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Ey die Hunde

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15.03.2008
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Ey die Hunde

Ungefähr sechs Stunden nach dem Kennenlernen gibt's Sex. Schnell, hart und wild, als wären beide ausgehungert. Carla ist unglaublich laut, er ist sicher, Francois nebenan wird auch was davon haben, vielleicht mehr als er wissen wollte, sicher mehr, als er um drei Uhr morgens hören will. Ihr expressives Stöhnen wirkt durch den Gegensatz zu seiner letzten Geliebten, die überhaupt keinen Laut machte, noch krasser. Priva muss zwischendurch die Idee wegschieben, sie stöhne für Publikum. Vielleicht ne Visitenkarte, denkt er. Sie meinte doch vorhin so nebenbei, wie sie lebt und liebt. Könnte sein, die sind so unterwegs? Er kennt sich da nicht aus.

Priva leert seine Gedanken, konzentriert sich auf den Akt, sieht und spürt ihre definierten Muskeln, die sehr helle Haut, das Gesicht, voll hingegeben, schutzlos, der prächtige Arsch. Da muss er gleich noch mal grabschen. Als er ihre Beine auf seine Schultern legt, muss er aufpassen, sie nicht zu verletzen. "Arbeitest du hier Stellungen ab?", fragt sie, als er ihren Körper wieder anders hinlegt, um sich von hinten an sie ranzumachen. "Will nur sehen, was so ein Artistenkörper alles kann." Sie versteht ihn richtig und lacht. Hebt den Arsch ein Stück, schiebt ein Kissen drunter und streckt sich ihm ein kleines Bisschen entgegen. Damn, babe.
Carla stöhnt beim ersten Kontakt wieder so laut, er ist versucht, den Rücken durchzustrecken, um eine gute Figur zu machen.
Später, als sie auf ihm sitzt und schneller wird, greift er nach ihrer Kehle und drückt zu. Leicht, nur leicht. Trotzdem wirft sie sich nach hinten, knallt mit dem Schädel gegen die Heizung und verdreht dabei seinen Schwanz so schmerzhaft, dass ihm ihr vorwurfsvoller Blick erst mal gleichgültig ist. "Mach das nie, nie wieder." Er nickt. Nickt und schweigt, konzentriert sich aufs Brennen im eigenen Körper, geht in den Schmerz, um ihn auszuhalten. Priva fragt nicht, was gerade passiert ist. Er will so eine Geschichte nur hören, wenn es sein muss. Wenn sie will, dass er es weiß, wird es ohnehin erzählt werden.

"Kannst du dir vorstellen, so zu leben?", fragt Carla.
"Vorstellen kann ich's mir. Wir werden sehn wie's läuft." Priva steht am Balkon und raucht, spürt die stille Erschöpfung im Raum, ihrer beider Begehren, die verdammten Erwartungen sich anschleichen. Vor dem "La Strada" stehen ein paar Straßenschmoks, teilen sich nen Jolly und beleidigen einen alten Mann, der an ihnen vorübergeht. Er kriegt Bock, sich zu schlagen, und schließt die Balkontür, um die Wut auszusperren.
"Ich find das auch nicht immer einfach", sagt sie.
"Warum willst du dann so lieben, was soll das?"
"Es fühlt sich einfach richtig an, wir gehören niemandem. Menschen sind kein Besitz."
Eine Binsenweisheit, denkt Priva, die so auch nicht stimmt.

Später, wieder im Bett. Die luziden Momenten kurz vorm Schlaf, dem kleinen Tod. Die Bilder wechseln schon schneller, das Bewusstsein schaltet langsam auf Autopilot um, da drängt sich noch ein Gedanke ins Bewusstsein, viel zu klar und definiert für diese Uhrzeit: Wir sind unfrei und täten besser daran, damit zu arbeiten, statt so zu tun, als wäre die Welt anders eingerichtet. Er weiß, sie werden miteinander noch einiges an Zeit verbringen. Das wird nicht nur einfach sein.

Am nächsten Morgen hat sie deutliche Mühen, sich um sieben vom warmen Bett loszureißen. Priva würde nicht mit ihr tauschen wollen, und dass sie sich nicht drum kümmert, leise zu sein, ärgert ihn nicht. Wachsein ist nicht das Problem, jetzt raus in die kalte Welt zu müssen, das wäre ätzend, aber er liegt ja und hat auch nicht vor, allzu bald aufzustehen. "Ich hab ein graues Haar! Mein erstes graues Haar! Ich werde sie färben müssen, sonst kriegt die Rollen im Kindertheater wer anders!" Priva antwortet, sie solle sich bloß die Haare färben, ihm sei das Grauhaar schon gestern aufgefallen und es sehe furchtbar aus. Sie zieht ihre bunten Winterklamotten an, bei denen er sich schon gestern fragte, aus welcher Spende sie die gezogen hat, und küsst ihn noch mal zum Abschied. Sieht ihn einen Moment nur an, sagt "der erste Morgen", und er nickt, ja, es sehe aus, als hätten sie noch was öfter miteinander zu tun. Ihre Mimik verändert sich kein Stück, als er das sagt, sie sieht ihn weiter einfach nur an und strahlt, ein paar Sekunden, die sich verdammt lang anfühlen, zum Ende sogar unangenehm werden, er weiß nicht wieso, aber als er die Tür ins Schloss fallen hört, hat er das Gefühl, eben wie ein Spielzeug angesehen worden zu sein. Wie ein Spielzeug, das jemand besitzen will. Er steht auf und kuckt ihr hinterher: Carlas schreiend bunte Gestalt, grüner Anorak, blaue Thermohose. Sie geht um den Brunnen rum, an dem schon so früh, im Winter, die Suffis mit ihrem Bier hocken. In zwei, drei Minuten wäre sie beim Hauptbahnhof, von wo aus sie die U-Bahn nehmen wird, Linie 3, zum Workshop für Neuen Zirkus. Am Ende dieser Woche ist eine kleine Show geplant, für Carla und ihre Kolleginnen. Fast nur Frauen in dem Team. Er wird sich das wohl ansehen, jetzt also Zirkus und Theater. Eine überraschende Wendung, mal wieder.

"Wir müssen mal raus."
"Du gehst doch raus. Jeden Morgen machst du einen Heidenlärm. Wenn du nicht schläfst, sollen auch die anderen wach sein."
"Aber du nicht."
"Ich war das letzte halbe Jahr praktisch nur unterwegs. Zwischendurch die Welt drei Wochen von hier im Auge behalten, ist ne gute Sache."
"Wir können ja mal kucken, kuck doch mal nach."
Priva fährt den Laptop hoch und klickt sich durch den Bewegungsmelder und die Argonautensuche, liest hier einen Filmtitel und dort den Bandnamen.
"Wer spielt, Mühlheim Asozial? Zeig mal her, das glaub ich nicht."
Carla liest und erzählt, das seien Freunde von ihr, da müssten sie hin. In der Flora sei sie auch noch nicht gewesen! Priva würde lieber weitervögeln, den Winter von drinnen betrachten und vorbeiziehen lassen. Abends auf die Ankunft ihres prächtigen Arsches warten. Aber früher oder später kriegen alle nen Rappel und wollen irgendwas machen, besser man gewöhnt sich dran, so lange sie noch gut gelaunt sind. Man weiß es nicht, es könnte sogar Spaß machen.

Auf dem Weg von der Sternschanze zur Flora gehen sie am Stand vorbei, wo er im Sommer seine Erdbeeren kauft, über den Platz, wo die Bullen sie vor einem Jahr gekesselt haben, und lassen den Schanzenpark links liegen, über den die Beginner gerappt haben, wo die Junkies rumhingen und Stoff vertickt haben, bevor das Gefahrengebiet eingerichtet wurde.
Eine Straße weiter gibt sie ihm ihre Jacke und macht eine Fahne an einem Straßenschild. Und das it wirklich mal was, das ihn beeindruckt, passiert nicht mehr oft, die Jahre fordern ihren Tribut, aber das hier, ihr Körper, der scheinbar mühe- und schwerelos horizontal in der Luft liegt, nur von ihren Armen gehalten! Dass das überhaupt geht.
Als sie loslässt und sich auf Signal von ihm fangen lässt, applaudieren ein paar Menschen auf der anderen Straßenseite. Carla strahlt und winkt zu ihnen rüber, sieht sein schwarzes Gesicht und fragt, ob alles in Ordnung sei. "Klar", sagt Priva, "Körperbeherrschung ist fast so sexy wie korrekte Konjunktive". Doch schon ist der starke Moment vorbei und erneut legt sich ein Schatten über Welt und sein Gesicht wie ein Schleier. Diesmal muss er hinsehen. Er wird noch nichts sagen. Wie könnte er auch am zweiten Tag das tiefe Misstrauen ansprechen, das Priva gegen Bühne und Beifall hegt.

