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Die Partnervermittlung
Die Partnervermittlung
Frau Gerbera Hutschnur betrat das Büro der Partnervermittlung auf höchst forsche Weise und knallte aus Versehen die Tür hinter sich zu. Die Sekretärin, die an ihrem Computer hinter ihrem Schreibtisch saß, blickte auf und rückte sich die Brille zurecht.
„Wie kann ich ihnen helfen?“, fragte sie etwas eingeschüchtert von Frau Hutschnurs schwarzem, wagenradgroßen Hut.
„Sind sie verheiratet?“, fragte Gerbera zurück und lehnte sich mit ihren Unterarmen, die in langen, weißen Handschuhen steckten, auf den Tresen.
„Nein, nicht dass ich wüsste.“
„Dann können sie mir nicht helfen.“
Die Sekretärin blickte verlegen auf den Bildschirm ihres Computers zurück, auf dem mittlerweile „Game Over“ stand.
„Mist.“, sagte sie.
„Machen sie sich nichts draus.“, sagte Gerbera, „Ich hatte übrigens einen Termin.“
„Mit der Chefin? Gehen sie ruhig rein.“, gab die Sekretärin knapp zu verstehen und wies auf eine hellblau lackierte Tür links von ihr.
Gerbera drehte sich um und rauschte in ihrem sündhaftteuren Designerkleid von Garpacchio hin zur Tür und durch sie durch.
Frau Doktor Schivago saß in einem dunklen Ledersessel hinter ihrem antiken Schreibtisch. Sie liebte Distanz.
„Setzen sie sich, Frau Hutschnur.“
„Danke nein, ich stehe lieber.“
Frau Doktor Schivago starrte auf Gerbera Hutschnurs weiße Lackstiefel. Die waren von Garpacchio und nirgendwo mehr herzubekommen. So exklusiv waren sie. Auf Frau Doktors Stirn entstanden tiefe Falten.
„Wo waren wir stehen geblieben?“
„Ich sagte nur, dass ich lieber stehen bleiben würde.“
„Ach so.“
„Fangen wir an?“
„Sicher. Wie haben sie sich ihren Partner also vorgestellt?“
Gerbera schritt ein paar Schritte durch den Raum, bis sie am Fenster angelangt war. Wie in Trance blickte sie über die Dächer der Stadt und zog langsam einen Handschuh aus.
„Nun, er sollte kuschelig und anschmiegsam sein, warmherzig – sie verstehen. Es gibt nichts Schlimmeres, als jemanden, der dauernd durch die Gegend rennt, sich hier einen Schluck Wasser holt oder zum zehnten mal am Tag aufs Klo muss. Man kann sich doch auch einfach mal zusammen hinsetzen und beisammen sein, wissen sie.“
Frau Doktor Schivago nickte abwesend und tippte die Informationen in ihren Laptop.
„Außerdem sollte er nicht zu gebildet sein. Ich hasse es, wenn jemand mir dauernd ins Wort fällt und was Besser weiß. Das habe ich lange genug ertragen. Wenn er zum Einkaufen mit mir mitkommen würde, wäre das natürlich toll. Ich liebe Einkaufen! Und die Übergewichtigen in ihrer Datenbank können sie gleich streichen, so jemand Verfressenes kommt mir nicht ins Haus. Kochen muss er nicht können, denn ich habe eine Köchin. Kaminfeuer sollte er mögen und Frikadellen, das ist meine Leibspeise.“
Die Tippgeräusche verstummten kurz, da Frau Doktor Schivago einen Moment lang die Nase rümpfte. Dann warf sie einen Blick auf Frau Hutschnur, die sich seitlich ans Fenster gelehnt hatte und schrieb weiter.
„Meine Hobbies sind Schwimmen, zum Frisör gehen, Golf spielen und am Strand in der Sonne liegen. Es wäre natürlich sinnvoll wenn der neue Jemand in meinem Leben all diese Interessen teilen würde. Er sollte nicht zu groß sein, ich denke eine kleinere Person neben mir macht sich sehr gut. Führerschein benötigt er weniger und wohnen kann er auch bei mir.“
Frau Doktor blickte auf.
„Wär´s das?“
„Ja, ich denke schon.“
„Gut.“, sagte Frau Doktor Schivago und starrte auf ihren Bildschirm.
„Halt, bevor ich es vergesse: Treu sollte er sein!“
„Gut, gut. Ich werte nun die Datenbank aus. Das dauert einen Moment. Setzen sie sich doch.“
„Nein danke, ich stehe lieber, wissen sie.“
„Ich rate ihnen sich zu setzen.“
„Ach?“
„Es ist ihre Entscheidung. Ich habe meiner Sekretärin gerade ihre Ergebnisse übermittelt. Sie wird gleich hier sein mit ihrer neuen Partnerwahl.“
„Ach, wie spannend.“, sagte Gerbera und tippelte in der Mitte des Raums herum.
Dann ging die Tür auf, die Sekretärin kam herein und drückte der verdutzten Frau Hutschnur eine rote Leine aus Leder in die Hand. Am anderen Ende war ein schwarz weißer Cockerspaniel befestigt, der sie aus treuen Augenwinkeln ansah und aus dem rechten Mundwinkel ihre Schuhe voll sabberte.