Was ist neu

Geraubtes Gold

Mitglied
Beitritt
11.05.2014
Beiträge
262
Zuletzt bearbeitet:

Geraubtes Gold

„Sind viele Schiffe hier versunken?“, fragte sie.
„Ein paar“, sagte ich.
„Berühmte Piratenschiffe?“
„Glaube nicht. Die bekanntesten sind woanders untergegangen. Jamaika oder Haiti.“
„Schade.“
„Warum? Wollen Sie nach Goldmünzen tauchen?“
„Find’s nur faszinierend. Aber Tauchen ist gar nicht meins. So tief unter Wasser, alles so dunkel, das muss ich nicht haben.“
„Da finden Sie auch eher Haie“, sagte ich.
„Machen Sie mir keine Angst. Wir wollen morgen mit dem Boot raus.“
„Einmal um die Insel?“
„Nur die Westküste runter.“
„Haben Sie die Bootstour bei meiner Agentur gebucht?“
Sie trug einen weißen Hut, nahm ihn jetzt ab, fächerte sich Luft zu und sagte: „Ja. Sah vielversprechend aus. Sich auf dem Meer sonnen, ein bisschen schaukeln lassen ...“
„Meine Kollegen machen das täglich, da brauchen Sie sich keine Sorgen machen. So nah an der Küste gibt’s auch gar keine Haie.“
„Okay.“
„Und im klaren Wasser kann man Fische und Korallen sehen.“
„Aber Piraten gab es hier nie?“
„Henry Morgan war manchmal hier. Hatte eine Höhle im Süden. Hat sich da versteckt.“
„Der Captain Morgan?“
„Genau.“
„Gold hat man da nicht gefunden? In der Höhle?“
„Nee, nur Dokumente und Gemälde.“
„Gibt bestimmt trotzdem Leute, die nach verlorenem Piratengold suchen.“
„Ständig. Dank Disney. Auf der Insel können Sie haufenweise Schatzsuchen buchen. Sind aber nur Show.“
„Sie glauben nicht, dass man noch Gold finden kann?“
„Nach so vielen Jahrhunderten? Das wird alles futsch sein.“
„Alles weg?“
„Alles weg.“


*​


Es war ruhig im Playa del Cielo. Leidy stand hinter der Theke und polierte Gläser. Ich saß ihr gegenüber auf einem Hocker. Lange konnte man nicht darauf sitzen, der Hintern schmerzte auf dem harten Holz. Vor mir ein leeres Shotglas. „Oye“, sagte ich. „¿Otro Aguardiente?“
„Listo“, sagte Leidy. Sie warf ihr Tuch auf die Theke und bückte sich, stöhnte dabei, kramte eine Flasche ohne Etikett heraus, füllte mein Shotglas bis zum Rand mit Klarem. „Solo lo mejor.“
„Das Beste? Komm, das Zeug ist doch selbstgebrannt“, sagte ich und grinste.
Leidy erwiderte bloß das Grinsen, polierte dann weiter. Sie war bestimmt die dickste Frau auf San Andrés. Zumindest hatte ich hier keine dickere gesehen. In der Stille der Bar konnte ich sie atmen hören und ihr stand stets Schweiß auf der Stirn. Sie trug Shirts von Metallica, AC/DC oder Megadeth und manchmal rauchte sie einen Joint, der ihr im Mundwinkel hing, während sie Bierflaschen öffnete oder mit Kunden stritt, die nicht bezahlen wollten. Davon abgesehen war das Playa del Cielo ruhig und nie gut besucht. Entgegen dem Namen lag die Bar nicht am Strand. Nur selten verirrten sich Touristen hierher.

Heute waren nur zwei weiteren Personen anwesend. Ein Pärchen saß an einem der Holztische und unterhielt sich leise, manchmal kicherte die Frau. Leidy zog eine Packung Zigaretten aus ihrer Hosentasche. „Wie machst du das eigentlich?“, fragte ich.
„¿Qué?“
„Diesen Laden am Laufen halten.“
Sie zuckte mit den Schultern.
Ich schüttelte den Kopf und kippte den Aguardiente in einem Zug runter. Das Zeug brannte im Rachen und ich verzog das Gesicht. „¿Más?“, fragte Leidy .
„Grad nicht“, sagte ich.

Minuten vergingen, in denen das Pärchen quatschte und Leidy Rauch gen Decke blies. Die Luft wurde undurchsichtiger, als wäre ich innerhalb von Sekunden an Grauem Star erkrankt. Und obwohl die Sonne bereits untergegangen war, steckte die Wärme des Tages noch in den Holzdielen und den dünnen Wänden. Mein Hemd klebte mir am schweißnassen Rücken. Das orangefarbene von der Touristenagentur. „Wie war die Arbeit?“, fragte Leidy zwischen zwei Zügen.
„Wie immer. Sind viele Deutsche dabei zurzeit.“
„Deine Leute“, sagte sie.
„Hm.“
„¿O no?“
„War schon lange nicht mehr in Deutschland, weißte doch.“
„Sí. Aber willste nicht mal?“
Ich schob das leere Shotglas von meiner rechten Hand in die linke. „Kann nicht.“
Leidy kniff die Augen zusammen, zog erneut an der Zigarette. Ein roter Punkt glühte auf, verschwand dann wieder hinter Rauch.
Ich senkte den Blick und fuhr mit dem Daumen über den Eichstrich des Shotglases. „Die Touristen reichen mir.“
„Está bien“, sagte sie und drückte den Zigarettenstummel in einem Aschenbecher aus.

Über der Theke hing ein Fernseher. 40 Zoll, schwarz, Flachbild. Leidy holte die Fernbedienung aus einer Schublade und schaltete ihn ein. Ein Mann erschien auf dem Bildschirm, gepflegter Bart, schicker Anzug, strahlendes Lächeln. Er hielt eine bildhübsche Frau bei den Händen und sagte: „Quiero compartir mi vida contigo.“ Die Frau stöhnte auf und schmiegte sich eng an den Mann und Tränen rannen über ihre Wangen. Die Musik wurde lauter, melodramatisch.
Leidy rollte mit den Augen. „Putas telenovelas.“
Ich schmunzelte. Das Pärchen am Tisch verstummte und sah in unsere Richtung, doch Leidy würdigte die beiden keines Blickes und wechselte den Sender und das Pärchen sah wieder weg. Ein blaues Logo erschien im TV, darunter Noticias Caracol. Eine Nachrichtensprecherin sprach so schnell, dass ich nicht alles verstand. Das Gesicht des Präsidenten starrte uns entgegen, zerzaustes Haar, Brille, intensiver Blick, so als würde er sich gerade mit jemandem streiten. Amnistía para los narcos stand da in schwarzer Schrift auf gelbem Grund.
„Petro ruiniert alles“, sagte Leidy.
„Gab schon Schlimmere“, sagte ich.
„So? Wie lange bist du hier? Drei Jahre?“
„Ich …“
„Dann rede nicht so. Ese presidente es un desastre. Die Narcos begnadigen? Unsere Ölproduktion stoppen? ¡Malparido! Guck dir mal die Inflation an.“
„Ist doch überall so.“
„Aber vielleicht wär’s nicht so schlimm, wenn wir keinen kriminellen Präsidenten hätten, ese terrorista.“ Sie zündete sich die nächste Zigarette an. „Amigo de Escobar. Bald geht es uns so wie den venezuelanos. Und wo fliehen wir dann hin, wenn hier alles im Arsch ist? Hm? Brasil? Panamá? Dime.“
„No sé. Du übertreibst aber schon gerne …“
Da lächelte sie. „Kennst mich doch.“
Ich lächelte zurück. „Brauchst dir keine Sorgen machen.“
„Wenn du meinst. Kannst mir ja dann Tipps zum Auswandern geben.“
„Gerne, ich …“ Das Bild von Präsident Petro wurde abgelöst vom Bild einer jungen Frau. Sie trug einen weißen Hut.
„Geist gesehen?“, fragte Leidy.
„Diese Frau …“ Die Stimme der Nachrichtensprecherin wurde ernster, als sie sagte, eine deutsche Touristin würde seit zwei Tagen vermisst, sie sei nach einer Bootstour nicht zurückgekehrt, ihre Freunde suchten ganz San Andrés nach ihr ab. Hinweise an die örtliche Polizei.
„¿Todo bien?“, fragte Leidy.
„Hm.“ Ich hörte die Worte der Nachrichtensprecherin nicht mehr, starrte weiter auf das Bild der Touristin. Blaue Augen, blonde Haare, verschmitztes Lächeln. Ich fragte mich, für wen sie da lächelte? Eine Freundin oder einen Geliebten? Für mich? Sie sah ihr ähnlich, und da musste ich an ihr Lächeln denken, damals zwischen den Mülltonnen, mit Blut auf den Zähnen. Dann verschwand das Bild der Touristin und ich wandte mich Leidy zu. „¿Otro?“, fragte ich.
„Otro“, sagte sie und füllte mein Shotglas erneut mit Selbstgebranntem.


*​


Am nächsten Tag ging ich zur Agentur. Bunte Plakate am Eingang versprachen die Erfüllung jeglicher Wünsche. Bilder von Wasserfällen, Stränden, Delfinen, leicht bekleideten Latinas. Im Inneren dann nur ein Vorzimmer und ein Büro, beides eingerichtet mit schlichten Holzmöbeln, die Wände weiß und schmucklos, in den Ecken Pflanzen von makellosem Dunkelgrün, eindeutig aus Plastik. An der Decke drehten sich zwei Ventilatoren. Sie waren schon älter und summten laut. Als schwebten zwei riesige Käfer über meinem Kopf.

Die Tür zum Büro stand offen. Ramiro saß am Schreibtisch und blätterte durch Papiere, kaute dabei auf seiner Unterlippe herum. Neben ihm ein grauer Monitor, der einzige Computer unserer Agentur. Ich klopfte an die Tür. „¿Jefe?“
Ramiro zuckte zusammen. „Jesús, schleich dich nicht so an!“
„Perdón. Wollte nicht stören.“
„Está bien. Hab nur keinen erwartet. Hast du nicht erst heute Abend Schicht?“
„Ja, Nachtwanderung.“
„Was machst du dann hier?“
„Hab nur ne Frage.“
Ramiro wandte den Blick nicht von mir ab und wartete. Über seinem Kopf drehte sich auch ein Ventilator, aber leiser. Die Luft war kühler hier im Büro. Ich fragte: „Vor drei Tagen … wer hat da die Bootstouren übernommen?“
Ramiro lehnte sich zurück, sein Bürostuhl knarzte. Er verschränkte die Arme und atmete hörbar aus. „Es geht um die Frau aus den Nachrichten.“
„Ja.“
„Hab schon gehört, dass sie bei uns was gebucht hatte.“
„Also?“
Ramiro sah an mir vorbei, zu dem Schrank hinter mir. Ordner stapelten sich darin, Papiere hingen aus ihnen heraus, vergilbt und wellig wegen der Luftfeuchtigkeit. „Schlag dir das aus dem Kopf“, sagte Ramiro.
„¿Qué?
„Unsere Jungs haben damit nichts zu tun.“
„Aber vielleicht haben sie was mitbekommen.“
„Ich bin seit zehn Jahren hier der Boss“, sagte er, als hätte er mich nicht gehört. „Und nie haben die Jungs was verbrochen. Tausende Touristen, keine Klagen.“
„Vielleicht war ein anderer Tourist beteiligt“, sagte ich. „Kann ja sein, dass sich jemand komisch verhalten hat.“
Nun sah mich Ramiro wieder an, kniff die Augen zusammen. „Warum interessiert dich das überhaupt?“
„Was?“
„Das Mädchen … das kann dir doch egal sein. Lass die Polizei das regeln.“
Ich sah ihr Lächeln wieder vor mir. „Ich … ich will nur helfen.“
Ramiro schüttelte den Kopf, wandte sich dann seinem Computer zu und fuhr mit der Maus herum, klickte einige Male, tippte langsam etwas ein, jeder Tastendruck auf der Tastatur wie das Ticken einer Uhr, lehnte sich nach vorne gen Monitor, kniff die Augen so fest zusammen, dass ich glaubte, er könne kaum noch etwas sehen, und er scrollte mit dem Mausrad und seine Augen zuckten unter den Lidern hin und her und nach einer Weile sagte er dann, den Blick immer noch auf den Monitor gerichtet: „Maicol.“
„Arbeitet er gerade?“
„Hat heute frei.“
„Komisch.“
„Wieso?“
„Nimmt doch nie frei.“
„Na, heute schon. Nach dem Grund hab ich nicht gefragt.“
„Wo wohnt er denn?“
Wieder seufzte Ramiro und klickte einmal auf die linke Maustaste, scrollte erneut und sagte dabei kaum hörbar: „Nombre … fecha de nacimiento …“ Und dann lauter: „Ah, acá lo tenemos. Calle Veinte, apartamento quince.“
„Gracias.“
„Wird aber nichts bringen.“
„Ich möchte trotzdem mal nach ihm sehen. Und was ich in meiner Freizeit mache, ist meine Sache.“
„Wie du willst.“ Er senkte den Kopf, blätterte wieder durch die Papiere auf dem Tisch. „Aber falls du was rausbekommst, sag Bescheid. Wir wollen keinen Ärger.“


*​


Die Sonne stand im Zenit und brannte auf der Stirn. Hinter der Straße lag der Strand, der weiße Sand warf das Tageslicht zurück, schmerzte in den Augen; ich musste sie zusammenkneifen, um nicht zu erblinden. Ein Mann schlenderte über den Strand, trug einen weiten Hut, der sein Gesicht in Schatten tauchte, ansonsten war die Gegend verlassen wegen der Hitze. In der Ferne eine Strandbar aus hellgrauem Holz. Das Klirren von Geschirr schallte durch die Leere, gelegentlich Gelächter. Dahinter das Meer von tiefstem Blau und wellenlos. Ein einzelnes Dreieck wanderte den Horizont entlang wie das Ziel in einer Schießbude. Ein Segelboot. Palmen säumten die Promenade, kein Wind fuhr durch ihre Blätter, dennoch bewegten sie sich; grüngelbe Sittiche flogen zwischen den Palmen umher und zwitscherten, es klang, als würden sie mich auslachen. Ich wischte mir Schweiß von der Stirn und wandte mich gen Inselinneres.

Mit jeder Minute, die ich mich Calle Veinte näherte, nahm der Verkehr auf den Straßen und Fußwegen zu. Gelbe Taxis rollten über den Asphalt, Motorroller quetschten sich links und rechts an den Fahrzeugen vorbei und hupten. Dunkle Abgase verschmolzen mit dem Flirren der Luft, verloren sich im Blau des Himmels. In Deutschland wären solche Dreckschleudern nicht durch den TÜV gekommen, und bei dem Gedanken musste ich grinsen, aber nur kurz.

Es waren nur dreißig Minuten bis zur Calle Veinte und die Bewegung tat mir gut. Die Straßen wurden enger und die Häuser standen dichter beisammen, weiße, schmucklose Klötze, die man so auch in Bogotá oder Medellín fand und die schwerlich an Inselparadies erinnerten. Ein leichter Wind wehte durch die Gassen, legte sich wohltuend auf meine schweißnasse Haut. Tiefhängende Stromkabel schwangen im Wind träge hin und her, verbanden die Wohnblöcke wie Fäden, die San Andrés zusammenhielten. Aus offenen Fenstern schallten Rufe und tiefe Reggaeton-Bässe. Ich lauschte der Umgebung, genoss den seichten Luftzug und dachte an nichts anderes, auch nicht daran, was ich Maicol eigentlich fragen, was ich mit dem Besuch bezwecken wollte. Ich setzte einen Fuß vor den anderen, ließ mich von den Nummern auf den Straßenschildern leiten, ocho, nueve, diez, die Sonne wanderte langsam gen Westen, die Schatten wurden länger.


*​


No. 15 stand auf dem Klingelschild. Ich drückte den schwarzen Knopf neben dem vergilbten Papier und wartete. Nach einigen Sekunden ertönte ein Knacken aus dem Lautsprecher und ein Rauschen, dann fragte eine Frauenstimme: „¿Hola?“
Ich zog die Augenbrauen zusammen. „¿Maicol?“
Wieder einige Sekunden Rauschen, dann: „Maicol no está en casa.“
„Wo ist er denn?“
„Wer spricht denn da?“
„Ay, perdón. Ich bin ein Kollege von Maicol.“
„Und was wollen Sie?“
„Nur quatschen.“
„Worüber?“
Ich leckte mir über die trockenen Lippen. „Über die Vermisste …“
Kurzes Schweigen, dann: „Listo. Maicol ist zum Markt, Fisch kaufen. Freitags essen wir immer Fisch, sabe?“
„Ich warte dann hier?“ Ich sah mich um.
Gegenüber dem Wohnblock standen Palmen, die Schatten auf eine graue Wand warfen, dort wäre ich vor der Sonne sicher, könnte auf Maicol warten, lange würde es bestimmt nicht dauern, bis er … „Sie können auch reinkommen“, sagte die Frau.
„Hm?“
„Ja, ist doch kein Problem. Dauert bestimmt nur ein paar Minuten.“
„Okay. Wenn es keine Umstände macht.“
„Dritter Stock.“ Der Lautsprecher knackte erneut, das Rauschen verschwand, dann summte die Eingangstür und ich drückte sie auf.

Die Treppen knarzten unter meinen Schuhen, während ich in den dritten Stock emporstieg. Das Treppenhaus weiß und schmucklos, stellenweise platzte Putz ab und schwarze Schlieren zogen sich die Wände entlang, Spuren von Leuten, die Schränke und Betten und Fahrräder über ebenjene schmalen Stufen gehievt hatten, über die ich nun keuchte. Ich erreichte Wohnung Nummer fünfzehn. Die Tür stand einen Spalt weit offen und ein halbes Gesicht musterte mich. Ein dunkelbraunes Auge, lange schwarze Haare. „Hola“, sagte ich.
„Hola.“ Sie öffnete die Tür vollständig, lächelte und streckte mir ihre Hand entgegen. „Lucía.“
Ich schüttelte ihre Hand, sie schwitzte nicht. „Danke für die Einladung.“
„Con gusto. Gehen Sie ruhig durch, das Wohnzimmer ist hinten rechts.“
Ich ging an ihr vorbei in die Wohnung und sie schloss die Tür hinter mir. „¿Cafecito?“, fragte Lucía.
„Ja, gerne. Schwarz.“
Sie nickte und verschwand in der Küche.

Ich betrat das Wohnzimmer. Ein braunes Sofa, ein alter Fernseher, eine Glastür, die auf einen Balkon herausführte, dahinter das angrenzende Wohnhaus. Ich setzte mich auf das Sofa, versank tief in dem weichen Stoff. An den Wänden hingen Kruzifixe, und Engel in verschiedenen Größen standen auf Schränken und auf dem kleinen Tisch vor mir. Direkt über dem Fernseher ein Gemälde von Maria mit dem kleinen Jesus.

Ich starrte ihr in die Augen, so dunkel wie die Augen von Lucía. Wenn ich Maria so sah, mit zusammengepressten Lippen und Tränen auf den Wangen, den schlafenden Jesus auf den Armen, ihre Gesichtszüge erhellt vom Heiligenschein über dem Kopf des Babys, da fragte ich mich oft, ob sie das alles so gewollt hatte. Wenn sie schon vor der Schwangerschaft gewusst hätte, was ihrem Sohn dreißig Jahre später widerfahren würde, hätte sie ihn trotzdem bekommen? Hätte sie trotzdem einen Märtyrer gezeugt? Ihr Glück geopfert, um der Welt den Glauben an etwas Höheres zu schenken? Und warum hängten sich so viele Leute Sinnbilder von Leid und Tod in die Wohnzimmer?

„Bitte“, sagte Lucía und reichte mir eine weiße Tasse, aus der Dampf stieg.
Ich bedankte mich, nahm die Tasse und pustete, wartete einen Augenblick, während sich Lucía neben mich setzte und lächelte und ohne zu zögern einen Schluck trank. Ich erwiderte das Lächeln und hob langsam die Tasse, ließ den Kaffee erst meine Lippen berühren, um die Hitze zu testen, nahm dann einen kleinen Schluck und nickte. „Sehr lecker.“
„Sie haben einen Akzent“, sagte Lucía.
„Kann sein. Bin nicht von hier.“
„Maicol hat da was erwähnt … Sie sind der Deutsche.“
„Genau“, sagte ich und nahm noch einen Schluck.
„Wie die Verschwundene.“
„Hat Maicol darüber gesprochen?“
Sie schüttelte den Kopf. „Er redet kaum über die Arbeit.“
„Achso.“
„Ja.“ Aus ihrer Tasse ragte ein Löffel und sie rührte nun um, Metall scharrte über Porzellan.
Ich trank erneut; mein Schlucken klang laut in der Stille zwischen uns. „Sie sind seine Freundin?“, fragte ich, um das Gespräch aufrechtzuerhalten.
„Ehefrau.“
„Oh, wusste nicht, dass er schon verheiratet ist.“ Ich musterte Lucía aus dem Augenwinkel. Sie wirkte sehr jung, kaum älter als zweiundzwanzig. Fast noch ein Kind. Aber solche Dinge laufen auf jedem Kontinent anders, dachte ich mir noch, bevor ich fragte: „Verhält er sich denn auffällig, seit …“
Lucía verengte die Augen. „Was wollen Sie damit andeuten?“
„Also, ich …“
„Mein Maicol hat damit nichts zu tun.“
„Aber vielleicht hat er was gesehen.“
„Wenn das so wäre, hätte er mir was erzählt. Hat er aber nicht.“ Sie hob ihre Stimme und ihre Augen begannen zu glitzern. Zornestränen.
Ich setzte ein Lächeln auf. „Entiendo. Lo siento.“
„Está bien.“
Wieder schwiegen wir, starrten vor uns hin. Auf das leere Sofa zwischen uns, auf die Engel, aus dem Fenster. Dann fragte Lucía: „¿Y usted?“
„¿Yo?“
„Haben Sie eine Frau?“
„Nicht mehr.“
„Was ist passiert?“
„Sie ist gestorben. Schon ein paar Jahre her.“
„Lo siento.“
„Está bien.“
„Und Kinder?“
Ich schüttelte langsam mit dem Kopf, sah dabei aus dem Fenster.
Lucía legte eine Hand auf ihren Bauch. „Wir sind bald zu dritt, sabe?“
Bitterer Geschmack machte sich in meinem Mundraum breit. Mein Magen verkrampfte. Ich hätte gerne gesagt, das läge am Kaffee, aber ich würde mich damit nur selbst belügen.
Lucía sagte: „Maicol kümmert sich echt rührend um mich. Und endlich hat er einen Job. Wissen Sie, früher saß er immer im Park rum, hat sich um nichts geschert, der Faulenzer. Seine Eltern haben uns unterstützt. Finanziell, meine ich, das ist ja heute alles nicht so einfach, und ich wollte eigentlich zur Uni, aber dazu müsste ich aufs Festland. Das wissen Sie bestimmt nicht, aber fast alle Universitäten sind in Bogotá. Ich wollte aber nicht runter von der Insel. Meine Eltern verlassen … und Maicol. Und dann war ich plötzlich schwanger, also so plötzlich nicht, ich bin ja nicht wie María hier, aber es hat mich doch überrascht. Als ich ihm das gesagt habe, hat er sich so gefreut. Und vor allem endlich den Arsch hochgekriegt. Diese Wohnung, zum Beispiel, die haben wir …“
Während Lucía in den Redeschwall geriet und darüber ihren Kaffee vergaß, starrte ich aus dem Fenster. Zu den Balkonen der Nachbarn. Eine ältere Frau hing dort Wäsche auf, darüber saß ein Mann auf einem Gartenstuhl aus Plastik und las ein Buch, neben ihm ein schwarzes Antennenradio aus den Achtzigern. Und da stellte ich mir vor, dass ich nicht aus einem Fenster blickte, sondern ein Gemälde betrachtete. Und die Balkone wurden zu Uhren, als hätte Dalí das alles gemalt. Und die Uhren schmolzen zu einem dickflüssigen Brei, der auf die Straße darunter tropfte, römische Ziffern und Sekundenzeiger sammelten sich in den Schlaglöchern, versetzten den Asphalt in seinen ursprünglichen Zustand. Doch der Mann und die Frau verloren den Boden unter den Füßen, stürzten und fielen auf die Straße hinab, ganz langsam, in Zeitlupe, und ich konnte ihre Gesichter sehen, weit aufgerissene Augen und Münder, die schreien wollten, doch kein Ton entwich den Kehlen. Sie würden stumm weiter fallen, durch die Straße hindurch, immer tiefer, unendlich und unsichtbar. „Das hat meine Mutter immer gesagt. Gott sei Dank waren wir schon verheiratet, sonst hätte sie Maicol mit einem Besen verprügelt, ihn auf die Straße gejagt wie einen räudigen Köter. Und papá erst, da darf ich gar nicht dran denken.“
Ich stellte die Tasse auf den Tisch und sagte: „Ich glaube, ich gehe lieber.“
„So? Warum denn? Maicol kommt bestimmt gleich.“
„Jaaa, aber fänden Sie es nicht komisch, wenn er uns hier so sieht?“
„Meinen Sie?“
„Wir kennen uns ja gar nicht. Nicht, dass er auf falsche Gedanken kommt.“
„Maicol wird nie eifersüchtig, falls Sie das meinen.“
Die Luft wurde stickiger, ich fühlte mich, als würde ich überhitzen. Das Atmen fiel mir schwer, als hätte mir jemand ein dickes Tuch auf Mund und Nase gepresst. Ich erhob mich.
Lucía fragte: „¿Todo bien? Sie sind auf einmal so blass.“
„No se preocupe. Ich muss nur kurz an die frische Luft. Ich warte einfach draußen.“
„Gehen Sie doch auf den Balkon.“
Ich hob beide Hände. „No, ich vertrete mir unten die Beine.“
Lucía presste die Lippen zusammen. „Wenn Sie meinen.“

Als ich mich umdrehte und den Flur betrat, hörte ich das Klimpern eines Schlüssels und ein Scharren an der Wohnungstür, dann ein Klicken, die Tür schwang auf und Maicol stand da, hielt eine weiße Tüte in der linken Hand und erstarrte. „Was machst du denn hier?“, fragte er.
Ich schluckte und räusperte mich. „Wollte nur mal nach dir sehen.“
„Nach mir?“
Lucía ging an mir vorbei. „Hola, amorcito“, sagte sie und umarmte Maicol und küsste ihn. „¿Cafecito?“
„Sí claro, mi reina. Compré peces.“
„¿A buen precio?“
„Treinta mil.“
Sie nahm Maicol die Tüte ab und sah hinein. „Qué chévere.“ Dann ging sie in die Küche.
„Also?“, fragte Maicol.
„Wegen der Deutschen“, sagte ich.
Maicol seufzte. „Ja, schlimme Sache das.“
„Hast du was mitbekommen?“
„Wieso?“
„Ich war bei Ramiro. Du hattest die Bootstour, bei der die Frau zuletzt gesehen wurde.“
Maicol schüttelte den Kopf. „War alles ganz normal.“
„Keiner hat sich auffällig verhalten?“
„No.“
„Hm.“
„Kann mich nicht mal daran erinnern, die Frau gesehen zu haben“, sagte Maicol. „Hab auch andere Sorgen gerade.“
„¿Por el bebé?“
„Lucía hat dir schon davon erzählt?“ Er grinste. „Ich werde papá, kaum zu glauben, was?“
Ich setzte ein Lächeln auf. „Felicitaciones.“
„Gracias. Morgen gebe ich einen aus.“
„Morgen?“
„Bei der großen Party am Playa Principal. Du kommst doch?“
„Weiß ich noch nicht.“
„Kannst du dir ja überlegen. Ramiro kommt auch. Zum ersten Mal mit neuer Flamme.“
„Jefe hat eine Neue?“
„Sí, seit ein paar Wochen schon.“
„Na ja, mal schauen. Bin ein bisschen beschäftigt zurzeit.“
„Womit?“
„Dieses und jenes.“
Maicol legte den Kopf schief. „Siehst echt nicht gut aus, mano. Das mit der Touristin muss dir ja echt nahe gehen.“
„Kann sein.“
„Hm. Verstehe, falls du morgen nicht kommst. Immerhin wurde sie am Playa Principal gefunden. Verstört einige Leute.“
Wieder bitterer Geschmack in meinem Mund, und ich spürte, wie Blut durch meine Ohren pulsierte. „Gefunden?“
„Ihre Leiche“, sagte Maicol. „Kam heute Morgen in den Nachrichten. Hast du´s nicht mitbekommen?“
„War unterwegs.“ Mehr konnte ich nicht antworten, die Stimme versagte mir. Der Flur wurde dunkler, ich glaubte, gleich umzukippen, doch nichts geschah. Ich fühlte mich nur so allein, ohne Halt. Eine Boje mitten auf dem Meer mit einem Loch im Rumpf, der sich mit Wasser füllte, die Boje gen Grund zog, fort vom Sonnenlicht. Irgendwo in der Wohnung tickte leise eine Uhr.


*​

Nach der Nachtwanderung mit einigen Mexikanern und Kolumbianern vom Festland saß ich wieder an Leidys Tresen und hatte schon zwei Shots intus.
„¿Otro?“, fragte Leidy.
„No. Una cerveza, por favor.”
„¿Cuál? Tengo Club Colombia o Aguila.”
„Dáme Aguila.”
„Listo.” Sie stellte das kühle Bier vor mir auf den Tresen. Wassertropfen rannen die Flasche hinab. Ich starrte das blaue Etikett an, musterte den Adler darauf, fuhr mit dem Daumen über seine Schwingen. „¿Qué pasó?“, fragte Leidy.
„Está muerta.“
„¿La alemana?“
„Sí.“
„Ich weiß ja nicht, wie es bei euch ist“, sagte Leidy, „aber wenn bei uns jemand verschwindet, ist er meistens tot. Man kann froh sein, wenn bei der Leiche noch der Kopf dran ist.“
„Es gibt kein euch“, sagte ich. „Nur mich.“
Leidy schmunzelte. „Ay, tan serio. Was ist los mit dir? Es sterben öfter mal Leute, das nimmt dich sonst nicht so mit.“
„Hab ich dir je erzählt, warum ich hergekommen bin?“
„No.“
„Meine Frau … sie ist vor vier Jahren gestorben. Wir waren zusammen essen und auf den Heimweg ist sie zusammengebrochen. Zwischen irgendwelchen beschissenen Mülltonnen. Hat Blut gehustet und gelächelt und einen Witz gemacht … einen Scheißwitz. Irgendwas über das Restaurant.“ Ich nahm einen Schluck Bier. Es schmeckte nicht, legte sich aber kühlend über meine Zunge und da trank ich mehr.
Leidy zündete sich eine Zigarette an. Sie bohrte nicht nach und wir waren allein in der Bar. Vielleicht fiel es mir deshalb leicht, alles herauszulassen. Oder der Tod der Deutschen hatte mich doch stärker mitgenommen als ich zugeben wollte. Ich erzählte ihr vom Krankenhaus, vom Lungenkrebs, der bereits gestreut hatte. Wie alles zu spät war.
Leidy sagte: „Du hättest nichts tun können.“
„Doch“, sagte ich. „Sie hatte schon länger über Beschwerden geklagt. Ich habe nicht zugehört, es auf etwas anderes geschoben.“
„Worauf?“
„Ihre Schwangerschaft. Und sie hatte öfter mal Beschwerden, die sich als Kleinigkeiten rausgestellt hatten.“ Ich drehte die Flasche in meiner Hand. „Danach sah ich sie überall. Jede beschissene Ecke in Hamburg, Berlin, München.“
„Und deshalb Kolumbien?“
„Weiter geht’s fast nicht, oder?“ Ich lächelte.
Leidy fragte: „Und das Kind?“
Ich schüttelte den Kopf.
Leidy nahm einen tiefen Atemzug und blickte auf ihre Füße.
Nach einem Moment des Schweigens fragte ich: „Wusstest du, dass viele denken, das hier sei das Paradies?“
„Ist es doch auch“, sagte Leidy. „La tierra de Dios.“
„Und doch entkommt man nirgends dem Scheiß. Ich habe gehört, sie hätten der Deutschen den Schädel eingeschlagen.“
Leidy schwieg.
Ich starrte auf die Maserung des Holztresens. „Na ja, ich schlafe mich besser aus. Morgen sieht die Welt wieder anders aus, was?“
Leidy sagte: „Por supuesto.“
„¿Cuánto?“
„Geht auf’s Haus.“
„Nichts da. Ich weiß, du brauchst die Kohle. Díme.“
„Veinte mil.“
Ich kramte in meiner Hosentasche nach einem losen Geldschein, zog einen Fünfziger hervor. Darauf ein lilafarbener García Márquez, der mich aufmerksam musterte. Neben seinem Gesicht stand ein Miniatur-Márquez. Er sah aus wie ein Diktator, doch aus seiner linken Hand steigen Schmetterlinge empor, als wäre er ein Magier. Sie flatterten gen Himmel, verschmolzen dort mit Lila und Gelb und Blau. Ich drehte den Schein um und klatschte ihn auf den Tresen. „Passt so.“


*​


Ich saß allein auf den warmen Sand des Playa Principal. In der Ferne spielte En Barranquilla Me Quedo und Stimmengewirr schallte über den Strand. Die Party war im vollen Gange, jemand hatte einen großen Grill aufgebaut, auf dem Fleisch brutzelte und die Luft mit dem Geruch von Rauch erfüllte. Ich hatte Ramiro und seiner neuen Freundin Hallo gesagt und kurz mit Maicol über Belanglosigkeiten gequatscht, irgendwas über Lucía und ihre Brechanfälle während der Schwangerschaft. Nach einem Bier war ich gegangen. Niemand hatte mich beachtet, niemand würde nach mir fragen.

Und so saß ich allein abseits der tanzenden Menge und starrte auf das Meer hinaus gen Westen. Ich glaubte, in der Ferne Nicaragua zu erblicken. Ich wusste, was ich da sah, waren bloß dunkle Wolken mitten auf dem Meer, und doch stellte ich mir vor, da wäre schon Nicaragua. Mit seinen dichten Wäldern und vereinzelten Maya-Tempeln. Ob es da auch Bedarf für einem deutschen Reiseführer gab? Ich wäre zwar wieder allein, aber was für einen Unterscheid machte es schon, ob hier oder dort? Hatte ich einen weiteren Neuanfang in mir?

Ich blickte auf das Meer hinaus, stellte mir ihre Leiche vor, die im Wellengang auf- und abtrieb. Das Gesicht zerfressen vom Salz, blutige Flecken auf dem nackten Rücken, wo Möwen Fleisch herausgepickt hatten. So trieb sie den Strand entlang, bloß noch ein Stück Fleisch. Die Sittiche in den Palmen beäugten die Leiche, hatten vermutlich auch den Mord gesehen, doch ihnen entwich nur ein fröhliches Zwitschern, als gäbe es keine Sorgen auf der Welt, als gäbe es nur Tukane und Kolibris und Affen, alle friedlich vereint in ihrem Wald, auf ihrer Insel, auf ihrem Planeten. Sie sahen nicht den Qualm am Horizont, die Flammen in ihrem Dschungel, die Schneise aus Flüchtlingen, die sich von Venezuela bis nach Bogotá zog, weinende Frauen mit schreienden Kindern auf den Armen, brennende Autos am Straßenrand, FARC-Guerilleros in den Büschen, raubend, vergewaltigend, ein Präsident, der Amnestie versprach. Und der Tod der Touristin würde untergehen in den Nachrichten über mehr Tod und mehr Leid, und San Andrés würde vergessen. Nur ich würde verbleiben, auf das Meer hinausblicken und an sie denken. An ihr Lächeln und ihren kleinen weißen Hut. Wäre sie nicht so schön gewesen, würde sie noch leben.

Als ich so dasaß, meine Füße im warmen Sand vergraben, als wollte ich hier Wurzeln schlagen, wurde in der Ferne ein Cumbia angestimmt und Menschen lachten. Die Brise streichelte mir über das Gesicht und der Himmel wurde blutrot, während die Sonne vor mir im Meer versank wie eine riesige Goldmünze.

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin @gibberish,

danke für Deine Geschichte.

Ich hab’ sie gerne gelesen, stimme aber auch @Henry K. in vielen seiner Kritikpunkte zu, denn ähnliches kam auch mir in den Sinn.
Anders als für Henry funktioniert der erste Dialog für mich, da kam ich gut rein und war (auch ob des Titels) voller Vorfreude, dass das hier vielleicht eine spannende Schatzsucher-Abenteuer-Story wird.
Wurde es dann nicht. :sad:
Aber bis auf die bereits erwähnten "Füller", die den Text ein wenig langatmig werden lassen (mehr dazu weiter unten), hast Du mich spannungstechnisch dabehalten, ich wollte dann schon wissen, was es mit der verschwundenen Frau auf sich hat. Auch der kurze Flashback mit den "blutigen Zähnen zwischen den Mülltonnen" hat mich gecatcht.
Doch gen Ende wirkt das letzte Drittel dann fast schon wie eine zweite Geschichte, ich kann die Melancholie/Trauer des Protas nicht greifen, weil die Story zuvor eben eher diesen Suspense-Ermittlungs-Drive hatte (kann es gerade nicht besser beschreiben):

Ich dachte, das Ganze läuft auf einen "Actionplot" hinaus, also auf eine Story, die sozusagen von der Physis lebt. Damit meine ich: Ich dachte, hier wird es darum gehen, dass jemand in Gefahr ist bzw. das eine Art äußere Bedrohung für den Protagonisten besteht. Oder dass ein Rätsel rund um die Frau gelöst wird. Stattdessen ist der Clou der Geschichte ein "innerer Plot" sozusagen, also es geht eigentlich um die Psyche des Protagonisten.
Das hätte so ähnlich auch von mir seien können (@Henry K. : Liest Du etwa auch gerade "20 Masterplots" von Ronald B. Tobias? ;)).

Das Spanisch/Deutsch hat für mich mal besser, mal schlechter funktioniert. Es stimmt schon, ich fragte mich (irgendwo in der Mitte des Textes): Ja, warum schreibt er es denn jetzt in Spanisch? Das sprechen beide Charaktere im Dialog, ich habs schon verstanden.
Gleichzeitig sorgt es aber auch für Atmosphäre.
Vielleicht kannst Du es gezielter einsetzen? Also einmal zu Beginn, um klarzumachen, dass der Prota die Sprache beherrscht, und dann vielleicht bloß noch in kurzen, knackigen Einschüben, die alle Leser:innen abholen, auch die, die kein Spanisch sprechen (z.B. fragt ihn die Barkeeperin "¿Más?" und er nickt dann nur, sie schenkt ihm daraufhin ein (oder so).

Folgend noch ein paar Auffälligkeiten, die ich mir während der Lektüre rausgeschrieben habe:

Sie warf ihr Tuch auf die Theke und bückte sich, stöhnte dabei, kramte eine Flasche ohne Etikett heraus, füllt mein Shotglas bis zum Rand mit Klarem.
falsche Zeitform

Heute waren nur zwei weiteren Personen anwesend. Ein Pärchen saß an einem der Holztische und unterhielt sich leise, manchmal kicherte die Frau. Ihre rechte Hand lag auf dem Tisch und der Mann streichelte mit Fingerspitzen ihren Unterarm entlang, während sie miteinander redeten.
Den dritten Satz könntest Du streichen, der trägt nichts zur Geschichte bei und die beiden sind ja eh´nicht wichtig.

„Wie immer. Sind viele Deutsche dabei zurzeit.“
„Tu gente“, sagte sie.
„Hm.“
„¿O no?“
„War schon lange nicht mehr in Deutschland, weißte doch.“

„Sí. Aber willste nicht mal?“
Ich schob das leere Shotglas von meiner rechten Hand in die linke. „Kann nicht.“
Leidy kniff die Augen zusammen, zog erneut an der Zigarette. Ein roter Punkt glühte auf, verschwand dann wieder hinter Rauch.
Ich senkte den Blick und fuhr mit dem Daumen über den Eichstrich des Shotglases. „Die Touristen reichen mir.“
„Está bien“, sagte sie und drückte den Zigarettenstummel in einem Aschenbecher aus.
Hier ein für mich gutes Beispiel, wann das mit dem Spanisch nicht passt, bzw. es zu viel ist.
Da ich selbst nicht weiß, was Tu gente bedeutet, reißt es mich aus dem Dialog.


Das Pärchen am Tisch verstummte und sah in unsere Richtung, doch Leidy würdigte den beiden keines Blickes und wechselte den Sender und das Pärchen sah wieder weg.
würdigte die beiden (oder Beiden? Bin mir nicht sicher)


Über der Theke hing ein Fernseher. 40 Zoll, schwarz, Flachbild. Leidy holte die Fernbedienung aus einer Schublade und schaltete ihn ein. Ein Mann erschien auf dem Bildschirm, gepflegter Bart, schicker Anzug, strahlendes Lächeln. Er hielt eine bildhübsche Frau bei den Händen und sagte: „Quiero compartir mi vida contigo.“ Die Frau stöhnte auf und schmiegte sich eng an den Mann und Tränen rannen über ihre Wangen. Die Musik wurde lauter, melodramatisch.
Leidy rollte mit den Augen. „Putas telenovelas.“
Ich schmunzelte. Das Pärchen am Tisch verstummte und sah in unsere Richtung, doch Leidy würdigte den beiden keines Blickes und wechselte den Sender und das Pärchen sah wieder weg. Ein blaues Logo erschien im TV, darunter Noticias Caracol. Eine Nachrichtensprecherin sprach so schnell, dass ich nicht alles verstand. Das Gesicht des Präsidenten starrte uns entgegen, zerzaustes Haar, Brille, intensiver Blick, so als würde er sich gerade mit jemandem streiten. Amnistía para los narcos stand in da in schwarzer Schrift auf gelbem Grund.
„Petro ruiniert alles“, sagte Leidy.
„Gab schon Schlimmere“, sagte ich.
„So? Wie lange bist du hier? Drei Jahre?“
„Ich …“
„Dann rede nicht so. Ese presidente es un desastre. Die Narcos begnadigen? Unsere Ölproduktion stoppen? ¡Malparido! Guck dir mal die Inflation an.“
„Ist doch überall so.“
„Aber vielleicht wär’s nicht so schlimm, wenn wir keinen kriminellen Präsidenten hätten, ese terrorista.“ Sie zündete sich die nächste Zigarette an. „Amigo de Escobar. Bald geht es uns so wie den venezuelanos. Und wo fliehen wir dann hin, wenn hier alles im Arsch ist? Hm? Brasil? Panamá? Dime.“
„No sé. Du übertreibst aber schon gerne …“
Da lächelte sie. „Kennst mich doch.“
Ich lächelte zurück. „Brauchst dir keine Sorgen machen.“
„Wenn du meinst. Kannst mir ja dann Tipps zum Auswandern geben.“
Im Rahmen des "Suspense-Crime-Verschwundene-Frau"-Plots ist das so eine "Füller"-Stelle, die könnte für mich raus, da sie die Szene unnötig aufbläht.
Legst Du allerdings mehr Wert auf die "Psychologisch-geht-es-um-das-Innere-des-Protas"-Gewichtung, würde ich sie evtl. behalten, denn dann kommt ja am Ende noch der Callback, wenn er da monologisierend am Strand sitzt und sich Gedanken über Land und Leute macht.


Ramiro sah an mir vorbei, zu dem Schrank hinter mir. Ordner stapelten sich darin, Papiere hingen aus ihnen heraus, vergilbt und wellig wegen der Luftfeuchtigkeit. „Schlag dir das aus dem Kopf“, sagte Ramiro.
Die gesamte Szene in der Agentur finde ich gut. Den Charakter des Chefs und die kurze Info, um was für eine Agentur es sich dabei handelt (Größe, Zustand) hast Du im Dialog und in den Beschreibungen gut herausgearbeitet.

Die Sonne stand im Zenit und brannte auf der Stirn. Hinter der Straße lag der Strand, der weiße Sand warf das Tageslicht zurück, schmerzte in den Augen; ich musste sie zusammenkneifen, um nicht zu erblinden. Ein Mann schlenderte über den Strand, trug einen weiten Hut, der sein Gesicht in Schatten tauchte, ansonsten war die Gegend verlassen ob der Hitze. In der Ferne eine Strandbar aus hellgrauem Holz. Das Klirren von Geschirr schallte durch die Leere, gelegentlich Gelächter. Dahinter das Meer von tiefstem Blau und wellenlos. Ein einzelnes Dreieck wanderte den Horizont entlang wie eine Schießbudenfigur. Ein Segelboot. Palmen säumten die Promenade, kein Wind fuhr durch ihre Blätter, dennoch bewegten sie sich; grüngelbe Sittiche flogen zwischen den Palmen umher und zwitscherten, es klang, als würden sie mich auslachen. Ich wischte mir Schweiß von der Stirn und wandte mich gen Inselinneres.
Der ganze Part zieht sich sehr und könnte mMn im "Action-Plot" komplett raus.

Und als ich den ersten Stock hinter mir ließ, spürte ich ein Ziehen im rechten Knie, nicht zum ersten Mal, und da musste ich an meinen Vater denken, dem mit Mitte vierzig neue Knie verpasst worden waren. Ob Knieoperationen in Kolumbien genauso Routine waren wie daheim? Ich wusste es nicht und ich wollte es auch nicht rausfinden, und bevor ich weiter über mögliche Gebrechen nachdenken konnte, erreichte ich Wohnung Nummer fünfzehn.
Das hier hatte Henry glaube ich auch angemerkt, da ging es mir ähnlich. Das macht ein unnötiges Fass auf, vor allem, da der Vater zuvor mit keinem Wort erwähnt wird.

Der Flur lag im Halbdeunkel, an den Wänden hingen Bilder von Segelbooten und Palmen, auf einem Bild standen Viehtreiber vor einer Herde Kühe, im Hintergrund die untergehende Sonne und orangefarbene Berggipfel.
Könntest Du streichen. Die Beschreibung des Wohnzimmers kurz darauf reicht aus. Es zieht sich sonst.

Sie sahen nicht den Qualm am Horizont, die Flammen in ihrem Dschungel, die Schneise aus Flüchtlingen, die sich von Venezuela bis nach Bogotá zog, weinende Frauen mit schreienden Kindern auf den Armen, brennende Autos am Straßenrand, FARC-Guerilleros in den Büschen, raubend, vergewaltigend, ein Präsident, der Amnestie versprach. Und der Tod der Touristin würde untergehen in den Nachrichten über mehr Tod und mehr Leid, und San Andrés würde vergessen.
Wie bereits geschrieben: In einer Geschichte, die absichtlich als Slowburner ausgelegt ist und mir zuvor langsam und melancholisch das gequälte Innenleben des Protas entfaltet hat, mir in (weiteren) Szenen klargemacht hat, wie er zu Land und Leuten steht, da mag dieser Abschluss funktionieren.
So, wie die Geschichte jetzt ist, wirkt es auf mich unrund und irgendwie artifiziell.

Trotz der überwiegend ankreidenden Kritik gerne gelesen. :)
Wenn Dir meine fünf Cent weiterhelfen, freue ich mich.
Beste Grüße
Seth

 

Hey @Henry K.,

vielen lieben Dank für das Lesen meiner Geschichte und für den sehr hilfreichen Kommentar.

Aber irgendwie ist mir das Tempo wirklich viel zu slow. Es geht irgendwie nicht voran. Schon bevor der Mann die Frau im Fernsehen sieht, also diese Barszene, fand ich sehr langatmig. Dann kam das mit der Frau und ich dachte: Endlich kommt Schwung rein, aber danach plätscherte es dann einfach weiter mit der Szene bei der Agentur.
Ja, das verstehe ich sehr gut, und die Kritik ist auch berechtigt. Ich arbeite absichtlich derzeit mit langsamerem Erzähltempo, ein bisschen experimentell auch, das will ich gar nicht abstreiten, und meine Intention war es, viel über Atmosphäre zu arbeiten. Ich erkenne aber, dass das alles zu langatmig geraten ist. Oft braucht es dafür Feedback von außen, damit man das erkennt. :D Ich bin den Text schon mal durchgegangen und werde es noch viel öfter tun, immer mehr streichen und umstellen. Die Szene mit den Amerikanern und der Aufgesetztheit des Chefs habe ich z. B. schon restlos gestrichen, einfach, weil es gar nicht wichtig ist.

Das Problem ist hier, glaube ich, dass es (bis dahin, wo ich gelesen habe) an Drama für den Protagonisten fehlt. Ja, die Frau ist tot oder vermisst (weiss ich gar nicht mehr), aber wir wissen nicht, warum das für den Protagonisten relevant ist. Irgendwas mit Mülltonnen und Blut. Das hat für mich nicht gereicht, um meine Emotionen zu wecken und meine Neugier, sprich das war mir zu wenig Information, sodass ich nicht nachvollziehen konnte, warum der Protagonist aktiviert ist.
Das stimmt. Ich lasse den Leser bewusst im Dunkeln, vielleicht ein bisschen zu sehr. Das leuchtet mir definitiv ein. Ziel war es, viel von der Psyche des Protagonisten über die Umgebungsbeschreibungen zu zeigen. Er ist ja eigentlich im Paradies, zumindest was die Landschaft angeht, doch irgendwie ist alles negativ beschreiben. Der Strand schmerzt in den Augen, das Segelboot wandert da wie eine Schießbudenfigur, nur in den Schatten fühlt er sich etwas besser; damit wollte ich das Innere des Prota ein bisschen in der Umgebung "spiegeln". Nach deiner Rückmeldung wird klar, dass es so evtl. nicht funktioniert, weil ich dem Leser zu wenig Futter biete, um diese Assoziationen zu wecken. Hmmm. Da muss ich noch öfter drüber, das ausbügeln, angleichen, mehr Interesse wecken.

Dann die spatschen bzw. deunischen Dialoge. Das hat seinen Reiz, weil es natürlich irgendwie Lokalkolorit schafft, aber so ganz logisch ist das nicht.
Genau, das soll hauptsächlich Atmosphäre schaffen. Du sieht, das war mir bei diesem Text fast das Wichtigste. :D Mein Denken hinter der Art und Weise der "Mischung" war, dass im Grunde alle Dialoge auf Spanisch ablaufen. In Kolumbien kommt man ohne auch nicht wirklich weit. Also, sie sprechen hier immer Spanisch. Das kann ich den Lesern aber ja nicht zumuten. Um die Atmosphäre und das Spanische beizubehalten, habe ich dann auch wirklich nur das in Spanisch stehen lassen, was ich für die Atmo als notwendig erachtet habe. Ich wollte die Leser ja auch nicht vergraulen.

Stattdessen ist der Clou der Geschichte ein "innerer Plot" sozusagen, also es geht eigentlich um die Psyche des Protagonisten.
Ja genau, das ist der Kern des Plots. Das Verschwinden der Frau ist nur der Aufhänger dafür. Kann aber verstehen, dass du hier mehr Krimi erwartet hast, ich habe die Samen dafür ja sozusagen selbst gestreut. :D

Im Grunde ist doch der Plot nur: Ein Mann sieht, dass eine Frau vermisst wird bzw. dann erfährt er, dass sie tot ist, und das erinnert ihn an seine tote Freundin und macht ihm klar, dass er vor der Vergangenheit nicht weglaufen kann. Die ganze Tour über die Insel hat damit eigentlich gar nichts zu tun und ist hart gesagt nur Ballast für die Story.
Klar, das ist die Geschichte, aber ich wollte wie gesagt durch seine Umherwandern und die negativ konnotierten Beschreibungen der Umgebung doch irgendwie sein Innenleben zeigen. Vielleicht zu ambitioniert, vielleicht zu wenig durchdacht, aber so war meine Idee. Ich muss mich da aber nochmal ransetzen und das gründlich überdenken. Und ja, der Rotstift wird noch öfter gezückt.

Der erste Absatz und der Titel sind in diesem Kontext auch nicht stimmt, finde ich, denn irgendwie ist dieses Gold- und Schatzsucher-Motiv doch gar nicht der Casus Knaxus hier.
Na ja, das ist natürlich metaphorisch gemeint, auch der erste Dialog mit Piraten und Haien, aber ich gucke mir das nochmal an.

Auf jeden Fall danke ich dir vielmals für die Zeit, die du in das Lesen und Kommentieren dieser doch längeren Geschichte gesteckt hast. Das ist nicht selbstverständlich und daher habe ich mich sehr über dein ehrliches Feedback gefreut.

Liebe Grüße
gibberish

 

Hallo @gibberish,

hier einige Textstellen, später mehr:

Sie trug einen weißen Hut, nahm ihn jetzt ab, fächerte sich Luft zu. „Ja. Sah vielversprechend aus.
Nach "zu" fehlt ein Absatz.

Die Luft wurde undurchsichtiger, als wäre ich innerhalb von Sekunden an Grauem Star
Guter Vergleich!

Er hielt eine bildhübsche Frau bei den Händen
Vielleicht ist das lokal bedingt: Geläufig ist für mich 'an'.

Das Pärchen am Tisch verstummte und sah in unsere Richtung, doch Leidy würdigte den beiden keines Blickes
die beiden
Am nächsten Tag ging ich zur Agentur. Bunte Plakate am Eingang versprachen die Erfüllung jeglicher Wünsche. Bilder von Wasserfällen, Stränden, Delfinen, leicht bekleideten Latinas. Das Innere konnte da nicht mithalten. Ein Vorzimmer und ein Büro, beides eingerichtet mit schlichten Holzmöbeln,
Hier ist ein Bruch zwischen dem "Eingang" und dem "Inneren": Einmal geht es um die Erfüllbarkeit von Wünschen, einmal um eine triste Einrichtung. Das kann man nicht mit einander vergleichen.

ansonsten war die Gegend verlassen ob der Hitze.
aufgrund, wegen ("ob" klingt antiquiert).
Ein einzelnes Dreieck wanderte den Horizont entlang wie eine Schießbudenfigur
Ich weiß, was du meinst - aber unter einer "Schießbudenfigur" versteht man eine lächerliche Person, ist mit einem Segel nicht vergleichbar. Du meinst 'wie ein bewegliches Ziel einer Schießbude'.

„Ay, perdón. Ich bin ein Kollege von Maicol.“
„Und was wollen Sie?“
„Nur quatschen.“
„Wegen der Vermissten …“
Man erkennt nicht, warum sie so schnell auf die Vermisste kommt, zumal sie dem Thema eher skeptisch gegenüber steht. Später verteidigt sie ihren Mann, obwohl ihn niemand beschuldigt hat:
„Mein Maicol hat damit nichts zu tun.“

Und da stellte ich mir vor, dass ich nicht aus einem Fenster blickte, sondern ein Gemälde betrachtete
Der Beginn einer gelungenen Darstellung des gedanklichen Abschschweifens!

Als ich so dasaß, meine Füße im warmen Sand vergraben, als wollte ich hier Wurzeln schlagen

Auch ein schönes Bild. Die Goldmünze vielleicht etwas zu verbraucht, passt aber zum Anfang. Vielleicht sogar anstelle von "Schatztruhe" 'Goldmünzen' schreiben.

Wenn ein Text nur geschrieben würde, um Gefühle und Szenarien zu vermitteln, dann wäre das ein Top-Text! Aber inhaltlich gibt die Geschichte mir zu wenig her, nicht, dass ich unbedingt eine Wendung oder einen Konflikt bräuchte - aber doch wenigstens dann eine übergeordnete Aussage oder Spannung. Andererseits - dein Text enthält einiges an Symbolik und innerer Spannung. Das war es letztlich auch, was mich 'bei der Stange gehalten' hat. Der Titel kann ganz direkt verstanden werden, später merkt man dann, um was es eigentlich geht.

Beste Grüße,

Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Ahoi, @gibberish !

Hab deinen Text erst gestern gelesen, da hattest du anscheinend schon einige Passagen gekürzt (den anderen Komms nach zu urteilen).
Die jetzige Version hat zwar immer noch ein paar Längen, aber du schaffst es so gut, einen an diesen exotischen Ort zu ziehen, dass ich trotzdem darin schwelgen konnte. Hätte wahrscheinlich nicht so funktioniert, wenn du noch mehr Beschreibungen gestrichen hättest, von daher passt das für mich :-)

Aber am Ende habe ich mich gefragt: Habe ich etwas übersehen?
Du streust (unfreiwillig?) an mehreren Stellen Hinweise ein, dass der Prota mehr weiß, als er vor den anderen Figuren zugibt. Das fängt schon im ersten Absatz an, wo das spätere Mordopfer mit dem Ich-Erzähler ein Schwätzchen hält. Ich gehe davon aus, dass dieses "Ich" wie im restlichen Text für den Prota steht. Später erwähnt er sein Zusammenteffen mit der Frau aber mit keinem Wort mehr. Dann seine extreme Reaktion, als von ihrem Tod berichtet wird mit teils körperlichen Reaktionen. Reicht da wirklich schon ein Lächeln von einer Fremden, das ihn an seine verstorbene Frau erinnert? Oder hat die Ermordete noch eine andere Verbindung zu seiner Vergangenheit, die er aber nicht auszusprechen wagt? Und dann dann gegen Ende der Satz:

Wäre sie nicht so schön gewesen, würde sie noch leben.
Woher weiß er das? Wurde berichtet, dass sie vergewaltigt worden ist oder sie einen Verehrer/Stalker hatte? Ansonsten hätte das auch ein Raubmord sein können.
Das hat mich mit der Theorie zurückgelassen, dass der Prota selbst in den Mord verwickelt sein könnte oder gar der Täter ist. Aber der Rest der Geschichte und auch dein Kommentar scheinen das nicht zu bestätigen. Oder bin ich dir etwa auf die Schliche gekommen? ;) (Ok, wahrscheinlich nicht...) Habe jedenfalls bis zum Schluss auf einen großen Reveal gewartet, was wirklich passiert ist. So ist mir die Verbindung zwischen fremder Toter und tragischem Schicksal aus der Vergangenheit des Prota aber zu schwach, und auch die Anfangsszene bleibt dann unklar.

Was mir sonst noch aufgefallen ist:

„Aber Piraten gab es hier nie?“
„Henry Morgan war manchmal hier. Hatte eine Höhle im Süden. Hat sich da versteckt.“
„Der Captain Morgan?“
„Genau.“
„Gold hat man da nicht gefunden? In der Höhle?“
Ab da finde ich die Fragerei der Frau etwas zu naiv, so als sei sie ein neugieriges Kind.


„Das Beste? Komm, das Zeug ist doch selbstgebrannt“, sagte ich und grinste.
Leidy erwiderte bloß das Grinsen, polierte dann weiter.
Finde ich etwas ungelenk. Besser sowas wie "Sie grinste wortlos zurück".


Zumindest hatte ich hier keine dickere gesehen.
Groß (Substantiviertes Adjektiv).

Bald geht es uns so wie den venezuelanos.
Ich weiß, eigentlich sprechen die immer Spanisch, und du übersetzt einige der Wörter als Stilmittel nicht, darum werden auch Substantive klein geschrieben. Aber wenn das spanische Substantiv allein in einem deutschen Satz steht und klein geschrieben wird, wirkt das irgendwie komisch. Würde die spanischen Begriffe wenigstens in kursiv setzen.

Sie sah ihr ähnlich, und da musste ich an ihr Lächeln denken
Das erste "Ihr" und das zweite beziehen sich auf verschiedene Personen, das weiß der Leser zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht. Würde ich deutlicher machen, irritiert sonst.

An der Decke drehte sich zwei Ventilatoren. Sie waren schon älter und summten laut. Als schwebten zwei riesige Käfer über meinem Kopf.
Den Vergleich finde ich super :D

Gelbe Taxis rollten über den Asphalt, die Motorhauben und Dächer von hellerem Gelb als der Rest, als hätten Sonnenstrahlen die Farbe aus dem Blech gesaugt.
... den allerdings weniger. Vielleicht geht es nur mir so, aber bei Strahlen denke ich an etwas, das irgendwas herbringt, anstatt etwas wegzusaugen.

Als es um die Heilige Jungfrau Maria geht:

Hätte sie trotzdem einen Märtyrer gezeugt?
Spricht man bei einer Frau wirklich von "gezeugt"? Das ist mE die männliche Perspektive (oder in dem Fall die vom Heiligen Geist :p), eine Frau empfängt das Kind.

Ich bedankte mich, nahm die Tasse und pustete, wartete einen Augenblick, während sich Lucía neben mich setzte und lächelte und ohne zu zögern einen Schluck trag.
trank

doch aus seiner linken Hand steigen Schmetterlinke empor
Schmetterrechte, äh, ich meine, Schmetterlinge ;)

Ob es da auch Bedarf für einem deutschen Reiseführer gab?
Vielleicht liege ich daneben, aber bei einem Reiseführer denke ich als erstes an ein Buch mit Reisetipps. Hier würde mE das denglische Wort "Tourguide" besser passen, lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen.

Im Großen und Ganzen fand ich deine Metaphern und Vergleiche gut (bis auf wenige Ausnahmen), du zeichnest da ein gelungenes Bild von einem faulig gewordenen Paradies. Auch die wiederkehrenden Anspielungen auf das Verstreichen der Zeit (Tastaturgeklacker wie ein Uhrenticken, die schmelzenden Uhren von Dalí ...) geben deiner Geschichte eine zusätzliche Dimension.
Gern gelesen!

VG
MD

 

Hallo @gibberish

ich bin neu bei den Wortkriegern und habe mir deine Geschichte als Erste zum Lesen ausgesucht, weil ich den Titel interessant fand.
Mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen und finde sie spannend. Besonders gepackt hat mich der Hinweis mit den Mülltonnen und dem Blut auf den Zähnen. Ich wollte dann wissen, was passiert war. Und fragte mich dann, ob der Protagonist vielleicht etwas mit dem Tod der Frau zu hat. Ich finde sehr gut, dass ich falsch lag, aber das Ende hat mich dann doch etwas enttäuscht. Wir erfahren auch gar nicht, was mit der Frau nun passiert ist. Richtig verstanden habe ich die Geschichte auch erst beim 2. Mal Lesen.
Den Titel finde ich nicht ganz passend, weil in der Geschichte Gold nie vorkommt. Außer vielleicht im ersten Dialog, wenn über Piraten und Schätze gesprochen wird, aber dieses Gespräch tut eigentlich auch nichts zur Sache. Mit diesem Dialog einzusteigen finde ich aber gut, weil man direkt in die Handlung eintaucht. Auch wenn es besser zu der Geschichte „Was passiert mit der Frau“ als zu „Welches psychologische Trauma hat der Protagonist“ passt.

Der Protagonist fängt an zu ermitteln, schweift aber in Beschreibungen der Umgebung ab. Diese sind sehr gut gelungen und passen perfekt zum Innenleben des Protagonisten. Ich habe diese Beschreibungen aber ehrlich gesagt mehr überflogen als aufmerksam gelesen, weil ich zum wichtigen Teil kommen wollte. Ich wusste ja noch nicht, dass das der wichtige Teil ist. Von Anfang an hatte ich den Eindruck, dass es um die Ermittlungen geht und um das Verschwinden der Touristin. Aber in Wirklichkeit geht es um ein Trauma des Protagonisten, an das ihn die Touristin erinnert hat. Ich finde, dass ist eine tolle Geschichte, aber sie wird durch die Ermittlungen vom Protagonisten komplett überschattet. Statt, dass er sofort auf die Suche nach Antworten geht, könnte er erst mal nicht aufhören können daran zu denken. Zum Beispiel könnte er von der Touristin und seiner toten Freundin träumen. Das könnte dem Leser zeigen, dass der Protagonist einen psychologischen Grund hat zu ermitteln.

Zur Sprache: Ich finde es sehr schwierig in einer Sprache zu schreiben, wenn die Unterhaltung eigentlich in einer anderen Sprache stattfinden soll. Das Geschriebene wäre also nur übersetzt. Für die Atmosphäre finde ich es zwar gut etwas Spanisch reinzuschreiben, aber nur dafür ist für mich zu viel Spanisch enthalten. Ich hatte eher das Gefühl, dass alle manchmal Spanisch und manchmal Deutsch sprechen und habe mich dann gefragt, warum die Kolumbianer einen Deutschen Dialekt verwenden. Erst in der Szene mit Lucia wurde für mich klar, dass alle immer Spanisch sprechen. Für mich wäre es klarer wenn entweder gar kein Spanisch vorkäme oder nur einzelne Worte wie „Hola“. Außerdem stört mich, dass alle, deutschsprachiger Protagonist und spanischsprachige Nebenfiguren, denselben deutschen Dialekt zu haben scheinen. (mit Dialekt meine ich zum Beispiel Sätze wie „Aber willste nicht mal?“, „da darf ich gar nicht dran denken“ und „weißte doch“) Da wir hier sozusagen eine Übersetzung haben, würde ich eher Schriftdeutsch verwenden, es sei denn, die Person hat eine ganz besondere Art zu sprechen. Da die Figuren aus unterschiedlichen Sprachen kommen, macht es auch Sinn sie (in der gleichen Sprache) unterschiedlich sprechen zu lassen. Vielleicht könnte also nur der Protagonist den Dialekt haben. Dann funktioniert auch die Frage nach dem Akzent von Lucia besser. Oder umgekehrt, da in den Konversationen im spanischen Original ja die Kolumbianer einen spanischen Dialekt verwenden würden und der deutsche Protagonist eher Schriftspanisch.

Und dann noch ein paar Sachen, die mir aufgefallen sind:

Sie sah ihr ähnlich, und da musste ich an ihr Lächeln denken, damals zwischen den Mülltonnen, mit Blut auf den Zähnen.
Bestimmt absichtlich verwirrend mit dem pronoun-game, aber vielleicht etwas zu viel. Wenn das nächste Mal von „ihrem Lächeln“ die Rede war, dachte ich, er meint die verschwundene Touristin. Und wieder dachte ich, er hat etwas mit ihrem Tod zu tun, oder in seiner Vergangenheit eine Frau umgebracht.

„Meine Frau … sie ist vor vier Jahren gestorben. Wir waren zusammen essen und auf den Heimweg ist sie zusammengebrochen. Zwischen irgendwelchen beschissenen Mülltonnen. Hat Blut gehustet und gelächelt und einen Witz gemacht … einen Scheißwitz. Irgendwas über das Restaurant.“ Ich nahm einen Schluck Bier. Es schmeckte nicht, legte sich aber kühlend über meine Zunge und da trank ich mehr.
Leidy zündete sich eine Zigarette an. Sie bohrte nicht nach und wir waren allein in der Bar. Vielleicht fiel es mir deshalb leicht, alles herauszulassen. Oder der Tod der Deutschen hatte mich doch stärker mitgenommen als ich zugeben wollte. Ich erzählte ihr vom Krankenhaus, vom Lungenkrebs, der bereits gestreut hatte. Wie alles zu spät war.
Da es in der ganzen Geschichte eigentlich um das hier gehen sollte, fände ich es vielleicht besser etwas mehr darüber zu schreiben, den Protagonisten tatsächlich erzählen zu lassen. Muss aber nicht.

Die Luft wurde stickiger, ich fühlte mich, als würde ich überhitzen. Das Atmen fiel mir schwer, als hätte mir jemand ein dickes Tuch auf Mund und Nase gepresst.
Das finde ich super, es beschreibt sehr gut eine (bevorstehende) Panikattacke. Da finde ich es fast schade, dass die Symptome schlagartig verschwinden sobald Maicol durch die Tür kommt. Plausibler wäre es, wenn der Protagonist trotzdem aus der Wohnung stürmt.

Tippfehler:

Amnistía para los narcos stand in da in schwarzer Schrift auf gelbem Grund.
An der Decke drehten sich zwei Ventilatoren.

Im großen und ganzen eine tolle Geschichte! Mich würde aber immer noch interessieren, was mit dieser Frau passiert ist ;)

Ich hoffe mein Kommentar ist hilfreich.
Viele Grüße,
Eva

 

Hallo @gibberish,
so langatmig und bleiernd wie die Hitze - ich konnte sie spüren, sie kroch förmlich aus der Geschichte. Auch dieses eingestreute Spanisch kommt gut - man muss es nicht verstehen, es reicht, es zu erahnen, dass es oberflächliches Geplänkel ist. Hab´s zwar nicht ganz verstanden, warum er plötzlich so ein Interesse an der Frau mit weißem Hut hat, aber entweder sah sie seiner Frau ähnlich oder sie war es sogar.
Er setzte sich in Deutschland ab, als sie im Sterben lag, dabei ist sie gar nicht gestorben und machte sich nach ihrer Gesundung auf die Suche nach ihm - um schlussendlich doch zu sterben. Wenn das der rote Faden sein sollte, könnte es etwas deutlicher rüberkommen. Für mich klang es gut - geheimnisvoll. Auch dieses Abschweifen nach den Sittichen, dem Boot da draußen und dem Paar in der Bar. Für mich sehr plastisch, realistisch gemalt und voller Stimmung. Gerne gelesen.
Beste Grüße
Detlev

 

Hey @Seth Gecko,

freut mich sehr, dass du bei mir vorbeigeschaut und einen so hilfreichen Kommentar dagelassen hast. :)

Anders als für Henry funktioniert der erste Dialog für mich, da kam ich gut rein und war (auch ob des Titels) voller Vorfreude, dass das hier vielleicht eine spannende Schatzsucher-Abenteuer-Story wird.
Wurde es dann nicht. :sad:
Zunächst einmal freut es mich natürlich ungemein, dass du meine Geschichte gerne gelesen hast. Und sorry, dass ich dich da so enttäuschen musste. Vielleicht gibt es in der Zukunft ja eine Schatzsucher-Story zur Wiedergutmachung. :D

Aber bis auf die bereits erwähnten "Füller", die den Text ein wenig langatmig werden lassen (mehr dazu weiter unten), hast Du mich spannungstechnisch dabehalten, ich wollte dann schon wissen, was es mit der verschwundenen Frau auf sich hat. Auch der kurze Flashback mit den "blutigen Zähnen zwischen den Mülltonnen" hat mich gecatcht.
Ja, die Füller. Bin den Text jetzt nochmal durchgegangen, auch mithilfe eurer Anmerkungen, und ich habe nochmal ein paar Dinge gestrichen, erkenne aber auch, dass da noch mehr weg kann. Ich werde den Text wieder und wieder durchgehen und noch mehr entfernen.

Doch gen Ende wirkt das letzte Drittel dann fast schon wie eine zweite Geschichte, ich kann die Melancholie/Trauer des Protas nicht greifen, weil die Story zuvor eben eher diesen Suspense-Ermittlungs-Drive hatte (kann es gerade nicht besser beschreiben)
Hm, ja, das sehe ich ein. Von Anfang an war die Story nicht als Ermittlungs-Story geplant, der Prota steigert sich da nur rein. Um seinen Verlust zu kompensieren und auch, um was "Gutes" zu tun zu haben. Er ist ja doch sehr einsam, gammelt nur in der Bar rum, alle anderen Personen in seiner Umgebung haben ihr eigenes Leben, ihre eigenen Partner. Problem ist hierbei natürlich, dass niemand vom Prota erwartet, dass er da ermittelt; er könnte das ja tatsächlich der Polizei überlassen, es gibt keinen tatsächlichen Druck für ihn, hier überhaupt tätig zu werden. Dass er sich auf die Socken macht, liegt nur an seiner inneren Unruhe und Unzufriedenheit. Sind jetzt im Endeffekt nicht die spannendsten Gründe, und ich sehe, der Text krankt ein bisschen daran, wirkt langatmig. Mit einer anderen Motivation für die Ermittlungen und einem dahingehend angepassten Ende, würde sich das letzte Drittel nicht so "fremd" anfühlen, denke ich. Spontan fällt mir aber nichts Handfestes ein. Ich hatte lange überlegt, den Prota tatsächlich zu dem Mörder zu machen, aber er hätte gar kein Motiv, zumindest kein plausibles, das sich von "der Typ ist einfach völlig durchgeknallt" abheben würde. :D Ich muss da nochmal in mich gehen, aber vielen lieben Dank für den Gedankenanstoß!

Vielleicht kannst Du es gezielter einsetzen? Also einmal zu Beginn, um klarzumachen, dass der Prota die Sprache beherrscht, und dann vielleicht bloß noch in kurzen, knackigen Einschüben, die alle Leser:innen abholen, auch die, die kein Spanisch sprechen (z.B. fragt ihn die Barkeeperin "¿Más?" und er nickt dann nur, sie schenkt ihm daraufhin ein (oder so).
Ein bisschen was habe ich schon angepasst, tu gente z. B., aber ich gehe nochmal drüber. Ist halt ein Balanceakt zwischen Spanisch und Verständnis, obwohl ich nur das Spanische habe stehen lassen, was man auch gar nicht verstehen muss. Ist ja egal, ob Maicol ein Schnäppchen mit den Fischen gemacht hat, das soll an der Stelle nur Atmosphäre schaffen und zeitgleich zeigen, dass der Prota doch irgendwie fehl am Platze ist in dieser fremden Umgebung.

Legst Du allerdings mehr Wert auf die "Psychologisch-geht-es-um-das-Innere-des-Protas"-Gewichtung, würde ich sie evtl. behalten, denn dann kommt ja am Ende noch der Callback, wenn er da monologisierend am Strand sitzt und sich Gedanken über Land und Leute macht.
Hab's jetzt erstmal noch dringelasen, überlege aber weitere Kürzungen. Es geht mir ja wirklich nur um das Innere des Protas, gespiegelt in seinem Umherwandern und wie er mit den Leuten interagiert. Möglichst viel Inneres zeigen, ohne konkret Inneres zu zeigen, sabes? :D

So, wie die Geschichte jetzt ist, wirkt es auf mich unrund und irgendwie artifiziell.
Da ist ein interessanter Punkt, über den ich nachdenken möchte. so, wie der Text strukturiert und geplottet ist, kann ich verstehen, wenn der Klimax, das sinnieren am Strand, das Verteufeln der Welt, etwas plötzlich daherkommt und wie drangehängt wirkt. Hier müsste ich mich ein langsames Aufbauen seiner inneren Angespanntheit bis zu dieser inneren Rage überlegen, damit es sich etwas organischer anfühlt.

Ich danke dir für diesen sehr hilfreichen Kommentar und wünsche dir schon mal ein erholsames Wochenende.

Liebe Grüße
gibberish

-----------------------------------------------


Hallo @Woltochinon,

freut mich sehr, dass du dir Zeit für meinen Text und einen Kommentar genommen hast, vielen vielen Dank. :)

Ich weiß, was du meinst - aber unter einer "Schießbudenfigur" versteht man eine lächerliche Person, ist mit einem Segel nicht vergleichbar. Du meinst 'wie ein bewegliches Ziel einer Schießbude'.
Dios mio, du hast natürlich recht. Ich sollte beim Nachschlagen von Wörtern auch zu Ende lesen. :D

Auch ein schönes Bild. Die Goldmünze vielleicht etwas zu verbraucht, passt aber zum Anfang. Vielleicht sogar anstelle von "Schatztruhe" 'Goldmünzen' schreiben.
Du hast recht, das passt besser, ich hab's geändert.

Auch deine übrigen Anmerkungen habe ich umgesetzt, nochmals Danke. :)

Wenn ein Text nur geschrieben würde, um Gefühle und Szenarien zu vermitteln, dann wäre das ein Top-Text! Aber inhaltlich gibt die Geschichte mir zu wenig her, nicht, dass ich unbedingt eine Wendung oder einen Konflikt bräuchte - aber doch wenigstens dann eine übergeordnete Aussage oder Spannung. Andererseits - dein Text enthält einiges an Symbolik und innerer Spannung. Das war es letztlich auch, was mich 'bei der Stange gehalten' hat. Der Titel kann ganz direkt verstanden werden, später merkt man dann, um was es eigentlich geht.
Freut mich natürlich, dass das Szenario im Großen und Ganzen funktioniert hat. Ja, der Text ist sehr symbollastig, das fängt ja schon im Titel an, und viel läuft im Hintergrund ab, was den emotionalen Zustand des Protas angeht. Zumindest war das meine Intention. Aber manchmal hängt man so tief im eigenen Text, dass man komplett vergisst, wie das überhaupt bei den Lesern ankommt.

Dass ich die Beweggründe und Probleme des Prota so spät enthülle, sorgt dafür, dass die Spannung zuvor auf der Strecke bleibt. Ich wusste beim Schreiben natürlich, worauf es hinausläuft und warum der Prota dieses und jenes tut, aber das muss beim Leser früher ankommen. Ich kann schließlich nicht erwarten, dass der Leser den Text noch ein zweites Mal liest, weil er dann erst weiß, was genau den Prota antreibt. Da muss ich nochmal ran.

Vielen Dank für deine Zeit und ich wünsche dir ein erholsames Wochenende.

Liebe Grüße
gibberish

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom