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Lebensgemeinschaftsbezeichnungen

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20.04.2004
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Lebensgemeinschaftsbezeichnungen

Ich bin geschieden, lebe aber in einer neuen, nichtehelichen Lebensgemeinschaft, in der ich mit meiner Partnerin auch zwei Kinder habe. Diese Erklärung passt in kein amtliches Formular. Irgendwie ist die Auswahl dort begrenzt auf ledig, verheiratet, geschieden und verwitwet. Wie bezeichnet man einen Menschen wie mich? Ich schwanke immer zwischen ledig und geschieden, wobei die Auswahl von geschieden immer das Gefühl vermittelt, man müsse sich erklären. „Ja, ich bin geschieden, weil …“, während ich verschämt, den Blick gesenkt, mit den Füßen im Straßenstaub Figuren zeichne.

Besonders schlau sind die deutschen Amtsschimmel auch in Bezug auf meine Kinder. Laut Lohnsteuerkarte habe ich nämlich ein Kind. Als ich tatsächlich noch der Vater eines Kindes war, wurde dort ein halbes Kind vermerkt. Woher die wohl wissen, dass unsere beiden Kinder nur Arbeit für eines machen? Und diese Arbeit bleibt dank meines Berufslebens zu großen Teilen an meiner Partnerin hängen, die zugunsten der Kinder das Wachstum Selbiger überwacht. Und obwohl beide nicht übermäßig schnell wachsen, sind Aufwand und Anspruch doch erheblich. Wie beschreibe ich aber, wer die wichtige Aufgabe unserer Kindererziehung übernimmt, wenn die Frage darauf fällt?

Meine Freundin hat so was von Teenagerliebe. Das klingt für einen Mann, der mitten im Leben steht, irgendwie seltsam. Auch die Mitmenschen, denen man erzählt „meine Freundin hat …“ schauen einen sehr merkwürdig an. Nein, das geht nicht. Man erwartet von einem Erwachsenen in meinem Alter und Position einfach ein seriöses Leben und keine verruchten Geschichten von Freundinnen. Freundin klingt doch eher nach wildem Leben und langen, durchzechten Nächten. Und nach wahren Sexorgien. Nee, das trifft die Sache nun wirklich nicht.

Lebensgefährtin wäre vielleicht die bessere Bezeichnung. Aber das klingt wieder nach einem aufregenden Leben, kommt doch dieses Wort von Lebensgefahr. Das klingt nach einem Indiana Jones der Beziehungen, der mit Messer, Peitsche und Bundeslade gegen den wilden Alltag kämpft. Und so abenteuerlich ist eine Partnerschaft, die schon seit einigen Jahren besteht und aus der zwei Kinder gewachsen sind auch wieder nicht. Aufregend ja, aber nicht abenteuerlich.

Lebensabschnittspartnerin. Klingt das schön? Auch eher nicht. Bei Lebensabschnittspartnerin denke ich immer an einen Mörder, der seine Frau, wenn er ihrer überdrüssig geworden ist, beiseite schafft. Dunkle Nächte, dunkle Gänge. Bucklige Menschen, die zugebundene Leinensäcke irgendwo im Hafen entsorgen. „Warum gehest du zur Polizei? Warum kommest du nichta zu mir?“, höre ich den Paten sagen. Nein, das ist keine Bezeichnung, die ich mir für meine Partnerin wünsche. Das klingt einfach viel zu sehr nach einer Partnerschaft auf Zeit. „Ich bin schon seit 6 Jahren mit Anja zusammen.“ – „Ach ja? Wie lange musst du noch?“

Lebenspartnerin ist da wesentlich schöner, klingt aber im Gespräch irgendwie geschwollen. „Meine Lebenspartnerin und ich waren über das Wochenende in Venedig.“ Oho? Lebenspartnerin. Oder vielleicht schlichter nur Partnerin?

Eine Partnerin ist unverfänglich, erinnert aber doch mehr an Sportpartner oder Geschäftspartner. Auch an die Frau meines Herzens, mit der ich zusammen sein möchte? Da habe ich noch meine Zweifel. Vielleicht sollte man doch eher bei Umschreibungen bleiben, wenn man über seine Herzensdame spricht. Herzensdame. Na, das klingt doch ein wenig nach Bordell und erinnert an eine Puffmutter.

Die Mutter meine Kinder ist auch noch eine Variante, die ich das eine oder andere Mal benutzt habe. Hier komme ich mir aber auch immer vor wie ein Mormone, der über seinen Harem verfügt. „Das ist meine Nebenfrau für montags. Mit der habe ich meine Kinder gezeugt. Das ist die Frau für Dienstag, die zieht die Kinder auf. Und die Frauen für Mittwoch, Donnerstag und Freitag dienen der Sauberhaltung der Wohnung. Aber besonders toll sind die Frauen für Samstag und Sonntag. Die sind für die ehelichen Pflichten da.“ Nein, das ist auch nicht die Bezeichnung, die ich mir wünsche. Da bleibt doch nur noch eine Bezeichnung: Frau.

Meine Frau gaukelt zwar vor, dass wir verheiratet sind, bietet aber keine „Angriffsfläche“ für komische Fragen oder Ähnliches. Frau steht für ein wundervolles Wesen, eine Partnerschaft für die Ewigkeit, aber auch für Vertrauen und Liebe. Wenn mich meine Frau nun fragt, ob ich sie heiraten will, was sage ich denn da? Ich sage: „Gute Idee, aber glaubst du, uns nimmt jetzt noch jemand?“

 
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Hi yofresh

hmmm ... es sind ein paar witzige Stellen drin - der erste Absatz gefällt mir richtig gut - auch im weiteren Text musste ich über die eine oder andere Stelle schmunzeln. Die Formulierungen sind auch durchweg gut gewählt, der Text lässt sich flüssig lesen. Für mich muss aber eine Geschichte auch eine Handlung haben und du beschreibst und erklärst "nur" Wörter. Deswegen will bei mir der Funke nicht so recht überspringen.

Ein kleiner Fehler:

... mit der ich Zusammensein möchte?
... mit der ich zusammen sein möchte?

LEMMI

 

Hi Lemmi,

danke, du hast Recht. Es muss heißen "...zusammen sein..". Danke.

Es ist wirklich nicht eine klassische Kurzgeschichte, die ein gewisses Erlebnis oder Geschehen beschreibt. Vielmehr ist es eine Kurzgeschichte, die einen Gedankengang beschreibt. Das ist es, was ich damit sagen wollte. Vielleicht kommt das aber noch nicht so richtig rüber.

Etwas unzufrieden bin ich mit dem Schluß, der kommt mir noch etwas zu schnell und prompt. Aber so ist das halt auch mit den Gedanken. Die sind auch irgendwann fertiggedacht :-)

 

Hallo yofresh!

Einige Deiner Gedanken fand ich ganz nett, allerdings hatte ich eher das Gefühl dabei, hier würde ein mindestens fünfzehn bis zwanzig Jahre älterer Mann schreiben, bis ich dann in Dein Profil geschaut hab. Denn heute ist zum Beispiel ja „geschieden“ nichts mehr, wo die Leute schauen, als wollten sie eine Erklärung. Aber das ist natürlich jedermanns persönliche Anschauung, die vielleicht auch mit unterschiedlichen Erfahrungen zu tun hat, und sollte keine Kritik an sich sein. ;)

Daß es sich hierbei um keine Geschichte handelt, ist wesentlich „schwerwiegender“, und als mir persönlich eigentlich wichtigsten Kritikpunkt will ich die Pointe anführen: »Gute Idee, aber glaubst du, uns nimmt jetzt noch jemand?« ist sowas von abgedroschen und nimmt der Geschichte meiner Meinung nach alles. Dazu muß ich den dritten Kritikpunkt anführen: Ich sehe sie nicht als Humor. Also die Geschichte an sich liest sich eher ernst, wenngleich auch mancher Schmunzler drin ist. Einzig die künstlich aufgesetzte Pointe hat die Chance, sie Richtung Humor herumzureißen – das aber wohl nur bei Menschen, die sie nicht als Pointe eines Witzes wiedererkennen, dem drei Träger folgen, die den Bart geschultert tragen.

Aber Du könntest natürlich alle drei Fliegen mit einem Schlag schlagen, wenn Du zum Beispiel erstens der Geschichte eine Handlung gibst – mein Vorschlag, den Du nicht annehmen mußt, aber vielleicht inspiriert er Dich ja: Protagonist sitzt vor einem Formular, in dem der Familienstand nicht anzukreuzen, sondern in ein leeres Feld einzutragen ist. Das erst bringt ihn zum Sinnieren. Am Schluß weiß er noch immer nicht, was er in das leere Feld schreibt, aber er weiß, daß sie „seine Frau“ ist, entschließt sich, sie zu heiraten, und bemerkt vielleicht noch (sarkastisch), daß dann alles wieder seine Ordnung hat und er endlich wieder weiß, was er auf Formularen ausfüllen muß…
Zweitens würd ich sie in die Rubrik Alltag verschieben lassen – dann wird sich niemand über mangelnden Humor beklagen. Ein wenig schmunzeln darf man ja ruhig auch bei ernsteren Themen. ;)

Lebensgefährtin wäre vielleicht die bessere Bezeichnung. Aber das klingt wieder nach einem aufregenden Leben, kommt doch dieses Wort von Lebensgefahr.
Hm, ich seh das anders: Es steckt wohl im Gefährten die Gefahr, weil ein Gefährte jemand ist, der einem auch bei Gefahr zur Seite steht – das „Lebens-“ davor sagt aber nichts über Lebensgefahr, sondern darüber, daß es ein Gefährte fürs Leben ist. :klug:
Natürlich schließe ich die Möglichkeit nicht aus, daß ich Dir das jetzt völlig umsonst erklärt hab, weil Du es ohnehin wußtest und eigentlich nur wolltest, daß die Stelle lustig ist, dann kann ich Dir nur sagen, daß sie auf mich sehr ernst gemeint wirkt, also, um lustig zu sein, zu wenig überzogen ist.
Aber so ist das halt auch mit den Gedanken. Die sind auch irgendwann fertiggedacht
Nichts ist jemals fertiggedacht, solange sich die Erde dreht... ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Susi,

vielen Dank für deine ausführliche Kritik, die mich sehr gefreut hat. Umso mehr ich die Geschichte lese, umso mehr denke ich auch, ich sollte deiner Anregung folgen und eine Rahmenhandlung drumherum legen. Vielleicht auch an der einen oder anderen Seite etwas überspitzen. Da hast du Recht.

Heute ist auch "geschieden" kein so ein Problem mehr. Auch da hast du Recht, leider. Es ist nur so, dass du, wenn du geschieden bist und so ein Forumlar ausfüllst eigentlich nicht das Gefühl "geschieden" hast, sondern dich irgendwie nach "ledig - mit Erfahrung" fühlst :-)

Die Pointe ist abgedroschen, aber sind denn nicht auch die Überlegungen, wie die Partnerin zu bezeichnen ist eine "abgedroschene" Sache. Denke, das sind Dinge, die doch vielen im Kopf rumgehen, oder?

Also, dann mach ich mich doch wieder ans Denken :-)

Grüßle nach Wien,

Ralf

 

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