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Die Freundin

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10.05.2003
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Die Freundin

Dunkelheit umfing ihn.
Eine unheimliche Stille erfüllte den Raum. Einzig und allein durchbrochen von seinen und ihren Atemzügen. Seine Augen waren halb geschlossen.
Das Licht war gerade stark genug, um ihre Konturen erkennen zu lassen.
Eng an ihn geschmiegt schlief sie tief und fest. Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter und bei jedem Atemzug den sie machte, blies sie ihm sanft ins Ohr. Dennoch rührte er sich nicht. Er wollte sie auf keinen Fall wecken. Zudem konnte er ohnehin nicht schlafen. Er mußte nachdenken.
Nachdenken. Worüber denke ich eigentlich nach?
Über sie, über unsere Beziehung?
Sie bewegte sich leicht. Ihr Arm legte sich um seinen Körper. Er schloß die Augen. Er spürte ihre weiche Haut auf der seinen, den Geruch ihres Körpers, ihres Haares. Leicht drehte er den Kopf und blickte sie an.
Wie lieblich sie doch aussah, wenn sie schlief. Eine Haarsträhne hing ihr ins Gesicht. Mit der rechten Hand strich er sie ihr zurück. Sie bewegte sich leicht. Sekundenlang hielt er in der Bewegung inne, bis er sicher war, daß sie auch sicherlich nicht mehr aufwachen würde. Erst dann ließ er den Arm wieder sinken, faßte ihre Hand und drückte sie leicht.
Wenn jetzt meine Eltern kommen würden, ich glaube, ich könnte ihnen die Situation nicht erklären. Sie würden mir nie glauben, daß ich es nicht mit ihr getan habe. Ich glaube, ich würde es selbst nicht glauben. Die Situation ist eindeutig.
Er reckte sich leicht und versuchte seine Position etwas zu verändern ohne sie zu wecken. Dennoch konnte er nicht verhindern, daß sie kurz aufwachte und schlaftrunken die Augen hob. Eine schier endlose Zeit blickte sie ihn aus ihren großen grauen Augen an, senkte dann ihre Lieder und war schon wieder eingeschlafen. Während dieser Zeit, es dauerte sicherlich nicht mehr als eine halbe Sekunde, hielt er angespannt die Luft an.
Ihre Atemzüge gingen wieder gleichmäßig. Er atmete die aufgestaute Luft leise aus.
Wieso haben wir es eigentlich nicht gemacht? Wollte sie nicht? Wollte ich nicht? Ich könnte es nicht sagen. Aber es war schön. Es ist noch immer schön. Einfach in ihrer Nähe zu sein, ihren Körper zu fühlen, zu riechen. Kann es noch etwas schöneres geben als das? Nein, das war unmöglich.
Irgendwie war er froh, daß sie es nicht getan hatten. Vielleicht hätte es ihre Beziehung verändert. Zum Negativen hin.
Wieviele von meinen Freunden haben sich nach dem ersten Mal von ihrer Freundin getrennt? Warum eigentlich? Warum bleiben sie nach diesem einschneidenden Erlebnis nicht zusammen?
Er hörte wie die Wohnungstür geöffnet wurde, im Flur wurde Licht gemacht. Ein schmaler Lichtstreifen fiel unter der Tür hindurch. Abermals spannte sich sein Körper. Er legte den Arm fester um sie, küßte sie auf die Stirn.
Vielleicht hätte ich meine Eltern doch zuvor fragen sollen? Ich hätte sie ihnen zuerst vorstellen sollen. Es macht wirklich keinen guten Eindruck, wenn sie sie das erste Mal mit mir im Bett sehen. Was soll ich ihnen bloß sagen?
Schritte näherten sich der Tür. Er schloß die Augen zu kleinen Schlitzen und bereitete sich auf das Schlimmste vor.
Leise wurde die Tür geöffnet, seine Mutter blickte herein. Obwohl er versuchte regelmäßig weiter zu atmen hielt er nervös die Luft an.
Was wird sie tun?
Trotz des schlechten Lichts konnte er erkennen, wie seine Mutter leicht lächelte, eine Sekunde in der Tür stehenblieb und sie dann so leise wieder schloß, wie sie sie geöffnet hatte. Mit gedämpfter Stimme wechselte sie noch einige Worte mit seinem Vater. Wenig später erlosch das Licht unter der Tür. Mit klopfendem Herzen blieb er stocksteif im Bett liegen.
Sie hat nichts gesagt? Warum hat sie nichts gesagt? Vielleicht sind meine Eltern doch ganz okay. Ich glaube ich muß mich morgen bei ihnen bedanken. Vorausgesetzt, die Predigt kommt nicht beim Frühstück.