Sie stehen mitten auf der Tanzfläche und sehen sich um. Carla begrüßt jemanden und stellt sie einander vor. Das ist also einer von der Band, ja, hi. Sie führen ein nettes Gespräch, beziehungsweise versuchen ein Gespräch in Gang zu bringen, so viel Mühe gibt sich Priva eigentlich nicht, wenn Carla den nicht kennen würde, wäre er schon längst woanders. Die nächsten zehn Minuten stehen sie zu dritt im Eingang, neben dem Tresen, aufgehangen in einem schleppenden Gespräch. Scharen von gerüsteten Punks marschieren ein. Das Bild drängt sich Priva gerade auf. Wie es hier klirrt und klingt, das Stampfen der schweren Stiefel und die betont harten Ansprachen der Jungs lassen Priva an den Einmarsch einer undisziplinierten Truppe denken. "Das kann ja wieder was werden", sagt Carlas Kumpel. Er sieht unglücklich aus, und hört sich auch so an. "Was ist das Problem?", fragt Priva.
"Die Jungs sehen nach Stress aus. Wir wollen nicht dass sich jemand wehtut, aber das Publikum sieht das meistens anders." Priva will lachen, sieht noch mal genauer hin, und reagiert gar nicht. Der meint das ernst, denkt er, das wurde eben wirklich gesagt.

Fünfzehn Minuten später geht's los. Kann sein, es waren sechzehn.

Mitten im Pogen gibts nen Schlag in die Nieren von irgendwo, Priva zieht unwillkürlich die Luft ein, schmerzt gleich noch mal, gleich doppelt, wer weiß, vielleicht kommts auch von innen. Auf dem Weg aus dem Kessel fällt ein Altpunk von der Statur eines riesigen Wildschweins vor seine Füße. Trotz der Schmerzen muss er grinsen. Lehnt sich an eine Säule und sieht sich um. Direkt vor der Bühne ist Hexenkessel. Ist bestimmt zehn Jahre her, dass er gesehen hat, wie Leute so abgehen.
„Ey die Hunde!“, kommt der Refrain und wird von zig Kehlen zurück geworfen. Ein Kidpunk taumelt gegen Priva, haut ihm fast die Beine weg, entschuldigt sich. Er nickt und lacht. Ziemlich genau die Szene vor fünfzehn Jahren war er selbst das Kid, er siehts noch vor sich, also das Gesicht des alten Punkers, bei dem er sich damals entschuldigte, der nur meinte, er solle weitermachen, weiterspielen. In der Nacht, als Ana und Karl sich vom Acker machten, um zu ficken. Fühlt sich an als wäre das so fünf bis sieben Leben her.
Priva kuckt noch mal rüber zur Seitenbühne, wo er zuerst mit Carla stand, bis ihn der Hexenkessel fortlockte. Wo sie eben stand und tanzte, steht sie nicht mehr.
Und wieder der Refrain und wieder werden massig Leute von den Beinen gehauen, durch den Raum geschleudert. „Ich muss mal ne Ansage machen“, sagt der Sänger, die Instrumente schweigen. „Seid lieb zueinander, tut euch nicht weh. Wenn das weiter so krass abgeht, hören wir auf.“
Süß, denkt Priva, das kuschlige Köln.
Weiter wird gespielt. Weiter abgegangen. Schmerzen lassen nach.
Da hinten ist doch was zu sehen, diese hässliche Jacke, das kann nur sie sein. Was machen die da? Er checkts echt nicht. Dann doch, klar. Küssen sich. Priva schüttelt den Kopf. Erstes Mal zusammen weg und dann so ne Nummer. Wenn er was nicht leiden kann, ist es so demonstrativer Bullshit.
Als hätte sie das gehört, sieht Carla auf, ihm in die Augen. Die blonde Frau folgt dem Blick. Jetzt grinsen ihn zwei Blondinen an. Ja, well. Er grinst zurück, gibt den Daumen. Zweites Bier und nachm Tanzen, who cares. Er lässt die beiden machen und die Atmosphäre der Flora wirken. Ihr kurzes Gespräch auf dem Hinweg läuft noch mal Revue.
„Haha, nee, komm! Das meinst du nicht ernst, du warst echt noch nich in der Flora?“
„Klar. Was soll ich da?“

Jetzt singt und grölt die Band was davon, unter der Woche in der Bank zu arbeiten und am Wochenende trotzdem Punk zu sein. Ab und an fallen ihm welche aus der Pogo-Meute vor die Füße, rappeln sich wieder auf und springen in die Meute zurück.
Ein junges Mädchen, Mitte zwanzig, quatscht ihn an, fragt nach Feuer und bleibt stehen, versucht ihm was über die Jungs auf der Bühne zu vertellen, aber Priva versteht kein Wort, gibt sich aber auch keine Mühe. Was soll der Scheiß, sich auf nem Konzi gegenseitig in die Ohren zu schreien, riesen Aufwand, uneffektiv. Sie gibt aber nicht auf, labert weiter. Zwischendurch überlegt er, ob sie denkt, er höre zu, und sich da reinhängt und er ein Arsch ist, wenn er das so laufen lässt. Deutet Richtung Bühne und auf seine Ohren. „Ja, die sind mega!“, schreit ihm das Mädchen ins Ohr. Priva nickt, stellt sein leeres Glas gegen die Säule, nimmt ihr Bier, zieht nen längeren Hieb, bietet die Flasche wieder an.
Der Sänger ist jetzt völlig durch, auch durchgeschwitzt in seinem Bühnenteil aus hellblauem Fellimitat, so Ganzkörperanzug.
Alle haben Wasser neben sich stehen. Was haben die? Wasser neben sich stehen. Priva kuckt noch mal durch, tatsächlich, gute Leute. Pseudo-Punks auf Wasser spielen eine Meute echter Punks noch besoffener, die ohnehin voll drüber ist und alle satirischen Texte ernst nimmt.
Carla hat ihm auf dem Herweg erzählt, wie seltsam das für die Jungs zuerst gewesen sei, dass Deutschlands Punks voll auf die Texte eingehen und abgehen, dabei sind die halt nicht ernst gemeint.
Zuerst habe die Band das witzig gefunden, aber mittlerweile eher unheimlich, und sie wüssten nicht, wie sie damit umgehen sollen. Touren erst mal durch Deutschland und müssen sich feiern lassen.

Er fragt die Kleine nach noch nem Schluck, beim Rübergeben der Flasche beugt sie ihren Oberkörper mit und schreit ihm ins Ohr, ob er allein hier wäre. Cool, Nippel gezeigt.
Er zeigt auf die beiden Blondinden, die anscheinend Schokolade am Mund haben und sich gegenseitig die Brüste überprüfen. Sie muss lachen und spuckt ihm dabei nen halben Mundvoll Bier über Oberarm und Gesicht. Der muss mit ihrem Bier geholfen werden, bevor die noch mehr verschwendet.
„Welche von denen ist deine?“
„Beide“, sagt er und nimmt noch nen Schluck Bier.
Eigentlich hätte er wieder Bock auf den Kessel, aber nach dem Vollspucken will er die Kleine neben sich auch nicht mehr aufgeben. Kaum fängt man an, was zu opfern, bleibt man am Ball. Er dreht seinen Kopf und sieht ihr ins Gesicht. Könnte für unverschämt gehalten werden, so was kriegt er immer wieder zu hören. Sie hält seiner Musterung gelassen stand und fragt, ob ihm gefalle, was er sehe. Nicken. Ob seine Freundinnen was dagegen hätten, wenn sie ihn auch mal küssen würde? Kopfschütteln.

„Ey, das ging ja schnell! Euch geht’s wohl gut?!“, ruft Carla, steht auf einmal neben Priva. „Wie heißt sie denn?“ Priva zuckt die Schultern. Kommt die jetzt angeschissen, das gibt’s doch nicht. Er sieht das Mädchen an und will sagen, sie solle sich vorstellen, da sagt sie schon selbst: „Frida“, und reicht Carla die Hand. Die beiden beginnen ein Gespräch, schreien sich also an.

