühner und Ziegen, kochte und putzte. Und auch bei seiner Arbeit mit den Bienen hatte sie geholfen und dabei den Wald ganz neu kennengelernt. Nicht düster und bedrohlich, sondern voll von Leben und verwunschenem Zauber.
Und sie hatte nicht einen einzigen Tag hungern müssen, seit sie bei ihm war. Sie besaß jetzt ein zweites, gutes Kleid für die Kirche, eigene Stiefel und einen neuen, warmen Wintermantel.
Aber was das Beste war: Er hatte sie nie geschlagen.
Und jetzt hatten sie das Kind. Ein rosiges, gesundes Mädchen.
Berthe hatte zuerst befürchtet, dass ihr Mann enttäuscht sein würde, weil es kein Junge war. Aber wenn dem so war, hatte er es nicht gezeigt.
Er hatte ihr das Kind nach der Geburt, die sie mithilfe einer Nachbarin überstanden hatte, abgenommen, es mit Tränen in den Augen geküsst und gesagt:
„Willkommen, Johanne."
Je länger sie ihn kannte, um so mehr fühlte sie sich wirklich und wahrhaftig zu ihm hingezogen. Manchmal war ihr danach, ihn zu umarmen und zu küssen, aber sie wagte es nicht.
Denn auf ihm schien noch immer der Schatten einer ihr unerklärlichen Traurigkeit zu liegen. Er war ein eher schweigsamer Mann, aber herzensgut und freundlich. Sie lachten auch manchmal. Aber bisweilen saß er da, starrte ins Feuer und hing dunklen Gedanken nach. Und Berthe vermutete, dass er in solchen Momenten an seine verstorbene Frau dachte.
Heute Abend war er gesprächiger und gelöster als sonst. Sie unterhielten sich leise über den Klatsch und Tratsch aus dem Ort, der in der Kirche die Runde gemacht hatten, während Berthe ihren Kessel an den eisernen Haken über der Feuerstelle hängte und den Rest Linsensuppe erwärmte. Weil Sonntag war, holte ihr Mann noch ein paar Streifen getrocknetes Kaninchenfleisch aus ihrem Vorrat. Dann saßen sie zusammen auf der Bank am Feuer, tranken vom Selbstgebrauten und aßen, bis sich Johanne bemerkbar machte.
Berthe wollte aufstehen, doch Clemens war schneller, hob das Kind aus seinem Körbchen und setzte sich mit ihm auf dem Arm wieder zu seiner Frau.
Das Mädchen gluckste munter und die jungen Eltern betrachteten es hingerissen, noch immer voller Staunen über dies vollkommene, kleine Wesen.
Berthe steckte sich ein Stück des zähen Fleisches in den Mund fragte kauend:
„Wenn es ein Junge gewesen wäre. Wie hättest Du ihn genannt?"
Mit Bestürzung sah sie, dass diese Frage schlagartig alle Fröhlichkeit aus Clemens' Miene weichen ließ. Er sah zur Seite und ächzte.
„Oh, verzeih! Ich wollte nicht ...", begann sie stotternd und verwirrt von seiner Reaktion.
„Schon gut. Es ist nichts", unterbrach er sie leise.
Johanne begann zu greinen.
„Sicher hat sie Hunger", murmelte Berthe und nahm ihm das Kind ab.
Sie öffnete die Schnüre ihres Kleides und legte ihre Tochter an.
Im Haus war es noch immer kalt und sie begann mit derart halb entblößter Brust zu frösteln.
Da griff Clemens hinter sich nach der Decke ihres Lagers, rückte dicht an Berthe heran und warf die Wolldecke um sich und seine Frau herum, sodass sie alle drei darunter saßen und sich gegenseitig wärmten.
Berthe war einmal mehr tief gerührt von Clemens' liebevoller Achtsamkeit. Sie konnte sich nicht erinnern, dass ihr Vater jemals etwas in der Art für ihre Mutter getan hatte. Und wieder war ihr danach, ihm zu sagen, wie glücklich er sie machte. Doch er wich ihrem Blick aus und sie schwiegen eine Weile.
Es war still im Haus. Nur das leise Schmatzen des Säuglings war zu hören.
Und in die Stille hinein, seufzte Clemens mit einem Male tief und sagte:
„Caspar."
Überrascht blickte sie auf.
Er sah ihr ganz kurz in die Augen und sprach dann weiter:
„Der kleine Junge, den Mechthild geboren hat. Ich wollte ihn Caspar taufen lassen. Doch dann hörte sie nicht auf zu bluten und nichts half! Und ich war wie von Sinnen! Und als ich dann später nach dem Kind sah... Ich habe sie beide verloren in dieser Nacht."
Berthe war voller Mitgefühl. Ihr erster Impuls war, seine Hand zu ergreifen, doch sie wagte nur, ihn kurz am Arm zu berühren.
„Das tut mir so leid. Ich wusste nicht, dass ihr ein Kind hattet", hauchte sie, „Sie... sie soll sehr schön gewesen sein, Deine Frau."
Er lächelte bitter und sagte:
„Ja. Sie war die schönste Frau, die ich je gesehen hatte. Schwarzes Haar. So glänzend wie ein Elsterngefieder. Große, dunkle Rehaugen. Makellose Haut und ein Schwanenhals. Sie war so schön, dass ich alles um mich vergaß, wenn ich sie nur ansah. Viele wollten sie freien und ihr Vater trieb den Preis in die Höhe. Aber ich war wie besessen. Obwohl sie mich stets ansah, als wäre ich aus irgendeinem dunklen Loch gekrochen. Schulden habe ich gemacht. Und mich mit meinen Eltern überworfen. Aber am Ende bekam ich den Zuschlag ihres Vaters. Ich hatte sie gewonnen. Und ich war sicher, dass meine Liebe sie erreichen würde und sie mir am Ende zugetan sein würde."
Er nahm einen Schluck Bier und schüttelte traurig den Kopf.
„Aber sie hat mich gehasst. Vom ersten Tage an. Sie hat einen anderen gewollt. Sie hat alles hier gehasst. Mich. Und den Wald. Und die Arbeit. Und die Bienen. Einfach alles. Nur den Honig nicht. Den hat sie geliebt."
Er lachte freudlos.
„Dann wurde sie schwanger und ich dachte, vielleicht wird jetzt alles gut. Aber sie hat auch mein Kind nicht gewollt. Sie wurde dick und vergrämt und alles, was sie bei Laune hielt, war, Honig zu essen. Doch ich hatte Schulden zu bezahlen und wurde wütend, wenn ich einen Topf aus dem Vorrat holte und herausfand, dass er halb leer war."
Er schlug die Hände vor sein Gesicht und stöhnte.
„Wir waren beide unglücklich. Und ich habe sie nicht retten können. Sie nicht. Und meinen Sohn auch nicht. Und er war nicht einmal getauft!"
Clemens brach ab.
„Hast Du ihn im Wald begraben?"
Berthe wusste nicht wirklich zu sagen, was sie zu dieser Frage trieb, aber es war wohl das, was sie als junge Mutter am meisten bewegte.
Und es war, als hätte Clemens all die Zeit nur auf diese Frage gewartet.
„Erinnerst Du an die große, alte Eiche? Auf dem Hügel über dem Bach? Hinter dem sumpfigen Stück? Ein bisschen weiter östlich?", sprudelte aus ihm heraus.
Sie nickte.
„An den Kiefern vorbei. Wo wir die Pfifferlinge gesammelt haben."
Er nickte und ein kurzes Lächeln erhellte sein Gesicht.
„Genau. Dort."
„Das ist ein schöner Platz."
„Aber es ist keine geweihte Erde!", erwiderte er bedrückt und sah sie an.
Und als sie den verzweifelten Ausdruck in seinen Augen erkannte, wusste sie mit einem Mal, dass es das war, was ihn quälte.
„Hast Du ein Kreuz aufgestellt?", fragte sie.
Er zögerte und sagte dann:
„Ich hab' überlegt ..."
„Clemens Zeidler", erwiderte sie da streng, „Wir werden zusammen dort hingehen und ein Kreuz aufstellen. Mit seinem Namen drauf. Und wir werden geweihtes Wasser aus der Kirche holen und es mit dorthin nehmen."
Er starrte sie mit offenem Mund an.
„Du meinst, wir können das tun?"
Sie nickte vehement und zog die Brauen zusammen.
Er wusste, dass sie stur sein konnte, wenn sie von etwas überzeugt war. Wie neulich, als sie wollte, dass er noch vor dem Winter das Stalldach ausbesserte.
Und dieses Mal war er dankbar für ihre Entschlossenheit.
Im Winter ruhte die Feldarbeit und auch die Imkerei und Clemens machte sich mit Feuereifer am nächsten Tag daran, ein kleines Kreuz zu bauen. Er schnitzte den Namen des kleinen Jungen hinein und Berthe hatte den Eindruck, dass ihn schon die Arbeit an diesem Werkstück gut tat und zur Ruhe kommen ließ.
Sie selber bereitete ein kleines Tongefäß vor, indem sie es sorgfältig reinigte und mit einer dünnen Schicht Wachs ausgoss. So würde Flüssigkeit nicht vom Ton aufgesaugt werden.
Am nächsten Sonntag machten sie sich daran, den zweiten Teil ihres Planes umzusetzen.
Clemens nahm kostbares Bienenwachs aus ihrem Vorrat mit zur Kirche und sie warteten nach der Messe, bis sie alleine mit dem Pfarrer im Gotteshaus zurückblieben.
