Was ist neu

Die Partnervermittlung

Mitglied
Beitritt
06.09.2004
Beiträge
7

Die Partnervermittlung

Die Partnervermittlung
Frau Gerbera Hutschnur betrat das Büro der Partnervermittlung auf höchst forsche Weise und knallte aus Versehen die Tür hinter sich zu. Die Sekretärin, die an ihrem Computer hinter ihrem Schreibtisch saß, blickte auf und rückte sich die Brille zurecht.
„Wie kann ich ihnen helfen?“, fragte sie etwas eingeschüchtert von Frau Hutschnurs schwarzem, wagenradgroßen Hut.
„Sind sie verheiratet?“, fragte Gerbera zurück und lehnte sich mit ihren Unterarmen, die in langen, weißen Handschuhen steckten, auf den Tresen.
„Nein, nicht dass ich wüsste.“
„Dann können sie mir nicht helfen.“
Die Sekretärin blickte verlegen auf den Bildschirm ihres Computers zurück, auf dem mittlerweile „Game Over“ stand.
„Mist.“, sagte sie.
„Machen sie sich nichts draus.“, sagte Gerbera, „Ich hatte übrigens einen Termin.“
„Mit der Chefin? Gehen sie ruhig rein.“, gab die Sekretärin knapp zu verstehen und wies auf eine hellblau lackierte Tür links von ihr.
Gerbera drehte sich um und rauschte in ihrem sündhaftteuren Designerkleid von Garpacchio hin zur Tür und durch sie durch.

Frau Doktor Schivago saß in einem dunklen Ledersessel hinter ihrem antiken Schreibtisch. Sie liebte Distanz.
„Setzen sie sich, Frau Hutschnur.“
„Danke nein, ich stehe lieber.“
Frau Doktor Schivago starrte auf Gerbera Hutschnurs weiße Lackstiefel. Die waren von Garpacchio und nirgendwo mehr herzubekommen. So exklusiv waren sie. Auf Frau Doktors Stirn entstanden tiefe Falten.
„Wo waren wir stehen geblieben?“
„Ich sagte nur, dass ich lieber stehen bleiben würde.“
„Ach so.“
„Fangen wir an?“
„Sicher. Wie haben sie sich ihren Partner also vorgestellt?“
Gerbera schritt ein paar Schritte durch den Raum, bis sie am Fenster angelangt war. Wie in Trance blickte sie über die Dächer der Stadt und zog langsam einen Handschuh aus.
„Nun, er sollte kuschelig und anschmiegsam sein, warmherzig – sie verstehen. Es gibt nichts Schlimmeres, als jemanden, der dauernd durch die Gegend rennt, sich hier einen Schluck Wasser holt oder zum zehnten mal am Tag aufs Klo muss. Man kann sich doch auch einfach mal zusammen hinsetzen und beisammen sein, wissen sie.“
Frau Doktor Schivago nickte abwesend und tippte die Informationen in ihren Laptop.
„Außerdem sollte er nicht zu gebildet sein. Ich hasse es, wenn jemand mir dauernd ins Wort fällt und was Besser weiß. Das habe ich lange genug ertragen. Wenn er zum Einkaufen mit mir mitkommen würde, wäre das natürlich toll. Ich liebe Einkaufen! Und die Übergewichtigen in ihrer Datenbank können sie gleich streichen, so jemand Verfressenes kommt mir nicht ins Haus. Kochen muss er nicht können, denn ich habe eine Köchin. Kaminfeuer sollte er mögen und Frikadellen, das ist meine Leibspeise.“
Die Tippgeräusche verstummten kurz, da Frau Doktor Schivago einen Moment lang die Nase rümpfte. Dann warf sie einen Blick auf Frau Hutschnur, die sich seitlich ans Fenster gelehnt hatte und schrieb weiter.
„Meine Hobbies sind Schwimmen, zum Frisör gehen, Golf spielen und am Strand in der Sonne liegen. Es wäre natürlich sinnvoll wenn der neue Jemand in meinem Leben all diese Interessen teilen würde. Er sollte nicht zu groß sein, ich denke eine kleinere Person neben mir macht sich sehr gut. Führerschein benötigt er weniger und wohnen kann er auch bei mir.“
Frau Doktor blickte auf.
„Wär´s das?“
„Ja, ich denke schon.“
„Gut.“, sagte Frau Doktor Schivago und starrte auf ihren Bildschirm.
„Halt, bevor ich es vergesse: Treu sollte er sein!“
„Gut, gut. Ich werte nun die Datenbank aus. Das dauert einen Moment. Setzen sie sich doch.“
„Nein danke, ich stehe lieber, wissen sie.“
„Ich rate ihnen sich zu setzen.“
„Ach?“
„Es ist ihre Entscheidung. Ich habe meiner Sekretärin gerade ihre Ergebnisse übermittelt. Sie wird gleich hier sein mit ihrer neuen Partnerwahl.“
„Ach, wie spannend.“, sagte Gerbera und tippelte in der Mitte des Raums herum.
Dann ging die Tür auf, die Sekretärin kam herein und drückte der verdutzten Frau Hutschnur eine rote Leine aus Leder in die Hand. Am anderen Ende war ein schwarz weißer Cockerspaniel befestigt, der sie aus treuen Augenwinkeln ansah und aus dem rechten Mundwinkel ihre Schuhe voll sabberte.

