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Kaffeekranz in der Nußbaumstraße

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12.08.2004
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Kaffeekranz in der Nußbaumstraße

Die überarbeitet Version befindet sich hier

Kaffeekranz in der Nußbaumstraße

Paul Lapinzki kommt die Nußbaumstraße heruntergeschlendert. Er führt seinen Langhaardackel Sabine aus, aber das ist völlig unwichtig. Auch sein Name interessiert nicht. Nur, daß er, wie gewohnt, die Nußbaumstraße herunter kommt, ist von Bedeutung. Denn ganz am Ende dieser bedeutenden Straße in der Stadt, deren Name nicht so wichtig ist, befindet sich ein kleines Café, in dem Evchen und Talmundia sitzen, zwei ältere Frauen mit Hobbies und ohne Ehemann. Hier sitzen sie nun, wie jeden Sonnabend und rühren schweigend in ihren Kaffeetassen, bis Talmundia das Schweigen bricht und einen schmatzenden Schluck von dem heißen Gebräu kostet.
Nachdem sie die Tasse wieder vorsichtig abgesetzt hat, fragt sie ihr Gegenüber:" Und was gibt's Neues, Evalein?"
"Nichts" meint die Angesprochene niedergeschlagen, obwohl sie ja nichts dafür kann, daß in dem kleinen anonymen Städtchen, dessen Name nicht von Belang ist, überhaupt nichts passiert.
Jedenfalls aus ihrer Sicht nichts.
Das in der Nacht zuvor ein Rave am Standrand standfand, kann sie nicht wissen, im Gegensatz zu den etwa hundert Anwohnern, die in der Nähe des Discoschuppens wohnten und kein Auge zugetan haben.
Sie weiß auch nicht, daß man Ulla Knack gestern verhaftet hat, weil sie in der Wohnung fremder Leute eingedrungen war. Sie hatte sich wohl in der Tür geirrt und hatte, angesichts der vielen Fremden, die dort völlig legal ein Familienjubiläum begingen, spontan zum KO-Gas gegriffen und so eine zehnköpfige Familie außer Gefecht gesetzt. Sie konnte jedoch nicht verhindern, daß sich der 70-jährige Jubilar mit gewagtem Hechtsprung durch das Fenster rettete. Leider lag jenes im zweiten Stock, so daß erst die Nachbarn und später ein Krankenwagen alarmiert wurden. Die anrückende Polizei konnte die zu allem entschlossene Rentnerin am Ende überrumpeln, weil die Spraydose alle war und Ulla nicht rechtzeitig nach dem Elektroschockgerät greifen konnte. Sie sitzt nun in der Ausnüchterungszelle. Aber wie gesagt, das ist nebensächlich, denn davon weiß Evchen ja nix, schließlich war sie nicht dabei.
Auch Talmundia rührt nachdenklich im Gedächtnis, um eine unterhaltende Anekdote zum besten geben zu können. Aber sie weiß keine. Doch sie ist sich dessen nicht bewußt und grübelt weiter.
Hätte sie Albert Francesco gekannt, könnte sie etwas erzählen. Jener hätte vor einer Woche beinahe den Lottojackpot geknackt, wenn er, mit dem richtigen Lottoschein in der Tasche, nicht auf dem Weg zur Lottoannahmestelle ausgerutscht wäre und sich dabei das Bein gebrochen hätte. Worauf jedoch ist er ausgerutscht? Auf einer Bananenschale? Nein, es ist etwas anderes, schlimmeres, brauneres... Womit wir wieder bei Paul Lapinzki sind, der mit seinem Langhaardackel Sabine Gassi geht.
Das ist jedoch völlig unwichtig für diese Geschichte.
Denn die beiden ältern Damen wissen von alledem nichts, weil sie laufend im Café‚ sitzen und nachdenken, was sie im Verlaufe der letzten Woche alles erlebt haben. Evchen seufzt und bestellt beim Ober noch ein Kännchen Kaffee und einen Eisbecher.
Die Sache mit Lilo und Loni, den beiden Zwillingsschwester, die sich gar nicht ähnlich sehen, dafür aber ihre beiden Söhne laufend verwechseln, hatte sie schließlich gestern schon am Telefon erzählt.
Der Ober bringt den Kaffee und das Eis. Als Talmudia das Eis erblickt, erhellt sich ihre Miene und sie setzt ihre Tasse impulsiv auf den Tisch, wie es so gar nicht ihre Art ist.
"Vorgestern ist mir ja was ganz tolles passiert!" sprudelt es nur so aus ihr heraus.
"Ehrlich? Was denn?", einerseits ist Evchen glücklich, daß das Schweigen ein Ende hat, anderseits wurmt es sie ein wenig, daß sie es nicht war, die es brach.
"Also paß auf!", beginnt Talmundia vielversprechend. "Kennst Du das neue Master-Kaufhaus?"
"Das in der Marschnerstraße?" fragt Evchen, um nix falsch zu verstehen.
"Nein", widerspricht ihre Freundin. "Das an der Ecke von der Petrusgasse und dem Veilchenweg."
"Dort ist doch aber nur der Schuhladen von Pescowitz."
"Nein", beharrt Talmundia bockig, "dort ist das Master. War ich vorgestern dort, oder Du?"
"Und wo ist dann der Laden vom Peskowitz?"
"In der Fischergasse", bemerkt ihr Gegenüber herablassend.
"Ja und was war also im Schuhladen vom Pescowitz. Erzähl doch mal!" fordert Eva, die sich erinnert, daß es um etwas anderes geht, als Straßennamen.
"Der Pescowitz hat damit nichts zu tun" erklärt sie Talmundia entschieden.
"Wieso nicht?" will Evchen wissen.
"Weil der sich in der Fischergasse befindet."
"Warum hast du dann mit Pescowitz angefangen?" fragt Eva ärgerlich.
"Wieso ich?", stellt die andere klar. "Du hast als erste vom Pescowitz in der Marschnerstraße angefangen, als ich über das Masters in der Petrusgasse reden wollte."
"Ich denke der Pescowitz ist in der Fischergasse und das Masters am Veilchenweg."
"Ja äh", Talmundia gerät ein wenig durcheinander "Genau so ist es auch..."
"Nun erzähl doch! Spann' mich nicht solange auf die Folter!" bittet Evalein mit pochendem Herzen, trinkt hastig einen Schluck vom fünften Kaffee und verbrüht sich die Zungenspitze.
"Nein!", überhört Talmundia das Flehen ihrer Freundin. "Erst müssen wir klären, wo das Marschner-Kaufhaus liegt."
"Na dann klär das!" meint Eva und winkt hektisch nach dem Ober. „Aber schnell, ich halt die Spannung nicht mehr aus.“
Wie sie solche Nachmittage liebt. Da fällt der Alltagstrott so richtig von einem ab, das Herz klappert, als sei man frisch verliebt und man erfährt spannende Dinge.
Der herbeigerufene Ober erklärt auf Anfrage, daß es kein Marschner-Kaufhaus gibt, sondern nur das Master-Kaufhaus, das ein gewisser Pescowitz vor einem Jahr übernommen hat. Neben einer Filiale am Hummelburgweg, verfüge er auch noch über eine Zweigstelle in der Fischergasse, die vorher Petrusgasse hieß. Somit verschwand also die Marschnerstraße, die seit neuestem Petrusstraße heißt, die damit sozusagen verlegt und verbreitert wurde. Allerdings ist Marschner noch nicht aus dem Spiel, da sich ein Bürgerinitiative mit dem Namen „Kulturgut Marschner“ gegründet hat, um das Andenken an den Dichter gerichtlich einzuklagen.
Den beiden Frauen schwimmt es vor Augen. Nachdem sich der Ober mit zufriedener Miene verzogen hat, fragt Eva mit lallender Stimme und glasigem Blick.
"Was war denn nun dort?"
"Wo?"
"Egal", flüstert Evchen. "Ich will bloß wissen, was passiert ist."
Talmundia nimmt noch einen Hieb aus der Tasse und treibt damit nicht nur ihren eigenen Blutdruck in die Höhe.
"Also im Masters oder war´s davor...auf jeden Fall vorgestern...du wirst es nicht glauben, meine Liebe...moment...also... ich... ich hab's vergessen", sie läßt die Arme kraftlos in den Schoß sinken.

