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Die Alabaster-Lüge

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26.05.2008
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Die Alabaster-Lüge

Als meine Eltern mich fragten, ob ich ein Geschwister haben möchte,
> security alert;
> run implemented behavior #18;
sagte ich, nur, wenn es sein muss. Aber wenn schon, dann einen großen Bruder. Meine Eltern haben gelacht und gesagt, ich meinte natürlich kleine Schwester. In Wirklichkeit meinte ich: Ich will überhaupt nichts. Man sollte meinen, meine Eltern hatten mit einem Sohn genug. Wir kommen zu dritt sehr gut zurecht.
Meine Eltern waren nicht von dieser kleinen Schwester abzubringen und fingen an, alles zu tun, damit Mama schwanger wurde. Papa räumte den Gerümpelraum aus und strich die Wände gelb.
"Sonnengelb", sagte Mama und lächelte. "Für das Baby."
"Wohin stellen wir jetzt das Gerümpel?", fragte ich.
Es stellte sich heraus, dass wir unser Gerümpel nicht behalten konnten. Dabei mochten wir unser Gerümpel. Ich musste altes Spielzeug weggeben und Papa die kaputten Möbel auf den Müll werfen. Papa hat alte Möbel gesammelt, um sie zu reparieren, "wenn er mal Zeit hat". Zeit hatte er nie, aber das Sammeln war wohl auch ganz schön. Mama trennte sich von ihren Papier-Büchern. "Sowas wird nicht mehr hergestellt", sagte sie mit Tränen in den Augen, "naja, wir machen Platz für das Baby."
Ich hätte lieber den Gerümpelraum behalten.
Mama wollte dieses Baby. In den Nachrichten las sie jeden Morgen die Todesanzeigen, um einen Namen zu bestellen.
"Nur schreckliche Namen werden frei", jammerte sie. "Wer will seine Tochter denn Lucia oder Lena nennen? Oder Laura? Wie das klingt ..."
"Das sind die Namen von hundertjährigen Frauen. Was erwartest du in den Todesanzeigen?", fragte Papa.
Zum Glück wurde ein kleines Mädchen von einer Steinlawine verschüttet. Mama rief die Kolonialverwaltung an und bestellte ihren Namen. "Truthhild", verkündete Mama stolz. "Unsere Truthi."
Dann baute sie ein Kinderbett für "unsere Truthi". Papa lackierte es gelb und ich trat rein zufällig dagegen, als der Lack noch feucht war. Papa wurde wütend und schrie mich an, da musste ich dann mal zurückschreien. "Die Kolonie ist viel zu groß, und ihr wollt ein Kind kriegen!"
"Das hast du falsch verstanden. Hier bekommt niemand einfach ein Kind. Wir warten, bis ein Name frei wird und reservieren den. Dadurch bleibt die Kolonie immer gleich groß."
Eigentlich wollte ich ganz viel dazu sagen. Die Sauerstofftanks werden schneller geleert, als wir sie auffüllen können, deswegen können wir die Größe nicht halten. Wir müssen schrumpfen, oder die Kolonie bricht zusammen. Sowas wollte ich sagen, so wie die Gómez in Sachkunde immer.
Stattdessen zuckte ich die Schultern. Es hat keinen Sinn, Mama und Papa sowas zu erklären.

Mama wurde krank und kränker, je länger sie und Papa versuchten, Truthhild zu bekommen. Der Arzt gab ihr dauernd irgendwelche Tropfen. Sie war ständig zur Behandlung und Papa musste sie hinbringen. Ich war alleine zu Hause und langweilte mich. Mama und Papa hatten mehr Spaß gemacht, bevor diese Sache mit "Truthi" anfing. Ich wollte Truthi beenden, also wurde ich selber krank. Das versetzte Mama und Papa in helle Aufregung, ich war nämlich noch nie krank gewesen. Erst blieb Mama bei mir, dann musste sie ins Krankenhaus und Papa blieb mit mir zu Hause. Am zweiten Tag kam der Kolonialwart und wollte wissen, was los war. Mama würde auf der Arbeit fehlen und Papa jetzt auch, Papa wüsste doch, wie die Kolonie jeden brauchte, und Papa wäre doch sowieso schon so langsam, wenn er jetzt noch Pause machte, wie wollte er das jemals aufholen?
Papa erklärte es ihm. Als der Kolonialwart hörte, dass ich krank war, sah er mich merkwürdig an. Ich lag auf der Couch im Wohnzimmer eingekuschelt, damit ich fernsehen konnte. Papa ging in die Küche, um für ihn einen Kaffee zu holen, da kam der Kolonialwart zu mir und beugte sich runter. "Ich weiß, dass du nicht krank bist. Was soll das Theater? Morgen machst du auf gesund, ist das klar?", flüsterte er mir ins Ohr.
"Mir tut der Bauch weh", sagte ich ruhig. "Mir wird der Bauch oft wehtun, wenn ich eine Schwester bekommen muss."
Der Kolonialwart nickte. "Du bekommst keine Schwester, mach dir keine Gedanken. Morgen gehst du zur Schule, sonst komme ich her und hole dich ab."
Er folgte Papa in die Küche, wo die beiden eine Weile redeten, ohne dass ich was verstehen konnte. Ich überlegte, wie viel Angst ich vor dem Wart haben sollte. Sein Sohn Pete war ein fieser Arsch, aber der Kolonialwart nur ein Arsch. Trotzdem ging ich am nächsten Morgen vorsichtshalber in die Schule und schickte Papa zur Arbeit. Mama kam am Nachmittag aus dem Krankenhaus zurück. Sie und Papa redeten lange, irgendwann riefen sie mich dazu, um mir zu sagen, dass ich keine Schwester bekommen könnte. Das freute mich. Außerdem taten sie ganz geheimnisvoll und Papa sagte, er hätte mir eine Überraschung von der Erde bestellt, in ein paar Wochen bekäme ich ein tolles Geschenk. Das freute mich erst recht. Ich wollte gerade erzählen, jetzt wo der Gerümpelraum frei war und frei bleiben würde, dass ich mir vorstellen könnte, ein zweites Spielzimmer daraus zu machen.
Und dann kam Mama und sagte, sie und Papa hätten sich angemeldet, um einen älteren Bruder für mich zu adoptieren. Da hörte ich mit Freuen auf.

Der Bruder hieß Alex und zog in meinen gelben Gerümpelraum. Das einzig Coole an ihm war die gezackte Narbe über der Schläfe. Mama und Papa erlaubten ihm, an den Wänden herumzupinseln. Also kaufte er sich Farbe, bemalte drei Wände mit schwarzen Skeletten und die vierte Wand mit etwas, das wie eine Supernova aussah. Mama und Papa sagten, dass sie sich sowas nicht für ihre Wände ausgesucht hätten, aber dass Alex unheimlich gut zeichnen konnte. Sie lobten viel an ihm herum. Ich sollte nett zu ihm sein, weil er schon so viele Familien durch hatte und es ihm bis jetzt nirgendwo gut gegangen war, sagte Mama.
"Ich finde dein Zimmer potthässlich", sagte ich zu ihm, als es sonst keiner hörte. Alex zuckte nur die Schultern, strich sich mit zwei Fingern über die Narbe und drehte sich weg. Er sprach nicht viel, als er zu uns kam. Meistens blieb er in seinem Zimmer. Zugegeben, er störte nicht so schlimm, wie ich gedacht hatte.
Bis Pete in der Schule mit diesen Witzen anfing. Weil doch jede Familie einen Sohn und eine Tochter hatte, wenn Alex der Sohn wäre, müsste ich das Mädchen sein.
> defense alert;
> run implemented behavior #01;
Ich knallte Pete eine. Bloß dann kamen Theo und Jorge und seine anderen Freunde. Am Ende trat Pete mir in den Magen, in die Rippen und gegen den Kopf, während Theo und Jorge mich festhielten.
Frau Rietmeyer, meine alte Lehrerin aus der Zweiten, ging dazwischen. Da lag ich schon eine Weile auf dem Boden. Sie kreischte rum wegen dem Blut, aber als sie mich erkannte, beruhigte sie sich.
"Tut nicht schlimm weh, oder?", fragte sie.
Ich schüttelte den Kopf. Es tat ein bisschen weh, aber das ging die Rietmeyer nichts an.
"Dann steh auf. Wir gehen zu Doktor Perrera. Dass du nicht nochmal eine Prügelei anfängst! Wehe, du! Hast du das verstanden?" Dabei hat die mich so am Arm rumgezerrt, immer hinter sich her, ich wollte schon sagen, ich bin doch keine Puppe.