Die Flora ruft geschlossen nach Zugabe. „Zugabe, Zugabe, Zugabe!!“ der Kölner Jung stammelt ins Mikro, dass er sich gerade nicht so fühlt und sie ihm das bitte nachsehen mögen, aber er werde jetzt die Bühne verlassen, wenn sie Glück hätten, spielten die andern noch ein Instrumental.
„Nee.“ „Was? Nee!“ „Auf keinen Fall!“
Jeder schnappt sich seine Wasserflasche und schon sind die runter von der Bühne.
„Ey die Hunde!“, ruft Priva in den Saal, der jetzt vom Stimmengewirr surrt. Er liebt diesen Sound nach dem Konzert, nach der Mucke, nach dem Tanzen, mit Bier im Blut. Die meisten gehen nach draußen, wo es stärker schneit, dicke weiße Flocken. Priva freut sich auf die Anblicke der Straße auf dem Weg nach Hause.
„Und, wie küsst er so?“, hört er Carla fragen.
Frida wird rot, „also ja, hm, wie soll ich …“
„Ich kann auch kurz mal ein paar Schritte weiter gehen“, sagt Priva.
„Einfach mega, wie ihr das macht!“, platzt Frida raus.
„Wie wir was machen?“, fragt Carla. „Was machen wir denn?“
„Ja, das ihr halt alles dürft und damit cool seid!“
„Ist das so? Priva? Dürfen wir alles und sind damit cool?“
„Weiß nicht. Haben wir nicht besprochen. Wird sich zeigen.“
„Nicht besprochen?“ Frida kriegt große Augen.
„War schon gewagt“, sagt Carla. „Hat sich so ergeben.“
„So cool. Ich will das auch, aber mein Freund ist eifersüchtig.“
Priva denkt, nee, nicht schon wieder so ein Gespräch.
„Aber du bist entspannt damit, das ist so cool!“
Er glaubt das nicht ganz verstanden zu haben und fragt noch mal nach: „Was bin ich?“
„So cool! Mein Freund ist mega eifersüchtig!“
„Ah ja, das habe ich doch verstanden. Ich dachte da käme noch was.“
„Nee nee.“ Sie wird schon wieder rot, oder ist’s immer noch. Er merkt sich den Anblick und wettet mit sich, dass sie postkoital ziemlich genau so aussieht.
„Ist der hier?“, fragt er.
„Wer?“
„Dein Freund.“
„Nee, Quatsch.“
„Dann ist seine Eifersucht ja nicht unser Problem.“
„Du grinst wie ein Haifisch“, sagt Carla.
„Ist nicht so gemeint.“
„ … und du musst Mädchen küssen“, sagt Carla zu Frida, „damit kommen Typen erfahrungsgemäß besser klar.“ Sie lacht. „Oder, Priva, was denkst du?“
Frida und Carla kucken ihn an.
„Was ich denke? Mädchen küssen ist cool.“
Die Kleine lacht als hätte er was Lustiges gesagt, Carla grinst, als hätte er sich verraten und hakt sich bei ihm unter und sagt der Kleinen, die solle sich am andern Arm festhaken, zieht sie beide mit zum Sänger, der an der Bühne steht und an seinem Wasser nuckelt. Stellt ihn erst mal Frida vor, die pauschal ihre Begeisterung raustut. Wie super die gespielt hätten!
„Danke“, sagt der Sänger und kuckt sie zweifelnd an.
Priva muss lachen: „Backgroundcheck für’s Lob?“
Lacht der Sänger mit. „Haha, stimmt, o Mann.“
„Hab ich was Falsches gesagt?“, fragt Frida.
„Nein, nein“, beruhigt Carla, „die haben n…“
„Woher weißt du das denn“, fragt der Sänger dazwischen.
„Stimmt das nicht, hat sie was Falsches gesagt?“
„Nein, nein“, beruhigt sie der Sänger, fast in gleichem Ton und Sprechrhythmus wie Carla.
Sie lachen wieder. Frida wird wieder rot. Priva sieht Carla zärtlich Frida betrachten, die verträumt den Sänger ansieht. Carla streichelt über Fridas Wange, wickelt eine Haarlocke um ihren Zeigefinger und flüstert ihr was ins Ohr. Die steht da, wird noch röter, ist jetzt ampelrot, grinst und nickt.

„Echt, ist so! Ihr wart super!“, kommt eine andere Stimme angerollt, von hinten. „Ey di Hunde Aller!!“ Priva könnte schwören, dass des Sängers Gesicht einen Sekundenbruchteil in sich zusammen fiel.
Der Mensch zu der Stimme geht noch ein paar Schritte, Priva dreht sich, sieht nen spacken Schlacks näher kommen, unsanft in aller Mitte drängen, dem Sänger auf die Schulter schlagen und lachen, lachen, lachen.
„Ich arbeite in keiner Bank und am Wochenende bin ich trotzdem Punk!! Hamma Alla, derber Hamma!!!“, sprach der Unbekannte und schlug dem Sänger noch drei Mal auf die Schulter.
Glückwunsch, denkt Priva, ‚ Jeder sollte einen Fan haben. Hoffentlich verdienen die Geld mit dem Kram.
Der Sänger wirkt nicht, als wäre er von dieser Situation überrascht. Dieser leidende Gesichtsausdruck eines Märtyrers, Priva sieht die Schulter, auf der des Fans Hand liegt, um fünf Zentimeter absinken, als er antwortet: „Eigentlich heißt es ja: ‚Du arbeitest in einer Bank und am Wochenende biste trotzdem Punk.’“
Der Andere überlegt einen Moment, einen langen Moment, es sind fast zwei Momente, aber dann lacht er wieder. „Was? Waasss? Das ist ja noch geiler!!!“

„Und‚ ‚ey die Hunde!’ ist sowieso der Knaller, ehrlich, ich liebe es.“ Was wohl so ziemlich genau das ist, was jeder Zweite immer wieder sagt, und jeder Erste jedes zweite Mal, wenn Carla richtig zählte und erzählte.
Der andere nimmt seine Pranke von der Sänger-Schulter, fragt ob er sich eine drehen dürfe von jemandem und gräbt wahrscheinlich in den Untiefen seines Schädels nach dem nächsten Geistesblitz.

Wenn das jetzt hier keiner beendet, wären sie noch locker ne halbe Stunde die Geiseln dieser Situation. Nicht in diesem Leben, und wenn er jemanden verprellt und wenn er sich schlagen muss. Egal. Lieber Arsch als Dulder.
Priva fingert seinen Tabak raus, zieht ein Blättchen, sagt „Hand auf“, drückt ihm beides auf die sich öffnende Handfläche, legt seine andere Hand darüber, als bekräftige er einen Schwur oder wichtigen Handel.
Nimmt die fast leere Flasche von Frida, drückt sie in die freie Hand des Fans, der kooperativ ist, als wäre er eine lebendige Schaufensterpuppe: Bereitschaft, Lernwille und Scharniere.
Als alles beisammen ist, dreht Priva ihn um 180 °, zeigt auf die Bar und meint, er könne dort die Flasche abstellen und die Kippe drehen. Der Fan stratzt los.
„Wirkt nicht so, als wäre er sauer“, überlegt Carla.
„Der ist gut unterwegs“, antwortet Priva.
"Fans", sagt der Sänger, "sind eine seltsame Sache."

 

Jo Kubus,

ist eine nette kleine Geschichte. Ich finde, das Konzerflair kommt gut rüber, der Pogo, diese ganze Hitze des Gefechts. Das hatte bei mir natürlich gleich ein Stein im Brett, auch diese kleinen Beobachtungen, von wegen, die Punkband trinkt bloß Wasser und ist gar nicht so punk, das kennt man, ist authentisch, hast du echt schön hinbekommen.

Falls du noch Bock hast, an dem Text rumzuschrauben, würde ich das vllt. bei der Figur "Carla" machen, bzw. bei ihrer Beziehung zum Prot. Klar, es wird mal kurz angerissen, dass sie das erste Mal miteinander ausgehen, aber was ich als Leser noch so ein bisschen vom Text erwartet hätte, ist, mehr über die beiden zu erfahren - welche Ambitionen hat er, welche sie, evtl. einfach kurz die Vorgeschichte der beiden erfahren, woher kennen sie sich, was verbindet sie - sowas hätte mich als Leser noch einen Tick mehr interessiert. Klar, solltest jetzt nicht das Textgewicht auf die Beziehung der beiden verschieben, aber so ein kleines bisschen mehr Background/Beziehung, ein, zwei Sätze/Gedankengänge, das hätte ich einfach schön gefunden, um Carla und Priva im Text noch besser kennenzulernen.

Habs gerne gelesen, Kubus!

Viele Grüße

 

Haben die alle nichts zu tun?

Ist der Pogo schon verbalisiert (pogen)?, frag ich mich, bevor ich Priva wieder treff,

altes Haus,

aber offensichtlich ganz was anderes als zuvor, letztens eben. Da frag ich mich, darf einer überhaupt mitreden, der mit der Gnade eines tauben Ohres beglückt ist und in aller Regel eben nicht angeschrien wird, dem zudem das Fangehabe im fröhlichen Treiben und Gegröle fremd ist wie vor irgendwem strammzustehn und es eh nicht mag, wenn das Gehirn in der Masse abgestellt ist, wie es sich auto- und totalitäre Bewegungen nicht lieber wünschen.

Als seinerzeit You Really Got Me von den Kinks wiederaufgelegt wurde, glaubten die Kids, es wären die Urväter des Punks. Aber, um mit einer andern Nummer von Ray Davies zu antworten, give the people what they want.

Aber die Schreibe ist eine andere als zuvor,

lieber Kubus,

und da gibt‘s dann doch‘n paar Flusen

Ist bestimmt zehn Jahre her[,] dass er gesehen hat, wie Leute so abgehen.
Ziemlich genau die Szene vor fünfzehn [J]ahren war er selbst das Kid, ...

... also das Gesicht des alten Punkers, …
Ey, Alder, hab ma gehört, echter und selbstgewählter Plural des/der „Punker“ sei Punx.

... er solle weitermachen, weiter spielen.
Warum weitermachen und nicht auch weiterspielen?

Fühlt sich an[,] als wäre das so fünf bis sieben Leben her.
Die Kleine lacht[,/alternativ „ -“] als hätte er was Lustiges gesagt,
Carla grinst[,] als hätte er sich verraten

Zwischendurch überlegt er, ob sie denkt, er höre zu, und sich da reinhängt …
Warum nicht auch „denken“ im Konjunktiv wie‘s hören?
Ich dachte[,] da käme noch mehr.“

Er zeigt auf die beiden Blondin[...]en,

‚Glückwunsch’, denkt Priva, ‚ [j]eder sollte einen Fan haben.
(altern.: …, denkt Priva. ‚Jeder sollte ... )

„Haha, nee, komm! Das meinst du nicht ernst, du warst echt noch nich in der Flora?“
„Klar. Was soll ich da?“
Schönes Schlusswort.

Interessiert gelesen vom

Friedel,
als teilnehmender Beobachter mit großer Distanz ...

Schönes Wochenende!

 

Hej Kubus,

du teilst mit mir ein Konzert, dass ich nie besucht habe und ich höre Gespräche, die ich nie gehört habe. Und das alles in einer atmosphärischen Dichte, die du durch Dialoge und Stil erschaffst. Ich bin dabei.

Bei den folgenden Zitaten ist mir Priva besonders nah und ich habe das Gefühl "ihn" hinter dem Punk zu sehen.

Als hätte sie das gehört, sieht Carla auf, ihm in die Augen.

„Ey die Hunde!“, ruft Priva in den Saal, der jetzt vom Stimmengewirr surrt. Er liebt diesen Sound nach dem Konzert, nach der Mucke, nach dem Tanzen, mit Bier im Blut. Die meisten gehen nach draußen, wo es stärker schneit, dicke weiße Flocken. Priva freut sich auf die Anblicke der Straße auf dem Weg nach Hause.

Als alles beisammen ist, dreht Priva ihn um 180 °, zeigt auf die Bar und meint, er könne dort die Flasche abstellen und die Kippe drehen. Der Fan stratzt los.
„Wirkt nicht so, als wäre er sauer“, überlegt Carla.
„Der ist gut unterwegs“, antwortet Priva.

Ich koch' jetzt Klöße. :shy:

Bester Gruß, Kanji

 

Hallo Kubus!

Mit deiner Geschichte hast du bei mir einige sehr lebhafte Bilder erschaffen können, teilweise im Bezug auf die hauenden Menschen fast schon Szenarien ;)

Ein paar kleine Anmerkungen:

Fühlt sich an [Komma] als wäre das so fünf bis sieben Leben her.

Priva kuckt noch mal rüber zur Seitenbühne, wo er zuerst mit Carla stand
Ich kenne ja nur "gucken", aber laut duden.de ist ist "kucken" ein eher in Norddeutschland gebräuchliches Wort. Deshalb übergehe ich es mal mit dem Gefühl, wieder was dazu gelernt zu haben ;)

Er fragt die Kleine nach noch nem Schluck
Allgemein verwendest du meiner Meinung nach zu viel diese verkürzten "ne", "nem" etc. Das passt sicher ganz gut zu den Szenen, die du beschreibst, wirkt sich aber nicht immer unbedingt so gewinnbringend auf den Text aus, finde ich.

Ich habe mal nebenbei in ein paar andere deiner Geschichten hineingeschaut und ich glaube, es ist der Schreibstil an sich, der mich nicht so angesprochen hat. Aber das ist Geschmackssache und deshalb möchte ich auch nicht weiter auf deiner Geschichte "rumhacken".

liebe Grüße,
SCFuchs

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kubus,

ganz komisch das mit dieser Geschichte, ich komme nicht rein. Ich habe sie zweimal gelesen und frage mich immer noch, an was das liegt. Am Thema sicher nicht, also dann an dem Protagonisten?

Ich dachte die ganze Zeit daran, dass du so versuchst zu schreiben, wie der Protagonist reden, also erzählen würde. Vielleicht mag ich einfach nicht, wie er redet. So ein wenig wie SOC, also ein Text im Bewusstseinsstrom, kommt mir das vor. Und doch trotzdem wie durch eine Scheibe.
Wenn zigga schreibt:

Ich finde, das Konzerflair kommt gut rüber, der Pogo, diese ganze Hitze des Gefechts.
denke ich für mich, dass ich eine andere Geschichte gelesen habe, denn bei mir kam gar nichts rüber.


Mhhmm.

Mehr kann dich dir dazu grade nicht sagen. Ich lese sie ein andermal wieder, vielleicht macht es dann pling.
:shy:

Liebe Grüße
bernadette

 

hey ihr!

wusste ja schon dass das hier kein großer wurf ist, aber so ein, zwei kleine schmankerl habe ich da schon drin gesehen und die ist doch ziemlich unverstellt. kommen aber trotzdem einige leser nicht rein bzw bleiben vom text eher unberührt - also die zwei inhaltlichen themen, die für mich die geschichte nach vorn bringen, tauchen in den kommentaren auch eigentlich nicht auf. hm, so was!

muss an mir liegen! :D

ich danke erst mal fürs feedback und melde mich noch mal einzeln zurück, klar. das wollte ich schon mal loswerden, weil mich die rückmeldungen insgesamt überraschen. bis später!

kubus

 

zigga : da war vorher mehr Fleisch an dem Knochen. ich habe mich gegen Passagen entschieden, die Carla näher charakterisieren (und ihre Beziehung, weil sie über Privas Eindrücke charakterisiert worden wäre) weil ich am Ende des Schreibprozesses dachte, das wäre für die eigentlichen Themen nicht relevant. ich denke da noch mal drüber nach. freut mich dass für dich was dabei war! hat der Text vllt nicht ganz versagt.
Friedrichard : klar, darfst immer mitreden, Überraschung! du scheinst der Szene innerlich so ablehnend gegenüber zu stehen, aber das sind eigentlich gute Leute. ich würde da nicht regelmäßig hingehen - sonst hätte ich's gemacht, aber so ausnahmsweise und zu ner derben Party war's schon gut. das mit diesem Fangehabe war aber echt krass. ich habe die Band noch mal ein halbes Jahr später im Gängeviertel getroffen und wäre fast nicht zu der Atelierseröffnung gekommen, wo ich eigentlich hinwollte, weil so viele Punks und Aushilfsassis die Straße blockierten. so was hab ich in sieben Jahren Gängen nicht erlebt. Mülheim Asozial, haha, eine so offensichtlich nichts ernst meinende Band, die von fast allen hundert Pro ernst genommen wird. das war mir auch suspekt, übertriebenes Fangehabe sowieso, kein Wunder, wir schreiben ja, Dichter haben mit so was per se selten was am Hut, glaub ich. aber es war auch mega lustig, die Band zu sehen, denen die harte Hamburger Schule sehr unangenehm war, denen es peinlich war, so falsch verstanden zu werden. die haben auch gewirkt, als wäre ihnen der Erfolg an sich auch eher nicht angenehm. hatte schon tragikomische Züge.

Als seinerzeit You Really Got Me von den Kinks wiederaufgelegt wurde, glaubten die Kids, es wären die Urväter des Punks. Aber, um mit einer andern Nummer von Ray Davies zu antworten, give the people what they want.

yea! give those fuckers da shit if they wanna eat it! Smiley

Ey, Alder, hab ma gehört, echter und selbstgewählter Plural des/der „Punker“ sei Punx.

dieses x-en am Wortende ist grausamer Stil, oder? damit hab ich nix zu tun. ich bin übrigens noch nicht mal 35, bin ich schon ein Alder? noch nicht mal 35, Hauptsache nicht Mitte 30 haha

Warum weitermachen und nicht auch weiterspielen?

ich weiß nicht? ist das ne Frage? ich kuck mal nach. wenn das so geschrieben wird, schreib ich das so. kein Problem.

Warum nicht auch „denken“ im Konjunktiv wie‘s hören?

ist denken nicht das Signalwort, hinter dem die Möglichkeitsform erst Sinn macht?

Schönes Schlusswort.

hehe, sehr gut. dann dauerts nicht so lang.

die Flusen kämme ich gleich mal aus.

Hi, Kanji : cool, es hat einem Menschen gefallen, echt jetzt, wär schon was Gutes.

wie kommste drauf dass Priva ein Punk ist? ich glaube sein Äußeres ist nicht beschrieben, aber ich stelle ihn mir nicht als Punk vor. da spackt ja die halbe Stadt ab, und nur die Hälfte dieser Hälfte besteht aus welchen, die von außen so aussehen. Priva surft durch die Subkulturen wie die meisten meiner Figuren, ohne dass er sich für jeden Ausflug angemessene Klamotten raussuchen würde. so stelle ich ihn mir wenigstens vor. Klöße sind lecker. Gutn!
SCFuchs : was ist das denn für ein Beitrag - gehts noch unkonkreter? :) du darfst gerne "rumhacken" und solltest das auch tun, wenn du schon andeutest, dass es dir nicht gefällt. well, kannst es auch lassen. aber das wäre wenigstens meine Idee von Kritik: entweder die KLappe halten oder versuchen, das klar zu kriegen, was einen stört. davon hast du mehr und der Autor / die Autorin auch. klar gibts den Spruch, über Geschmack lässt sich nicht streiten, aber das stimmt ja nicht, die ganze Nacht kann man sich über Geschmäcker streiten. ;) aber ehrlich: so konkretere Ansagen halte ich für alle Beteiligten für sehr sinnvoll.

liebe bernadette : ja, wer weiß das schon, woran das manchmal liegt. kann am Text liegen, am Stil, am Leser, an der Tagesform - also so kenn ich das von mir.

Ich dachte die ganze Zeit daran, dass du so versuchst zu schreiben, wie der Protagonist reden, also erzählen würde. Vielleicht mag ich einfach nicht, wie er redet. So ein wenig wie SOC, also ein Text im Bewusstseinsstrom, kommt mir das vor. Und doch trotzdem wie durch eine Scheibe.

stream of consciousness, wow, darauf wäre ich jetzt nicht gekommen. ich habe mich eher um das Gegenteil bemüht - also in meiner third person sollte sich die Erzählstimme schon immer an die jeweilige, vom Kamera-Auge verfolgte, Figur anpassen, aber schon eine eigenständige Basis haben, eben die Erzählstimme. Scheibe ist nicht so schön. aber gut zu wissen, wenn's ne Scheibe gibt.

Danke euch.

Grüße, Kubus

 

Hej nochmal Kubus,

naja, ich habe den Punk abgeleitet, sozusagen.

Hier:

Ein Kidpunk taumelt gegen Priva, haut ihm fast die Beine weg, entschuldigt sich. Er nickt und lacht. Ziemlich genau die Szene vor fünfzehn jahren war er selbst das Kid, er siehts noch vor sich, also das Gesicht des alten Punkers, bei dem er sich damals entschuldigte, der nur meinte, er solle weitermachen, weiter spielen

Ich koch' jetzt Klöße.

Habe ich nicht wirklich.:shy: - eine weitere Textzeile geklaut aus deinem Titel(-Song). War wohl nix.

Noch ein Gruß,Kanji

 

Hi Kubus,

dein Text erinnert mich an das Jahr 2006, genauer gesagt ein (riesiges) Konzert von einigen Punk Bands. Unter anderem Fahnenflucht oder die großartigen Eisenpimmel. Und die von dir beschriebene Band (ohne dass ich sie kenne, also reine vermutung) ähnelt Eisenpimmel scheinbar. Total abstruse und asoziale Texte, die wirklich niemand ernst nehmen kann, schon gar nicht die Band selbst. Kommen übrigens aus Duisburg. Also ziemlich viele Ähnlichkeiten, weshalb ich mich direkt zehn Jahre in die Vergangenheit versetzt gefühlt habe, damals selbst einer dieser "Kidpunks", welche spielen durften.

Ja, das war schon ziemlich geil. Was aber will mir dein Text sagen? Klar, es geht bisschen um Beziehung. Um 'starke' Weiber, die einen Fick geben (was ich äußerst positiv finde, nur mal am Rande) und um jemand, der sich irgendwie auf einem solchen Konzert verloren fühlt. Vielleicht ist er in die Seriösität abgedriftet - oder hat den Spass am Leben verloren, wird von Carla reanimiert. Vielleicht stellt er sich aber die selbe Frage wie ich: was ist überhaupt Punk? Spaß auf Zeit, eine Szene rebellierender Jugendlicher und gescheiterter Alkoholiker oder tatsächlich etwas großes, eine Lebenseinstellung, welche sich über dem "Anti Alles, Anarchie" gehabe erhebt?

Auf jeden Fall treffen da ein haufen verschiedenster Persönlichkeiten aufeinander. Fans, fast schon Groupies und Leute die anscheinend Freude daran haben, sich gehen zu lassen. Und beide Parteien würden wohl von den anderen Behaupten, dass sie keine Punks mehr seien.

Gerne gelesen,

Sonne

 

Kanji : die singen, "ich koch jetzt Klöße"?, okay, ich hab's jetzt auch noch mal gehört. gut dass du das sagst, wusste ich gar nicht mehr. wie kann man das nur ernst nehmen? ich werds nie kapieren.

Sonne:

krass, was du da raus liest. ich hab den Text eben selbst noch mal gelesen und keine richtigen Anhaltspunkte dafür gefunden, dass er sich an diesem Ort verloren fühlt oder dass sie ihn reanimiert. vllt bin ich aber auch nur zu nah dran, weil der noch so frisch ist und ich meine eigenen Intentionen im Kopf habe. oder im Text sind noch so Überbleibsel davon, Stimmungen?
weil das mit der Reanimation war im Text in einer früheren Version, als der noch etwas weiter ausholte und Carla und ihre Beziehung ein paar Zeilen kriegten. vllt hat es auch teils mit deinem Blick auf die Szene zu tun, wenn du damit so zu tun hattest und eben dir die Fragen stelltest. hm. sonst würde ich die Geschichte noch mal umschreiben, es dürfte doch eigentlich nicht so schwer sein, meine zwei Themen deutlich zu machen. ist ja kein Rätselspiel. ich mein was der Schreiber sich jetzt denkt oder nicht - also mir als Leser ist das eigentlich egal, wenn meine Lesart intressant ist oder Spaß macht, kann der sich ja denken, was er will. aber als Schreiber möchte ich schon gern, dass es wenigstens möglich wäre, die Themen aus Setting und Figuren-Interaktionen rauszukristallisieren.

Klar, es geht bisschen um Beziehung. Um 'starke' Weiber, die einen Fick geben (was ich äußerst positiv finde, nur mal am Rande) und um jemand, der sich irgendwie auf einem solchen Konzert verloren fühlt. Vielleicht ist er in die Seriösität abgedriftet - oder hat den Spass am Leben verloren, wird von Carla reanimiert. Vielleicht stellt er sich aber die selbe Frage wie ich: was ist überhaupt Punk? Spaß auf Zeit, eine Szene rebellierender Jugendlicher und gescheiterter Alkoholiker oder tatsächlich etwas großes, eine Lebenseinstellung, welche sich über dem "Anti Alles, Anarchie" gehabe erhebt?

starke Weiber, die einen Fick geben. gut gesagt. ich hab die Doppeldeutigkeit erst gar nicht bemerkt und es komplett falsch verstanden, haha, aua. auf jeden Fall sehr interessant zu lesen, was du da raus ziehst. das hilft bestimmt beim Nachjustieren. ich glaub das versuch ich noch mal. zumindest wenn der nächste Text nicht gleich zündet.

die Frage ob Punk mehr sein könnte, gibt was her. ist mir auch schon manchmal durch den Kopf gegangen. Problem wäre vllt dass es über Protest und Verweigerung und Rumlungern hinausgehen müsste, um ein Gegenpol zu den sozioökonomischen Strukturen bilden zu können. ansonsten ist Punk halt oft nur Protest, ein Ball, der gespielt wird und liegen bleibt, wenn ihn niemand tritt. also diese krasse Passivität stört mich oft, wenn ich mit den Punks irgendwo am HBF sitze und wir reden. ist jetzt nicht so, dass ich wüsste, wie man's besser machen könnte. ich weiß auch nur, wie's (für mich) nicht sein soll. Leben ist dann das, was übrig bleibt.

Und beide Parteien würden wohl von den anderen Behaupten, dass sie keine Punks mehr seien.

kann ich mir gut vorstellen.

Danke fürs Mitdenken!

Grüße,
Kubus

 
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Ein Kidpunk taumelt gegen Priva, haut ihm fast die Beine weg, entschuldigt sich. Er nickt und lacht. Ziemlich genau die Szene vor fünfzehn jahren war er selbst das Kid, er siehts noch vor sich, also das Gesicht des alten Punkers, bei dem er sich damals entschuldigte, der nur meinte, er solle weitermachen, weiter spielen. In der Nacht, als Ana und Karl sich vom Acker machten, um zu ficken. Fühlt sich an als wäre das so fünf bis sieben Leben her.

Hier hat sich mein Verdacht aufgebaut. Das ist ja schon fast ein schwelgen in Erinnerungen. Oder warum erinnert er sich überhaupt an Anna und Karl?

Jeder schnappt sich seine Wasserflasche und schon sind die runter von der Bühne.
„Ey die Hunde!“, ruft Priva in den Saal, der jetzt vom Stimmengewirr surrt.
Hier gibt er sich einfach alt, das wirkt auf mich wie Witze mit dem Kellner machen.

Aber ich habe auch geschrieben, dass ich mir nicht sicher bin, was eigentlich in dem Text vorgeht. Aber für das reanimieren sprechen genannte Textstellen, die erzeugen jedenfalls eine solche Stimmung. Er feiert vielleicht den GIG und den Auftritt, die Szenerie, aber kann mit den ganzen Hohlköpfen nichts (mehr) anfangen. Da passt dann der Schluss eigentlich auch ganz gut zu, da scheint er dann aufzulockern und freier zu werden. Man muss sich nach 10 Jahren Abwesenheit auf solchen Konzerten (oder eigentlich egal wo), auch erst wieder zurechtfinden.

EDIT: Mein Fazit ist also,dass ich den Text sehr interessant finde, wenn ich ihn unter dem Aspekt der Subkultur PUNK lese. Wobei das vemutlich nicht deine Intention war. Wenn es aber deine Intention gewesen sein könnte, oder du die Intention geil findest, würde ich dir raten den (möglichen) (inneren) Konflikt eines gereiften Punks auf einem solchen Konzert nach zehn Jahren herauszuarbeiten. Ansonsten kann ich dir kaum helfen, denn die anderen Ebenen haben mich nicht so krass angesprochen oder ich habe sie nicht verstanden. Aber ich verstehe vieles nicht, da kann ich mit leben.

Grüße

sonne

 
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Kubus,

was ist das denn für ein Beitrag - gehts noch unkonkreter? du darfst gerne "rumhacken" und solltest das auch tun, wenn du schon andeutest, dass es dir nicht gefällt.
Klar, tue ich manchmal ja auch.

Wie du schon sagst, man kann sich über Geschmäcker streiten. Wenn aber aus einer solchen Streiterei resultiert, dass einem der Text an sich nicht gefällt, weil einen der Stil nicht anspricht, ist die Streiterei wohl eher sinnlos gewesen, meinst du nicht? Hätte ich alle Punkte aufgezählt, die mich nicht so angesprochen haben, stünde am Ende vielleicht der ganze Text auseinandergestückelt in Zitaten. Aus diesem Grund habe ich ihn lieber nicht amputieren wollen ;)


Beste Grüße,
SCFuchs

 
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moin

Hier hat sich mein Verdacht aufgebaut. Das ist ja schon fast ein schwelgen in Erinnerungen. Oder warum erinnert er sich überhaupt an Anna und Karl?

okay, richtig. hat nicht so viel mit der Geschichte zu tun, müsste nicht drin sein. Erinnerung ist da um nen Bogen zu schlagen zu ner anderen Geschichte, es passt eben und ich mag diese intertextuellen Zusammenhänge. zu viel Erinnerungen sind lästig, aber ich dachte, das geht noch. und er bezieht sich da auf ne Aktion, an die man sich schon mal erinnern kann.

Hier gibt er sich einfach alt, das wirkt auf mich wie Witze mit dem Kellner machen.

o! schade, das passt so gut. mir ist erst im Nachhinein aufgefallen dass sich das auch auf die abtretende Band beziehen lässt, eigentlich war das eher noch mal ein Echo wegen seiner guten Laune. mal kucken, nehme ich das vielleicht raus.

Aber für das reanimieren sprechen genannte Textstellen, die erzeugen jedenfalls eine solche Stimmung. Er feiert vielleicht den GIG und den Auftritt, die Szenerie, aber kann mit den ganzen Hohlköpfen nichts (mehr) anfangen. Da passt dann der Schluss eigentlich auch ganz gut zu, da scheint er dann aufzulockern und freier zu werden. Man muss sich nach 10 Jahren Abwesenheit auf solchen Konzerten (oder eigentlich egal wo), auch erst wieder zurechtfinden.

spannend. danke fürs Feedback! ist mir immer noch etwas unheimlich, dass du das da so rausliest. guter Blick.

nein, das war nicht meine Intention. hab zwei andere Themen hier, aber wenn das so gar nicht rauskommt, muss es wohl an mir liegen. weiß ich das wenigstens jetzt. ich versteh auch vieles nicht.

Man muss sich nach 10 Jahren Abwesenheit auf solchen Konzerten (oder eigentlich egal wo), auch erst wieder zurechtfinden.

ah, das verstehe ich! gut dass wir drüber reden. ich meinte nicht dass er zehn Jahre nicht da gewesen wäre, sondern seit zehn Jahren die Leute nicht mehr so krass hat abgehen sehen. also von meinem Verständnis her ist ihm die Szenerie schon gut bekannt. aber das muss ja auch rüberkommen. vielleicht noch deutlicher machen.

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Wie du schon sagst, man kann sich über Geschmäcker streiten. Wenn aber aus einer solchen Streiterei resultiert, dass einem der Text an sich nicht gefällt, weil einen der Stil nicht anspricht, ist die Streiterei wohl eher sinnlos gewesen, meinst du nicht? Hätte ich alle Punkte aufgezählt, die mich nicht so angesprochen haben, stünde am Ende vielleicht der ganze Text auseinandergestückelt in Zitaten. Aus diesem Grund habe ich ihn lieber nicht amputieren wollen
SCFuchs

nee, meine ich nicht, deswegen habe ich ja geschrieben. wenn du den Text auseinanderstückelst, kriegst du beim Schreiben spätestens raus, warum dir was nicht gefällt und machst es für dich und dein Gegenüber deutlich. Butter bei die Fische: entweder nix sagen, oder deutlich werden. das meine ich. das hat auch nichts mit Streit zu tun. wenn ein Autor merkt, da hat jemand zwar keinen Bock auf die Schreibe, aber kann das an dem und dem Punkt festmachen, das ist was, da können beide was rausziehen. der Kritiker kann sich überlegen, wie er das besser machen könnte, als das, was er kritisiert; der Autor kriegt nen externen Blick auf seinen Story, wird vllt von Aspekten überzeugt und lernt also auch was. genau so macht es Sinn.

aber so eine wolkige, generelle Ablehnung bringt dir nix, bringt mir nix. könnte höchstens nen schalen Beigeschmack hinterlassen. hats jetzt hier nicht, aber ich weiß, dass das öfter der Fall ist und war bei solchem Feedback. ich glaube das ist auch allgemein so: die Kritik möglichst konkretisieren oder schweigen.

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Friedrichard : die meisten Flusen sind rausgekämmt.

Grüße, Kubus

 
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Hallo Kubus,
eine Rebellion läuft ins Leere, wenn sie keine Reibung mehr erzeugt. Der Effekt von Punk wurde spätestens zu der Zeit fragwürdig, als Laufstegmodels sich Iros stylten und Green Day bei Rock am Ring spielten. Der Erzähler sagt das nicht so deutlich, aber die Erkenntnis zieht sich durch seine teils melancholischen, teils herablassenden Kommentare zur Situation. Was bleibt den Protagonisten, wenn die Provokation niemanden mehr provoziert? Dann wird die Anti-Haltung in einen anderen Lebensbereich verlagert und die Konventionen der monogamen Langeweile angekratzt, vielleicht sogar eine neue Form von Liebe erschlossen.
Der Text ist gut konstruiert und glaubwürdig. Die Atmosphäre ist spürbar, die Handlung erlebbar.
Ich persönlich habe das Problem, dass ich diese Welt nur zu gut kenne und deren Beschreibung mich daher nicht packt. Das könnte nur ein interessanter Plot. Du hast ein ordentliches Setting aufgebaut, die Figuren sauber eingeführt - jetzt könnte die Geschichte losgehen. Aber leider ist schon Schluss.
Ist die sexuelle Offenheit hier nur oberflächliche Pose oder werden ernsthaft alternativen Formen ausprobiert? Es würde mich interessieren, ob der Protagonist, seine Rebellion auf die private Ebene seiner Partnerschaft transportiert und mit welchem Resultat.
Okay Kids, tanzt mal noch weiter. Wir haben jetzt was Besseres zu tun.
So, wie die Geschichte jetzt endet, bleibt mir nur ein Achselzucken. Gut geschrieben aber keine inhaltliche Linie, der ich Folgen könnte.
Ich denke, Du wolltest nur eine Momentaufnahme abbilden, eine Stimmung vermitteln. Dabei stört dann wiederum der schwelende Konflikt. (Wer mit wem und wie viele?)

Dein Schreibstil sorgt dafür, dass ich es trotzdem gerne gelesen habe.

Gruß vom Kellerkind

 
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Kellerkind

ja, das ist eins meiner Themen - also diese offenen Beziehungen, Beziehungsanarchie, Polylove. wie auch immer man das nennen mag. ich hab das jetzt hier nicht weiter ausgeführt und eben nur einen Ausschnitt genommen, weil ich dachte, der würde schon einiges deutlich machen, ohne jetzt zu deutlich zu werden.

für mich gehts in der Geschichte erstens um den Charakter vom Fan(-atic), um genaue Rezeption und falsches Verstehen und zweitens um Polylove und was das für Räume aufmacht: also die Schwierigkeiten und Vorteile dieser Beziehungsform.

und ich verstehe immer noch nicht, dass das keiner rausliest. aber es ist registriert.
der letzte Text war ja überdeutlich, da wurden die Bilder fast bis zur Absurdität übertrieben, da kam auch entsprechendes Feedback. hat nicht jedem gefallen, ist klar, aber die Signale sind durchgekommen.
hier gehts vordergründig um diese Szene, aber die eigentlichen Inhalte sind etwas versteckt, und das wird nicht mehr ausgelesen. hm. ich meine, okay, hier gibts keinen klassischen Konflikt, hier fehlen die Innensichten, die Wünsche und Hoffnungen der Protagonisten, ihre Probleme und Ängste, wenn ich das so weiter ausführte und die Geschichte an diesem Abend mit Ey die Hunde gipfeln ließe, würde das sicher verstanden werden.
ich habe mir eingebildet, hier gäbe es schon genug Fleisch, um die Leser zu aktivieren. stimmt nicht, ist gut zu wissen.
dafür ist Kritik da.

eine Rebellion läuft ins Leere, wenn sie keine Reibung mehr erzeugt. Der Effekt von Punk wurde spätestens zu der Zeit fragwürdig, als Laufstegmodels sich Iros stylten und Green Day bei Rock am Ring spielten. Der Erzähler sagt das nicht so deutlich, aber die Erkenntnis zieht sich durch seine teils melancholischen, teils herablassenden Kommentare zur Situation. Was bleibt den Protagonisten, wenn die Provokation niemanden mehr provoziert? Dann wird die Anti-Haltung in einen anderen Lebensbereich verlagert und die Konventionen der monogamen Langeweile angekratzt, vielleicht sogar eine neue Form von Liebe erschlossen.

d'accord. ist aber schon eine kulturpessimistische Position, eh? nicht dass ich die nicht nachvollziehen könnte.
dieser Wechsel von Gefühl und Herablassung, Ich und der Andere, soll herausfordern, macht Spaß, erzeugt Konflikte und Nähe durch Reibung, ja, schafft auch Distanz, lässt lernen.

ich habe viele Menschen getroffen die in offenen Beziehungen leben, um eben über deren Erfahrungen zu sprechen. weil ich skeptich war: fast alle meinten, sie seien glücklich und zufrieden, ihr Leben sei der Shit, aber bis auf zwei Pärchen von vllt 10, 15 waren die alle nicht überzeugend und wirkten eher, als wollten die sich selbst überzeugen. dass ich darüber mal schreibe, war klar. vielleicht wird der nächste Versuch zu dem Thema besser treffen. ich muss das wohl um einiges deutlicher machen. will ich eigentlich nicht. das scheint so unelegant.

So, wie die Geschichte jetzt endet, bleibt mir nur ein Achselzucken. Gut geschrieben aber keine inhaltliche Linie, der ich Folgen könnte.
Ich denke, Du wolltest nur eine Momentaufnahme abbilden, eine Stimmung vermitteln. Dabei stört dann wiederum der schwelende Konflikt. (Wer mit wem und wie viele?)

danke noch mal für die Verdeutlichung: eine MOmentaufnahme, ja. ziemlich klassisch KG eigentlich: geht irgendwo los und hört irgendwo auf, aber die Themen ziehen sich vom Anfang bis zum Ende durch. ich muss mal überlegen, was ich will. ob das deutlicher werden soll oder ob ich die einfach abhefte unter "erreicht die Leser nicht wie erwartet" und eure Rückmeldungen beim nächsten Mal berücksichtige.

und freut mich dass es trotzdem keine Zeitverschwendung war!

Gruß,
Kubus

 

Hallo @Kubus

die ersten Sätze einer Geschichte sind ja bekanntlich die Wichtigsten. Mit deinem ersten Satz hatte ich Schwierigkeiten, was aber nur daran lag, dass ich nicht wusste was "Pogen" ist. Nachdem ich mich schlau gemacht habe, war es dann ganz klar.
Deine Sprache ist die des Protagonisten, insofern kann ich mich darauf einlassen, finde sie auch gut rübergebracht.

Im Punk kenne ich mich nicht aus, auch nicht mit der Musik - meine Welt ist der Hardrock. Doch das ist ja total egal, denn es geht um Freude und Leidenschaft, die man empfindet bei dem was einem am Herzen liegt. So konnte ich mich in der Konzertsituation sehr gut zurecht finden. Die Beschreibung davon hat mir gefallen. Hätts vielleicht nicht geglaubt, wenn ichs nicht selbst erlebt hätte - Hardrock Konzert natürlich, das "sich entschuldigen", wenn man angerempelt wird. Typen, denen man nicht bei Nacht begegnen will, werden zu (oder sind?) Gentlemen. Auch das laute, das (sinnlose) sich anschreien müssen - mir war, als wäre ich dabei gewesen.

Aber dennoch bin ich mit dem Prota nicht warm geworden. Mir ist nicht klar, was er für einer ist. Was ist das für eine Beziehung zu Carla und warum macht sie mit ner Blonden und er mit Frida rum? Vielleicht unter dem Aspekt: erlaubt ist, was gefällt und solange es keinem wehtut? Aber auch da hab ich nicht gecheckt, wie er das sieht. Die Aussagen

Einfach mega, wie ihr das macht!“, platzt Frida raus.
„Wie wir was machen?“, fragt Carla. „Was machen wir denn?“
„Ja, das ihr halt alles dürft und damit cool seid!“
„Ist das so? Priva? Dürfen wir alles und sind damit cool?“
„Weiß nicht. Haben wir nicht besprochen. Du bist cool.“
„Nicht besprochen?“ Frida kriegt große Augen.
„War schon gewagt“, sagt Carla. „Hat sich so ergeben.“

reichen mir nicht aus, um ihn einordnen zu können.

Du erwähnst Ane und Karl die sich um zu fi... vom Acker gemacht haben. Für Priva fühlt es sich an, als wäre es fünf bis sieben Leben her. Was ich zwar gut formuliert finde, aber verstehen tu ichs nicht. War Ane einmal sein Mädchen und warum erwähnst du das?

Irgendwie bleibt er für mich nicht greifbar und ich überlege, woran das liegt, da ich doch viel von ihm erfahre. Manchmal hatte ich den Eindruck, das sei in der Ich-Form geschrieben, weil ich so dicht an ihm dran war. Und trotzdem bleibt er blass. Ich glaube, mir fehlt einfach mehr zu seiner Beziehung mit Carla und auch das bereits Erwähnte, das mit Ane und Karl, bekomme ich nicht eingeordnet, bleibt als Fragezeichen zurück.

Auch ist mir nicht klar, was du mit dem Absatz, der mit

„Echt, ist so! Ihr wart super!“, kommt eine andere Stimme angerollt, von hinten. „Ey di Hunde Aller!!“ Priva könnte schwören, dass des Sängers Gesicht einen Sekundenbruchteil in sich zusammen fiel …

beginnt, zeigen und sagen willst. Ist eine Szene zwischen Musiker und Fan, aber ich versteh sie nicht. Mir ist halt auch neu, dass man mit der Band quatschen kann, dass die zum Anfassen sind. Aber du schreibst ja anfangs, der Refrain wird von zig Kehlen zurückgeworfen, scheint eine kleine Veranstaltung zu sein, wo das dann möglich ist.

Tut mir leid, wenn das etwas halbgar ist. Aber ich hoffe, du kannst trotzdem was für dich entnehmen.

Lieber Gruß
Tintenfass

 
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Hi, Tintenfass,

ist überhaupt nicht halbgar, sondern eine weitere Stimme, die sagt, das die Geschichte nicht funktioniert. ich bin zwar immer noch der Meinung, dass hier alles drin steckt und werde gleich noch was zu dem Gespräch zwischen Fan und Sänger schreiben, aber darauf kommt es kaum an: was irgendwo steht oder nicht, zählt für mich nicht, denn letztlich muss die Geschichte ankommen können. und wenn das nicht so mit Überwältigung geht, wie ich das gerne versuche, sondern wie hier, die eigentlichen Themen in den Interaktionen versteckt sind, wie das ja im Leben auch ist, dann muss ich beim nächsten Mal die Signale verstärken. um gehört zu werden. weder Autor noch Kritiker haben immer Recht, aber ein ehrlicher Lese-EIndruck ist ne gültige Durchsage, mit der man arbeiten muss, wenn die Leser erreicht werden sollen. bin kein Freund von literarischen Beipackzetteln, also dass die Geschichte im Nachhinein erklärt werden muss. ich mach das hier, weil das halt Themen sind und wir ja auch an Texten arbeiten, aber wenn ein Text nicht für sich stehen und funktionieren kann, muss ich das so ändern, dass sie verstanden werden kann.

die ersten Sätze einer Geschichte sind ja bekanntlich die Wichtigsten. Mit deinem ersten Satz hatte ich Schwierigkeiten, was aber nur daran lag, dass ich nicht wusste was "Pogen" ist. Nachdem ich mich schlau gemacht habe, war es dann ganz klar.

gleich verkackt :D die ersten Sätze hier sind echt crap. richtig schlecht.

Im Punk kenne ich mich nicht aus, auch nicht mit der Musik - meine Welt ist der Hardrock. Doch das ist ja total egal, denn es geht um Freude und Leidenschaft, die man empfindet bei dem was einem am Herzen liegt

das sehe ich auch so. ganz genau. Punk ist auch nicht meine Welt. die Musik die ich privat am meisten höre, höre ich praktisch nie wenn wir unterwegs sind, weil meine Leude noch nie was mit Elektronik und Rap anfangen konnten. so landen wir denn eher bei Ska oder Reggae oder Rock oder so was, und das ist voll in Ordnung. ist doch eigentlich was Gutes wenn man ne größere Bandbreite hat. freut mich dass wenigstens die Atmosphäre getroffen scheint und die über den nicht auslesbaren INhalt weghilft.

Aber dennoch bin ich mit dem Prota nicht warm geworden. Mir ist nicht klar, was er für einer ist. Was ist das für eine Beziehung zu Carla und warum macht sie mit ner Blonden und er mit Frida rum? Vielleicht unter dem Aspekt: erlaubt ist, was gefällt und solange es keinem wehtut? Aber auch da hab ich nicht gecheckt, wie er das sieht.

es geht um ein Beziehungskonzept und wie sich das auswirkt. so Richtung Beziehungsanarchie, Polylove. fancy words für offene Beziehungen und idealistisches Lieben, das mE allzu oft einfach nicht funktioniert.

da lässt sich noch mal nachsteuern. ich könnte das noch mal thematisieren. vllt die Geschichte um eine kleine Szene am Anfang erweitern? am besten ne Sexszene. dann lädt der Anfang mehr zum Weiterlesen ein und ich kriege meine Startsätze ausgebessert.

dass ich darauf nicht gekommen bin.

Du erwähnst Ane und Karl die sich um zu fi... vom Acker gemacht haben. Für Priva fühlt es sich an, als wäre es fünf bis sieben Leben her. Was ich zwar gut formuliert finde, aber verstehen tu ichs nicht. War Ane einmal sein Mädchen und warum erwähnst du das?

das ist ein intertextueller Bezug zu einem früheren Text von mir. so wie ein Hyperlink. da dreht es sich im Gegensatz zu dem hier viel um romantische Liebe, dieses Verstiegensein in die Idee, es gäbe die Eine. also das passt thematisch schon vom Setting her und eben auch weil das so ein Gegenpol ist zu dem Liebesmodell vor Ort bei Ey die Hunde. das erschließt sich aber auch nicht, wenn die Texte nicht zB unter dem Cover eines Kurzgeschichtenbands vereint sind. das nächste Mal wenn ich so was machen, sollte ich eine Anmerkung unter die Geschichte setzen.

Ist eine Szene zwischen Musiker und Fan, aber ich versteh sie nicht. Mir ist halt auch neu, dass man mit der Band quatschen kann, dass die zum Anfassen sind. Aber du schreibst ja anfangs, der Refrain wird von zig Kehlen zurückgeworfen, scheint eine kleine Veranstaltung zu sein, wo das dann möglich ist.

ja, so groß ist die Flora nicht. hundert, 150 Leute vllt passen da rein. wirkt alles eher familiär.

also ich strecke die Waffen #besiegt und erkläre das mal, wie ich's mir gedacht habe. ist ja kein Rätselraten und funktioniert eh nicht. also die ganze Idee dahinter war, dass die Band nicht die Fans hat, die sie verdient hätte: entweder keine, weil sie nicht gut ist oder welche, die sie für das feiern, was die Band macht. nein, die Band hat hier Fans, die alles ernstnehmen, was sie präsentiert kriegen. ob das jetzt "Ey die Hunde" war oder "Bier gegen Bullen und Deutschland", der zweite Song ist so offensichtlich nicht ernst gemeint, wenn du noch die Band dazu siehst, mit ihren bunten Flanellanzügen und dem Wasser, die waren eigentlich verkleidet. aber die Leute wollten nur sehen und hören, worauf sie abgehen können und entweder es war denen egal oder sie waren nicht in der Lage, das zu verstehen, aber das Ergebnis ist ja ähnlich. ich schreibe jetzt nicht noch mal, dass ich nicht verstehe, warum das keiner versteht, aber auf jeden Fall wird das im Text thematisiert. dass die Band das halt alles anders meine, aber ihre Fans das hartnäckig nicht verstehen wollen. und das abschließende Gespräch soll das noch mal auf die Spitze treiben. wenn Fan sagt, das und das war gut und das feiert, aber der Sänger das berichtigt und meint, es sei genau andersrum gewesen und der Fan das dann noch mehr feiert - für mich ein glasklares Bild über die Schwierigkeit, Menschen mit seiner Intention zu erreichen. haha, deswegen tut ihr alle, als würdet ihr nicht verstehen, now I get it.. #besiegt
besser Publikum zu haben statt Fans. weniger Groupies aber dafür geht dann auch wirklich klar, was man macht, wenn Publikum das mal feiert.

das hat nicht wirklich was mit dem anderen Thema, mit Polylove, zu tun. sind zwei Themen. zwei Themen die nicht laufen, haha, sehr gut.

Manchmal hatte ich den Eindruck, das sei in der Ich-Form geschrieben, weil ich so dicht an ihm dran war. Und trotzdem bleibt er blass.

ich muss mehr von dem zeigen. vllt innere Vorgänge.. das haben ja jetzt mehrere Menschen so und so ähnlich geschrieben: Scheibe, aus großer Distanz, bleibt blass - klingt für mich alles ähnlich, ich habs nicht oder fast nicht geschafft, die Figur dem Leser nahe zu bringen. schade.

Danke dir auf jeden Fall für deinen Kommentar!

Gruß,
Kubus

 

Hallo @Kubus

wollte mich nochmal wegen dem, was du unter meinen Kommentar geschrieben hast, melden.

gleich verkackt :D die ersten Sätze hier sind echt crap. richtig schlecht.

So würde ich das nicht nennen. Ich kannte "Pogen" nicht, bin an dieser Stelle einfach kleben geblieben. Pogen, Pogen, Pogen? Hä, was ist das?
gibts nen Schlag in die Nieren
Achso, Boxen. Pogen – Boxen? Lieber mal Wiki fragen. Aha. Weitergelesen und verstanden.
Ich will damit sagen, dass ich zu sehr auf dem Pogen rumgetrampelt bin. Hätte ich gleich weitergelesen, dann wäre ab hier

Direkt vor der Bühne ist Hexenkessel. Ist bestimmt zehn Jahre her, dass er gesehen hat, wie Leute so abgehen.

alles klar gewesen. Pogen hätte ich dann immer noch nachschlagen müssen, aber ich finde es nicht schlimm, mich zu belesen (wenn es sich in Grenzen hält).
Ich weiß nicht, inwieweit du daran was ändern willst. Könntest ja statt Pogen Tanzen oder Hüpfen o.ä. nehmen – dann wäre es klarer.

vllt die Geschichte um eine kleine Szene am Anfang erweitern? am besten ne Sexszene. dann lädt der Anfang mehr zum Weiterlesen ein und ich kriege meine Startsätze ausgebessert.

Das wäre eine Überlegung wert. Sexszenen sind natürlich immer gut. Wenn du sie gleich am Anfang bringst hast du schon mal deine Leser. Wenn du sie dann mit dem Anrempeln kombinierst … :)

Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann geht es dir in der Geschichte um zwei Themen. Dieses spezielle Beziehungskonzept und die Band, die von ihren Fans nicht verstanden wird. Beide Themen sind bei mir nicht so intensiv angekommen, wie du es dir vorgestellt hast. Meine Überlegung war, ob die Themen evtl. zu wuchtig sind, um sie in eine KG zu verpacken.

ich habs nicht oder fast nicht geschafft, die Figur dem Leser nahe zu bringen. schade.

Eine weitere Überlegung war, ob das an den teilweise recht langen Sätzen liegen könnte:

Mitten im Pogen gibts nen Schlag in die Nieren von irgendwo, Priva zieht unwillkürlich die Luft ein, schmerzt gleich noch mal, gleich doppelt, wer weiß, vielleicht kommts auch von innen.
Ziemlich genau die Szene vor fünfzehn Jahren war er selbst das Kid, er siehts noch vor sich, also das Gesicht des alten Punkers, bei dem er sich damals entschuldigte, der nur meinte, er solle weitermachen, weiterspielen.
Ein junges Mädchen, Mitte zwanzig, quatscht ihn an, fragt nach Feuer und bleibt stehen, versucht ihm was über die Jungs auf der Bühne zu vertellen, aber Priva versteht kein Wort, gibt sich aber auch keine Mühe.

Mir gefallen sie zwar, weil du das mit den Kommas hinkriegst und das Knappe mir die Denke/die Sprache des Protagonisten zeigt. Aber ich habe festgestellt, dass mich diese Sätze verleitet haben, sie hektischer zu lesen. So, als würde der Prot schnell sprechen, weil er in Eile ist und ich ihm schnell fogen muss. Das ist dann womöglich zu Lasten der Info gegangen, die darin steckt.

Schon mal als Alternative an die Ich-Perspektive gedacht?

Das waren so meine Gedanken, die ich mir zu deiner Antwort gemacht habe. Vielleicht kannst du ja etwas damit anfangen.

Lieber Gruß
Tintenfass

 

Hallo Kubus,

pogen steht mittlerweile im Duden.
An Deiner Stelle würde ich mir keinen Kopf darüber machen, wenn szenetypische Begriffe und Situationen nicht allen Lesern bekannt sind. Anspruchsvolle Leser lernen gern etwas über unbekannte Welten und erweitern bestenfalls ihr Allgemeinwissen.

Bei mir ist alles angekommen, was Du vermitteln wolltest.
Das Problem mit dem Verständnis für Ironie begleitet die Punkmusik, seit Political correctness auch in die Subcultur eingezogen ist. Die wortgetreue Reflexion von Texten jeder Art, hat den Spaś gehörig versalzen. Prominentestes Beispiel sind Rammstein, deren Protagonisten, der Ost-Punk Szene entstammen, die das Verarschen der Umwelt bis zum Äußersten trieb. Die Spießer reagieren verstört auf das Spiel mit Klischee und Provokation. Ähnlich hat der feiernde Pöbel selten ein Ohr für Songs, die ihnen den Spiegel vorhalten. Erinnere mich an ein "Sâuferlied" von Knochenfabrik, dass ich erst beim Autofahren richtig verstanden hatte.
Das Publikum hört oft nur auf Textbrocken, die es wahlweise mitgröhlen oder empört ablehnen kann.

Wie gesagt: Alles ist bei mir angekommen; auch das Beziehungsexperiment. Zwei dicke Themen, die beide nur halb erzählt werden. Hier wäre mein Ansatz, die Geschichte eindeutig auf ein Thema zu begrenzen, denn ich Leser muss mehrmals den Fokus wechseln und am Ende habe ich keins der Themen befriedigend erschlossen. Es funktioniert gut, sich selbst zu fragen, was man eigentlich erzählen will. Diesen einen Punkt herausarbeiten, und den Rest nur für die Kulisse behalten.
und über das andere Thema schreibst Du einfach eine neue Geschichte.

Gruß, Kellerkind!

 

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