Der Zeidler selber trat dann vor den Pfarrer, um diesem das Wachs als Spende für eine Altarkerze zu überreichen, während Berthe, mit Johanne in einem Tragetuch vor der Brust, bereits dem Ausgang zuschlenderte.
Kurz vergewisserte sie sich, dass der Geistliche noch im Gespräch mit ihrem Mann vertieft war, dann zog sie rasch das kleine Töpfchen aus ihrem Ärmel und füllte es am Weihwasserbecken. Randvoll.
Dann verließ sie rasch die Kirche und erst draußen auf den Stufen verschloss sie das Gefäß mit einem Stück glatten Leders und einer festen Schnur.
Ihr schlug das Herz fast schmerzhaft bis zum Halse und ihre Finger zitterten.
Sie wusste nicht genau, ob das, was sie tat, wirklich verboten war. Aber gutheißen würde der Pfarrer ihr Vorhaben mit Sicherheit nicht.
„Es ist wichtig für Clemens", dachte sie entschieden und biss die Zähne zusammen, „Und für Caspar. Und für Mechthild und mich auch."
Ihr Mann folgte ihr gleich darauf hinaus und sah sie fragend an.
Sie nickte verstohlen. Und beide, vor Aufregung ein wenig atemlos, vermochten sich ein komplizenhaftes Grinsen nicht zu verbeißen.
Am nächsten Tag machten sie sich gleich beim ersten Tageslicht auf den Weg. Heute war es Clemens, der sich Johanne im Tragetuch umgehängt hatte, denn hier im unwegsamen Wald war er sicherer unterwegs als Berthe, die mit ihren kurzen Beinen manchmal selber nur mühsam voran kam.
Der Tag war klar und kühl. Die Sonne kam heraus und beide genossen das karge Winterlicht, das zwischen den kahlen Bäumen auf sie herab schien.
Lange waren sie unterwegs und kamen schließlich gegen Mittag an ihr Ziel.
Sie befreiten die mit Steinen befestigte Grabstelle von Laub und Zweigen und der Zeidler trieb das angespitzte Holzkreuz in die Erde. Danach holte Berthe das Töpfchen hervor und löste die Schnur. Es war noch immer fast voll, stellte sie erleichtert fest.
„Willst Du?", fragte sie leise.
Er schüttelte den Kopf und küsste ihre Tochter auf die Stirn.
„Bitte, Berthe ... Mach Du es", antwortete er rau.
Berthe suchte ein besonders schön gefärbtes Blatt vom Boden auf, tauchte es in das Gefäß und besprengte das kleine Kindergrab andächtig mit dem geweihten Wasser.
Es erschien ihr allzu anmaßend, Worte dazu zu sprechen wie ein Priester. Aber sie betete im Stillen ein Vaterunser und es fühlte sich gut und richtig an.
Danach stellte sie sich neben Clemens und wagte es heute, einfach seine Hand zu ergreifen.
Er drückte die ihre sanft und ihr Herz schien ihr überzulaufen vor Glück.
Eine Weile standen sie dort still nebeneinander, bis Johanne schließlich anfing zu quengeln.
Während sie die Tochter stillte, suchte ihr Mann noch einige hübsche Blätter, Beerenzweige und Eicheln zusammen und stellte alles in dem jetzt leeren Gefäß als Schmuck neben das Kreuz.
„Soll ich Dich noch ein wenig allein lassen?", fragte seine Frau schüchtern.
Da drehte er sich zu ihr um und sagte:
„Nein. Es ist gut. Dank Dir, ist es gut. Lass uns nach Hause gehen."
Sie kehrten zum Haus zurück, Hand in Hand. Und als sie gerade aus dem Wald traten und den Weg durch ihren Garten erreichten, begann es zu schneien.
Lautlos fielen dicke Flocken auf die brachliegenden Beete um sie herum. Bald würde alles unter einer dicken, weißen Decke verborgen liegen.
„Der erste Schnee des Winters!", sagte Clemens schmunzelnd, „Du weißt, was das bedeutet?"
Fragend sah sie zu ihm auf.
„Heute backen wir Honigkuchen!"
„Und davon bringen wir morgen welche zu Deinen Eltern."
„Frau! Was sonst noch?", fragte er gut gelaunt, baute sich in gespielter Entrüstung vor ihr auf und stemmte die Fäuste in die Seiten.
Sie lächelte und erwiderte:
„Eins noch. An Mechthilds Grab gehen wir auch und erzählen ihr von heute. Und dann ist alles, wie es sein soll."
Da nahm er ihr Gesicht in seine großen Hände und küsste sie. Heftig und voller Hingabe. Ganz genau so, wie sie es sich seit Monaten erträumt hatte.
„Du machst mich heil", sagte er endlich bestimmt, „Ich liebe Dich, Zeidlerin."
„Und ich liebe Dich, Honigmann."