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Ein eigner Gast

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13.03.2013
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Ein eigner Gast

Plötzlich stand hinter dem Mittagshorn, der Plattenflüh und dem Hoch Ducan eine Gewitterwand. Gleichzeitig wurden im ganzen Tal die Hunde toll. Schlagartig bellten und jaulten sie allesamt los wie sonst nur, wenn sie Wölfe heulen hörten. Dass solche aber mitten im Sommer aus dem Gebirge gekommen waren, hatte niemand gesehen.

Mit dieser Tollheit der Hunde begann Bettinas Erlebnis.

Bettina half damals bei ihrem Bruder aus, dessen Frau im Kindbett lag. Es war Juli, ein Monat mit langen Tagen und viel Arbeit. Ihr Bruder setzte sich jeden Morgen auf den Heulader und fuhr auf die Wiesen. Am Vormittag mähte er das Gras, am Nachmittag lud er auf und holte das Heu ein. Auf den Hof kam er, wenn er ein Fuder geladen hatte. Hatte er abgeladen, fuhr er wieder fort. So holte er Fuhre um Fuhre ein. Ins Haus kehrte er frühestens zurück, wenn es abends dunkelte; meistens also nur, um ins Bett zu fallen. Seine Frau hingegen war von der Geburt noch geschwächt. Die Hebamme hatte sie zur Bettruhe verknurrt und die Wochenbettschwäche sorgte dafür, dass sie deren Gebot auch tatsächlich einhielt. Bettina verrichtete indessen den Haushalt.


Bettinas Bruder hielt einen Hofhund. Es war ein grosser, schwarzer Rüde. Er stand vor dem Haus und bellte.
«Willst du wohl ruhig sein!» Bettina war in die Tür getreten und rief das Tier zur Ruhe. «He da, was ist?», rief sie. «Sei still! Baldiron, du. Still jetzt!»
Der Rüde aber, rasend wie er war, belferte weiter.
«Sieht nicht so aus, als wolle er folgen», hörte Bettina plötzlich jemanden sagen. Sie stutzte. Ein alter und kleiner Mann war vor das Haus getreten. Trotz der Hitze war er gekleidet mit Hut und Joppe. An seinem Hosenbund baumelte eine Uhrenkette und auf dem Rücken trug er einen ledernen, abgenutzten, an mehreren Stellen geflickten und ausgebesserten Rucksack.
«Ja, sieht so aus», antwortete Bettina. «Ruhe gibt er keine. Aber wieso?»
«Es ist das Wetter. Glauben Sie mir, Fräulein, es schlägt um.»
«Das Wetter?»
«Ja, ein Gewitter. Er spürt, dass es wettern kommt.»
Bettina wunderte sich. Etwas an dem Mann verwirrte sie. Vielleicht erinnerte er sie an jemanden. Dass sie verunsichert war, wollte sie sich aber nicht anmerken lassen. Sie rang sich ein Lächeln ab und weil sie die Gewitterwand nicht bemerkt hatte, meinte sie: «Es scheint aber die Sonne.»
Der kleine Mann lächelte nun selbst. Dann sagte er: «Ja, noch scheint sie. Aber nicht mehr lange. Wissen Sie, die Hunde und meine alten Knochen spüren es. Ist vielleicht besser, das Fräulein holt die Wäsche ein.» Er schaute zu der Stelle, wo vor dem Haus ein Gemüsegarten lag. Neben dem Garten hingen an einer Wäscheleine Bettlaken. «Wäre doch schade, wenn’s die sauberen und trockenen Laken verregnen täte, nicht wahr?» Einen Augenblick wartete er ab. Weil sie aber nur verwundert schaute, redete er bald weiter. Er fragte: «Darf ich, bis das Gewitter vorbei ist, hier unterstehen?» Er zeigte auf den rückwärtigen Hausteil, an den ein Holzschuppen mit Vordach angebaut war. Bettina hatte die Gewitterwand noch immer nicht bemerkt. Der Rüde stand mit schäumenden Lefzen vor dem Stall und bellte unentwegt zu dem kleinen Mann und zu Bettina herüber. Sein Gebell wurde ihr lästig. Und weil der kleine Mann unter dem Vordach stehen konnte, ohne dass er störte, sagte sie: «Wenn Sie wollen, bitte schön.» Noch einmal schaute sie nach dem Rüden, ärgerte sich über dessen Raserei, sah die Gewitterwand noch immer nicht, wünschte dem Alten einen schönen Tag, kehrte um und trat in das Vorhaus zurück. Als sie die Tür hinter sich schloss, drang das Gebelfer des Hofhundes nur noch gedämpft zu ihr herein. Bettina atmete durch und wunderte sich noch immer: Irgendwie hatte sie der eigentlich freundliche Mann befremdet.

Schaute Bettina in der Stube aus dem Fenster, konnte sie nur sehen, was sie seit Tagen schon immer sah: eine gemähte Wiese, auf der Wiese eine einsame Lärche, weiter weg ein Landwasser, das zu einem Rinnsal verkümmert war, und greller Sonnenschein überall. Tagelange Flimmerhitze hatte nicht nur den Hauptbach des Tales schier ausgetrocknet, auch unter dem Fenster der Garten hatte gelitten. Bettina hatte sich gefreut. Noch nie hatte sie einen Flecken Erde gehabt, auf dem sie hatte Blumen und Gemüse anpflanzen können. Doch ihre Lieblingsblumen, die Pfingstrosen, waren inzwischen eingegangen, die Salatköpfe vertrocknet und auch alles andere Gemüse versengt. Überhaupt lag vieles halb verdorrt und verdurstet, so staubig, grau, braun und schwarz, so lahm und dürr und tot am Boden, als hätten monatelang vier oder fünf Sonnen zugleich am Himmel geglüht. Wozu also die Wäsche einholen oder gar, wie der Fremde vorhin gewollt hatte, unter ein Dach stehen? Bettina schaute durch das Fenster und wiegte den Kopf. Sie spürte, wie ein Luftzug ihren Nacken streifte. Es schauderte sie. Einen Augenblick glaubte sie, die Gegenwart des Fremden in der Stube zu spüren. Doch so schnell wie der Spuk über sie gekommen war, war er auch wieder vorbei.

Wenig später kam die Schwägerin in die Stube. «Ich geh noch kurz zu Inauens», sagte sie.
«Was macht die Kleine?», fragte Betina.
«Sie schläft. Warum fragst du?»
«Nur so, hättest sie vielleicht mitnehmen können.»
«Ja, aber sie schläft.»
«Ja, sie schläft,» wiederholte Bettina und fragte sich insgeheim, ob ihr vielleicht irgendwann einmal das letzte Wort gegönnt wird. Da blaffte jene sie an: «Ja, sage ich doch: Sie schläft.»
Bettina nickte und überlegte, ob sie von dem Fremden erzählen sollte. Sie entschied sich dagegen. Die Schwägerin würde ihn sehen. Wenn es ihr nicht passte, dass er unter dem Vordach des Holzschuppens stand, dann konnte sie selber mit ihm reden. Was sie dafür brauchte, nämlich ein geschliffenes Maulwerk, das hatte sie ja.

Als ihre Anverwandte das Haus verliess, ging Bettina an die Haustür. Sie horchte. Sehen konnte sie zwar nicht, was draussen vor sich ging, hören wollte sie aber doch, was die Schwägerin sagen würde. Dass sie den Alten ansprach, oder in ihrer Art, anfauchte und verjagte, war jedenfalls wahrscheinlich. Argwöhnisch gegen Fremde konnte die Schwägerin unmöglich an einem Fremden vorbeigehen, der unter dem Vordach des Holzschuppens stand. Wie erstaunt war Bettina aber, als es vor der Tür still blieb. Dann ist er also gegangen, dachte sie. Verwundert kehrte sie um und ging zurück in die Stube. Aber ja, wozu hätte der kleine Mann denn draussen unterstehen sollen? Wahrscheinlich hatte er seine Frage nicht ernst gemeint. Bettina trat erneut an das Stubenfenster. Doch kaum, dass sie dort ankam, sah sie etwas Sonderbares.

Beim Gartenzaun hingen an der Leine die Bettlaken. Daneben stand im Gras ein Wäschekorb. Bettina griff nach einem Laken und schaute auf die andere Talseite. Beidseits des Sandtobels wuchsen Legföhren. Ihr Blick schweifte den Berg hoch. Je höher sie schaute, desto lichter standen die Föhren. An einigen Stellen trat Schiefer hervor. Auf dessen Flächen war ein Schimmer wie von Blei zu sehen. Im Sommer konnte das nur eines bedeuten. Hatte der kleine Mann es also doch ernst gemeint. Aber wie hatte er ahnen können, dass es bald regnen würde? Bettina zog das Laken von der Leine und warf es in den Wäschekorb. Da erst schaute sie talein und sah die Gewitterwand. An den Rändern rötlich verfärbt und Regenstürze als schiefe Schlieren vor sich herschiebend näherte sie sich dem Weiler.
Rasch war die Wäsche von der Leine gezogen und der Korb gefüllt. Bettina stellte ihn im Vorhaus ab. Danach eilte sie über den Vorhof und hinter den Stall. Das Tor zur Tenne stand noch offen. Sie schloss es. Als sie den Stall wieder verliess, begann die Lärche auf der Wiese zu schwanken. Eine Böe rauschte durch ihr Geäst. Doch gleich hingen ihre Reiser wieder träg und still herab. Einzig hinten im Tal donnerte es inzwischen. Noch zweimal rauschten Böen über die Wiese und das Gehöft. Bettina kehrte zurück in das Haus.
Inzwischen war der grelle Sonnenschein einem fahlen Zwielicht gewichen. So schnell war das alles geschehen, dass es Bettina ängstigte. Bereits flackerten im Gewölk zwischen Hoch Ducan und Plattenflüh die ersten Blitze. Noch fiel kein Regen und zwischen dem fernen Zucken der Blitze und dem Heranrollen des Donners verstrichen mehrere Sekunden. Doch lange würde das Unwetter nicht auf sich warten lassen. Alle Vögel waren verstummt und auch die Hunde waren inzwischen still geworden. Gespenstig still war es plötzlich auf dem Hof geworden.
Das Flackern über dem Grat wurde schärfer. Das dumpfe Grollen aus der Ferne wich heftigen Donnerschlägen. Doch regnen wollte es noch immer nicht.

Endlich fielen die ersten Tropfen. Sie schlugen schwer und vereinzelt gegen das Fensterglas. Kurz darauf setzten erneut Windstösse ein, trieben die Regentropfen zahlreicher gegen die Scheiben und dann begann es schwallartig zu regnen. In Stössen prasselten die Regentropfen aus dem Himmel herab und auf das Fensterbrett. Bettina dachte an den Bruder und an die Schwägerin. Hoffentlich hatten sie einen schützenden Ort aufgesucht. Ihr fiel auch der kleine Mann ein. Sie fragte sich, ob er nun auf der Strasse ging und nass wurde. Oder stand er vielleicht doch unter dem Vordach des Holzschuppens? Sie beugte sich näher an das Fenster, damit sie schräg durch das Glas den Schuppen sehen konnte und sah den Alten wirklich. Er stand mit dem Rücken an der Hauswand. Doch das Vordach war schmal und Böen trieb den Regen schief gegen das Haus. Zudem spritzte von dem Boden und den schweren Regengüssen eine Gischt auf, die durch den Wind unter das Vordach gedrückt wurde. Der alte Mann presste sich gegen die Hausmauer und hielt den Rucksack schützend vor sich hin, vergebens.
Oje, dachte Betina. Das Vordach ist klein. Er wird nass werden und dann wird ihm kühl werden. Wer weiss, ob er sich erkälten oder sonst ein Leiden zuziehen wird. Das muss nicht sein. Vielleicht sollte ich ihn ins Haus rufen. Doch nein, das darf ich nicht, fiel Bettina ein. Würde die Schwägerin bei ihrer Rückkehr einen Fremden im Haus vorfinden, dann würde ein Hagelsturm aus Vorwürfen über Bettina hereinbrechen. Aber ihm einen Schirm bringen, musste doch wenigstens möglich sein. Bettina ging in das Vorhaus. In einer Ecke standen Gummistiefel, ein Stecken und drei Schirme. Sie nahm einen Schirm zur Hand und öffnete die Haustür. Sofort spürte sie die Kraft eines Windstosses, der gegen die Tür drückte. Er wehte kühle Luft und Regengischt herein. Bettina erkannte, wie unpraktisch der Schirm in dem Wind sein wird. Sie rief nach dem Alten und winkte ihn herein.
Kaum dass er hereingekommen war, fühlte sich Bettina wieder verunsichert. Trotzdem bot sie ihm an, in die Stube zu gehen. Er schüttelte einige Regentropfen von den Joppenärmeln, bedankte sich und meinte: «Die Stube? Das ist nicht nötig.» Er wolle keine Umstände machen. Er könne auch im Vorhaus das Abflauen des Unwetters abwarten. Nein, er wolle ganz sicher keine Umstände machen.
«Ach was, Umstände? Das sind keine Umstände,» sagte Bettina wie jemand, der genau weiss, was er tut. «Lange wird dieses Gewitter so oder so nicht dauern.» Der Alte nickte und folgte ihr in die Stube. Doch auf einen Stuhl am Tisch wollte er sich nicht setzen. So entschieden lehnte er ab, dass Bettina ihn kein zweites Mal dazu aufforderte.
Das Prasseln der Regentropfen war inzwischen zu einem dröhnenden Rauschen verschmolzen. Dermassen gewaltig strömten die Wassermassen auf das Hausdach herab, dass das Dachgebälk zu ächzen begann. Der Zaun des Gartens und hinter dem Zaun die Lärche waren nur noch als graue Umrisse zu erkennen. Bettina wurde es mehr und mehr mulmig zu Mute. Nun war der Fremde doch im Haus und eine bis auf die Haut nasse und übel gelaunte Schwägerin konnte jeden Augenblick zur Tür hereinkommen. Doch gegenüber dem alten und kleinen Mann wollte sich ihre Zweifel nicht anmerken lassen. Wieder rang sie sich ein Lächeln ab und sagte: «Wie das jetzt regnet. Wer hätte das gedacht? Im Radio haben sie Hitze und Sonne vorausgesagt. Kein Wort davon und nun so etwas, nicht wahr?» Sie schaute den alten Mann an und sah, dass er um den Tisch ging. Als er ihn umrundet hatte, blieb er nicht stehen, sondern ging weiter um den Tisch. Irgendetwas an dem Alten ist eigen, dachte Bettina. Unfreundlich wirkt er nicht. Aber müde, unendlich müde scheint er zu sein. Er ging weiter um den Tisch und hielt erst an, als er bemerkte, dass er beobachtete wurde. Sein Gesicht war voller Furchen, die Wangen waren eingefallen und um die Augen lagen dunkle Schatten. Es sahen aus, als hätte er wenig getrunken oder lange nicht mehr geschlafen.
Und dann ebbte das Rauschen des Regens plötzlich ab. Bettina wandte sich von dem ruhelosen Gast ab und schaute nach draussen. Noch immer gingen Blitze wie grelle Schnüre nieder. Noch immer hörte man Donnergrollen. Doch blitzte es nicht mehr über dem Gehöft, sondern in der Ferne.
«Hören Sie», sagte der kleine Mann und ging weiter um den Tisch, «jetzt sind wir im Auge des Unwetters. Gleich zieht es über uns hinweg und dann wird der Wind und der Regen wieder einsetzen. Aber die Front ist vorbei. Das Schlimmste haben wir überstanden. Lange wird es nicht mehr dauern.»
Bettina nickte. Erneut setzte Regen ein. Doch die Hauptmacht des Unwetters war gebrochen und alles ging gezügelter fort. Nach und nach flaute der Wind und der Regen ab. Was vorher noch wilde Böen waren, wurde nun zu einem steten Wehen, der Regen wurde schwächer, die Blitze leuchteten blasser und der Donner rollte matter, gleichsam talauswärts gehend hinfort.

Als endlich das Regnen nur noch ein Auströpfeln war und das Blitzen ein Nachleuchten, unterbrach der Alte seine Wanderung, die ihn viele Male um den Tisch geführt hatte, und trat zu Bettina an das Fenster. Er sagte: «Es ist vorüber. Ich bedanke mich und hoffe, dass ich keine Umstände gemacht habe. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Sie waren sehr freundlich. Das ist nicht selbstverständlich.» Er ging ins Vorhaus zurück, wo er den Rucksack abgestellt hatte. Er hob ihn auf und bedankte sich noch einmal, bevor er nach draußen trat. Bettina folgte ihm. In der Haustür blieb sie stehen und schaute ihm nach, als von der Lärche her ein Zeisig geflogen kam und sich auf den Gartenzaun setzte. Das Federkleid nass und zerzaust schaute er nach links und nach rechts. Bettina atmete tief ein. Ihr war, als würde sie aus einem schweren Traum erwachen. Der Zeisig machte einen Hüpfer auf der Zaunlatte und beendete die Stille nach dem Gewitter mit einem ersten Zirpen und Trällern.

Einige Tage später ging Bettina in einem anderen Dorf eine Tante besuchen. Bettina mochte sie und besuchte sie gerne, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Wie üblich setzten sie sich in die Küche und plauderten über dieses und jenes, das sich zugetragen hatte. Bettina erzählte von dem Gewitter und dem alten, so sonderbar ruhelosen und eigensinnigen Mann. Sie erzählte, wie unsicher und besorgt sie sich gefühlt hatte, als sie ihn ins Haus geholt hatte.
«Du weisst schon, wer das war, oder?», fragte Bettinas Tante. Bettina verneinte.
«Du weisst es nicht?»
«Nein, ich weiss es wirklich nicht», antwortete Bettina wieder und fragte zurück: «Weisst du es denn?» Bettinas Tante stand vom Tisch auf und ging an den Herd. «Das war der alte Cartaphilos», sagte sie und zog die Pfanne mit dem kochenden Wasser von der Herdplatte. Sie goss zwei Tassen Tee auf und kehrte damit an den Tisch zurück. Bettina schaute die alte Frau an und meinte: «Cartaphilos?»
«Ja, Cartaphilos.»
«Das ist aber ein seltsamer Name.»
«Ja, ist es. Es ist ein alter Name.»
«Du kennst ihn? Wer war er?»
«Nicht, dass ich ihn persönlich kenne», sagte Bettinas Tante. «Begegnet bin ich ihm jedenfalls noch nie. Aber als ich noch ein Kind war, kannten alle seine Geschichte. - Zucker?» Bettina nahm dankend an, rührte einen halben Löffel Zucker in den Tee und fragte dann nach der Geschichte des Mannes mit dem fremden Namen und sonderbaren Verhalten.
Bettinas Tante begann zu erzählen: «Seine Geschichte fängt vor über zweitausend Jahren an. Damals, als der Heiland das Kreuz auf sich nahm und den Hügel Golgatha hochtrug, kam er, unser aller Erlöser, an einem Haus vorbei, in dem ein Mann namens Cartaphilos wohnte. Und weil das Kreuz schwer und der Weg steil war, wollte Jesus dort stehen bleiben und ausruhen. Da trat Cartaphilos aus dem Haus, ging zu Jesus und sagte: «Geh weiter. Du sollst hier nicht ruhen.» Und der Heiland antwortete: «Ich will stehen und ruhen. Du aber sollst gehen, sollst immer weiter gehen, sollst gehen bis in alle Ewigkeit.
Von da an war Cartaphilos verflucht. Rastlos war sein Leben. Nirgends kam er zur Ruhe und auch die letzte Ruhe blieb ihm versagt. Also wandert er seit Jahrhunderten durch die Welt und wird der ewige Wanderer genannt. Es heisst: Wer ihm schlechtes tut, dem widerfährt bald selber böses. - Das jedenfalls wird erzählt.»
Bettina schlürfte vorsichtig ein wenig von dem heissen Tee. Er war schon sehr eigen, dachte sie. Es war wirklich so, dass er immerzu um den Tisch gewandert ist. Er hätte doch absitzen können. Aber vielleicht erzählt meine liebe Tante wieder einmal eine ihrer Geschichten. Davon kennt sie viele. Die Gewitterwand freilich, die so unerwartet kam, und die Hunde, die plötzlich alle, ganz ohne Ausnahme, alle zu bellen anfingen. Bettina überlegte. Das war alles schon sehr eigen, dachte sie. Wer weiss, was noch hätte geschehen können? Wer weiss, was geschehen wäre, wenn er meine Schwägerin statt mir angetroffen hätte, ja?

 

Hallo @teoma,

ich mag deine Geschichte - vor allem Stil und Stimmung funktionieren für mich sehr gut; der Text erinnert ein wenig an eine alte Märchenerzählung. Was ich allerdings nicht ganz verstehe ist der philosophische Tag - der hat mich ein wenig in die Irre geführt zumal ich darauf gewartet habe, dass ein philosophisches Problem angesprochen wird oder dergleichen. Ich spring mal gleich zu den Anmerkungen:

Dass solche aber mitten im Sommer aus dem Gebirge gekommen waren, hatte niemand gesehen.
Vielleicht eher "wären"?

Dass solche aber mitten im Sommer aus dem Gebirge gekommen waren, hatte niemand gesehen.

Mit dieser Tollheit der Hunde begann Bettinas Erlebnis.

Hier würd ich keinen Absatz machen, weil's dann ja gleich hinein wechselt in Bettinas Sicht bzw. sie der Fokus wird und die EInleitung endet, also eher: "Dass solche aber mitten im Sommer aus dem Gebirge gekommen waren, hatte niemand gesehen. Mit dieser Tollheit der Hunde begann Betinnas Erlebnis." - Auch überlegen könntest du dir theoretisch, ob du die Einleitung (so wie in einem Märchen) in der Gegenwart verfasst und dann die Geschichte Bettinas in der Vergangenheit erzählst. Das ist jetzt keine Kritik oder dergleichen, kam mir auch grade jetzt nur beim Schreiben des Kommentars in den Sinn. :)

Bettina half damals bei ihrem Bruder aus, dessen Frau im Kindbett lag. Es war Juli, ein Monat mit langen Tagen und viel Arbeit. Ihr Bruder setzte sich jeden Morgen auf den Heulader und fuhr auf die Wiesen. Am Vormittag mähte er das Gras, am Nachmittag lud er auf und holte das Heu ein. Auf den Hof kam er, wenn er ein Fuder geladen hatte. Hatte er abgeladen, fuhr er wieder fort. So holte er Fuhre um Fuhre ein. Ins Haus kehrte er frühestens zurück, wenn es abends dunkelte; meistens also nur, um ins Bett zu fallen. Seine Frau hingegen war von der Geburt noch geschwächt.
Die ganze Sache mit dem Bruder und dessen Frau fand ich beim ersten Mal lesen interessant, als ich aber fertig war, stellte sich heraus, dass die beiden ja eigentlich gar keine Rolle in der Geschichte spielen - darum würde ich dazu tendieren, die beiden ganz zu streichen und wirklich bei Bettinas Erlebnis zu bleiben - denn die anderen Szenen in denen (nur die Frau, der BRuder wird kommt ja gar nicht vor) erwähnt wird, sind die:

Sein Gebell wurde Bettina lästig. Und weil der kleine Mann unter das Vordach stehen konnte, ohne dass er störte, sagte sie: «Wenn sie wollen, bitte schön.»

Wenig später kam die Schwägerin in die Stube. «Ich geh noch kurz zu Inauens», sagte sie.
«Was macht die Kleine?», fragte Betina.
«Sie schläft. Warum fragst du?»
«Nur so, hättest sie vielleicht mitnehmen können.»
«Ja, aber sie schläft.»
«Ja, sie schläft,» wiederholte Betina und fragte sich insgeheim, ob ihr vielleicht irgendwann einmal das letzte Wort gegönnt wird. Da blaffte jene sie an: «Ja, sage ich doch: Sie schläft.»
Bettina nickte und überlegte, ob sie von dem Fremden erzählen sollte. Sie entschied sich dagegen. Die Schwägerin würde ihn sehen. Wenn es ihr nicht passte, dass er unter dem Vordach des Holzschuppens stand, dann konnte sie selber mit ihm reden. Was sie dafür brauchte, nämlich ein geschliffenes Maulwerk, das hatte sie ja.
Als ihre Anverwandte das Haus verlies, ging Betina an die Haustür. Sie horchte. Sehen konnte sie zwar nicht, was draussen vor sich ging, hören wollte sie aber doch, was die Schwägerin sagen würde. Dass sie den Alten ansprach, oder in ihrer jetzigen Laune, anfauchte, war jedenfalls wahrscheinlich. Wie erstaunt war Bettina aber, als es vor der Tür still blieb. Dann ist er also gegangen, dachte sie. Fast ein wenig enttäuscht kehrte sie um und ging zurück in die Stube. Aber ja, wozu hätte der kleine Mann denn unter das Vordach stehen sollen? Wahrscheinlich hatte er seine Frage nicht wirklich ernst gemeint. Betina trat erneut an das Stubenfenster. Doch kaum, dass sie dort ankam, sah sie etwas Sonderbares.
Beides hat nichts mit der Geschichte zu tun, sondern zeigt eher die Beziehung Bettinas zu der Schwägerin - natürlich wäre das anders, wenn du vor hättest das noch auszubauen. Allerdings wird ja auch nie aufgeklärt, was das Sonderbare ist, was Betinna sieht. Sondern nach der Stelle werden Bruder und Schwägerin nur noch einmal erwähnt und zwar hier:

Bettina dachte an den Bruder und an die Schwägerin. Hoffentlich hatten sie einen schützenden Ort aufgesucht.
Darum würde ich persönlich den Bruder ganz streichen (oder vielleicht nur erwähnen, dass er wegen der Arbeit so gut wie nie daheim ist) und bei der Schwägerin würd ich's abhängig davon machen, ob du sie in die Geschichte einbinden willst (d.h. ganz wie die Tante am Ende sagt: Wer ihm Böses tut, dem wird Böses widerfahren): Zeig wie sie den alten Mann vertreiben will oder aus dem Haus jagen und dann wird sie von nem Blitz getroffen oder sowas. Oder sie verschwindet und taucht seit dem Gewitter nicht mehr auf, etc. Ansonsten - also wenn du nichts mit ihrer Figur vor hast, dass mit der Geschichte zu tun hat (d.h. mit der Begegnung des Alten, das Gewitter und letztlich auch mit der Moral), würd ich dir raten, sie ganz zu streichen.

Sie stutzte. Ein alter und kleiner Mann war vor das Haus getreten. Verwundert schaute sie ihn an. Trotz der Hitze war er gekleidet mit Hut und Joppe.
Den Satz würd ich einfach streichen, weil man ihn nicht wirklich braucht, dass der Alte wunderlich ist, zeigt sich meiner MIenung nach schon in dem "Trotz der Hitze (...)" und später kommt eh noch einmal, dass sie ihn verwundert ansieht.

«Ja, ein Gewitter. Er spürt, dass es wettern kommt.»
Ist das eine Phrase? Falls ja, ich kenne sie nicht, ansonsten hätte mein Gefühl eher gesagt: "Er spürt, dass es wettern wird"; wenn damit aber gezeigt werden soll, dass der Alte eine altertümliche Sprache nutzt, dann vergiss die Anmerkung einfach. ^^"

Danach eilte sie über den Vorhof und hinter den Stall. Das Tor zur Tenne stand offen und musste zugemacht werden.
Das find ich etwas umständlich formuliert. VIelleicht einfach zeigen, wie sie das Tor zumacht bzw. einfach nur "Sie schloss das Tor zur Tenne." oder sowas.

Noch viel kein Regen und zwischen dem fernen Zucken der Blitze und dem Heranrollen des Donners verstrichen mehrere Sekunden.
"fiel"

Oje, dachte Betina. Das Vordach ist klein. Es wird ihn nicht schützen. Er wird nass werden und dann wird ihm kühl werden. Für einen alten Mensch ist das schlecht. Wer weiss, ob er sich erkälten oder sich sonst ein Leiden zuziehen wird. Nein, das muss nicht sein. Vielleicht sollte ich ihm einen Schirm bringen.
Das ist mir etwas zu lange und ein wenig zu viel erklärende Überlegung, vielleicht auf das nötigste Kürzen - Dass sie ihm einen Schirm bringen will, kommt dann eh später nochmal, wenn sie raus geht und merkt - bei dem Wind eher ungünstig. Und dass es (nicht nur für alte Menschen) ungünstig ist, nass in der Kälte zu stehen, ist denke ich auch jedem klar.

Bettina bot ihm an, in die Stube zu gehen. Er schüttelte einige Regentropfen von den Joppenärmeln, bedankte sich und meinte: «Die Stube? Das ist nicht nötig.» Er wolle keine Umstände machen. Er könne auch im Vorhaus das Abflauen des Unwetters abwarten. Nein, er wolle ganz sicher keine Umstände machen.
«Ach was, Umstände? Das sind keine Umstände,» sagte Bettina. «Lange wird dieses Gewitter so oder so nicht dauern.»
Wer denkt da? Ist da ein Sichtwechsel hin zum alten Mann oder denkt Bettina da, dass er keine Umstäde machen will? Dann sollte das irgendwie gekennzeichnet werden - z.B. "Er wollte wohl keine Umstände machen." Außerdem hat mich irritiert, dass Bettina den Gedanken mit den Umständen dann aufgreift und laut ausspricht "Ach was, Umstände?" - so als hätte der alte selbst von Umständen gesprochen, doch der sagt nur "Die Stube? Das ist nicht nötig." - Ich würd's hier besser finden, wenn sie auf die direkte Rede eingeht, so wirkt die Antwort nämlich ein wenig unorganisch.

Begegnet bin ich ihm jedenfalls noch nie. Aber als ich noch ein Kind war, kannten seine Geschichte alle
Hier vielleicht eher "Als ich noch ein Kind war, kannten alle seine Geschichte."

So das wäre es von mir. :)

LG Luzifermortus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo! Zunächst mal, während des Lesens war ich interessiert und gefesselt von deiner Geschichte. Am Ende war ich dann ein wenig enttäuscht. Warum? Nun, dafür, dass du sehr lange Spannung aufgebaut und Athmosphäre erzeugt hast, ist mir dann doch zu wenig passiert. Am Schluss kommen keine Ereignisse mehr, die das Rätsel auflösen; sie erzählt die Story und erfährt dabei, um was es geht. Bissl dünn im Verhältnis zum Vorangegangenen.
Mit einer Analogie ausgedrückt: Entweder der Witz war zu lang für die Pointe -- oder die Pointe zu klein für den Witz.

Da rate ich doch dazu, die allzu genauen Details, die Nebenfiguren, Nebenhandlungen usw. auf kleineres Maß zu stutzen (sie spielen am Ende sowie im Orchester des Finales nicht mit) -- oder das Ende spektakulärer zu gestalten.

Einzelheiten:

Dass solche aber mitten im Sommer aus dem Gebirge gekommen waren, hatte niemand gesehen.
Klingt n bissl lang. "Wölfe hatte aber niemand gesehen."? -- Kurz und knackig ;)

und der Babyblues sorgte dafür
Das Wort Babyblues passt nicht in den Erzählton, den du sonst hast.

grosser, schwarzer Rüde
Hier und an anderen Stellen, oft scharfes S: großer

«Ja, sieht so aus», antwortete Bettina. «Ruhe gibt er keine. Aber wieso?»
Der Mann sagte doch: "Sieht nicht so aus ..." Also müsste sie, wenn sie das aufgreift sagen: "Ja, sieht nicht so aus ..." oder "Nein, sieht so aus als ob..."

Glauben sie mir
Sie

Lächeln ab und weil
Lächeln ab, und weil ...

bellte unentwegt zu dem kleinen Mann herüber
hinüber

Mann unter das Vordach stehen konnte
unter dem Vordach
Wenn sie wollen
Sie
Bettina atmete durch und wunderte sich noch immer: Irgendwie hatte sie der eigentlich freundliche Mann befremdet.
Du machst ja schon viel Atmosphäre, den Satz kannst du streichen, das ist noch mal beschrieben, was du schon impliziert hast, finde ich.
Und da ich dir sowieso vorschlage, zu kürzen, solche Sätze dehnen den Text, den die Auflösung, so wie sie da jetzt steht, nicht trägt. Auch rate ich dir, relativierende Füllwörter zu streichen, wenn sie nicht sein müssen - hier ist es 'eigentlich'.

ob ihr vielleicht irgendwann einmal das letzte Wort gegönnt wird
werden würde. Andererseits, das Verhältnis zu ihrer Schwägerin ist, wie sich später rausstellt, überhaupt kein Thema, das mit der Story zu tun hat. Kann weg. Es gibt einige solcher Stellen, ich hab sie nicht alle kopiert.

dann konnte sie selber mit ihm reden. Was sie dafür brauchte, nämlich ein geschliffenes Maulwerk, das hatte sie ja.
Um mit ihm zu reden, reichen die Stimmbänder. Du meinst, um ihn zu verjagen.

wozu hätte der kleine Mann denn unter das Vordach stehen sollen?
dem Vordach
Wahrscheinlich hatte er seine Frage nicht wirklich ernst gemeint.
Füllwörtertest: 'wirklich'.
Fast ein wenig enttäuscht
Füllwörtertest: 'fast' - was ist fast enttäuscht? Wenn doch nicht enttäuscht, ist das was anderes. Ist halt Umgangssprache, sagt aber nichts.

verlies
verließ
Betina kehrte zurück in das Haus.
Bettina -- hier und woanders dann immer tt
Das Flackern über dem Grat wurde schärfer. Das dumpfe Grollen aus der Ferne wich heftigen Donnerschlägen. Doch regnen wollte es noch immer nicht.
Ja, hier wird's dann alles lang, sehr lang in die längliche Länge gezogen.
In Stössen prasselten die Regentropfen aus dem Himmel herab
stößen
auf der Strasse ging und nass wurde
Straße
Wer weiss, ob er sich erkälten oder sich sonst ein Leiden
weiß
Bettina erkannte, wie unpraktisch der Schirm in dem Wind sein wird. Sie rief nach dem Alten und winkte ihn herein.
im Wind sein würde
«Wie das jetzt regnet,» meinte Bettina
regnet", meinte
dass er beobachtete wurde.
beobachtet -e
Ich wünsche ihnen alles gute.
Ihnen
Betina atmete tief ein.
tt
«Du weisst schon, wer das war, oder?» fragte Bettinas Tante. Bettina verneinte.
«Du weisst es nicht?»
weißt
Wer ihm schlechtes tut, dem widerfährt bald selber böses. -
Schlechtes/Böses. Übrigens würde ich hier keine Synonyme nehmen, sondern:
"Wer ihm Böses tut, dem widerfährt bald selber Böses."

Den Sinn der Geschichte bespreche ich jetzt nicht, ich hab's nicht so mit religiösen Mysterien; allerdings stellt sich die Frage, warum er die Dame getestet hat?

--

Bettina bot ihm an, in die Stube zu gehen. Er schüttelte einige Regentropfen von den Joppenärmeln, bedankte sich und meinte: «Die Stube? Das ist nicht nötig.» Er wolle keine Umstände machen. Er könne auch im Vorhaus das Abflauen des Unwetters abwarten. Nein, er wolle ganz sicher keine Umstände machen.
«Ach was, Umstände? Das sind keine Umstände,» sagte Bettina. «Lange wird dieses Gewitter so oder so nicht dauern.»
Wer denkt da? Ist da ein Sichtwechsel hin zum alten Mann oder denkt Bettina da, dass er keine Umstäde machen will? Dann sollte das irgendwie gekennzeichnet werden - z.B. "Er wollte wohl keine Umstände machen." Außerdem hat mich irritiert, dass Bettina den Gedanken mit den Umständen dann aufgreift
Nun, das scheint mir klar -- das ist nicht gedacht, sondern tatsächlich gesagt; nur wechselt der Text von direkter in indirekte Rede.

Gruß von Flac

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus @teoma,

mir gefällt die Sprache, die Ruhe und die Kenntnis um Natur und Lebensweise deiner Protagonisten, die man beim Lesen spürt. Das ist atmosphärisch und wirklich gut. Hier und da würde ich ein wenig kürzen. Notizen anbei.
Die Konstruktion des Textes ist in den ersten 90% sehr gut gemacht. Man fragt sich, wer der Alte ist. Der Sturm ist atmosphärisch und metaphorisch aufgeladen. Gleichzeitig sorgt man sich um das Kind und um die Schwägerin und den Bruder, die ja draußen im Sturm sind. Du baust deine Welt gut auf und beschwörst langsam ein Übel. Man teilt auch die eigenartige Einschätzung des Alten vor dem Haus.
Ein wenig der Schwachpunkt des Textes ist die Auflösung. Nicht, weil sie ein wenig deus ex machina abläuft und von einer neuen Figur getellt wird; sondern, weil die Tatsache, dass das eine Art Geist oder Dämon ist, der eben auf die Ewigkeit verdammt ist, umherzureisen, nichts mit der Person oder dem eigenen, inneren Konflikt deiner Heldin zu tun hat. So habe ich es zumindest empfunden. Was macht das mit ihr, dass sie ihm begegnet ist? Die Begegnung müsste sie in irgendeiner Art weitergebracht, verändert haben; sie müsste etwas für sie persönlich bedeuten, damit die Erzählung mächtig und bedeutsam wird. Oder: Es müsste im Plot etwas passieren, das die Welt deiner Heldin und auch deine Heldin verändert. Aktuell ist der Konflikt deiner Heldin, dass sie sich wohl unwohl mit der Schwägerin fühlt, dass sie bevormundet und herumkommandiert wird. Das hast du übrigens sehr subtil und gut gezeigt, meiner Meinung nach. Und dann bringt sie Leute in Gefahr. Sie erkennt nicht, dass ein Unwetter aufzieht, das gefährlich werden kann. Gleichzeitig gibt es das Neugeborene und den seltsamen Fremden. Potential, dass etwas schiefgehen kann. Ich fand es tatsächlich gut, dass nicht das eintrat, was ich befürchtet habe beim Lesen: Dass der Mann dem Kind etwas antut. So geht deine Heldin aus der Geschichte - das ist mein Gefühl - ein wenig mit einem Achselzucken heraus. Das ist zu wenig, finde ich.
Was ich gerade lesenswert fände, ist, wenn der Typ am nächsten Tag wieder kommen würde. Deine Heldin glaubt dann natürlich, dass das dieser verfluchte Geist von Jerusalem ist und geht dementsprechend eigenartig mit ihm um. Und dann stellt sich heraus, dass das z.B. der Vater der Schwägerin ist. Aber das ist deine Geschichte. Nur eine Idee gerade, in welche Richtung es weitergehen könnte. Wie gesagt, mir gefällt hier sehr viel und ich habe es gerne gelesen, aber zum Schluss fehlt mir - technisch ausgedrückt - die Figurenwandlung oder einen dritten Akt. So ist es auf eine Art mehr eine Anekdote als eine Geschichte, wobei sie wie gesagt sehr gut sprachlich aufgebaut ist.


Plötzlich stand hinter dem Mittagshorn, der Plattenflüh und dem Hoch Ducan eine Gewitterwand. Gleichzeitig wurden im ganzen Tal die Hunde toll. Schlagartig bellten und jaulten sie allesamt los wie sonst nur, wenn sie Wölfe heulen hören. Dass solche aber mitten im Sommer aus dem Gebirge gekommen waren, hatte niemand gesehen.
Gefällt mir extrem gut. Hat was von Hemingway, die Landschaft, die Beobachtung über die Tiere

Mit dieser Tollheit der Hunde begann Bettinas Erlebnis.
Würde ich streichen - redundant, dass das Ereignis jetzt beginnt, ist klar

Bettina half damals bei ihrem Bruder aus, dessen Frau im Kindbett lag. Es war Juli, ein Monat mit langen Tagen und viel Arbeit. Ihr Bruder setzte sich jeden Morgen auf den Heulader und fuhr auf die Wiesen.
Vorschlag: Es war Juli, ein Monat mit langen Tagen und viel Arbeit. Ihr Bruder setzte sich jeden Morgen auf den Heulader und fuhr auf die Wiesen. Bettina half damals bei ihrem Bruder aus, dessen Frau im Kindbett lag.
Ich finde, an der Stelle braucht es noch das Atmosphärische der Juli-Beschreibung, um reinzukommen in die Szene und den Text. Gleich mit einem Tell-Teil zu starten fand ich zu sperrig. Lieber die Arbeit und den Juli showen. Gefällt mir sehr gut, wie du das machst. Aber ich bin eh Fan, über solche Arbeit zu lesen.