Bei Perrera muss man immer lange warten, weil er der Beste ist. Als ich dran kam, wurden mir meterweise Bandagen umgewickelt, ich konnte kaum noch rausgucken. "Deine Eltern dürfen auf keinen Fall darunter sehen, in Ordnung? Für die Verbandwechsel kommst du zu mir", sagte Doktor Perrera. Er war längst fertig, als Mama kam, um mich abzuholen. Sie flatterte ins Zimmer und schlug die Hände vor den Mund, als sie die Verbände sah.
"Machen Sie sich keine Sorgen, das sieht schlimmer aus, als es ist", sagte der Doktor. "Nach dem, was mir erzählt wurde, hat sich Ihr Sohn die Prügel selbst zuzuschreiben."
Zum Glück hört Mama nie bei sowas zu. "Madre mía! Schatz, tut das weh?", rief sie.
"Ja", sagte ich. Es kam vielleicht etwas weinerlicher raus als nötig. Ich ließ mich von Mama in den Arm nehmen, gab ja kaum Zeugen. Über ihre Schulter warf ich Doktor Perrera einen wütenden Blick zu. Der verdrehte die Augen und drohte mir mit dem Finger, aber er grinste dabei. Mama streichelte über meinen Kopf und flüsterte mir zu, dass mein Geschenk angekommen wäre. Ich war noch immer sauer wegen Pete, seinen Freunden und der Rietmeyer, aber auf das Geschenk wurde ich neugierig, das ist ja klar. Ich wollte schnell nach Hause.
"Paar Tage, dann ist wieder alles mit ihm in Ordnung", sagte Doktor Perrera und hielt Mama die Tür auf.
"Doktor Perrera ist ein Netter, findest du nicht?", fragte Mama, als wir draußen waren.
Ich überlegte kurz. "Geht so", antwortete ich.
"Was ist überhaupt passiert? Erzähl mal."

Papa war vor uns zu Hause, dabei hätte er eigentlich Überstunden machen müssen, aber er schafft das nicht so. Er riss die Tür auf, lachte und war ganz albern und lustig, sah mich und erschrak zu Tode wegen der Verbände. Genau wie Mama. Das liegt daran, dass sie keine Ahnung haben, wie schnell ich repariert bin. Nachdem ich erklärt hatte, wie wenig einem der Kopf wehtut, wenn man eine Überraschung bekommt, zog Papa mich in die Küche. Freudestrahlend zeigte er auf einen Kasten, der auf dem Tisch stand. Der Kasten war mit einem dunklen Tuch abgedeckt. Aufgeregt riss ich das Tuch ab - was ein Riesendurcheinander aus Federn, Geflatter und Geschrei auslöste. Es waren Vögel. Große, erschrockene Vögel.
"Wo habt ihr die denn her?", fragte Alex, der in der Tür aufgetaucht war. Er sah ziemlich entsetzt aus. Ich war das auch, entsetzt, aber wenn Alex sie nicht mochte, dann gefielen mir die Vögel aus Prinzip.
"Das sind meine", sagte ich laut.
Papa legte einen Arm um Alex' Schultern. "Das ist ein Geschenk dafür, dass Ben so geduldig war, als Mama ins Krankenhaus musste. Weißt du was, du solltest auch ein Geschenk haben, ein Willkommensgeschenk. Wünschst du dir was Bestimmtes?"
Ich fand es unnötig, dass Alex ein Geschenk bekommen sollte, nur weil er da war. Aber meinetwegen. Er schüttelte den Kopf. "Ich wünsche mir, dass die Viecher nachts leise sind."
Papa lachte. "Nachts schlafen die, morgens könnte ein Problem sein. Das sind bestimmt Frühaufsteher. Sieh mal", er hockte sich vor den Käfig, in dem inzwischen Ruhe eingekehrt war, "die zwei sind ein Pärchen. Man darf sie nie einzeln halten, haben die auf der Erde gesagt. Du hast ein Männchen und ein Weibchen, wie sollen sie heißen?"
Ich betrachtete die Vögel, die dicht aneinandergedrängt auf einer Stange saßen und zurückguckten. Einer war braungrün, der andere schillernd bunt. Die Gurke und ihr Freund. "Pedro und Lieselotte", sagte ich. "Woher weiß ich, wer wer ist?"
"Der Schönere ist immer das Weibchen", versicherte Papa. Mama knuffte ihn in die Seite und lachte.

Zwei Wochen später legte Pedro ein Ei. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, aber Pedro legte das Ei von ihrer Sitzstange aus. Es fiel runter und war sofort kaputt. Trotzdem wollte Pedro ein Nest bauen, rupfte sich Brustfedern aus, jagte Lieselotte durch den Käfig und benahm sich auch sonst sehr anstrengend. Alex und Papa hatten eine Voliere in mein Zimmer gebaut, in der Pedro aufgeregt hin und herflog und ihr Ei suchte. Ich hatte den Schnodder längst weggewischt. Nach vier Tagen legte Pedro ein neues Ei, am fünften Tag war auch das zermatscht.
"Ich glaube, deine Vögel sind zu doof dafür", meinte Alex.
"Sind sie nicht!" Ich hielt Pedro ein Salatblatt hin, aber die ließ sich nicht ablenken. Ihre Brust war nackt und blutig. Der völlig verschüchterte Lieselotte kauerte in einer Ecke und sagte gar nichts mehr.
"Es liegt bestimmt an der Umgebung. Wir wissen nicht, was Pedro braucht, um ein Nest zu bauen und Junge großzuziehen", tröstete Mama mich.
Alex setzte sich an den Computer und fand es heraus. Einen Brutkasten, Nistmaterial und so weiter. "Ist aber egal, in der Kolonie darf Pedro keine Eier haben", stellte er fest. "Kolonialisten dürfen nicht wahllos neue Lebewesen produzieren, man braucht eine Genehmigung. Und deine Vögel sind hier beide gemeldet als 'Mängelexemplare', guck mal." Alex zeigte auf den Bildschirm. Tatsächlich, da waren Fotografien von Pedro und Lieselotte mit ihren Registrationsnummern und dem Vermerk "Fitnessquotient: 0,85 - zur Zucht nicht zugelassen".
"Was soll ich jetzt machen?", fragte ich.
"Ja was?", fragte Mama. "Wir können doch nicht zu Pedro sagen 'verehrte Dame, seien Sie vernünftig'?"
"Nein, wir sollen ihr ein Gipsei geben. Das Gipsei zerbricht nicht und Pedro ist zufrieden. Die echten Eier nehmen wir weg und vernichten sie", erklärte Alex.
"Ja? Lass mich sehen." Ich drängelte Alex vom Bildschirm weg.
"Geht das auch freundlicher?", fragte Mama. "Dein Bruder hat dir eben geholfen und du schubst hier rum, muss das sein?"
>run acquired behaviour #24;
"Tschuldigung." Ich mag es überhaupt nicht, wenn sie sauer wird. "Das Gipsei lässt sich wiederverwenden beim nächsten Mal", las ich. "Die merken nicht, dass sie immer dasselbe Ei untergeschoben kriegen."
"Ist das nicht komisch für Pedro und Lieselotte, wenn sie brüten und es kommt nichts dabei heraus?", wollte Mama wissen.
"Schätze, für die Gipseier ist es auch nicht toll", sagte Alex und schlug mir auf die Schulter.
>security alert;
Ich sah ihn an. "Hier steht, das Bruterlebnis allein zählt."
Alex hatte Gips, von dem er mir was abgab. Er baute Modelle aus dem Zeug. "Hier, musst du mit Wasser anrühren", meinte er.
Ich rollte eine schiefe Gipskugel in der Größe von Pedros Eiern und legte sie zum Trocknen in die Fensterbank. Vielleicht würde Pedro mit dem Gipsei besser zurechtkommen als mit einem echten.

 

Ich darf hinzufügen, dass diese Geschichte für die neue Ausgabe des Magazins GOLEM ausgewählt wurde, das der SFC Thunderbolt bekanntlich seit Jahren in Zusammenarbeit mit kurzgeschichten.de herausgibt. Mehr dazu auf golem.thunderbolt.de. Übrigens sind das Magazin, seine Herausgeber sowie einige Autoren morgen und übermorgen auf der Dortmunder SF-Convention Dort.con anwesend, mehr dazu auf Dortcon.de.

 

Hallo Möchtegern,

Wie das immer so ist, wenn man erst nach dem 20. Kommentar und einer verdienten Empfehlung daherkommt, kann ich nicht mehr viel zu der Geschichte sagen, was nicht schon andere Leser angemerkt haben, aber ich muss auch mal los werden, wie toll ich die finde.

Die Erzählstimme ist wirklich sehr sehr gelungen. Das hat mich beim ersten Lesen sogar erst mal aus dem Konzept gebracht. Es geht ja gleich los mit

> security alert;
> run implemented behavior #18

und da war schon mein erster Gedanke: okay, das ist ein Androidenkind. Aber dann wirkt der Erzähler so sehr wie ein echtes Kind und man gewinnt den so lieb, dass ich den Gedanken erst mal wieder verworfen habe und am Ende überrascht war. Und obwohl das die ganze Zeit auf dieser kindlichen Ebene bleibt, bekommt man die ganzen Hintergründe über den Zwang zur Verkleinerung der Kolonie und all so was mit, ohne dass es wirkt wie mit der Brechstange eingebaut. Das finde ich echt bewundernswert.

Und die Geschichte wirkt auch lange nach – ich hatte die schon vor einer Weile gelesen und war noch nicht zum Kommentar schreiben gekommen. Der Text ist ja eigentlich voller Humor, und ich fand viele Stellen sehr lustig – zum Beispiel die Namenssuche für Truthhild, das ist ja wirklich so, dass es da so Zyklen gibt, wo ein Name eine zeitlang extrem beliebt ist und dann ein paar Jahrzehnte später als absolut unzumutbar gilt, und Namen, die vorher als total altmodisch galten plötzlich wiederkommen. Und über die Namen der Vögel musste ich auch lachen :)

Und trotzdem ist es eigentlich eine traurige oder zumindest melancholische Geschichte.
Ich hab die ganze Zeit nachgedacht, ob diese Methode, den nicht fortpflanzungsberechtigten Kolonisten ein künstliches Kind unterzuschieben, eigentlich netter oder noch viel fieser ist, als die Leute einfach zu sterilisieren. Auf der einen Seite wird das ja für das Wohlergehen der Leute gemacht, und es wird ganz schön viel Aufwand getrieben, um die Illusion aufrecht zu erhalten. Auf der anderen Seite ist es total menschenverachtend, die werden ja auf eine Stufe mit den nicht zur Zucht zugelassenen Vögeln gestellt. Und eigentlich wirkt das umso beklemmender, weil die Geschichte so warmherzig und humorvoll erzählt ist.

Also, größtmögliches Kompliment. Hätte mir einer den Text ausgedruckt gegeben und gesagt, der ist von Philip K. Dick, hätte ich das wahrscheinlich geglaubt. :)

 

Oha, die Geschichte bekam dreimal Lorbeeren in Folge! :)

Hej Quinn,

Ich find das wirklich hervorragend, das ist für mich stilistisch eine der besten Geschichten, die ich im Forum überhaupt je gelesen habe.
Hehe, dieses statement wollte ich am liebsten völlig unkommentiert einfach mal so stehen lassen ... :D

Ja, ich find faszinierend, dass du auf den Stil so abgehst. Ich hab mir da fürchterlich einen abgebrochen mit, und dann hatten die meisten Kommentatoren da gar nichts oder nur sehr knapp was zu gesagt (so im Sinne von "Stil ist gut"/"Sprache holpert nicht"). Erst war ich enttäuscht. Dann hab ich mich auch gefragt, ob der Tonfall des Textes vielleicht gar nicht so weit von meinem "normalen Ton" weg ist - mir kam es zwar so vor, aber das kann ja auch Einbildung sein. Schließlich hab ich es mir so gedreht, dass die Sprache dem Leser im Idealfall überhaupt nicht auffällt. :D

natürlich ist das eine Kunstsprache, Kinder sind nicht soo clever – aber der Trick in der Geschichte ist es ja, diese Kunstsprache durch den Inhalt zu legitimieren.
Kunstsprache, ja. Ich hatte mir auch vorgenommen, FALLS jemand was Negatives zur Sprache sagt à la "klingt unecht", SOFORT zu schreien, dass es sich ja nicht um ein echtes Kind handelt und deswegen darf die Sprache sein, wie sie ist ... wobei das trotzdem nur eine Ausrede gewesen wäre. Wenn ich mit einer "echten" Kinderstimme schreiben könnte und es sich immer noch gut gelesen hätte, dann hätte ich das gemacht.

Das ist ein Stil hier, der natürlich nicht durch Metaphern oder besonders schöne Ausdrücke punktet,
Müsste ich mir eigentlich mal als Hausaufgabe nehmen. Metaphern und "schöne Ausdrücke". Das ist auch außerhalb dieses Textes nicht so richtig meins. Sollte geübt werden.

Da heißt es immer: Ja, warum denn keine Adjektive, warum denn keine Füllwörter, warum willst du das verbieten? Ja, weil wenn man es weglässt, man so einen dynamischen Text wie den hier hinkriegt. Weil das halt eine so schlanke, tolle Prosa gibt – das ist ja auch nicht karg, also es bleiben Adverben drin, aber die sind in kurzen, abwechslungsreichen Sätzen.
Füllwörter sind da doch auch? Und immerhin ein paar Adjektive? Ich glaube, der Text wirkt schlanker, als er ist. :) Als würde er schwarz tragen. Liegt vielleicht alles am Satzbau.

Und irgendwie ist das was, das wir süß finden, dass ein Kind wirklich meint, es hätte die Kontrolle über sein Umfeld. War in „Blind Side“, hab ich neulich gesehen, auch so, da ist ein Knirps, der dann mit den Footballmanagern verhandelt, wo sein Adoptivbruder spielen soll.
Jaaaa! "Enough with these rugby shirts, you look like a giant bumblebee."
Genau wie den Kleinen stell ich mir meinen Erzähler vor.

also der ganze Text ist, für mich, nur zu verstehen mit den Gipseiern, dass man sagt: Man hat hier diese Leute, Mama und Papa, die brauchen eine Perspektive, die brauchen ein Kind, damit ihr Leben nicht sinnlos ist – aber fortpflanzen lassen können wir die nicht, zu schlechte Gene, und der Platz ist zu wertvoll, im Käfig gibt’s auch nur Platz für zwei Vögel, aber wir erkennen diesen Instinkt an und halten die beiden „artgerecht“ und geben ihnen halt ein Androiden-Kind zum Spielen.
Du sprichst dem Autor aus der Seele. Genau der Absatz aus deinem Komm hat mich stundenlang grinsen lassen.

also für mich war Alex nicht ein weiterer Android, sondern der war für mich wirklich so ein „Strafkolonist“, der da hingeschickt wurde, um dann seinen eigenen Käfig zu bewohnen.
Ich glaube, da ist auch nichts zwingend vorgegeben im Text. Ob man Alex als Android liest oder als normales Kind/normalen Jugendlichen – das geht beides ganz gut, denke ich. Das lässt sich beides stimmig reininterpretieren.

Vielleicht sind die da sterilisiert worden sogar, oder sie tun was sterilisierendes ins Trinkwasser.
Hier kommst du sogar auf einen Gedanken, den ich tatsächlich auch hatte, den ich aber soooo verschlüsselt hatte – darauf kann ein Leser NUR durch meinen Text eigentlich nicht kommen, das wirst du irgendwo anders herhaben. Ich hatte mir das so vorgestellt, dass die „Tropfen“, die die Mutter da während ihrer Bemühungen mit dem Vater verschrieben bekommt, in Wirklichkeit eine chemische Sterilisation sind. Ich würde das auch gerne auserzählen im Text oder zumindest die Andeutungen in der Richtung verstärken, aber es ergibt nicht so richtig viel Sinn, dass diese Erzählfigur hier darüber Bescheid weiß. Oder es könnte sich ziemlich konstruiert lesen, wenn er es weiß und es dem Leser erzählt.

Mit dem etcetera-Prinzip, dass ein Leser so viel übersehen kann und trotzdem den Text liest, in der Hoffnung der Rest ergibt sich schon noch (also warum nicht jeder nach 1 Zeile sieht das ist ein Android, obwohl da diese Befehlszeilen stehen):
Das hab ich neu gelernt jetzt. Jetzt hat dieser Mechanismus einen Namen, ab jetzt kann ich den viel bewusster einsetzen. Danke dafür!

Was das Problem mit dem doppelten Boden angeht, ob ein Leser den findet oder nicht, ob ich als Autor eine hübschere Schublade drumherum hätte bauen müssen – okay. Ich weiß es nicht. Ich komme zu dem Ergebnis, ich bin als Autor einfach nicht so genial, dass der Text von unterschiedlichen Lesern so verstanden wird, wie ich den angelegt hatte. Aber immerhin von einigen. Und das macht mich stolz.

Überhaupt liest sich dein Komm so euphorisch, den werde ich mir ausdrucken und den nächsten, der an meinen literarischen Ergüssen rummäkelt, einfach damit erschlagen. :D

Großes Kompliment für die Geschichte
DANKE! :O)

Hej feirefiz,

also ich weiss auch nicht, warum ich so lange um die Geschichte rumgeschlichen bin, ohne sie ueberhaupt anzulesen. Weil sie in SciFi steht? Weil die Kommentatoren verwirrt waren? Weil mir Deine letzte Geschichte mit der Frau und dem aPhone nicht so gut gefallen hat?
Bis auf den Rubrikensnobismus sind das alles rechtschaffene Gründe :P

Ob ich auch ohne die Kommentare verstanden haette, worum es da geht? Ich behaupte einfach mal: ja. Warum sollte das Alabasterei sonst so prominent am Ende stehen. Da macht man sich als Leser doch auf die Suche, wenn da was so rumsteht. Und es gibt ja auch vorher Hinweise.
Äh, genau, ich brauch unbedingt für meine persönliche Wohlfühl-Statistik mehr Kommentatoren, die es durch und durch und ohne Probleme alles gecheckt haben. :D Also, falls jemand fragt: fiz hat es gleich gewusst! Und es war einfach zu sehen, ne?

Was mir aber am besten gefallen hat, da muss ich Quinn recht geben, ist die Kinderstimme. Weil das echt schlimm und peinlich ist, wenn die schief gehen. Das geschieht m.E. vor allem, wenn man da in die Niedlichkeitsfalle tapst.
Volle Zustimmung, da kenn ich auch einige abschreckende Beispiele. Auf der Suche nach Vorbildern, wo die Kinderstimme gut klappt und nicht peinlich ist, hab ich dein Trinkpäckchen mehrfach gelesen. Ich wollte da irgendwas draus klauen, das hat aber nicht funktioniert, weil die Sachen, die ich da toll fand (Gesichtswurst und Kunststoffplacken, braune Apfelviertel und schweinsnasige Freundinnen und sowas) nicht meine Kragenweite sind. Solche Beobachtungen les ich gern, aber selber schreiben passt nicht richtig. Dann musste ich mir doch irgendwas Eigenes ausdenken.

Natuerlich ist das auch keine "authentische" Kinderstimme. Das ist alles zu clever, zu sarkastisch, zu praezise getimt (wie schreibt man das, sieht komisch aus). Ist aber ziemlich wurscht, wenn es sich cool liest. Und es ist ja nunmal eh kein Durchschnittskind.
Nein, das ist ganz sicher nicht authentisch. Ich wüsste nicht, wie man sowas hinbekommen soll, wenn man nicht gerade selbst zehn Jahre alt ist. Und will man als Erwachsener was von einem Zehnjährigen lesen (wenn man nicht mit dem verwandt oder verschwägert ist)?

Also doch, sehr schoene Geschichte, originell und gut gemacht und damit zurecht empfohlen.
Danke für das Lob :O)

Hi Perdita,
wo hast du denn die letzten Monate rumgesumpft?

aber ich muss auch mal los werden, wie toll ich die finde.
Dankeschön. Freut mich wirklich sehr. :O)

und da war schon mein erster Gedanke: okay, das ist ein Androidenkind.
Ahaaa! Hurra! Bei dir hat das tatsächlich so geklappt? Ich war vor dem Posten so dermaßen davon überzeugt, dass jedem Leser gleich bei diesem Einschub klar sein müsste „klar, Andi/Robo“. Und dann kam es ganz anders. Und du hast die Idee auch erstmal wieder verworfen. Seltsam seltsam. (Glücklicherweise hattest du am Ende dann gleich den „richtigen“ Dreh … also ich zähl dich auch als einen der Kommentatoren, die den Text ohne „Interpretationshilfe“ aus meinen Erklär-Komms gleich durchschaut haben … sollte ich falsch liegen, lass mir bitte die Illusion :D )

zum Beispiel die Namenssuche für Truthhild, das ist ja wirklich so, dass es da so Zyklen gibt, wo ein Name eine zeitlang extrem beliebt ist und dann ein paar Jahrzehnte später als absolut unzumutbar gilt, und Namen, die vorher als total altmodisch galten plötzlich wiederkommen.
Ja, ganz genau das ist mir auch bewusst geworden, als ich mitbekommen habe, wie frischgebackene Eltern heutzutage nach Namen suchen. Und die kamen mit Sachen an – ich hab das immer erst für einen Scherz gehalten. Und die meinten das aber ernst. Die Generation Truthhild wächst glaub ich gerade heran.

Ich hab die ganze Zeit nachgedacht, ob diese Methode, den nicht fortpflanzungsberechtigten Kolonisten ein künstliches Kind unterzuschieben, eigentlich netter oder noch viel fieser ist, als die Leute einfach zu sterilisieren. Auf der einen Seite wird das ja für das Wohlergehen der Leute gemacht, und es wird ganz schön viel Aufwand getrieben, um die Illusion aufrecht zu erhalten. Auf der anderen Seite ist es total menschenverachtend, die werden ja auf eine Stufe mit den nicht zur Zucht zugelassenen Vögeln gestellt.
Ich hab gehofft, dass sich der eine oder andere Leser Gedanken genau dieser Art macht. Ich hab mich das auch gefragt und wüsste nicht richtig, wie ich das einschätzen sollte. Ist das System da jetzt nett und weise oder ist es das größtmögliche Grauen?

Also, größtmögliches Kompliment. Hätte mir einer den Text ausgedruckt gegeben und gesagt, der ist von Philip K. Dick, hätte ich das wahrscheinlich geglaubt. :)
Wow. :O)

Danke für deinen Kommentar!

 

Hey Möchtegern,

hab ja gesagt, dass ich noch was zu dem Text schreibe - hat jetzt ewig gedauert und was wirklich neues wird wohl auch nicht bei rumkommen :)

Meine Eltern haben gelacht und gesagt, ich meinte natürlich kleine Schwester. In Wirklichkeit meinte ich: Ich will überhaupt nichts. Man sollte meinen, meine Eltern hatten mit einem Sohn genug. Wir kommen zu dritt sehr gut zurecht.
Das ist schick, dieser kindliche Trotz gegen Geschwister, dieses, ich bin doch genung für euch, ihr braucht nicht mehr als mich, wir sind doch eine Familie. Das ist überhaupt das Tolle an diesem Text für mich, dass der Erzähler auf der einen Seite so echt kindlich rüberkommt, mit kindlichen Gedanken und kindlicher Sprache und gleichzeitig immer dieses kalte Analytische durchschlägt, so hier und da und dann die Andeutungen, die sich so toll zusammenfügen.

Mama wollte dieses Baby. In den Nachrichten las sie jeden Morgen die Todesanzeigen, um einen Namen zu bestellen.
"Nur schreckliche Namen werden frei", jammerte sie. "Wer will seine Tochter denn Lucia oder Lena nennen? Oder Laura? Wie das klingt ..."
"Das sind die Namen von hundertjährigen Frauen. Was erwartest du in den Todesanzeigen?", fragte Papa.
Zum Glück wurde ein kleines Mädchen von einer Steinlawine verschüttet. Mama rief die Kolonialverwaltung an und bestellte ihren Namen. "Truthhild", verkündete Mama stolz. "Unsere Truthi."
Das ist auch super. Dieses unterschwellig Boshafte. Weil es ist ja fies, sich über den Tod eines Mädchens zu freuen und doch bringt einen das System dazu, weil das eigene Glück, Kinder zu bekommen, irgendwo auch vom Unglück anderer abhängt. Gerade weil das mit der Bevölkerungsgrenze so reinhaut. Kann man sich fast vorstellen, die sitzen im Vorgarten und beschauen sich die Nachbarn und überlegen, dass es doch irgendwie schickwäre, wenn da das kleine mädchen vom Auto erwischt wird, oder eben von einer Lawine. Und gleichzeitig lässt sich dieses System halt sehr gut nachvollziehen, mit diesem Problem, dass die Station halt kein Wachstum verträgt. Das ist toll eingefangen, dass unsere Natur, sich da eigentlich mit der Notwendigkeit der Technik beißt. Weil wir sind ja biologisch auf Wachstum hin gerichtet, weil früher halt viel mehr wegstarben und wenn das immer weniger wird, gleichzeitig aber die Ressourcen begrenzt sind, dann haben wir letztlich auch ein Problem. Ist ja auch ein Thema, dass durchaus schon jetzt Relevanz hat - was du ja auch schon bei der letzten Geschichte, die ich von dir gelesen habe hattest, dieses Verarbeiten von aktuellen Sachen in einer SF-Geschichte. Macht Spaß sowas zu lesen, auch als nicht Genre-Fan. (Ist schon lustig, dass man sich immer bemüssigt fühlt darauf hinzuweisen, dass man sich da und da nicht auskennst, weil man Angst hat Fehler deswegen zu machen und als depp da zustehen)

"Das hast du falsch verstanden. Hier bekommt niemand einfach ein Kind. Wir warten, bis ein Name frei wird und reservieren den. Dadurch bleibt die Kolonie immer gleich groß."
Hier hab ich ein wenig zu sehr das Gefühl, dass das an den Leser gerichtet ist. Weil für einen wütenden Vater klingt das sehr abgebrüht. Gerade durch dieses Erklärende.

"Die Kolonie ist viel zu groß, und ihr wollt ein Kind kriegen!"
Da ist dieses Analytische. Der ruft nciht, ich will nicht, dass ihr ein kind bekommt oder so, sondern der gibt auch gleich einen rationalen Grund, keinen emotionalen. Das ist irgendwo auch kalt und das mag ich, diesen Gegensatz.

Es hat keinen Sinn, Mama und Papa sowas zu erklären.
Das ist irgendwo sehr kindlich, dieser Glaube, dass die Eltern das halt nicht verstehen, aber hier ist es halt so, dass das tatsächlich stimmt. Weil der Erzähler einfach mehr weiß.

"Ich weiß, dass du nicht krank bist. Was soll das Theater? Morgen machst du auf gesund, ist das klar?", flüsterte er mir ins Ohr.
"Mir tut der Bauch weh", sagte ich ruhig. "Mir wird der Bauch oft wehtun, wenn ich eine Schwester bekommen muss."
Der Kolonialwart nickte. "Du bekommst keine Schwester, mach dir keine Gedanken. Morgen gehst du zur Schule, sonst komme ich her und hole dich ab."
Die Stelle mag ich. Weil da der Erzähler halt auch Macht hat. Klar, der Wart ist in der besseren Position, der kann den einfach abholen. Aber dann besteht halt auch die Gefahr, dass die Lüge auffällt und deshalb kann das der Erzähler machen, mit diesem Kranksein drohen und der Wart gibt nach bzw. willigt ein, weil es für ihn auch passt, wenn die Eltern keine Tochter bekommen.

Da hörte ich mit Freuen auf.
Das ist sehr schlicht und fängt doch gut dieses Schockmoment ein. Das passt echt gut.

aber als sie mich erkannte, beruhigte sie sich.
Das ist halt auch krass. Weil das hast du ja auch drin. Dass da ein Roboter sehr menschlich wird, aber für alle, die das wissen, ist das eigentlich irrelvant, der ist halt nur eine Maschine, seine Schmerzen etwa werden nicht ernstgenommen, seine Gefühle eigentlich auch nicht. Ist halt diese Frage, ab wann müssen wir Robotern eine eigene Würde zugestehen.

"Deine Eltern dürfen auf keinen Fall darunter sehen, in Ordnung? Für die Verbandwechsel kommst du zu mir", sagte Doktor Perrera.

as liegt daran, dass sie keine Ahnung haben, wie schnell ich repariert bin.
Wieder diese kleinen Hinweise, die so ganz beiläufig fallen und ganz natürlich. Gerade diese Wortwahl repariert ist da gut getroffen.

Er sah ziemlich entsetzt aus. Ich war das auch, entsetzt, aber wenn Alex sie nicht mochte, dann gefielen mir die Vögel aus Prinzip.
Da ist wieder dieses Kindliche drin, das Spannungsfeld ist da wirklich gut gehalten. Ich weiß ich wiederhole mich. :)

Und dann die Vogelsache. Erst dachte ich ja, die sei etwas viel des guten, etwas zu aufdringlich in der Botschaft. Aber finde ich jetzt nicht mehr. Die ist echt toll, weil das so eine Parabel auf die restliche Geschichte ist, da wird alles nochmal im kleinen gespiegelt, was vorher schon drin war. Dieser verzweifelte Wunsch nach Kindern, dieses Scheitern, weil die Bedingungen nicht stimmen und dieses Urteil, ihr dürft gar keien kinder bekommen, weil ihr biologisch zu schlecht seit. Diese Entscheidung da von Außen, wir bestimmten über euren Nachwuchs, das ist schon ein krasser Eingriff. Und dann halt das Gipsei, das ist eben genau das gleiche wie mit dem Erzähler. Die Eltern merken das nicht, das Bruterlebnis ist gewährleistet und alles ist super. Und doch irgendwo total unethisch. Weil das halt Betrug ist in einer Hinsicht, die echt heftig ist.

Vielleicht würde Pedro mit dem Gipsei besser zurechtkommen als mit einem echten.
Das würd ich raus nehmen, das ließt sich etwas nach: und die Moral von der Geschicht ...
Den Gedanken kann man als Leser selber haben oder nicht, ohne das es der Geschichte einen Abbruch tun würde.

Also was soll ich noch sagen, Hut ab, tolle Arbeit. Gern gelesen. Sprache kann ich nicht so loben (also nciht weil sie nicht gut wäre, sondern, weil ich da keine Beweisgründe anführen kann bzw. mir das schwer fällt und ich zu faul bin :)), da ist Quinn besser drin. :P

Gruß,
Kew

 

Hallo zum zweiten,

Ahaaa! Hurra! Bei dir hat das tatsächlich so geklappt? Ich war vor dem Posten so dermaßen davon überzeugt, dass jedem Leser gleich bei diesem Einschub klar sein müsste „klar, Andi/Robo“. Und dann kam es ganz anders. Und du hast die Idee auch erstmal wieder verworfen. Seltsam seltsam. (Glücklicherweise hattest du am Ende dann gleich den „richtigen“ Dreh … also ich zähl dich auch als einen der Kommentatoren, die den Text ohne „Interpretationshilfe“ aus meinen Erklär-Komms gleich durchschaut haben … sollte ich falsch liegen, lass mir bitte die Illusion )

Nein, du liegst nicht falsch :)

Es ist mir klar geworden, bevor ich die Kommentare gelesen habe. Meine Interpretation hat sich halt beim Lesen verändert - bei dem Einschub dachte ich gleich Android, aber dann haben ein paar Sachen so menschlich gewirkt - wie zum Beispiel das "rein zufällig" gegen das Kinderbett treten :D. Da dachte ich, vielleicht bekommen die Kolonisten irgendwelche Verhaltensmuster einprogrammiert, sind aber trotzdem noch Menschen.
Als der Arzt sagt, dass die Eltern nicht unter die Verbände sehen dürfen, war ich mir schon wieder ziemlich sicher, dass die erste Interpretation richtig ist, und durch das Vogelpärchen wurde es für mich dann total eindeutig.

Den Alex habe ich übrigens auch als Menschen gesehen, der allerdings bescheid weiß. Wegen dem Kommentar

"Schätze, für die Gipseier ist es auch nicht toll", sagte Alex und schlug mir auf die Schulter.

Wenn er selbst ein "Gipsei" wäre, dann würde er ja wissen, wie das ist :)

Grüße von Perdita

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Möchtergern,

Mir hat das auch ziemlich gut gefallen. Ich hab das so gelsen, und wollte sagen, ja, schön erzählt, und dann was les ich hier ... der Erzähler ist ein Roboter und so, die Eltern sind auch nicht fit genug … hast du etwa dieses nervige Zeichen Zeug überlesen? Also ich glaube, das ist ein Reflex, wenn ich Error Repeat 39832908e fjfj sehe – dann les ich drüber und denk: Ach fick dich doch, wo kann ich weiterklicken? Und das führt dann zu keinem Gedanken, der irgendwo fruchtbar ist. Das andere ist: die Parallele mit den Vögeln und dem Brüder ist hier voll offensichtlich ... also man meint dann etwas entdeckt zu haben, auch wenn man es nicht entdeckt hat ... das ist wie: Die Polizei kommt und ich versteck 50 Tausend in dem Safe hinter dem Bild und die finden es und sind glücklich und gehen. Dabei ist der Schrank, der nur so dasteht, zu 100% aus Koks. Der ist sogar weiß und riecht danach und die Hunde schlecken daran und grinsen komisch, aber die Polis checkens trotzdem nicht. So ungefähr ist die Geschichte glaub. Das und all das was Quinn sagt. Also ich find das lustig, was der über Smartphones sagt ... ich hab auch keinen und ich sag das auch immer: ein Iphone wär mein Untergang. Die Leute gucken komisch, wenn ich das sag, aber ich glaub ein Smartphone würde mich wirklich ruinieren. In letzter Zeit suche ich nur noch Cafes auf, die kein Netz haben, wenn ich was schreiben will, damit ich kein Internetzugang auf meinem Laptop hab. Und ich muss sagen, das klappt wunderbar, ich überlege mir sogar, ob ich das jetzt immer machen soll. Nur noch dort schreiben, wo kein Netz ist.
Also ja … die Kinderstimme ist wirklich gut, so ein nerviges kleines Kind, das Aufmerksamkeit will und nein keine Geschwister, die mir Konkurrenz machen, und MEINS! und so … kannst du gut. Und dann halt viele kleine prägnante Sätze, die kluge Sachen verpacken und aus der Masse herausstechen, das ist so dein Stil, der hält einem bei der Stange. So was zum Beispiel:

Bei Perrera muss man immer lange warten, weil er der Beste ist.

Man denkt eigentlich anders beim Arzt, aber ist ja logisch.

Vielleicht les ich die auch nochmal.

MfG,

JuJu

 

Sehr schöne Geschichte, die ich mit Vergnügen gelesen habe.

Wahrscheinlich bin ich nicht der einzige, der beim ersten Durchlesen am Ende erst mal "Hä?" gedacht und die letzten Zeilen nach irgendeiner tieferen Bedeutung durchforstet hat. Dann die Kommentare überflogen und langsam dämmerte es. Die Spoiler habe ich nicht gebraucht, aber beim Hinweis auf eine Parallele Vögel <-> Menschen hat es dann "Klick" gemacht.

Auch die Idee mit den "Programmroutinen" des Roboters gefiel mir gut.

Mir gefallen solche Rätselgeschichten. Mehr davon ;)

Gruß
voyageur

 
Zuletzt bearbeitet:

Sag mal ... antwortest du nicht mehr auf Kritiken? Ich warte auf deinen Ruckruf, Frau Moechtergern! Nein jetzt ernsthaft, ist das arg egozentrisch von mir, wenn mir langsam der Verdacht kommt, das haette iwas mit mir zu tun, oder wie ist das jetzt? (Du wirst jetzt hundert pro mit ja antworten, das hat nichts mit dir zu tun, du Ego, aber egal, ich habs hingeschrieben, auch wenn ich mich dadurch angreifbar mache und deine Antwort schon kenne - (siehst du, das unterscheidet uns)
Und aber der arme Voyageur und der Kew lechzen bestimmt auch nach einer Antwort, das weiss ich. Also: was geht? Das ist unhöflich.

 
Zuletzt bearbeitet:

Jaaa, Danke, der Arschtritt war echt nötig, wie's aussieht. Ich hab nichma ne coole Ausrede. Sowas wie "Wifi-Verbindung war so wackelig im Mount Everest Basis-Lager, bin erst seit gestern wieder Teil der Zivilisation". Oder so.


