@Tiranu_qas @jimmysalaryman
Zu Anfang danke für eure Mühe, den Text zu kommentieren!
Allein das Bild "Jesus mit AK" ist schon zum Schreien komisch
Okay, nun da würde ich nicht das Wort
komisch verwenden, außer es ist die Art Humor, wo das Lachen irgendwo stecken bleibt (und zu einem Gedanken führt); denn mit dieser Absurdität versuche ich mich der absurden
Tatsache anzunähern, dass führende Vertreter christlicher Kirchen den Waffeneinsatz im Ukraine-Konflikt befürworten, ja verlangen. Falls sie glauben sollten, dass der Jesus des Neuen Testaments das gleichfalls tun würde, dann ist es die
Konsequenz, dass er (im Falle seines Eingreifens) das auch mit AK tun darf und könnte.
Wer das befremdlich findet, was sagt der zu unseren christlichen Führern?
Aber selbst dann kann man sie durch etwas mehr militärisch klingende Begriffe wie "Leutnant" etc. ersetzen. Würde meiner Meinung nach durchaus die Atmosphäre verbessern.
Nun, mich stört in den meisten Kriegsberichterstattungen erheblich der legere Ton, den hab ich überspitzt.
Was ist der Grund dafür, dass dieser Überläufer wie Jesus aussehen muss, oder wie wir uns den Jesus als Figur vorstellen? Was ist da der Sinn?
Ich hab mich gewundert darüber dass ähnliche Einwände wie von dir (nicht alle) erst jetzt kommen, weil ich sie schon oft erfahren habe, auch grad bei Satire.
Es sind da einige Missverständnisse, deine Anmerkungen und Fragen sind gut, denn damit kann ich auf den ganzen Themenkomplex eingehen (wie gesagt, bis zu deiner Kritik gab es keinen Grund). Oben findet sich das erste Missverständnis.
Das ist in der Geschichte kein Überläufer, der wie Jesus aussieht, das ist Jesus, der Sohn Gottes. Natürlich nicht der aus dem Neuen Testament, sondern der, wie man ihn sich vorstellen darf (wie er erlaubt ist), wenn man sich anschaut, wie sich Kirchenvertreter verhalten, indem sie militärische Mittel, Waffenlieferungen und Krieg befürworten (siehe dazu meine Antwort an Tiranu weiter oben) und immer befürwortet haben und andere Dinge, denn es darf ja auch einen Jesus geben, der angebliche Hexen eigenhändig anzündet, wenn das christlich okay ist - nur ist das schon lange her und man hätt gehofft, dass sich was änderte seit damals.
um ehrlich zu sein, weiß ich nicht so recht, was ich zu diesem Text sagen soll. Ist das irgendwie absurd gemeint, oder komisch? Ich lese das jedenfalls nicht so. Ich lese da etwas respektloses heraus; junge Menschen lassen in Schlachten ihr Leben, oft meist sinnlos, aber ich befürchte, von diesem wahrhaftigen, endlosen, direkten Grauen wird hier nie gesprochen.
Der Text ist eine Satire; dass Jesus Menschen tötet, ist grotesk und absurd, aber innerhalb eines bestimmten Blickwinkels logisch. Der Humor im Text hat ebenfalls eine Funktion; dazu zitiere ich mich selbst weiter unten, da hatte ich schon was drüber geschrieben.
Wo lassen sich denn Respektlosigkeiten in der Realität finden, so mein Text schon respektlos ist? Darüber so zu schreiben, zu schreiben wie ich es tue, wie sie ihr Leben in Schlachten lassen, ist meine Respektlosigkeit? doch zumindest würde ich nicht so respektlos sein, sie in die Schlacht zu schicken. Im Grunde ist das zynisch.
Als eine Art Parodie? Kann man Krieg parodieren? Sollte man das tun? Das sind so die Fragen, die mich umtreiben.
Nein, es ist keine Parodie, sondern eine Satire. Und wie Tucholsky sagte, darf Satire
alles - im Unterschied zu seriöser Berichterstattung oder poltischen Entscheidern, die nicht alles dürfen.
Denn sie ist fokussiert auf bestimmte Angriffsziele, mit teils brachialen Mitteln - um etwas zu
zeigen - ich nenne sie noch. Vielleicht ist es manchmal schwer, die zu erkennen. Früher hatte man mir zu verstehen gegeben, ich solle im Text nicht immer so viele Hinweise auf die richtige Interpretation geben, weil die Leute lieber selber denken würden, doch dann passiert gelegentlich Ähnliches:
Bei einer Lesung hatte ich mal einen Text, der anprangerte, wie Privatversehen die Intimsphären von Menschen ignoriert, indem es ein TV-Format da gab, wo (am Ende) Menchen vor laufender Kamera live informiert wurden, dass sie tödlich krank seien und bald sterben müssten - mit Musik, Verwandten dabei usw. als Sensationsshow.
