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Lebensgemeinschaftsbezeichnungen
Ich bin geschieden, lebe aber in einer neuen, nichtehelichen Lebensgemeinschaft, in der ich mit meiner Partnerin auch zwei Kinder habe. Diese Erklärung passt in kein amtliches Formular. Irgendwie ist die Auswahl dort begrenzt auf ledig, verheiratet, geschieden und verwitwet. Wie bezeichnet man einen Menschen wie mich? Ich schwanke immer zwischen ledig und geschieden, wobei die Auswahl von geschieden immer das Gefühl vermittelt, man müsse sich erklären. „Ja, ich bin geschieden, weil …“, während ich verschämt, den Blick gesenkt, mit den Füßen im Straßenstaub Figuren zeichne.
Besonders schlau sind die deutschen Amtsschimmel auch in Bezug auf meine Kinder. Laut Lohnsteuerkarte habe ich nämlich ein Kind. Als ich tatsächlich noch der Vater eines Kindes war, wurde dort ein halbes Kind vermerkt. Woher die wohl wissen, dass unsere beiden Kinder nur Arbeit für eines machen? Und diese Arbeit bleibt dank meines Berufslebens zu großen Teilen an meiner Partnerin hängen, die zugunsten der Kinder das Wachstum Selbiger überwacht. Und obwohl beide nicht übermäßig schnell wachsen, sind Aufwand und Anspruch doch erheblich. Wie beschreibe ich aber, wer die wichtige Aufgabe unserer Kindererziehung übernimmt, wenn die Frage darauf fällt?
Meine Freundin hat so was von Teenagerliebe. Das klingt für einen Mann, der mitten im Leben steht, irgendwie seltsam. Auch die Mitmenschen, denen man erzählt „meine Freundin hat …“ schauen einen sehr merkwürdig an. Nein, das geht nicht. Man erwartet von einem Erwachsenen in meinem Alter und Position einfach ein seriöses Leben und keine verruchten Geschichten von Freundinnen. Freundin klingt doch eher nach wildem Leben und langen, durchzechten Nächten. Und nach wahren Sexorgien. Nee, das trifft die Sache nun wirklich nicht.
Lebensgefährtin wäre vielleicht die bessere Bezeichnung. Aber das klingt wieder nach einem aufregenden Leben, kommt doch dieses Wort von Lebensgefahr. Das klingt nach einem Indiana Jones der Beziehungen, der mit Messer, Peitsche und Bundeslade gegen den wilden Alltag kämpft. Und so abenteuerlich ist eine Partnerschaft, die schon seit einigen Jahren besteht und aus der zwei Kinder gewachsen sind auch wieder nicht. Aufregend ja, aber nicht abenteuerlich.
Lebensabschnittspartnerin. Klingt das schön? Auch eher nicht. Bei Lebensabschnittspartnerin denke ich immer an einen Mörder, der seine Frau, wenn er ihrer überdrüssig geworden ist, beiseite schafft. Dunkle Nächte, dunkle Gänge. Bucklige Menschen, die zugebundene Leinensäcke irgendwo im Hafen entsorgen. „Warum gehest du zur Polizei? Warum kommest du nichta zu mir?“, höre ich den Paten sagen. Nein, das ist keine Bezeichnung, die ich mir für meine Partnerin wünsche. Das klingt einfach viel zu sehr nach einer Partnerschaft auf Zeit. „Ich bin schon seit 6 Jahren mit Anja zusammen.“ – „Ach ja? Wie lange musst du noch?“
Lebenspartnerin ist da wesentlich schöner, klingt aber im Gespräch irgendwie geschwollen. „Meine Lebenspartnerin und ich waren über das Wochenende in Venedig.“ Oho? Lebenspartnerin. Oder vielleicht schlichter nur Partnerin?
Eine Partnerin ist unverfänglich, erinnert aber doch mehr an Sportpartner oder Geschäftspartner. Auch an die Frau meines Herzens, mit der ich zusammen sein möchte? Da habe ich noch meine Zweifel. Vielleicht sollte man doch eher bei Umschreibungen bleiben, wenn man über seine Herzensdame spricht. Herzensdame. Na, das klingt doch ein wenig nach Bordell und erinnert an eine Puffmutter.
Die Mutter meine Kinder ist auch noch eine Variante, die ich das eine oder andere Mal benutzt habe. Hier komme ich mir aber auch immer vor wie ein Mormone, der über seinen Harem verfügt. „Das ist meine Nebenfrau für montags. Mit der habe ich meine Kinder gezeugt. Das ist die Frau für Dienstag, die zieht die Kinder auf. Und die Frauen für Mittwoch, Donnerstag und Freitag dienen der Sauberhaltung der Wohnung. Aber besonders toll sind die Frauen für Samstag und Sonntag. Die sind für die ehelichen Pflichten da.“ Nein, das ist auch nicht die Bezeichnung, die ich mir wünsche. Da bleibt doch nur noch eine Bezeichnung: Frau.
Meine Frau gaukelt zwar vor, dass wir verheiratet sind, bietet aber keine „Angriffsfläche“ für komische Fragen oder Ähnliches. Frau steht für ein wundervolles Wesen, eine Partnerschaft für die Ewigkeit, aber auch für Vertrauen und Liebe. Wenn mich meine Frau nun fragt, ob ich sie heiraten will, was sage ich denn da? Ich sage: „Gute Idee, aber glaubst du, uns nimmt jetzt noch jemand?“