Bettinas Bruder hielt einen Hofhund. Es war ein grosser, schwarzer Rüde. Er stand vor dem Haus und bellte.
Würde ich streichen. Es wird in den Folgesätzen klar, dass das Bettinas Bruder Hund ist und dass er ein Hofhund ist. Wieder: Das (redundante) Tell an den Anfang der Szene gesetzt nimtm dir hier unnötig Tempo; ich mag den Text, die Schreibe und die Szene

Der Rüde aber, rasend wie er war, belferte weiter.
redundant - liest sich ohne viel besser!

Verlegen rang sie sich ein Lächeln ab und weil sie die Gewitterwand nicht bemerkt hatte, meinte sie:
Dass sie das verlegen tut ist redundant - das versteht man aus dem Kontext des Satzes!

«Ja, noch scheint sie. Aber nicht mehr lange. Wissen sie, die Hunde und meine alten Knochen spüren es. Ist vielleicht besser, das Fräulein holt die Wäsche ein.»
Würde ich rausstreichen. Auf eine gewisse Weise wieder redundant - die Infos kriegt man auch aus dem zweiten Teil des Satzes

Er schaute zu der Stelle, wo vor dem Haus ein Gemüsegarten lag. Neben dem Garten hingen an einer Wäscheleine Bettlaken.
Sie befinden sich ja vor dem Haus - also ist es klar, dass er nur dort hinsehen kann. Evtl. knackiger: Er schaute zum Gemüsegarten. Ein Bettlaken hing an einer Wäscheleine.

Einen Augenblick wartete er ab, ob Bettina etwas entgegnen würde.
Dass er auf ihre Antwort wartet, ist klar - ist gestrichen geschliffener, meiner Meinung nach

Bettina atmete durch und wunderte sich noch immer: Irgendwie hatte sie der eigentlich freundliche Mann befremdet.
Würde die Ungenauigkeit in ihrem Gefühl streichen. Lass sie fühlen, dass der Mann sie befremdet hat. Meine Meinung.

Schaute Bettina in der Stube aus dem Fenster, konnte sie nur sehen, was sie seit Tagen schon immer sah: eine gemähte Wiese, auf der Wiese eine einsame Lärche, weiter weg ein Landwasser, das zu einem Rinnsal verkümmert war, und greller Sonnenschein überall.

Viele Grüße
zigga

 

Hallo Luzifermortus

Danke für deinen Beitrag.

der Text erinnert ein wenig an eine alte Märchenerzählung

Der Kern der Geschichte ist alt.

Was ich allerdings nicht ganz verstehe ist der philosophische Tag

Vielleicht wäre "Gesellschaft" eher angebracht.

Auch überlegen könntest du dir theoretisch, ob du die Einleitung (so wie in einem Märchen) in der Gegenwart verfasst und dann die Geschichte Bettinas in der Vergangenheit erzählst.

Welches Märchen hattest du da vor Augen?

Die ganze Sache mit dem Bruder und dessen Frau fand ich beim ersten Mal lesen interessant, als ich aber fertig war, stellte sich heraus, dass die beiden ja eigentlich gar keine Rolle in der Geschichte spielen - darum würde ich dazu tendieren, die beiden ganz zu streichen und wirklich bei Bettinas Erlebnis zu bleiben

Ihre Rolle streichen oder ausbauen, sagtst du. - Die Rolle der beiden ist vielleicht nicht so offensichtlich wie sie sein sollte. Ich wollte, dass Bettina in einem Haus handelt, das nicht ihr gehört, in dem sie sich aber doch verantworten muss oder verantwortlich fühlt. Das spitzt ihre Lage zu. Andererseits ist es auch so, dass der Bruder und die Schwägerin aus dem Haus sein sollen, wenn Bettina einen Fremden eintreten lässt, weil Bettina sich dann für ihre Handlung allein verantworten muss. Aber ja, es stimmt, dass die Frau Schwägerin im späteren Verlauf der Geschichte noch eine gewisse, aufschlussreiche, gegebenenfalls indirkete Rolle spielen könnte. Ich werde das noch überdenken und vielleicht ändern.

Ist das eine Phrase? Falls ja, ich kenne sie nicht, ansonsten hätte mein Gefühl eher gesagt: "Er spürt, dass es wettern wird"; wenn damit aber gezeigt werden soll, dass der Alte eine altertümliche Sprache nutzt, dann vergiss die Anmerkung einfach. ^^"

Das soll tatsächlich zeigen, dass er eine altertümliche Sprache nutzt. Er sagt ja auch "Fräulein" statt junge Frau usw.

Wer denkt da? Ist da ein Sichtwechsel hin zum alten Mann oder denkt Bettina da, dass er keine Umstäde machen will?
Nun, das scheint mir klar -- das ist nicht gedacht, sondern tatsächlich gesagt; nur wechselt der Text von direkter in indirekte Rede.

Ist so, wie FlicFlac sagt. Nur die Form, in der Gesprochenes wiedergegeben wird, ändert.

Zwei oder drei weiter Dinge von dir habe ich berücksichtigt, ohne dass ich jetzt darauf eingehe. Danke für deinen Kommentar.

Gruss teoma

 

Er hob ihn auf und bedankte sich noch einmal, bevor er nach draußen trat.

Endlich fielen die ersten Tropfen. Sie schlugen schwer und vereinzelt gegen das Fensterglas. Kurz darauf setzten erneut Windstösse ein,

Ich hoffe, selbst eingefleischte Nutzer schweizer und angloamerikanischer Schreibmaschinentastaturen begreifen schnell, warum dieses denkwürdige Duo an Eingangszitaten hier steht,

lieber Teoma,

schön, nach den Störchen wieder von Dear zu lesen,

aber auch hier

Schlagartig bellten und jaulten sie allesamt los wie sonst nur, wenn sie Wölfe heulen hören.
hab ich schon zu meckern, wenn die Zeitenfolge unnötig durchbrochen wird (hier genügt m. E. ein „hörten“ zu setzen.

(für das vermisste ß anstelle des doppel-s empfehl ich, die Suchfunktion zu nutzen!), denn es geht - logischer und konsequenterweise weiter ...

Bettinas Bruder hielt einen Hofhund. Es war ein grosser, schwarzer Rüde. Er stand vor dem Haus und bellte.

«Es ist das Wetter. Glauben sie mir, Fräulein, es schlägt um.»
Selbst das Stuttgarter Hutzelmännchen wählt heutzutage die Höflichkeitsform „Sie“
(auch da, Suchfunktion nutzen für den Fall der Fälle ...)

Weils sie aber nur verwundert schaute, redete er bald weiter.
Ich bin auf dem Kreuzzug, „rettet das Apostroph“, das hier seine Funktion hinwiese, dass da zwischen „weil“ und „es“ ein Buchstabe fehlt!, und vor allem, weil „weil“ keinen Genitiv kennt …

Und Du hast mutmaßlich eine Freude am Verb „haben“

Tagelange Flimmerhitze hatte nicht nur den Hauptbach des Tales schier ausgetrocknet, auch unter dem Fenster der Garten hatte gelitten. Bettina hatte sich gefreut. Noch nie hatte sie einen Flecken Erde gehabt, auf dem sie hatte Blumen und Gemüse anpflanzen können.
Versuch mal selbst, die Inflation einzudämmen ...

Wozu also die Wäsche einholen oder gar, wie der Fremde vorhin gewollt hatte, unter ein Dach stehen?
Verwechselstu da nicht stehen und stellen?

Und dann eine Katastrophe der schreibenden Zunft

Als ihre Anverwandte das Haus verlies, ging Betina an die Haustür.
Ein Verlies mit dem Verb „verlassen“ in Verbindung zu bringen, selbst wenns Prät. ähnlich kling: „verließ“. U know: (sicherheitshalber – Suchfunktion nutzen, mindestens einmal wirstu es nochmals finden, das MIssgeschick)

Was vorher noch wilde Böen warenKOMMA wurde nun zu einem steten Wehen, der Regen wurde schwächer, die Blitze leuchteten blasser und der Donner rollte matter, gleichsam talauswärts gehend hinfort.

In der Haustür blieb sie stehen und schaute ihm hinterher, als von der Lärche her ein Zeisig geflogen kam und sich auf den Gartenzaun setzte. Das Federkleid nass und zerzaust schaute er nach Links und nach Rechts.
Warum die Großschreibung?

«Du weisst schon, wer das war, oder?»KOMMA fragte Bettinas Tante. Bettina verneinte.

Mein Tipp - jemand aus Deinem Umfeld Korrektur lesen lassen, denn dass Du schreiben kannst, hastu nicht das erste Mal bewiesen, findet der

Friedel

 

Hallo Teoma!

Ich habe deine Geschichte gerne gelesen. Es gibt zu ihrem Protagonisten ein Pendant namens Ahasver, der ewige Jude, von dem die selbe Begegnung mit Jesus plus daraus resultierender Konsequenz erzählt wird.
Da in den Kommentaren bereits auf viele Fehler hingewiesen wurde, gehe ich nicht genauer darauf ein. Mich stört aber ein Wort besonders. Der Begriff Babyblues. Der passt so überhaupt nicht zum ansonsten vorwiegend ländlich/rustikalen Duktus. Den würde ich austauschen.

LG

 

Hallo FlicFlac

Sind jetzt etliche Fehler behoben.

Da rate ich doch dazu, die allzu genauen Details, die Nebenfiguren, Nebenhandlungen usw. auf kleineres Maß zu stutzen (sie spielen am Ende sowie im Orchester des Finales nicht mit) -- oder das Ende spektakulärer zu gestalten.

Möglich wär`s. Man könnte die Anghörigen streichen. Bettina könnte allein in einem Haus wohnen und hätte dann keine Schwägerin mit scharf geschliffenen Stimmbändern im Nacken. Man könnte die Geschichte so kurz und knackig machen, wie die Geschichte, die mich inspirierte. Sie wäre dann fünf Zeilen lang. Ein erweitertes, spektakuläres Ende wäre auch möglich. Möglich wäre zum Beispiel etwas mit hungrigen Wölfen, Blitzschlag oder Hochwasser, Hexen, Nazis, inneren Dämonen oder sonst irgendetwas, das richtig spektakulär ist. Woran hast du gedacht?

Das Wort Babyblues passt nicht in den Erzählton, den du sonst hast.

Ja, stimmt. Wenn ich eines finde, das genauso knackig ist und besser passt, dann wir es ersetzt.

Um mit ihm zu reden, reichen die Stimmbänder. Du meinst, um ihn zu verjagen.

Ja, stimmt. Sie würde ihn verjagen. Das schreibe ich noch hinein.

Schlechtes/Böses. Übrigens würde ich hier keine Synonyme nehmen, sondern:
"Wer ihm Böses tut, dem widerfährt bald selber Böses."

Vielleicht ja. Das lasse ich noch auf mich einwirken und ändere es gegebenfalls.

Den Sinn der Geschichte bespreche ich jetzt nicht, ich hab's nicht so mit religiösen Mysterien; allerdings stellt sich die Frage, warum er die Dame getestet hat?

Wahrscheinlich darum, weil sie gerade anfällig ist und gut getestet werden kann und auch darum, weil er, der ewige Wanderer, nunmal ein ewiger Tester ist.

Danke für deinen Komentar. Es ist spannend zu lesen, wie so eine Geschichte ankommt.
Gruss teoma

 

Hallo teoma

es ist Dir wieder gelungen, langsam eine Gruselstimmung aufzubauen. Und am Ende kommt es dann ganz anders.
Man wird in eine abgeschiedene Bergwelt geführt, mit einfachen Leuten, die in ihrem Glauben leben. Sie sind im Wesentlichen mit Alltäglichem und mit ihrem Überleben beschäftigt.

Die Geschichte ist für mich klar bis auf eine Stelle: Dass ein Gewitter anzieht, ist gleich im ersten Abschnitt erwähnt. Also weiss Bettina von Anfang an, dass ein Gewitter kommen wird. Als der Gast ihr davon erzählt, sieht sie die Gewitterfront aber nicht. Oder habe ich etwas überlesen?
Zudem bellen im Tal die Hunde wegen des aufkommenden Gewitters. Als Bettinas Hund bellt, dachte ich zuerst er belle auch wegen des Gewitters. Aber er bellt wohl den Fremden an.

Ansonsten sehr gerne gelesen.

Viele Grüße
Fugu

Das ist mir noch aufgefallen (da die Vorgänger schon einiges angemerkt haben, ist es vielleicht redundant):

«Wenn sie wollen, bitte schön.»
Sie
«Was macht die Kleine?», fragte Betina.
Bettina, später nochmal.

 

Da rate ich doch dazu, die allzu genauen Details, die Nebenfiguren, Nebenhandlungen usw. auf kleineres Maß zu stutzen (sie spielen am Ende sowie im Orchester des Finales nicht mit) -- oder das Ende spektakulärer zu gestalten.
Möglich wär`s. Man könnte die Anghörigen streichen. Bettina könnte allein in einem Haus wohnen und hätte dann keine Schwägerin mit scharf geschliffenen Stimmbändern im Nacken. Man könnte die Geschichte so kurz und knackig machen, wie die Geschichte, die mich inspirierte. Sie wäre dann fünf Zeilen lang. Ein erweitertes, spektakuläres Ende wäre auch möglich. Möglich wäre zum Beispiel etwas mit hungrigen Wölfen, Blitzschlag oder Hochwasser, Hexen, Nazis, inneren Dämonen oder sonst irgendetwas, das richtig spektakulär ist. Woran hast du gedacht?
Der Punkt ist, der Grad ihrer Beschreibung entspricht nicht dem Grad ihrer Bedeutung für die Geschichte. Man denkt aber aufgrund ihrer Beschreibung, sie hätten Bedeutung, und dann sind's nur Statisten und die Fäden hängen am Ende unverknüpft in der Luft.
Welchen Anteil könnten sie haben?


Das Wort Babyblues passt nicht in den Erzählton, den du sonst hast.
Ja, stimmt. Wenn ich eines finde, das genauso knackig ist und besser passt, dann wir es ersetzt.
Ich hörte mal das Wort Kindbettdepression/Wochenbettdepression.
Es geht um deinen Duktus.


Den Sinn der Geschichte bespreche ich jetzt nicht, ich hab's nicht so mit religiösen Mysterien; allerdings stellt sich die Frage, warum er die Dame getestet hat?
Wahrscheinlich darum, weil sie gerade anfällig ist und gut getestet werden kann und auch darum, weil er, der ewige Wanderer, nunmal ein ewiger Tester ist.
Weil sie gut getestet werden kann? Oder weil grad Mittwoch ist? ;)
Hab ich dich richtig verstanden, der testet wahllos, grundlos oder aber er testet alle, die gut getestet werden können?

Ja, diese Möglichkeiten hatte ich nicht gesehen, tut mir leid!
?

 

Hallo @FlicFlac

Hätte ich jetzt nicht erwartet, dass du noch einmal antwortest. Das finde ich gut.

Der Punkt ist, der Grad ihrer Beschreibung entspricht nicht dem Grad ihrer Bedeutung für die Geschichte. Man denkt aber aufgrund ihrer Beschreibung, sie hätten Bedeutung, und dann sind's nur Statisten und die Fäden hängen am Ende unverknüpft in der Luft.
Welchen Anteil könnten sie haben?

Ja, das kann sein, dass ein Leser diesen Grad der Bedeutung nicht so sieht, wie ich ihn sehe. Noch habe ich an der Geschichte keine tiefgreifenden Änderungen vorgenommen. Ich denke aber darüber nach, zu beschreiben, was Bettina bezüglich der Schwägerin und vielleicht auch bezüglich dem Bruder denkt. Wenn ich beschreibe, wie sie ihre Lage in dem Haus der beiden einschätzt, dann wird wohl auch klarer, welche Rolle die Schwägerin und der Bruder für sie spielen. Bisher habe ich das nicht gemacht, weil ich meine, dass das Schildern von Gedanken im Gegensatz zum Schildern von Gefühlen als "Telling", als begriffliches Erzählen aufgefasst und vielfach abgelehnt wird.

Allerdings, Flicflac, ist es auch so, dass ich es zur Zeit ziemlich streng habe. Wenn ich Abends heimkehre, bin ich zu müde, um noch zu schreiben und am Vormittag habe ich auch nur zwischen zwei Arbeiten jeweils kurz Zeit. Du wirst dich also etwas gedulden müssen.

Ich hörte mal das Wort Kindbettdepression/Wochenbettdepression.

Ja, wobei "Depression" auch eher ein Wort ist, das man aus dem Mund eines Psychiaters erwartet. Vielleicht "Wochenbettschwäche"? Ich versuch`s mal damit.

Weil sie gut getestet werden kann? Oder weil grad Mittwoch ist? ;)
Hab ich dich richtig verstanden, der testet wahllos, grundlos oder aber er testet alle, die gut getestet werden können? Ja, diese Möglichkeiten hatte ich nicht gesehen, tut mir leid!
?

Ewige Wanderer sind immer eine Herausforderung für Sesshafte.

Gruss teoma

Hallo @Friedrichard

(für das vermisste ß anstelle des doppel-s empfehl ich, die Suchfunktion zu nutzen!), denn es geht - logischer und konsequenterweise weiter ...

Selbst das Stuttgarter Hutzelmännchen wählt heutzutage die Höflichkeitsform „Sie“
(auch da, Suchfunktion nutzen für den Fall der Fälle ...)

Ja, die Suchfunktion ist wirklich praktisch.

Verwechselstu da nicht stehen und stellen?

Nein, geht doch beides, nicht wahr? Weil die rückbezügliche Form aber etwas komplizierter ist, habe ich "stehen" verwendet.

Hat mich gefreut, Fridel, von dir zu hören. So, und nun muss ich aufbrechen. Muss jetzt zwei Stunden gehen, bis ich auf dem Grat bin, wo Alpendolen im Aufwind akrobatische Kunststücke fliegen.

Gruss teoma

 

@teoma

Ich hörte mal das Wort Kindbettdepression/Wochenbettdepression.
Ja, wobei "Depression" auch eher ein Wort ist, das man aus dem Mund eines Psychiaters erwartet. Vielleicht "Wochenbettschwäche"? Ich versuch`s mal damit.
Denke, das ist heutzutage oft so, dass das Wort auch von Nichtpsychiatern benutzt wird.

 

Hallo @Manuela K.

Danke für die Mail und nun die Antwort auf deinen Beitrag.

Es gibt zu ihrem Protagonisten ein Pendant namens Ahasver, der ewige Jude, von dem die selbe Begegnung mit Jesus plus daraus resultierender Konsequenz erzählt wird.

Ja, es gibt allerlei Namen für diese Figur. Alle Namen bezeichnenen mehr oder weniger die gleiche Gestalt. Es gibt auch allerlei Filme, Gemälde usw. mit dieser Figur. Die Geschichte, die mich zu meiner Geschichte anregte, war ungefähr fünf Zeilen lang und entsprach etwa folgendem:

Im Oberdorf des Dorfes Splügen habe eines Abends ein kleiner Mann an der Haustür einer alten Frau namens Stina geklopft und um Nachtasyl gebeten. Sie habe ihn eingelassen. Die ganze Nacht sei der sonderbare Gast danach um den Stubentisch gegangen. Als sie davon anderen erzählte, habe man ihr gesagt, dass sie gut gehandelt habe. Bei dem Mann habe es sich nämlich um den ewigen Wanderer gehandelt. Es wäre sonst ein Unglück geschehen.

Das war die ganze Geschichte. Wie du siehst, habe ich das ganze noch ein wenig ausgeschmückt und umgestaltet.

Danke für deinen Beitrag. Wünsche einen schönen Tag.
Gruss teoma

 

Hallo @zigga

Eigentlich wärst du für eine Antwort vor Manuela dran gewesen. Aber die Reihenfolge ist mir durcheinander geraten, entschuldige bitte.

Dein Beitrag ist aufschlussreich. Es hilft mir zu verstehen, wie gedeutet wird. Einiges ist hilfreich.

Bettinas Bruder hielt einen Hofhund. Es war ein grosser, schwarzer Rüde. Er stand vor dem Haus und bellte.
Würde ich streichen. Es wird in den Folgesätzen klar, dass das Bettinas Bruder Hund ist und dass er ein Hofhund ist. Wieder: Das (redundante) Tell an den Anfang der Szene gesetzt nimtm dir hier unnötig Tempo; ich mag den Text, die Schreibe und die Szene

Okay, langsam verstehe ich, was jeweils der Grund für das Erwähnen des Tempo sein könnte. Das wurde schon in der letzten Geschichte angesprochen.

Bettinas Bruder hielt einen Hofhund. Es war ein grosser, schwarzer Rüde. Er stand vor dem Haus und bellte.
Der Rüde aber, rasend wie er war, belferte weiter.
Verlegen rang sie sich ein Lächeln ab und weil sie die Gewitterwand nicht bemerkt hatte, meinte sie:
«Ja, noch scheint sie. Aber nicht mehr lange. Wissen sie, die Hunde und meine alten Knochen spüren es. Ist vielleicht besser, das Fräulein holt die Wäsche ein.»
Er schaute zu der Stelle, wo vor dem Haus ein Gemüsegarten lag. Neben dem Garten hingen an einer Wäscheleine Bettlaken.
Einen Augenblick wartete er ab, ob Bettina etwas entgegnen würde.
Bettina atmete durch und wunderte sich noch immer: Irgendwie hatte sie der eigentlich freundliche Mann befremdet.
Schaute Bettina in der Stube aus dem Fenster, konnte sie nur sehen, was sie seit Tagen schon immer sah: eine gemähte Wiese, auf der Wiese eine einsame Lärche, weiter weg ein Landwasser, das zu einem Rinnsal verkümmert war, und greller Sonnenschein überall.

Einiges habe ich gestrichen, nicht alles.

Aktuell ist der Konflikt deiner Heldin, dass sie sich wohl unwohl mit der Schwägerin fühlt, dass sie bevormundet und herumkommandiert wird.

Das ist falsch. Wenn eine Figur am Schluss keine Rolle mehr spielt, heisst das was? Soll ich die Schwägerin ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken und den Schluss auf sie ausrichten? Ich erzähle mit einem fest umrissenen Schluss in meinem Kopf. Bettinas Schwägerin spielt am Schluss keine Rolle mehr, weil sie - wie auch Bettinas Bruder und der Hofhund - nur eine Nebenrolle spielt.

Danke zigga fr deinen Beitrag.
Gruss teoma

 

Hallo @Fugusan

Habe vorhin nachgeschaut, wie oft du noch Beträge und Geschichten in`s Forum schreibst. Nicht oft, aber doch immer wieder. Deine neue Geschichte habe ich gelesen. Ich fand sie spannend.

Dass ein Gewitter anzieht, ist gleich im ersten Abschnitt erwähnt. Also weiss Bettina von Anfang an, dass ein Gewitter kommen wird. Als der Gast ihr davon erzählt, sieht sie die Gewitterfront aber nicht. Oder habe ich etwas überlesen?
Zudem bellen im Tal die Hunde wegen des aufkommenden Gewitters. Als Bettinas Hund bellt, dachte ich zuerst er belle auch wegen des Gewitters. Aber er bellt wohl den Fremden an.

Du hast nichts überlesen. Aber du hast den ersten Abschnitt nicht ganz richtig gedeutet. Es ist so, dass Bettina die Gewitterwand lange nicht sieht und darum auch lange nicht erkennt, dass ein Unwetter naht. Als sie in der Haustür steht und dem Hund zuruft, guckt sie vielleicht in eine andere Richtung oder der Blick auf die Gewitterwand wird ihr durch ein Gebäude, vielleicht den Stall versperrt. Bettina erkennt erst, dass das Wetter ändert, als sie aus dem Stubenfenster schaut, und die Gewitterwand sieht sie erst, als sie vor das Haus geht und die Bettlaken einholt.
Die Hunde im Tal bellen wegen dem Wetterumschwung. Der Hund von Bettinas Bruder macht das auch, bellt dann aber auch den Fremden an. Wobei vielleicht nocht zu bedenken ist, dass Hunde gewöhnlich nicht bellen, wenn ein Gewitter aufzieht - und schon gar nicht so heftig, wie wenn sie Wölfe heulen hören. Dieses Gewitter ist aber wie auch der Fremde ungewöhnlich, unnatürlich. Einen normalen Wetterumschwung hätten die Meteorologen auch vorausgesagt, oder? Aber Meteorologen vestehen nichts von besonderen Wetter-Phänomenen, die mit einem Mann in ein Tal kommen, der mehr als zweitausend Jahre alt ist. Allein die Hunde, die haben offenbar alle etwas gespürt, nicht wahr?

Hat mich gefreut von dir zu hören.
Gruss teoma

 

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