So kam es, daß Eva mit einem Kreislaufkollaps ins Krankenhaus mußte und tags darauf sich die Leute im Café in der Nußbaumstraße etwas Interessantes zu erzählen hatten, über jene zwei sonderbaren Damen, die ihren Kaffee immer noch nicht bezahlt hatten.
Die Bezahlung der Rechnung könnte auch noch eine Weile auf sich warten lassen, denn zwei Tage später erschien Talmundia bei Eva im Krankenhaus, weil ihr wieder eingefallen war, was so weltbewegendes vor dem Marschner-Kaufhaus passierte.
"Ich hab' dort einen Eisverkäufer gesehen" erzählte sie der atemlosen Eva, nachdem sie entgegen der Warnung der Ärzte die Spannung ins unermeßliche gesteigert hatte.
"Warum ist denn das so weltbewegend?", kreischte Eva hysterisch und fingerte nervös an der Sauerstoffmaske. "Und sag´ mir auch, warum der Ort so wichtig ist."
"Na hast du dort schon mal einen Eisverkäufer gesehen?" fragte Talmundia mit einem unnachahmlichen Augenaufschlag.
Evchen kollabierte an Ort und Stelle. Talmundia bekam Hausverbot, so daß sich Evchen im Krankenhaus nach einer alternativen Beschäftigung umschauen mußte.

Und scheinbar hat sie bereits Ersatz gefunden. Ein Herr mit italienischem Akzent und verbundenem Bein erzählt beim Essen immer wieder die gleiche Geschichte, wie er beinahe Millionär geworden wäre, manchmal wird er von einem anderen Herren mit Kopfverband und Stützkorsett unterbrochen, der zu berichten weiß, wie er an seinem Geburtstag von einem Terrorkommando angegriffen wurde.
Nun, Evchen bekommt zwar keinen Kaffee mehr, aber hier im Krankenhaus, gibt es genug Dinge, die ihr Herz in Schwung halten...

 

Hi Mac!

Talmundia sitzen
Geiler Name.

Und was gibt's neues Evalein?
Neues (groß) und danach ein Komma

nicht von belang ist, überhaupt nichts passiert
Belang ist auch etwas Großes

weil die Spraydose alle war und die Rentnerin nicht rechtzeitig nach dem Elektroschockgerät
Welche Rentnerin?

Womit wir wieder bei Paul Lapinzki sind, der mit seinem Langhaardackel Sabine Gassi geht.
Tolle Brücke! Gut.

Den beiden Frauen schwimmt es vor Augen.
Mir auch, ist aber beabsichtigt, nehme ich an.

"Na hast du dort schon mal einen Eisverkäufer gesehen?"
Jetzt hätte ich aber eine große Pointe erwartet und wurde leider enttäuscht.


Dein Stil ist gut und ohne Fehler wie eigentlich in all den Geschichten, die ich kennen. Man merkt, dass du dir Mühe gibst und so was liest man immer gern.
Die Geschichte an sich hatte eher kleine Höhepunkte und schlängelte sich ruhig dahin. Es sind nicht die Megabrüller drin, wie ich sie gerne habe, aber das spielt ja keine Rolle, schließlich kann man es kaum allen Recht machen.
Manchmal wird es etwas wirr, aber da unterstelle ich dir Absicht, die Streitereien um Masters / Marschner fand ich etwas überstrapaziert und eigentlich am Ende eher nervig, denn komisch.

Und das Ende ist dann etwas beliebig und da hätte ich zumindest eine Überraschung erwartet, weil die Geschichte mir irgendwie als darauf hingeschrieben vorkam.

In diesem Sinne
c

 

Hi chazar,

vielen Dank für Deine nette Kritik.

Ich bin mir mit dieser Geschichte ziemlich unsicher.

Wahrscheinlich merkt man schnell, worum es geht:
Viel Tamtam um nichts, was extrem aufgebauscht wird und was durch einen leichten Stil und einige Kuriositäten zusammengehalten wird. Mehr isses echt nicht und ich hatte einige Bedenken, die hier reinzustellen, denn eigentlich versuche ich mich von Geschichte zu Geschichte zu steigern.

Hier habe ich das Gefühl, das etwas fehlt. Aber eine Pointe, was wirklich vorgefallen ist, möchte ich vermeiden, denn es geht ja darum, daß die beiden sich nix eh zu sagen haben und es dann trotzdem so wichtig nehmen, dieses Nichts-Sagen.

Ja die Verwirrung um die Straßen ist beabsichtigt, genauso wie die Enttäuschung über das Vorgefallene.

Freue mich, daß die Geschichte doch recht positiv wegkommt, aber scheinbar eher handwerklich. Darum habe ich jetzt das Ende radikal zusammengekürzt. Und die Frage steht, ob ich es nicht schon dort enden lasse, wo Talmundia es vergessen hat. Hier ist dann die Enttäuschung möglicherweise noch größer aber nicht auf Talmundia, weil die so eine Banalität hochpusht, sondern auf mich, weil ich es mir so einfach mache.

Das ist wie das Weckerklingeln in einer Horrorgeschichte.

Darum meine Fragen:
1. Was glaubst Du, kann man kürzen am Gespräch, wo´s um die Straßen geht?

2. Würde es helfen, wenn ich Talmundia nicht so halbherzig die Straßen klarstellen ließe, sondern wenn tatsächlich ein starker Wunsch zur Richtigstellung des Ortes erkennbar ist, so daß es nicht rauskommt, wie eine Hinhaltetaktik, sondern das tatsächliche Bestreben von ihr ist, den Ort klarzustellen, weil ja die Besonderheit für sie in dem Ort liegt? (oder reicht das Vorhandene aus)

3. Ist das Ende nun zu plötzlich?

fragend

mac

 

Hi Mac!

Was glaubst Du, kann man kürzen am Gespräch, wo´s um die Straßen geht?
Der Dialog kreist immer um das selbe Thema und ödet deshalb noch einer Weile an. Wieso?
Es passiert nichts Neues und wenn du das nun zur Aussage dieser Szene machen willst, dann ist das viel zu plump. Man kann auch über viele Dinge labern und trotzdem nichts sagen.
Du solltest dich also nicht an das Kaufhaus klammern, sondern vielleicht noch ein zweites, völlig unwichtiges Thema einbringen.

Und wo ist dann der Laden vom Peskowitz?"
"In der Fischergasse", bemerkt ihr Gegenüber herablassend.
"Ja gut, also was war also im Schuhladen vom Pescowitz. Erzähl doch mal!" fordert Eva mit klopfendem Herzen, da sie sich erinnert, daß es um etwas anderes geht, als Straßennamen.
Bis hier her ist es ja lustig.

Doch Talmundia bleibt hart. "Erst müssen wir klären, wo das Marschner-Kaufhaus liegt."
Und hier wird es redundant.

"... ich weiß es nicht mehr" murmelte Talmundia betreten.
Und jetzt, nachdem der Leser alles ertragen hat, alles, um endlich zu erfahren, was denn nun in diesem Kaufhaus passierte, da ... enttäuscht du ihn.

Würde es helfen, wenn ich Talmundia nicht so halbherzig die Straßen klarstellen ließe, sondern wenn tatsächlich ein starker Wunsch zur Richtigstellung des Ortes erkennbar ist, so daß es nicht rauskommt, wie eine Hinhaltetaktik, sondern das tatsächliche Bestreben von ihr ist, den Ort klarzustellen, weil ja die Besonderheit für sie in dem Ort liegt?
Nein, auf keinem Fall länger auf dem Ort herumreiten.

Ist das Ende nun zu plötzlich?
Nein, zu unspektakulär, ohne Pointe. Länge des Textes ist okay.

Habe ich dir helfen können?

Gruß
c

 

Merci, jaja, ich denke schon:

Nein, auf keinem Fall länger auf dem Ort herumreiten.
Nee länger auf gar keinen Fall, höchstens intensiver. Also sie hat mehr Interesse daran.

Nein, zu unspektakulär, ohne Pointe.

Okay. Ziel war:
Eine Nichtigkeit als Aufhänger für ein Streitgespräch, daß den beiden mindestens so viel Kick gibt, wie eine wahnwitzige Story. Aber die beiden merken es nicht, sondern sind am Ende enttäuscht. Die eine, weil es eben nichts war und sie sich umsonst aufziegelt hat und die andere, weil es für sie schon relevant war, das aber scheinbar nicht rüberkam.
Daraus entnehme ich, daß das Konzept nicht zieht, jedenfalls mit meinen Fähigkeiten nicht.

Gut, dann werde ich es mal umbiegen, das braucht aber ne Weile... Melde mich wieder.

Viele Grüße

mac

 

Ich schon wieder.

Eine Nichtigkeit als Aufhänger für ein Streitgespräch, daß den beiden mindestens so viel Kick gibt, wie eine wahnwitzige Story.
Dazu ist der Aufhänger aber nicht wahnwitzig genug. Für deine beiden Prots vielleicht, aber für den Leser nicht. Das ist hier ein Unterschied.

Daraus entnehme ich, daß das Konzept nicht zieht, jedenfalls mit meinen Fähigkeiten nicht.
Nein, das Konzept zieht in diesem Zusammenhang nicht, aber das liegt jetzt nicht an deinen Fähigkeiten.
Der Grund, warum es nicht zieht: siehe oben.

Grüße
c

 

Kaffeekranz in der ...

Hi mac,

eine Schmunzelgeschichte über zwei ältere Damen, die das Leben nur noch mit Tristess bedient.
Oweh, hoffentlich werde ich mal nicht so. :dozey:

Es gefällt mir wie du die Geschichte aufgebaut hast, wie du betonst, dass dies oder jenes nicht so wichtig für die Geschichte ist.
Obwohl ich mir schon denken konnte, dass es noch einen Bezug haben würde.

Die Verwirrung über den Straßennamen, in dem das Schuhgeschäft sein sollte, kann ich genau nachvollziehen.
Wie oft kommt man tasächlich von einem Thema ab und streitet sich durch eine dahingeworfene Bemerkung, plötzlich über etwas ganz anderes. :shy:

Das Evchen sich allerdings soooo aufregt, ist vielleicht doch etwas übertrieben, oder?
Und dann wird Talmundia (irrer Name),als sie ihre Freundin im Krankenhaus besucht, noch fast ein Sargnagel für Evchen :schiel:

Klasse fand ich wieder die Zusammenführung der Ereignisse, am Ende deiner Geschichte.
Die Pointe war zwar nicht besonders aufregend, aber ich denke, du wolltest mit deiner KG ausdrücken, dass scheinbare Zufälle, Schicksalsverknüpfungen darstellen können.

Deine lockere Art zu schreiben, hat mir gut gefallen. :)

liebe Grüße, coleratio

 
Zuletzt bearbeitet:

Arbeitsversion II

Damit die Diskussion nachvollzogen werden kann, dies der Text, wie er sich derzeit in Überarbeitung darstellt:

Kaffeekranz in der Nußbaumstraße

Paul Lapinzki kommt die Nußbaumstraße heruntergeschlendert. Er führt seinen Langhaardackel Sabine aus, aber das ist völlig unwichtig. Sein Name interessiert nicht. Nur, daß er, wie gewohnt, die Nußbaumstraße herunter kommt, ist von Bedeutung. Denn ganz am Ende dieser bedeutenden Straße befindet sich ein kleines Café, in dem Evchen und Talmundia sitzen - zwei ältere Frauen mit Hobbies und ohne Ehemann. Hier sitzen sie nun, wie jeden Sonnabend und rühren schweigend in ihren Kaffeetassen, bis Talmundia das Schweigen bricht und einen schmatzenden Schluck von dem heißen Gebräu kostet.
Nachdem sie die Tasse wieder vorsichtig abgesetzt hat, fragt sie ihre Kaffeefreundin die wichtigste Frage des Tages:" Und was gibt's Neues, Evalein?"
"Nichts" meint die Angesprochene niedergeschlagen, obwohl sie ja nichts dafür kann, daß in dem kleinen anonymen Städtchen überhaupt nichts passiert.
Jedenfalls aus ihrer Sicht nichts.
Daß in der Nacht zuvor ein Rave am Standrand standfand, kann sie nicht wissen, im Gegensatz zu den etwa hundert Anwohnern, die in der Nähe des Discoschuppens wohnten und kein Auge zugetan haben.
Sie weiß auch nicht, daß man Ulla K. gestern verhaftet hat. Jene war wohl auf dem Nachhauseweg ins falsche Haus abgebogen und hatte, angesichts der anwesenden Fremden, die dort völlig legal ein Familienjubiläum begingen, spontan zum KO-Gas gegriffen und so eine zehnköpfige Familie außer Gefecht gesetzt. Sie konnte jedoch nicht verhindern, daß sich der 70-jährige Jubilar mit gewagtem Hechtsprung durch das Fenster rettete. Leider lag jenes im zweiten Stock, so daß erst die Nachbarn und später ein Krankenwagen alarmiert wurden. Die anrückende Polizei konnte die zu allem entschlossene Rentnerin am Ende überrumpeln, weil die Spraydose alle war und Ulla nicht rechtzeitig nach dem Elektroschockgerät greifen konnte. Sie sitzt nun in der Ausnüchterungszelle. Aber das ist nebensächlich, denn davon weiß Evchen ja nichts, schließlich war sie nicht dabei.
Auch Talmundia rührt nachdenklich im Gedächtnis, um eine unterhaltende Anekdote zum besten geben zu können. Aber sie weiß keine. Doch sie ist sich dessen nicht bewußt und grübelt weiter.
Hätte sie Albert Francesco gekannt, könnte sie etwas erzählen. Jener hätte vor einer Woche beinahe den Lottojackpot geknackt, wenn er, mit dem richtigen Lottoschein in der Tasche, nicht auf dem Weg zur Lottoannahmestelle ausgerutscht wäre und sich dabei das Bein gebrochen hätte. Worauf jedoch war er ausgerutscht? Auf einer Bananenschale? Nein, es war etwas anderes, schlimmeres, brauneres... Womit wir wieder bei Paul Lapinzki sind, der mit seinem Langhaardackel Sabine Gassi geht.
Das ist jedoch völlig unwichtig für diese Geschichte.
Denn die beiden ältern Damen wissen von alledem nichts, weil sie laufend im Café in der Nußbaumstraße sitzen und nachdenken, was sie im Verlaufe der letzten Woche alles erlebt haben. Evchen seufzt und bestellt beim Ober noch ein Kännchen Kaffee und einen Eisbecher.
Die Sache mit Lilo und Loni, den beiden Zwillingsschwestern, die sich gar nicht ähnlich sehen, dafür aber ihre beiden Söhne laufend verwechseln, hatte sie schließlich gestern schon am Telefon erzählt.
Der Ober bringt den Kaffee und das Eis. Als Talmudia das Eis erblickt, erhellt sich ihre Miene und sie setzt ihre Tasse impulsiv auf den Tisch, wie es so gar nicht ihre Art ist.
"Vorgestern ist mir ja was ganz tolles passiert!" beginnt sie mit ungewohnter Frische.
"Ehrlich? Was denn?", einerseits ist Evchen glücklich, daß das Schweigen ein Ende hat, anderseits wurmt es sie ein wenig, daß sie es nicht war, die es brach.
"Also paß auf!", beginnt Talmundia vielversprechend. "Kennst Du das neue Masters-Kaufhaus?"
"Das in der Marschnerstraße?" fragt Evchen, um nichts falsch zu verstehen.
"Nein", widerspricht ihre Freundin. "Das an der Ecke von der Petrusgasse und dem Veilchenweg."
"Dort ist doch aber nur der Schuhladen von Pescowitz."
"Nein", beharrt Talmundia bockig, "dort ist das Masters. War ich vorgestern dort, oder Du?"
"Und wo ist dann der Laden vom Pescowitz?"
"In der Fischergasse", bemerkt ihr Gegenüber herablassend.
"Ja gut, also was war also im Schuhladen vom Pescowitz. Erzähl doch mal!" fordert Eva mit klopfendem Herzen, da sie sich erinnert, daß es um etwas anderes geht, als Straßennamen.
"Der Pescowitz hat damit nichts zu tun" erklärt Talmundia entschieden.
"Wieso nicht?"
"Weil der sich in der Fischergasse befindet."
"Warum hast du dann mit Pescowitz angefangen?" fragt Eva ärgerlich und trinkt ihren Kaffee mit einem Schwung aus.
"Wieso ich?", stellt die andere klar. "Du hast als erste vom Pescowitz in der Marschnerstraße angefangen, als ich über das Masters in der Petrusgasse reden wollte."
"Ich denke der Pescowitz ist in der Fischergasse und das Masters am Veilchenweg."
"Ja äh", Talmundia gerät ein wenig durcheinander "Genau so ist es auch..."
"Nun erzähl doch! Spann' mich nicht solange auf die Folter!" bittet Evalein mit pochendem Herzen und verbrüht sich die Zunge am Kaffee ihrer Freundin.
Doch Talmundia bleibt hart. "Erst müssen wir klären, wo das Marschner-Kaufhaus liegt."
"Na dann klär das!" meint Eva und winkt hektisch nach dem Ober.
Wie sie solche Nachmittage liebt. Da fällt der Alltagstrott so richtig von einem ab, das Herz klappert, als sei man frisch verliebt und man erfährt spannende Dinge.
Der herbeigerufene Ober erklärt auf Anfrage, daß es kein Marschner-Kaufhaus gibt, sondern nur das Masters-Kaufhaus, das ein gewisser Pescowitz vor einem Jahr übernommen hat. Neben einer Filiale am Hummelburgweg, verfüge er auch noch über eine Zweigstelle in der Fischergasse, die vorher Petrusgasse hieß. Somit verschwand also die Marschnerstraße, die seit neuestem Petrusstraße heißt, die damit sozusagen verlegt und verbreitert wurde. Allerdings ist Marschner noch nicht aus dem Spiel, da sich ein Bürgerinitiative mit dem Namen „Marschner´s Kulturerbe“ gegründet hat, um das Andenken an den Dichter gerichtlich einzuklagen.
Den beiden Frauen schwimmt es vor Augen. Nachdem sich der Ober mit zufriedener Miene verzogen hat, fragt Eva mit lallender Stimme und glasigem Blick.
"Was war denn nun dort?"
"Wo?"
"Egal", flüstert Evchen. "Ich will bloß wissen, was passiert ist."
"Also im Masters... oder war´s davor...auf jeden Fall vorgestern...Du wirst es nicht glauben, meine Liebe...moment...Wo ist mein Kaffee?"
"Unwichtig!"
"Ohne meinen Kaffee sage ich gar nix!"
"Du sagst mir jetzt sofort, was vor dem Masters passiert ist!", kreischte Evchen. Sie war aufgesprungen und holte mit der Handtasche aus. Ihr Kopf war rot angelaufen und brachte ihr blau geblümtes Kleid wunderbar zur Geltung.
Talmundia blickte entsetzt auf ihre Freundin. So hatte sie jene noch nie erlebt.
"Ist ja gut, setz´ Dich wieder, ich erzähl´s ja..."
"Sofort!"
"Ja doch! Also vor dem Masters vorgestern, ich kam gerade aus der Delikatessen-Abteilung, da..."
"Ja?"
"... ich weiß es nicht mehr" murmelte Talmundia betreten.

So kam es, daß Eva mit einem Kreislaufkollaps ins Krankenhaus mußte und tags darauf sich die Leute im Café in der Nußbaumstraße etwas Interessantes zu erzählen hatten, über jene zwei sonderbaren Damen, die ihren Kaffee immer noch nicht bezahlt hatten.
Genau zwei Tage später erschien Talmundia bei Eva im Krankenhaus, weil ihr wieder eingefallen war, was so wichtiges vor dem Masters-Kaufhaus passiert war.
"Ich hab' dort einen Eisverkäufer gesehen" erzählte sie der atemlosen Eva, nachdem sie entgegen der Warnung der Ärzte die Spannung ins Unermeßliche gesteigert hatte.
"Warum ist denn das so weltbewegend?", kreischte Eva hysterisch und fingerte nervös an der Sauerstoffmaske. "Und warum war der Ort so wichtig."
"Na hast Du vor dem Masters schon mal einen Eisverkäufer gesehen?" fragte Talmundia mit einem unnachahmlichen Augenaufschlag. "Vor allem, weil doch im Veilchenweg neben dem Schuhladen vom Pescowitz schon ein Eisladen ist."
Evchen kollabierte an Ort und Stelle und so wird es noch eine Weile dauern, bis sich die beiden wieder im Café vor dem Masters-Kaufhaus treffen... pardon in der Nußbaumstraße.