 

So, jetzt habe ich mich einmal von der Science Fiction in die Romantik gewagt.
Mal schaun, ob das klug war.:shy:
Viel Spaß beim lesen!

lg Hunter

 

Wow,
diese Geschichte gefällt mir. Für mich die klassische romantische Geschichte, die ohne Kitsch daher kommt.
Gut gemacht.
Die Behutsamkeit und die zärtlichen Gefühle, die der Protagonist schildert wirken sehr authentisch und ziehen in den Bann.
Man hält mit dem Protagonisten den Atem an, damit dieses Mädchen nicht geweckt wird.
Und man strafft automatisch den Körper als die Eltern heim kommen, bereit zur Verteidigung der Situation zusammen mit dem Protagonisten.
Schön gemacht. :thumbsup:


Lieben Gruß
lakita

 

Sehr viel motivierender geht es wohl nicht!
DANKE!

lg Hunter

 

Hallo Hunter,

ich machs mal nicht ganz so gut wie lakita - aber fast! Vorab gebe ich ihr recht. Sehr zart formulierst du die Situation - du schaffst es auch mit deinem stil den inhalt zu transportieren, in dem du so leise schreibst, wie dein held sich bewegt..sehr schön

stilistisch habe ich nur einen vorschlg:

Das Licht im Raum war gerade noch stark genug, um die Konturen aller Gegenstände im Raum erkennen zu lassen.
hier würde ich mir den zweiten "raum" sparen - vielleicht kannst du auch für das wort gegenstände noch etwas konkreteres finden - obwohl mir im moment auch nichts einfällt..

Der Schluß gefällt mir nicht ganz so gut, weil die perspektive so stark wechselt - gerade noch war er soo sehr um sie bemüht - jetzt hat er angst vor einer predigt der eltern... irgendwie schade - wo ich doch sehr gerne gemeinsam mit deinem Protagonisten bei ihr verweilt hätte...:) - aber du bist der autor und chef im ring..

insgesamt eine sehr schöne idee..und eine sehr gelungene umsetzung - hat sich ja gelohnt, dein ausflug in die romantik..

viele grüße, streicher

 

Hi Streicher,
Danke. Langsam wird mir die Story unheimlich, hätt nicht gedacht, dass sie so gut abschneidet...

Der Satz auf den du anspielst, der bereitet mir schon Kummer, seit ich die Geschichte geschrieben habe... werde ihn in deinem Sinne nochmal überarbeiten.

Das mit den Eltern musste irgendwie sein, so als Spannungsmoment in der ruhigen Story (bin immer noch SF Schreiber...)

lg Hunter

 

Hallo Hunter,

Deine Geschichte gefällt mir weil sie subtil ist, und Körperlichkeit mit Gedankengängen kombiniert.
Man glaubt, das die Eltern so reagieren, sie haben anscheinend viel Vertrauen zu ihrem Kind.

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

Hmmm, am Anfang fast ein bissel langatmig, romantisch, na gut... Vertrauen auf die "richtige" Reaktion seiner Eltern scheint der Knabe ja nicht gerade zu haben, das ist weniger romantisch. Mir persönlich hätte es besser gefallen, wenn die Geschichte mit dem lächeln der Mutter geendet hätte...
Lord

 

Moin Hunter :)

Eine wunderschöne ruhige, romantische Story. So liiiebe Eltern, süss :)

Was mir aufffiel:

Nachdenken. Worüber denke ich eigentlich nach?
Über sie, über unsere Beziehung?

Das müsstest du dann irgendwie mit "dachte ich" garnieren da du ja sonst nicht in "ich" Form geschrieben hast :)

*wink*

jaddi

 

Weiß nicht, kommt mir nicht so vor. Würde sich meiner Meinung nach eher störend auf den Lesefluß auswirken.
Empfindest du es als recht störend?

lg Hunter

 

Ich bin ziemlich drüber gestolpert :D

viellicht die Gedankenteile kursiv?


***********

Dunkelheit umfing ihn.
Eine unheimliche Stille erfüllte den Raum. Einzig und allein durchbrochen von seinen und ihren Atemzügen. Seine Augen waren halb geschlossen.
Das Licht war gerade stark genug, um ihre Konturen erkennen zu lassen.
Eng an ihn geschmiegt schlief sie tief und fest. Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter und bei jedem Atemzug den sie machte, blies sie ihm sanft ins Ohr. Dennoch rührte er sich nicht. Er wollte sie auf keinen Fall wecken. Zudem konnte er ohnehin nicht schlafen. Er mußte nachdenken.
Nachdenken. Worüber denke ich eigentlich nach?
Über sie, über unsere Beziehung?

Sie bewegte sich leicht. Ihr Arm legte sich um seinen Körper. Er schloß die Augen. Er spürte ihre weiche Haut auf der seinen, den Geruch ihres Körpers, ihres Haares. Leicht drehte er den Kopf und blickte sie an.
Wie lieblich sie doch aussah, wenn sie schlief. Eine Haarsträhne hing ihr ins Gesicht. Mit der rechten Hand strich er sie ihr zurück. Sie bewegte sich leicht. Sekundenlang hielt er in der Bewegung inne, bis er sicher war, daß sie auch sicherlich nicht mehr aufwachen würde. Erst dann ließ er den Arm wieder sinken, faßte ihre Hand und drückte sie leicht.
Wenn jetzt meine Eltern kommen würden, ich glaube, ich könnte ihnen die Situation nicht erklären. Sie würden mir nie glauben, daß ich es nicht mit ihr getan habe. Ich glaube, ich würde es selbst nicht glauben. Die Situation ist eindeutig.
Er reckte sich leicht und versuchte seine Position etwas zu verändern ohne sie zu wecken. Dennoch konnte er nicht verhindern, daß sie kurz aufwachte und schlaftrunken die Augen hob. Eine schier endlose Zeit blickte sie ihn aus ihren großen grauen Augen an, senkte dann ihre Lieder und war schon wieder eingeschlafen. Während dieser Zeit, es dauerte sicherlich nicht mehr als eine halbe Sekunde, hielt er angespannt die Luft an.
Ihre Atemzüge gingen wieder gleichmäßig. Er atmete die aufgestaute Luft leise aus.
Wieso haben wir es eigentlich nicht gemacht? Wollte sie nicht? Wollte ich nicht? Ich könnte es nicht sagen. Aber es war schön. Es ist noch immer schön. Einfach in ihrer Nähe zu sein, ihren Körper zu fühlen, zu riechen. Kann es noch etwas schöneres geben als das? Nein, das war unmöglich.
Irgendwie war er froh, daß sie es nicht getan hatten. Vielleicht hätte es ihre Beziehung verändert. Zum Negativen hin.
Wieviele von meinen Freunden haben sich nach dem ersten Mal von ihrer Freundin getrennt? Warum eigentlich? Warum bleiben sie nach diesem einschneidenden Erlebnis nicht zusammen?
Er hörte wie die Wohnungstür geöffnet wurde, im Flur wurde Licht gemacht. Ein schmaler Lichtstreifen fiel unter der Tür hindurch. Abermals spannte sich sein Körper. Er legte den Arm fester um sie, küßte sie auf die Stirn.
Vielleicht hätte ich meine Eltern doch zuvor fragen sollen? Ich hätte sie ihnen zuerst vorstellen sollen. Es macht wirklich keinen guten Eindruck, wenn sie sie das erste Mal mit mir im Bett sehen. Was soll ich ihnen bloß sagen?
Schritte näherten sich der Tür. Er schloß die Augen zu kleinen Schlitzen und bereitete sich auf das Schlimmste vor.
Leise wurde die Tür geöffnet, seine Mutter blickte herein. Obwohl er versuchte regelmäßig weiter zu atmen hielt er nervös die Luft an.
Was wird sie tun?
Trotz des schlechten Lichts konnte er erkennen, wie seine Mutter leicht lächelte, eine Sekunde in der Tür stehenblieb und sie dann so leise wieder schloß, wie sie sie geöffnet hatte. Mit gedämpfter Stimme wechselte sie noch einige Worte mit seinem Vater. Wenig später erlosch das Licht unter der Tür. Mit klopfendem Herzen blieb er stocksteif im Bett liegen.
Sie hat nichts gesagt? Warum hat sie nichts gesagt? Vielleicht sind meine Eltern doch ganz okay. Ich glaube ich muß mich morgen bei ihnen bedanken. Vorausgesetzt, die Predigt kommt nicht beim Frühstück.

 

hallo Hunter,
habe hier gerade deine >Freundin< gelesen, die mir vom Ausdruck und Stil her wirklich gut gefällt. Eine winzige Anmerkung hätte ich... Sie bewegte sich leicht. Ihr Arm legte ...
und wenige Sätze später noch einmal ..rechten Hand strich er sie ihr zurück. Sie bewegte sich leicht. Sekundenlang hielt ..wieder der gleiche Satz, vielleicht könntest du eine andere Formulierung dafür finden ?
oder hier.. bis er sicher war, daß sie auch sicherlich nicht mehr aufwachen würde
Vorschlag : bis er sicher war, daß sie auch bestimmt nicht mehr aufwachen würde..

 

Ich finde die Geschichte sehr gut, weil es vermutlich schon jedem einmal änhlich passiert ist. Man erkennt eigentlich sich selbst in der Geschichte wieder.

 

Hallo alle zusammen!
@Jadzia: Danke für deine Überarbeitung (sowas mag ich *g*)
@Waldfee: Werde mir die Stellen ansehen und schaun, ob mir in dem Zusammenhang deine Vorschläge passen...

Alle zusammen: DANKE!

glg Hunter

 

Hi Jo,
freut mich, dass du dich anscheinend durch alle meine alten Geschichten quälst.

Hm, vond er Warte aus, dass es seine Schwester sein könnte, hab ich es selbst noch nicht gesehen. Aber ich denke, der Titel nimmt dieser Hypothese etwas den Wind aus den Segeln, oder?

Freut mcih aber, dass dir die Geschichte gefallen hat.

glg Hunter

 

Ich kann mich den Vor-Loben nur anschließen. Schöne Geschichte, die es verdient, "reanimiert" zu werden: gefühlvoll, aber nicht sentimental, unspektakulär in der Handlung und trotzdem die Aufmerksamkeit des Lesers festhaltend, weil die Einsicht in den Prot so intensiv ist. Meine erste Befürchtung, dass wieder mal etwas Verquast-Tragisches kommt, löste sich in reines Wohlgefallen auf. Ich habe "Die Freundin" gern gelesen, Hunter.

Grüße, Chica

 

Hi Chica,
Hach, solches Lob geht runter wie Öl...
Da kann ich ja wohl nur ein dickes DANKE aussprechen und es freut mich natürlich, dass die die Geschichte so gefallen hat!

glg Hunter

 

Hi Hunter,

deinen Namen habe ich schon lange nicht mehr gelesen.
Dabei hatte ich dich doch schon vor 100 Jahren ins Herz geschlossen, weißt du noch? ;)

Deine kleine romantische Geschichte, zeigt einen Jungen, der für seine (erste?) Liebe bereit ist, den vermeintlichen Ärger der Eltern auf sich zu nehmen.
Er beschützt sie und hält sich gleichzeitig an ihr fest, um dem event. Zorn seiner Eltern zu begegnen. Die Mutter lächelt. Der Sohn ist erstaunt und mißtrauig. Befürchtet, das Donnerwetter kommt am anderen Morgen.

Wie kann das sein?
Eine lächelnde Mutter würde nie über Nacht ihr Lächeln verlieren.
Sie freut sich für ihren Sohn, vertraut ihm. Auch darin, egal was er getan hat,
dass er weiß, worauf er zu achten hat.
Warum vertraut der Sohn seiner Mutter nicht?

Habe selber zwei Söhne und wäre sehr entteucht gewesen solch ein Mißtrauen bei ihnen festzustellen.
Denn die Situation aus deiner KG gab es natürlich bei uns auch.
Da standen eines Abends, zwei Paar Schuhe, große und kleine in der Diele.
Aha ... grinsten wir.

Trotzdem, eine rührende, für mich, zum schmunzeln anregende Geschichte.

ganz lieben Gruß,
coleratio

 
Zuletzt bearbeitet:

Freut mich, coleratio, dass dir die geschichte auch gefallen hat.

Nun, ich denke, in dieser Situation denkt man nicht logisch. Gibt es denn einen moment im Leben in dem man nervöser, ängstlicher, verunsicherter ist als in diesem? In dem wirklich absolutes Neuland betreten wird?
Noch nie zuvor haben einen die eltern in so einer Situation erlebt, da kann man sich schon die verrücktesten Gedanken machen...
Finde ich halt.

glg Hunter

 

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