Danach kam einer aus dem Publikum und beklagte, ich hätte mich über Todkranke lustig gemacht. Dabei habe ich Leute angegriffen, die sich über Todkranke lustig machen. Ich habe nur das Mittel der Übertreibung benutzt, um klarzumachen, wie die letzte Konsequenz aussehen würde dessen, was schon Realität ist.
Swift schrieb eine Satire, die anprangerte, dass (ich glaube) die Regierung nichts gegen Kinderarmut täte, indem er als Lösung vorschlug die Kinder einzusammeln und zu Nahrung zu verarbeiten. Das ist böse, aber hat er damit was gegen die Kinder geschrieben oder gegen die Regierung? er hat aber ein Ziel: aufrütteln.
Monty Pythons "Leben des Brian" wurde auch missverstanden. Es ging keineswegs um Sich-lustig-machen über Jesus. Das versuchten sie klarzumachen, indem sie Brian und Jesus in der gleichen Szene zeigten - nützte nix, es gab weltweite Protest wegen Verunglimpfung.
Dabei haben sie einfach nur sehr treffende Analysen psychologischer, soziologischer und poltischer Mechaniken in Humor verpackt und präsentiert.
Ich frage mich auch immer, warum jemand einen Text schreibt? Warum hast du diesen Text geschrieben?
Danke für die Frage!
1. Wie oben schon angedeutet, weil mich Nichintegrität stört. Siehe oben. Wenn Kirchenvertreter für Waffenlieferungen plädieren und erklären, wie das im Einklang mit christlichen Grundsätzen ist, will ich zeigen, welche Konsequenz das bedeutet: Einen Jesus, der Leute erschießt.
2. Mich stört außerdem wie leger und distanziert über Krieg oft berichtet wird; wenn es sich anhört wie die Reportage eines Sportberichts (daher die Boxer-Szene), wenn über Panzer, fahrende Waffen erzählt wird als ob es Sportwägen wären in einem Kinderquartett (der fährt jetzt soundsoviel km/h und hat die Reichweite xy) - die Frau Bärbock über die lustigen Tiernamen (Leopard, Gepard) schwadroniert, eine Grüne strahlend in einer Talkshow mitteilt (mit Jubel im Blick) "dass es heute für sie etwas zu feiern gibt" (mit Schampus?), weil die Ukraine gerade eine Schlacht gewonnen habe. Ehrlich? Feiern? Als ob Bayern München die Champios League gewonnen hätte?
Kommt ihr vielleicht die Idee, dass es für so einige Mütter und Väter und Gattinnen der getöteten Soldaten grad wenig Grund gibt, Schampus zu trinken? So ist es, wenn man auch emotional weit weg ist, aber noch dazu glaubeich , dass diese Art der Berichterstattung, die verharmlosende Darstellung, als ob es um eine Partie Age of Empires ginge, wo man nach Punkten gewinnen kann und Tote nur "Verluste in Zahlen" sind - dass dies auch dazu dient, den Leuten einzubläuen, dass alles in Ordnung ist, dass es normal ist.
Dass der Glaube auf jeder Seite kämpft, im wahrsten Sinne des Wortes? Was wäre das für eine Aussage auch? Ich bin mir also im Ganzen unschlüssig, wie ich diesen Text lesen soll.
Schön dass du das ansprichst, denn das ist Punkt drei.
3. Es wird ja stets gesagt und von allen Seiten behauptet, dass "Gott auf unserer Seite ist"; manchmal von Ländern mit dem gleichen Gott, die gegeneinander Krieg führen. Abgesehen davon, dass zumindest der Gott des NT so nur schwerlich vorzustellen ist (siehe 1) - was soll er jetzt machen? Schizophren werden? Eins der Länder verstoßen und den anderen zum Sieg verhelfen? Meiner wechselt eben gelegentlich die Seiten, damit's wenigstens gerecht zugeht.
Es ist die Zuspitzung der irrsinnigen Ansicht, Gott könnte helfen beim Krieg führen.
Dann schickt er seinen Sohn mal zu den einen, mal zu den anderen.
Kuck dir die übelste Story in diesem verlogenen Genre vor: JeanD'Arc, die von Gott auserwählt und beauftragt wurde, die Engländer zu bekriegen (die übrigens an den gleichen Gott glaubten).
Ich versuche ad absurdum zu führen, was in Realtiät schon absurd ist, was aber offensichtlich nur wenigen auffällt.
Daher der Hammer, die Provokation.
Ich mache mich nicht lustig über den Ernst des Kriegs, sondern berschwere mich gerade über seine Verharmlosung. Der Erzähler in der Geschichte benutzt die verharmlosende Sprache, um Distanz zum Grauen zu bekommen, zB "ballern" statt "schießen" als ob's ein Spiel wäre. Was ihm nicht ganz gelingt, denn auch in seiner Wahrnehmung und in seine Gedanken dringt das Grauen -- zB in der Sterbeszene des Kovalenko.
Und letztlich ja, weil du gefragt hast: auch die Situation auf dem Schlachtfeld in echt ist absurd, wenn Menschen, die sich vorher nie gesehen haben - gegenseitig zu töten haben.
(Tolstoi hat da eine starke Szene in 'Krieg und Frieden', da steht während des Gemetzels einer auf und schreit:"Was tun wir da?")
Du hast das mit deiner Geschichte dargestellt, wo sich die Soldaten einigen, nicht aufeinander zu schießen; solche Szenen gibt es aus allen Kriegen.
Auch Remarque hat solche beschrieben.
Dabei wäre die nächste Frage, wer eigentlich davon profitiert, was die Grundsätze des Geschehens sind (nicht die verlogenen, vorgegebenen - sondern die hintergründlichen realen) - aber das wär dann off topic eine politische Diskussion.
Hier noch zur Frage zum Humor in der Darstellung des Protagonisten. Das Schreckliche darin ist die Distanz und Verleugnung. Ich hoffte gerade, dass dies auch mit den harten Details, den abgerissenen Gliedmaßen (die werden ja nicht verschwiegen) - kollidiert.
.. genau darum geht es. Die meisten Menschen, die permanent solcher Situation ausgesetzt sind, werden damit nicht mehr fertig, ohne ihre Gefühle und Ängste von sich abzutrennen.
Was nicht bedeutet, diese wären weg, sie werden nur in einem Verlies weggesperrt, abgespalten, der Zugang wird versperrt, damit man dem Grauen nicht mehr ausgesetzt ist.
Das sieht dann nach 'Abhärtung' oder 'Verrohung' aus, ist aber eine psychische Überlebensstratgie, die allerdings gleichzeitig einen hohen Preis hat: Traumata und den Verlust menschlichen Mitgefühls. Letzteres ist nicht mehr drin, weil es komplett überfordert. Und deshalb ist agiert das "Bewusstsein des Protagonisten" so. Denn, ein zwei der Mittel hierzu sind: Verharmlosung, Verleugnung und, vor allem, Distanzierung. Wie erreicht man größtmögliche Distanz? Durch derben Humor, gleichgültige Formulierungen, Rationalisierungen (nur nur kognitive, keine emotionalen Reaktionen mehr). So soll der Protagonist sein, indem er das Massaker wie das Abschlachten von Hühnern auf dem Hühnerhof besschreibt und nur den sachlichen Vorgang dokumentiert, jedoch nicht seine Gefühle dabei (weil er sie nicht mehr fühlen kann), nicht inhaltlich, nicht in den Formulierungen: so gut wie gar nicht.
Ich stimme dir völlig zu, was deine Aussagen zur Schrecklichkeit des Kriegs angeht. Hab "Im Westen nichts Neues" mit Grauen gelesen. Und sehe auch jetzt Parallelen, wie drüber meist geschrieben wird.
Allerdings dachte ich, meine Schilderungen seien schrecklich genug.
Die abgerissenen Gliedmaßen zum Beispiel. Und jetzt kommt's:
Die Distanz, die Emotionslosigkeit, mit der der Erzähler hier beschreibt, soll Teil des Schreckens sein. Er weiß zwar noch, wie grausig und irre das alles ist, doch es schon ein Stück weit 'in Ordnung' und damit meine ich akzeptiert.
aber ich befürchte, von diesem wahrhaftigen, endlosen, direkten Grauen wird hier nie gesprochen.
Hm, das ist ein Einwand; allerdings dachte ich, ich hätte das gemacht in der Sterbeszene Kovalenkos, die ohne humoristische Distanz beschrieben ist und so auch in einem 'ernsten' Text stehen könnte.
Mein Fokus lag allerdings nicht auf den Schrecken des Kriegs, sondern (siehe meine drei Punkte) auf der Art und Weise der öffentlichen Besprechung des Kriegs. Ich würde es aber nicht einen humoristischen Text nennen, das kann er schon deshalb nicht sein, weil Humor nicht um etwas gehen kann, was aktuell belastend und bedrohlich ist.
danke