 

Kaffekranz in der ...

also, moment mal, wo ist denn jetzt deine erste Geschichte? :hmm:

Entweder bin ich blödblind, oder ich sehe wirklich nur zweimal die Überarbeitete. :schiel:

Das du die Straßendiskussion gekürzt hast, finde ich in Ordnung.
Den Schlußsatz auch.
Aber das der "Ausrutscher" und der "Fenstersturz" nicht mehr drin ist, finde ich schade.
Weil es mir gut gefallen hat, dass die Beiden am Ende mit Evchen zusammengeführt werden. (siehe ersten Kommentar)

Manno ... :(

 

Okay, nach einigen Verwechslungen (das muß man erstma machen, die alte oben wieder reinkopieren) haben wir jetzt ein Original und eine Arbeitsversion.

Das Original ist leicht dahin erzählt und habe hinten noch hineingepackt, daß die beiden nun auch Bestandteile von Geschichten geworden sind.

Die zweite Version arbeitet eigentlich nur noch auf den Aspekt hin, daß die beiden sich wegen einer Nichtigkeit hochziegeln, dabei jene Spannung verspüren, weswegen sie diese Treffen machen, am Ende aber doch enttäuscht sind.

Gut, ich glaube, ich muß mir jetzt nochmal Gedanken, was man aus Geschichte rausholen kann und was nicht. Habe gerade mal probiert, was passiert, wenn die beiden plötzlich auf ein ganz anderes Thema kommen. Aber zufrieden bin ich hier auch nicht, denn der Leser will ja immer noch wissen, was da nun war, vor diesem Kaufhaus.
Naja, möglicherweise habe ich da ne Idee...

also bis bald und vielen Dank Euch beiden für die Anmerkungen :thumbsup:

mac

 

Moin macsoja,

Ich habe, aus diesem leichten Antrieb der Faulheit heraus, jetzt nur die zweite Version gelesen und fand diese ziemlich gelungen.

Große Brüller waren zwar nicht drin, dafür hat mich die Geschichte eigentlich durchgängig gut unterhalten. Die beiden älteren Damen waren gut skizziert, vor allem der Dialog hat mir gefallen. Schön fand ich, wie du irgendwann mitten in der Geschichte die Hauptperson gewechselt hast und von Paul zu den beiden Kaffeetanten gesprungen bist.
Am Anfang hat mich ein wenig gestört, daß du so oft betont hast, was wichtig wäre und was nicht. Anfangs als Gag okay, hat es sich bei mir recht schnell abgenutzt.

Sie konnte jedoch nicht verhindern, daß sich der 70-jährige Jubilar mit gewagtem Hechtsprung durch das Fenster rettete. Leider lag jenes im zweiten Stock
Er hat sich aus dem Fenster gestürzt, weil auf der Straße jemand KO Gas sprüht? Oder ist Ulla durch seine Wohnung gegangen?
es ist etwas anderes, schlimmeres, brauneres... Womit wir wieder bei Paul Lapinzki sind, der mit seinem Langhaardackel Sabine Gassi geht.
Es war etwas anderes
aber guter Gag
ie Sache mit Lilo und Loni, den beiden Zwillingsschwester
Schwestern
ragt Evchen, um nix falsch zu verstehen.
nichts klänge meiner Meinung nach hübscher

 

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