Hi Kew,

Ich hab über großen Teilen deines Komms jubiliert und immer gedacht "yeah, genauso wolltest du das haben", so mit einer Art Checkliste im Kopf und immer abgehakt "Persönlichkeit des Erzählers - hat geklappt, Eifersuchtsproblem - hat geklappt, Boshaftigkeit der Geburtenkontrolle - hat geklappt ...".
Ich weiß, ich sollte meine Texte nicht so angehen, aber ich grinse immer wie ein Honigkuchenpferd, wenn Teile der Geschichte so beim Leser ankommen, wie ich mir die ausgemalt hatte.

Weil es ist ja fies, sich über den Tod eines Mädchens zu freuen und doch bringt einen das System dazu, weil das eigene Glück, Kinder zu bekommen, irgendwo auch vom Unglück anderer abhängt. Gerade weil das mit der Bevölkerungsgrenze so reinhaut. Kann man sich fast vorstellen, die sitzen im Vorgarten und beschauen sich die Nachbarn und überlegen, dass es doch irgendwie schickwäre, wenn da das kleine mädchen vom Auto erwischt wird, oder eben von einer Lawine.
Daraus hätte man eigentlich eine interessante Szene basteln können, das stimmt. Die Eltern hätten natürlich nie zugegeben, dass sie sowas denken, überhaupt hätte kein Erwachsener vor sich selbst eingestehen können, dass man auf das Unglück (= den Tod) anderer hofft ...

Und gleichzeitig lässt sich dieses System halt sehr gut nachvollziehen, mit diesem Problem, dass die Station halt kein Wachstum verträgt. Das ist toll eingefangen, dass unsere Natur, sich da eigentlich mit der Notwendigkeit der Technik beißt. Weil wir sind ja biologisch auf Wachstum hin gerichtet, weil früher halt viel mehr wegstarben und wenn das immer weniger wird, gleichzeitig aber die Ressourcen begrenzt sind, dann haben wir letztlich auch ein Problem. Ist ja auch ein Thema, dass durchaus schon jetzt Relevanz hat
Ist Genre-bedingt kein besonders originelles Thema, fürchte ich, aber mich interessiert das. Ich hab mal mit einer Chinesin zusammengewohnt, für die war Geburtenkontrolle halt was ganz normales, und sie hat mich gefragt, wie meine Eltern sich das eigentlich leisten konnten, drei Kinder in die Welt zu setzen (ja, es gibt Chinesen, die annehmen, überall auf der Welt wird Kinderkriegen so gehandhabt wie in China ... oder zumindest gab es eine). Und ich wirklich erstmal HÄ und wusste gar nicht, wovon die geredet hat (ja, ich hab da auch ganz langsam geschaltet).

(Ist schon lustig, dass man sich immer bemüssigt fühlt darauf hinzuweisen, dass man sich da und da nicht auskennst, weil man Angst hat Fehler deswegen zu machen und als depp da zustehen)
Da ist ne Menge dran vor allem in Bezug auf Genre, seit ich das von dir gelesen habe, fällt es mir dauernd auf. An anderen und an mir selbst. Ich seh gern die Superhelden-Verfilmungen, die seit ein paar Jahren so gut im Kino laufen, aber wenn ich mich mit jemandem darüber unterhalte, schiebe ich reflexartig mit ein "die Comics hab ich nicht gelesen, ich weiß nicht, wie das in der Vorlage ...".

Hier hab ich ein wenig zu sehr das Gefühl, dass das an den Leser gerichtet ist. Weil für einen wütenden Vater klingt das sehr abgebrüht. Gerade durch dieses Erklärende.
Ja erwischt, das ist an den Leser gerichtet. Irgendwie muss das rein. So plump fand ich die Stelle beim Schreiben gar nicht, aber wenn sie dir sauer aufstößt - okay, vielleicht wär das eleganter gegangen.

Das ist halt auch krass. Weil das hast du ja auch drin. Dass da ein Roboter sehr menschlich wird, aber für alle, die das wissen, ist das eigentlich irrelvant, der ist halt nur eine Maschine, seine Schmerzen etwa werden nicht ernstgenommen, seine Gefühle eigentlich auch nicht. Ist halt diese Frage, ab wann müssen wir Robotern eine eigene Würde zugestehen.
Ja zu allem. Ich hatte vor dem Posten noch die Befürchtung, dass mir ganz viele Kritiker vorwerfen würden "kenn ich alles schon aus A. I." - aber, komisch komisch, mit dem Film ist bisher wirklich gar keiner angerückt.

Wie du die Vogelparallele dann gelesen hast, dafür hab ich Luftsprünge gemacht. Das war so das, was ich mir für den Text erhofft hatte, und was ja nur sehr unzuverlässig funktioniert hat (sprich: was bei dem einen oder anderen Leser gründlich in die Hose ging).

Das würd ich raus nehmen, das ließt sich etwas nach: und die Moral von der Geschicht ...
Den Gedanken kann man als Leser selber haben oder nicht, ohne das es der Geschichte einen Abbruch tun würde.
Meh, schon wieder erwischt. Den Satz habe ich drangeklebt, weil ich durch Flieges feedback auf den Trichter kam, die vorigen Sätze sind kein vernünftiges Ende. Ich mag den Satz da nicht wieder wegnehmen, die Sätze vorher sind tatsächlich miese Schlusssätze. Aber: jo, nicht zu leugnen, das ist drangefriemelt.

Freut mich, dass es dir im Großen und Ganzen gefallen hat und danke für die ausführliche Analyse!


Hallo Perdita,

Da dachte ich, vielleicht bekommen die Kolonisten irgendwelche Verhaltensmuster einprogrammiert, sind aber trotzdem noch Menschen.
Hm, das ist auch ein naheliegender Gedanke, muss ich zugeben. *kopfkratz*

Den Alex habe ich übrigens auch als Menschen gesehen, der allerdings bescheid weiß. Wegen dem Kommentar

Zitat:
"Schätze, für die Gipseier ist es auch nicht toll", sagte Alex und schlug mir auf die Schulter.
Wenn er selbst ein "Gipsei" wäre, dann würde er ja wissen, wie das ist

Einleuchtend. Von mir anders geplant, aber das kann man so lesen, klar, hast Recht. (Ich dachte an der Stelle eher an so eine Verbrüderungsgeste, so ein "hey, wir sitzen im selben Boot".) Aber ob ein Leser Alex jetzt als Mensch liest oder als Andi - das find ich beides ganz gut als Interpretation, passt beides gut in die Geschichte hinein.

Danke für die Rückmeldung!


Hi voyageur,

Sehr schöne Geschichte, die ich mit Vergnügen gelesen habe.
Das freut mich :)

Wahrscheinlich bin ich nicht der einzige, der beim ersten Durchlesen am Ende erst mal "Hä?" gedacht und die letzten Zeilen nach irgendeiner tieferen Bedeutung durchforstet hat. Dann die Kommentare überflogen und langsam dämmerte es. Die Spoiler habe ich nicht gebraucht, aber beim Hinweis auf eine Parallele Vögel <-> Menschen hat es dann "Klick" gemacht.
Ja, der Text hat irgendwie ein Problem, dass man als Leser erst über die Komms gehen muss, bevor es das "Klick" gibt, ist ja nicht so schön. Wenigstens konntest du dir die Spoiler sparen (wenn ich meine Antworten in diesem Faden durchlese - und in den Spoilern war ich am schlimmsten -, gehe ich mir ganz gehörig selbst auf die Nerven: Ein übler Teil von mir versucht immer den Leser am Schlafittchen zu packen und ihm ins Gesicht zu schreien, wie man meinen Text zu lesen hat. Furchtbar. Ich versuche es mir abzugewöhnen, aber ... naja ... da geht immer eine Menge zwischen Hirn und Tastatur verloren :D)

Danke für den Komm.


Hi Juju,

Also ich glaube, das ist ein Reflex, wenn ich Error Repeat 39832908e fjfj sehe – dann les ich drüber und denk: Ach fick dich doch, wo kann ich weiterklicken?
Jo, mach ich ganz genauso. Trotzdem hab ich erwartet, dass Leser es in meinem Text anders machen. Ist ein bisschen schizo, das fällt mir auch gerade auf.

Das andere ist: die Parallele mit den Vögeln und dem Brüder ist hier voll offensichtlich ... also man meint dann etwas entdeckt zu haben, auch wenn man es nicht entdeckt hat ... das ist wie: Die Polizei kommt und ich versteck 50 Tausend in dem Safe hinter dem Bild und die finden es und sind glücklich und gehen. Dabei ist der Schrank, der nur so dasteht, zu 100% aus Koks. Der ist sogar weiß und riecht danach und die Hunde schlecken daran und grinsen komisch, aber die Polis checkens trotzdem nicht. So ungefähr ist die Geschichte glaub.
Erstens mal danke für das geile Bild, darüber hatte ich echt gelacht gehabt.
Und zweitens: klingt plausibel, das war ein Augenöffner, daran kann das gelegen haben. Vielleicht ist das wirklich der Mechanismus, der beim Lesen abläuft und den Text an die Wand fährt. Ich hab mir so den Kopf drüber zerbrochen. Wenn du und Quinn Recht haben, hat der Text gleich mehrere Probleme, die einen Leser in die Wüste schicken:
1) etcetera-Prinzip (tapfer überlesen, irgendwann wird's schon Sinn ergeben)
2) verstärkt dadurch, dass der Pseudocode wie der nervige Zeichensalat einer Fehlermeldung aussieht, die man sowieso nie liest
3) "man meint etwas entdeckt zu haben, auch wenn man es nicht entdeckt hat"
Dazu könnte noch kommen:
4) Text steht im Internetforum und hier liest man nur oberflächlich
und
5) Autor ist halt irgendsoein Möchtegern, dem man einen doppelten Boden nicht zutraut.
Beim vierten Punkt bin ich mir nicht sicher, gerade hier im Forum zeigen ja immer wieder Kommentare, wie genau manche User manchen Text lesen.
Und fünftens gefährdet mein Ego.
Aber die ersten drei Punkte treffen zu.

Das und all das was Quinn sagt. Also ich find das lustig, was der über Smartphones sagt ... ich hab auch keinen und ich sag das auch immer: ein Iphone wär mein Untergang. Die Leute gucken komisch, wenn ich das sag, aber ich glaub ein Smartphone würde mich wirklich ruinieren.
*high five*
Same here.

In letzter Zeit suche ich nur noch Cafes auf, die kein Netz haben, wenn ich was schreiben will, damit ich kein Internetzugang auf meinem Laptop hab. Und ich muss sagen, das klappt wunderbar, ich überlege mir sogar, ob ich das jetzt immer machen soll. Nur noch dort schreiben, wo kein Netz ist.
Jo, dann kann man nicht alle dreißig Sekunden emails checken, während es mal wieder nicht vorangeht. Leider sind die anderen Menschen in Cafes so nervig. Besonders nervig die Attitüde von anderen Menschen mit Laptop. Ich hoffe noch darauf, dass in meiner Nachbarschaft mal ein Cafe aufmacht und so schlechten Kaffee braut, dass ich der einzige Kunde bin - dann schreib ich wieder viel mehr.

---

Sag mal ... antwortest du nicht mehr auf Kritiken? Ich warte auf deinen Ruckruf, Frau Moechtergern! Nein jetzt ernsthaft, ist das arg egozentrisch von mir, wenn mir langsam der Verdacht kommt, das haette iwas mit mir zu tun, oder wie ist das jetzt? (Du wirst jetzt hundert pro mit ja antworten, das hat nichts mit dir zu tun, du Ego, aber egal, ich habs hingeschrieben, auch wenn ich mich dadurch angreifbar mache und deine Antwort schon kenne - (siehst du, das unterscheidet uns)
Und aber der arme Voyageur und der Kew lechzen bestimmt auch nach einer Antwort, das weiss ich. Also: was geht? Das ist unhöflich.
Ja, hast Recht. Ich schäme mich auch. Zumal ich keine echte Entschuldigung habe, ich befand mich nur immer als "zu müde, zu lustlos, zu muskelkaterig, zu unkonzentriert, zu betrunken" um im Forum zu schreiben, hab es immer auf den nächsten Tag oder das Wochenende verschoben und dann festgestellt, dass ich da auch müde, lustlos, muskelverkatert, unkonzentiert und betrunken war. Zählt ein verletztes Handgelenk?
Wobei, je länger ich so darüber nachdenke, desto sicherer werde ich mir auch, dass das in Wirklichkeit alles deine Schuld ist. Pfui, Juju!

PS: Danke ;)

Edit: ersetze "lustlos" im obigen Text durch "demotiviert durch allgemeinen Schreibfrust". "lustlos" klingt irgendwie so, als wär mir das hier egal. Ist es nicht.

 

Ich bin etwas verunsichert. Zwar war schnell klar, dass hier offensichtlich nicht alle menschlichen Protagonisten aus Fleisch und Blut sind, allerdings ist der Text dann ziemlich sinnlos.
Schiebt man die "nicht zur Fortpflanzung geeigneten" Menschen ab und ihnen "kuenstliche" Kinder unter? Das ist aus oekonomischen, wie auch aus technisch-praktikablen Gruenden hochgradig unwahrscheinlich.
Sind Mama und Papa auch unecht (was im Bereich moeglicher Interpretationen liegt)? Ist ebenfalls nicht schluessig.
Inhaltlich ueberzeugt mich das nicht, schoen geschrieben ist es allemal.

 

Hallo Proproxilator zum Dritten,

du hast dich ja sehr tapfer durch meine Texte gefräst.

Ich bin etwas verunsichert.
Damit bist du leider nicht allein, das ging vielen (den meisten???) Lesern so.

Zwar war schnell klar, dass hier offensichtlich nicht alle menschlichen Protagonisten aus Fleisch und Blut sind,
Immerhin, also da wollten schon mal nicht alle Leser mit.
allerdings ist der Text dann ziemlich sinnlos.
Aus meiner Sicht natürlich nicht, aber ich hab ja auch alle Hintergrundinformationen ;)

Schiebt man die "nicht zur Fortpflanzung geeigneten" Menschen ab und ihnen "kuenstliche" Kinder unter?
Das geht in die von mir beabsichtigte Richtung, ja. Wobei, da wird niemand "abgeschoben".

Sind Mama und Papa auch unecht (was im Bereich moeglicher Interpretationen liegt)?
*kopfkratz* Wie kommst du darauf, dass sie unecht sein könnten? Also: war zumindest nicht von mir beabsichtigt, dass ein Leser das so liest. Aber okay, wenn du es so gelesen hast ... hm.

Das ist aus oekonomischen, wie auch aus technisch-praktikablen Gruenden hochgradig unwahrscheinlich.
Nach dem heutigen Stand der Technik ist das natürlich nicht technisch-praktikabel sondern Quatsch. Gibt es inzwischen mal einen zweibeinigen Roboter, der Treppen steigen kann? Immer noch nicht, oder?
Aber da wir hier in SF sind, darf ich mir Supertechnologien aussuchen, wenn ich möchte. Da müsste der Leser dann die Annahme akzeptieren, dass die Erschaffung eines künstlichen Menschen möglich ist. (Das wollen schon nicht alle Leser, das hab ich gemerkt.) Und das sie nicht nur möglich ist, sondern dass sie auch so gut funktioniert und so eingesetzt werden kann wie Gipseier. Darauf muss der Leser sich einlassen, das ist die Prämisse der Story. Und dann ist der Einsatz dieser Gipseier eben nicht nur praktikabel, sondern auch wirklich ökonomisch - wegen der Gipseier sind die Eltern nämlich zufrieden und mucken nicht auf. Sowohl die Vogel- als auch die Menscheneltern.
Aber das sind eben alles so Gedanken, die der Text für viele Leser überhaupt nicht transportiert hat. Zeitweise fand ich das extrem frustrierend, inzwischen seh ich das lockerer. Ich hab mir vorgenommen, den nächsten Text auf alle Fälle eindeutiger zu machen (mal sehen, ob es klappt).

Die Verunsicherung tut mir leid ;)

 

1. wenn du es loeckerer machst, wird es die gleiche gequirllte SF-Scheisse, die man im Buch, im Fernsehen und hier in Myraden vorgesetzt bekommt. Es gibt doch wirklich schon genug stumpfsinnige Storys, die bis zum letzten Pups auserklaert sind. Wenn man eine SF-Story liest und nicht wenigstens drei Neuronen angeregt bekommt...
2. das mit den Eltern ist mir nur als (unwahrscheinliche) Variante eingefallen, weil der Text leider nicht funktioniert, denn:
3. die Eltern sind noch viel zu normal, als dass sie nicht Zweifel an der Echtheit ihres "Nachwuchses" hegen muessten. Ausserdem ist davon auszugehen, dass Menschenkopien im der dem Setting zugrunde liegenden Welt bekannt sein duerften, was eine "misstrauische" Grundeinstellung der Menschen zur Folge haette. Und dann natuerlich die entscheidende Frage: Warum ist die Kolonie nicht nur mit Robotern bestueckt? (von mir aus mit einem Menschen, was aber kein Problem darstellt, sofern die geschlechtlichen Robotergegenstuecke adaequat ausgestattet sind).
4. Ich habe nur die empfohlenen Storys begutachtet und ein Stueck von Uwe.

 

Hi,

1. Och, warten wir doch erstmal ab, bis der nächste Text fertig ist, bevor wir uns vor gequirlter Scheiße fürchten, die noch gar nicht produziert wurde. :0)
Ich kann dich auch beruhigen, meine Einstellung zum Schreiben wird nicht lockerer werden, so wollte ich das nicht verstanden wissen.
2. Ah okay, war eh nur eine backburner-Interpretation von dir.
3. Im Text wird konkret gesagt, dass die Eltern keine Ahnung haben und nicht misstrauisch sind. Dass das Wissen um die künstlichen Menschen in der Kolonie allgemein ist, ist eine Annahme von dir, die der Text aber nicht nahelegt. Im Text werden drei Autoritätspersonen (Lehrerin, Arzt, Wart) gezeigt, die Bescheid wissen, und die Eltern, die es nicht wissen. Ohne Wenn und Aber, sie ahnen nichts, sie vermuten nichts. Genausowenig, wie Pedro verstehen kann, was ein Gipsei ist. [Wo ich das jetzt gerade schreibe, fällt mir auf: Wahrscheinlich ist es schon jenseits der Vorstellungskraft des durchschnittlichen (deutschen) Lesers, sich eine Grundschullehrerin als "Autoritätsperson" vorzustellen ... ein weiterer Hinweis im Text, der ins Leere geht, schade. Naja, so oder so: die Lehrerin "gehört dem System an", die Eltern offensichtlich nicht.]
Die Eltern allzu anomal oder stumpfsinnig darzustellen, halte ich für keine gute Idee. Damals hab ich mich bewusst dagegen entschieden, weil der Leser dann ja froh wäre, dass "diesen Leuten" keine Kinder anvertraut werden. Und die Eltern wären keinesfalls Sympathieträger. Jetzt im Text kann/soll man Sympathien für die Eltern hegen. Es gibt nur zwei schüchterne Hinweise darauf, dass zumindest der Vater dem Standard der Kolonie nicht genügt. (Ich hatte in den ersten Versionen des Textes noch was Entsprechendes für die Mutter, das ist aber irgendwann rausgeflogen, weil die Szene drumherum mies war.)
Zur entscheidenen Frage: Die Menschen siedeln da, weil sie woanders keinen Platz gefunden haben. Und auch hier stößt die Siedlung schon wieder an ihre Grenzen, es herrscht Ressourcenmangel, es muss kontrolliert werden, wer sich fortpflanzen darf.
Ich glaube, woran du gedacht hattest, ist so ein Außenposten der Menschheit, wo unter problematischen Bedingungen irgendeine Arbeit getan werden muss. Zum Beispiel alpha-Kryptonitsulfat aus aktiven Vulkanen abbauen um es dann zur Erde zu schicken. Oder sowas ;)
Klar, solche Außenposten sollten mit Robotern bestückt werden.
Um sowas handelt es sich hier aber nicht (dachte auch, das kommt im Text raus. Wohl nicht.). Die Menschen haben da ihr Zuhause, das System ist in einem wackligen Gleichgewicht und es müssen Maßnahmen zur Geburtenkontrolle getroffen werden - und zwar so, dass es keinen aufregt, denn das Gleichgewicht ist wie gesagt wacklig.

Egal, was ich sage, das wird jetzt nicht dazu führen, dass der Text plötzlich für dich funktioniert. Aber mir hilft das Palavern ganz gut, mir selbst besser über den Text klar zu werden.

Danke fürs feedback!

Edit: 4. Mir ist ja fast egal, warum meine Texte gelesen werden, solange sie gelesen werden. :D

 

Hey Möchtegern!


Mama wollte dieses Baby. In den Nachrichten las sie jeden Morgen die Todesanzeigen, um einen Namen zu bestellen.
"Nur schreckliche Namen werden frei", jammerte sie. "Wer will seine Tochter denn Lucia oder Lena nennen? Oder Laura? Wie das klingt ..."
"Das sind die Namen von hundertjährigen Frauen. Was erwartest du in den Todesanzeigen?", fragte Papa.
Spätestens da weiß man, das wird eine ziemlich heiße Geschichte.
> defense alert;
> run implemented behavior #01;
Bei SF Geschichten scheine ich mich ziemlich blöd anzustellen - ich dachte, der denkt das, weil das irgendwie ne neuartige Sprache ist - so eine Jugendsprache. Hab ja auch letztens einen elfjährigen am Hauptbahnhof zu seinem Vater sagen hören: "Lol."

Sie kreischte rum wegen dem Blut, aber als sie mich erkannte, beruhigte sie sich.
:)
Dabei hat die mich so am Arm rumgezerrt, immer hinter sich her, ich wollte schon sagen, ich bin doch keine Puppe.
Ich habe die Geschichte vor einigen Monaten gelesen und weiß nicht mehr, wann mir eigentlich klar wurde, dass es sich beim Kind um einen Roboter handelt. Ich möchte dich hier nur noch einmal für das intelligente Einstreuen der Hinweise loben. Das ist echt sehr fein gemacht.

"Das Gipsei lässt sich wiederverwenden beim nächsten Mal", las ich. "Die merken nicht, dass sie immer dasselbe Ei untergeschoben kriegen."
Ist das auch auf die Eltern bezogen? Wird der Junge immer ausgetauscht, damit er ja mit den anderen zb. wächst oder wie ist das gelöst?

Die Analogie mit den Vögeln versteht man schnell - da brauchst du nichts zu machen, hab das ja vor Monaten mitbekommen, dass einige Kritiker Probleme damit hatten. Ich finde das sehr gut gelöst - also dem Leser auf indirektem Weg das Ei so untergeschoben - das Kind ist nichts anderes als ein Gipsei, um die Eltern ruhig zu halten.

Ich habe die drei SF Geschichten von dir gelesen und finde alle drei großartig. Aber der Froschkönig ist mir bis jetzt die liebste, weil da die Figuren ein Stück interessanter sind als hier.
Hier geht es ja hauptsächlich darum, diese kleinen Leute in der Kolonie ruhig zu halten, in dem man ihnen Normalität in Form vom perfekt programmierten Familienglück vorgaukelt.

Anfangs ist die Geschichte witzig und macht einen auf locker, doch als die Vögel dazukommen und man die Analogie sieht, dann ist die Stimmung bei mir so bisschen gekippt, weil ich dann die Tragik sehe, in der die Figuren stecken und tragisch deswegen, weil sie es nicht wissen. Hat mir sehr gut gefallen.

JoBlack

Edit: 4. Mir ist ja fast egal, warum meine Texte gelesen werden, solange sie gelesen werden. :D
Yeah! Das ist die richtige Einstellung! :D

 

Hey Jo,

Bei SF Geschichten scheine ich mich ziemlich blöd anzustellen - ich dachte, der denkt das, weil das irgendwie ne neuartige Sprache ist - so eine Jugendsprache. Hab ja auch letztens einen elfjährigen am Hauptbahnhof zu seinem Vater sagen hören: "Lol."
Hähä. Also ich bekomm das Gefühl, mir sagt so ziemlich jeder Kommentator etwas Neues, was bei diesem Text missverständlich ist :D
(In meinem Umfeld sagt man gelegentlich mal "rofl". Natürlich tun wir das total ironisch.)

Ist das auch auf die Eltern bezogen? Wird der Junge immer ausgetauscht, damit er ja mit den anderen zb. wächst oder wie ist das gelöst?
Ist eine der schwurbeligen Ideen, von denen ich nicht unbedingt erwartet hatte, dass sie rüberkommen: Alex ist (für mich) ebenfalls ein Gipsei. Der hat, wie es im Text gesagt wird, schon viele Familien durch (die Eltern durchschauen das natürlich nicht richtig). Alex ist eins der Gipseier, die man immer wieder verwendet.
Ist auch interessant, dass offenbar alle oder die meisten Leser Schwierigkeiten mit der Vorstellung haben, dass ein künstlicher Mensch wachsen könnte ... ich hab auch Rückmeldungen bekommen, wenn der Kleine bluten kann, ist er ja ganz sicher nicht "künstlich". Das sind so vorgefertigte Ideen/Bilder bei den Lesern, gegen die der Text ankämpfen müsste, daran scheitert er. Meiner Vorstellung nach können die menschlichen Gipseier sowohl wachsen als auch bluten. Ich dachte, da nirgends genau gesagt wird, WAS die menschlichen Gipseier sind, wie hergestellt, aus was bestehend, ich dachte, da müssten Leser auch für alles offen sein. Auch für blutende, wachsende Geschöpfe mit vielen menschlichen Eigenschaften.
Aber ist eben nciht der Fall, es scheint da fertige Bilder zu geben, geprägt durch Bücher oder Filme oder so, und die werden abgerufen.
Der Effekt ist mir erst durch diesen Text so richtig bewusst geworden ...

Die Analogie mit den Vögeln versteht man schnell - da brauchst du nichts zu machen, hab das ja vor Monaten mitbekommen, dass einige Kritiker Probleme damit hatten. Ich finde das sehr gut gelöst - also dem Leser auf indirektem Weg das Ei so untergeschoben - das Kind ist nichts anderes als ein Gipsei, um die Eltern ruhig zu halten.
Du darfst dich dem exklusiven Club der Leser zugehörig fühlen, die der Text erreicht hat ...

Ich habe die drei SF Geschichten von dir gelesen und finde alle drei großartig. Aber der Froschkönig ist mir bis jetzt die liebste, weil da die Figuren ein Stück interessanter sind als hier.
Hier geht es ja hauptsächlich darum, diese kleinen Leute in der Kolonie ruhig zu halten, in dem man ihnen Normalität in Form vom perfekt programmierten Familienglück vorgaukelt.
Danke! Meine Lieblingsgeschichte ist in der Regel meine aktuelle. Die hier war bisher auch am lehrreichsten für mich. Beim Schreiben schon, als ich mit der Kinderstimme rumgespielt habe, und dann nochmal durch das Feedback, das ich hier bekommen hab. Das gab bisher am meisten Gedankenfutter.

Freut mich, dass du den Text mochtest!

 

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