 

Hallo Schwarzekatze,

mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen.

Du schilderst sehr gut, dass viele Menschen so viele Vorstellungen von einem Wunschpartner haben, die eigentlich total unrealistisch sind. Dabei ist es ja so, dass man jemanden ja auch trotz (oder wegen?) seiner Fehler liebt! Und jeder hat ja selbst schon weiß Gott genügend eigene Schwächen...

LG
Bella

 

Naja die Geschichte gibt es eigentlich schon, dieser Witz stammt auf jeden Fall wohl kaum aus deiner Feder, aber du hast es schön literarisch untermalt. Ich kenne diese Geschichte nämlich als Power-Point-Präsentation, die jeder, der einen Computer und Freunde hat des öfteren bekommt.

 

Hallo Penelope,

ich habe sowohl einen Computer als auch Freunde - kannte die Präsentation trotzdem nicht!
Außerdem kommt es auch auf die literarische Gestaltung einer Idee an.

Bella

 

Hallo Penelope,
also bis eben noch dachte ich eigentlich schon, dass ich mir diese Geschichte selbst ausgedacht habe. Aber ich werde in nächster Zeit versuchen mir alle existierenden Power-Point-Präsentationen anzusehen, damit so etwas nicht wieder passiert.
Mir freundlichen Grüssen.

 

Nochmal: Hallo Penelope,
hab nachgedacht. Ist nicht die originellste Idee, die ich je hatte. Dass es sie nochmal irgendwo gibt, beweist das ja. Hat halt nur Spass gemacht beim Schreiben. Also, irgendwie trotzdem danke für den Hinweis. Und fürs Lesen. Bin ja zum Lernen hier. :)

 

Hallo schwarze Katze,

ich kenne die Presentation (Trotz PC und Freunden) auch nicht. Fand die Geschichte gut. Besonders hat mir gefallen, wie du Frau Hutschnur beschrieben hast. Kann mir bildhaft vorstellen, wie sie in ihren Steifeln und dem übergroßen Hut durchs Büro schreitet.

Campari

 

Hallo!
Ich fand die Geschichte auch gut, hab sie auch nirgendswo gelesen oder gehört, bis jetzt.
Klar, die Idee an sich ist nicht nagelneu, aber du hast es gut umgesetzt, finde ich.
mfg Troka

 

Ok ich wollte ja wie gesagt nicht dein Werk an sich kritisieren, sondern nur die Idee an sich, aber wenn du es wirklich noch nicht kennst. Ich meine sowas passiert ja schon oft hier, dass Leute verschiedenste Geschichten als ihre Werke ausgeben, aber man denkt sich beim Lesen irgendwo hab ich das doch schon mal gehört, hab ich jedenfalls schon erlebt hier...

Wie gesagt, schließlich können ja auch mehrere Leute auf die gleiche Idee kommen, denn in dem Umfang, wie du die Geschichte geschrieben hast, kannte ich sie nicht...nur die Pointe halt....wenn ich dich grundlos angeprangert hat, sorry....

Umsetzung ist aber wirklich gut ;)

 

Hallo schwarzekatze,

meine Vorkritiker haben ja schon angemerkt, dass der Plot bekannt ist und insoweit keine Überraschung darstellt. So ging es mir auch, schon während des Lesens wurde mir klar, dass irgendwas nicht stimmen wird mit der Partnerwahl und das Ende war daher sehr vorhersehbar.
Ein Plot, der darauf angelegt ist, eine Pointe am Ende und somit den sog. Aha-Effekt zum Schluß zu liefern, muss dann aber auch den Leser so lange am Ball halten, dass er bis zum Ende nicht ahnt, was auf ihn zukommt.
Das ist dir leider bei dieser Geschichte nicht gelungen.

Die Umsetzung selbst, da gehe ich mit den anderen gerne konform, ist wiederum schön zulesen, dein Schreibstil ist flott und sehr anschaulich und deswegen hab ichs gerne gelesen.
Zur Frage, deren Beantwortung ich dir auf jeden Fall nicht vorenthalten werde, ob es in meinem Augen eine Satire ist, möchte ich sagen, dass ich den Plot schon für satirisch halte. Was mir für die Eigenschaft einer guten Satire allerdings fehlt, ist eine noch heftigere Bissigkeit und noch mehr Überzeichnung. Du hast die Protagonistin ja schon etwas schräg dargestellt, ich glaube sie hätte noch ein Kilo exzentrischer sein dürfen, man hätte über sie noch mehr schmunzeln dürfen.

Lieben Gruß
lakita

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom