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Nicht ins Gesicht

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08.11.2001
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Nicht ins Gesicht

Nicht ins Gesicht

Miriam sieht zu Boden. Die brennenden Finger noch quer über ihrem Gesicht. Wenn sie ihn jetzt ansieht, wird er noch einmal zuschlagen. Wenn sie es nicht tut, auch.
Einen Moment denkt sie an das, was sie Sarah am letzten Montag erzählt hat. Zum aller ersten Mal überhaupt.

Darüber wie Klaus am Wochenende ist. Wenn sein Verein verloren hat. Seine Stammkneipe eine neue Sorte Bier. Der verdammte Arsch im Mercedes ihn geschnitten hat, oder die Lottozahlen ihn schon wieder nicht reich gemacht haben.
Bei jedem einzelnen Wort in Sarahs Küche konnte sie spüren, wie die Tür sich Millimeter für Millimeter aufschob. Die Tür zur Hölle. Und sie war auf dem Weg dorthin. Unaufhaltsam.
Sarah sah sie an. Zuerst. Dann nicht mehr. Zum Schluss starrte sie nur noch auf die verblichenen Blümchen auf der Kaffeekanne. Gelegentlich schenkte sie nach, und schwieg.
Erst Minuten nachdem Miriam geendet hatte, konnte Sarah die Worte hervorbringen, die in ihrem Kopf im Kreis rasten.
"Warum verlässt du ihn nicht?"

Miriam zuckte die Schultern. Wie bei allen Fragen ohne Bedeutung.
"Warum bist du nicht schon vor Jahren gegangen?" Sarah ignorierte das scharfe Luftholen.
"Ich meine, es kam alles Stück für Stück. Da gab es keinen Punkt, an dem man seine Sachen packt. Irgendwie nie."
Sarah schenkte die fast vollen Tassen nach. Nur um Zeit zu gewinnen. Miriam kannte das nur zu gut. Wenn sie genügend Zeit gewinnen konnte, schlief er manchmal ein und vergaß.
"Im Ernst. Kein einziger Punkt, an dem ich gedacht hätte, dass es vorbei ist."
"Und was war", Sarah stockte, "mit den gebrochenen Rippen? Jedes einzelne Mal? Den Quetschungen? Den blauen Flecken? Nicht mal, als das mit dem Baby passiert ist?"
"Die Fehlgeburt?" Miriam zuckte zusammen. "Wie hätte ich ihn da verlassen können? Wo ich doch gerade unser Kind verloren hatte?"
"Er hat dir in den Bauch getreten, verdammt!"
"Na und?" In ihrem eigenen Kopf ergab das alles Sinn. Schemenhaft, aber es ergab Sinn. Sarah schien es dennoch nicht zu begreifen. Sie hätte es ihr nie erzählen dürfen.
Sie nahm einen Schluck Kaffee. Die verbrannte Zunge geschah ihr recht. Das war der Vorgeschmack auf die Hölle. Die Hölle der Verräter.
"Ich hätte es doch merken müssen." Miriam konnte nicht mitansehen, wie Sarah sich quälte. "Wir kennen uns schon über zwanzig Jahre! und nie hab ich was gemerkt. Nicht bei der Arbeit, nicht bei Euch zuhause. Warum hab ich es nicht gesehen?"
Miriam betete vor, was sie im Stillen schon tausend Mal gebetet hatte. "Er schlägt nie ins Gesicht."
"Aber ich hätte es wissen müssen."
"Wozu?"
"Um dir zu helfen!"
"Du hättest nichts tun können. Es geht weiter. Ganz gleichmäßig und ohne anzuhalten. Wie das Band in der Fabrik. Nur dass ich im wahren Leben keine Schrauben sortiere." Sie lachte bitter auf. Das wahre Leben.
"Wie kannst du nur so reden?"
"Wie denn?" Miriam war ehrlich erstaunt. Es war doch Sarah, die nichts verstand.
"So... ich weiß nicht... ergeben."
"Gewohnheit", die Ruhe, mit der sie es aussprach, erstaunte sie selbst.
"Ich hätt's dir gar nicht erst sagen sollen. Meine Güte ist das schon spät. Ich muss los, sonst werd ich mit dem Essen nicht mehr fertig, bis er heimkommt."
"Aber...", Sarahs Versuch verebbte fruchtlos, während Miriam aufstand.
"Ich muss los, wirklich."
"Du solltest ihn verlassen", rief Sarah ihr nach.
"Ja, verstehst du denn nicht? Er ist mein Mann." Damit hatte sie am Montag Sarahs Küche verlassen.

Auf dem Heimweg hatte sie ihr Mantra gemurmelt. "Er schlägt nicht ins Gesicht."
Sie war fest überzeugt. Würde er ins Gesicht schlagen, dann würde sie gehen. Könnte es nicht länger ertragen. Dann würde man die Spuren sehen und sie würde Erklärungen finden müssen.
Aber nach zwanzig Jahren Ehe zu gehen, diese Vorstellung erschreckte sie. Jung geheiratet, glückliches Traumpaar, beinahe ein Kind, und nach und nach der Alltag. Danach die Wochenenden. Sie erinnerte sich an all ihre vergangen Mantras.
Er schlägt mich nicht, aber ich bekomme keine blauen Flecken, aber morgen früh tut's nicht mehr weh, aber es ist nie was Schlimmes passiert, aber er hat mir noch nie was gebrochen.
Er schlägt nicht ins Gesicht.

Klaus schnaubt vor Wut und reißt sie aus ihren Gedanken. "Jetzt antworte!"
Miriam zuckt nur gelangweilt mit den Achseln. Wie bei jeder Frage ohne Bedeutung. Was ändert es schon, wenn sie antwortet.
Nicht einmal an die Frage kann sie sich erinnern. Worauf soll sie antworten? Was will er jetzt von ihr?
Hat er herausgefunden, dass sie ihn verraten hat? Hintergangen, betrogen, ausgeliefert? Wie kann er wissen, dass sie Sarah eingeweiht hat? Oder hat sie heute das Essen versalzen? Die Autoschlüssel verschlampt? Keine Batterien für die Fernbedienung besorgt? Es ist ohne Bedeutung.

Die flache Hand zieht neue Striemen auf ihre Wange.
Er schlägt nicht mit der Faust. Nicht ins Gesicht. Nicht mit der Faust ins Gesicht. Nicht mit der Faust ins Gesicht.
"Ich hab Sarah alles erzählt!" Gellender Triumph spricht aus ihren Worten. Jetzt ist es im Grunde auch egal, ob er es weiß. Sie hat die Tür geöffnet und die Hölle der Verräter aus freien Stücken betreten. Ihre Strafe steht geschrieben. In Stein gemeißelt. Jetzt kann es auch jeder wissen. Denn er schlägt ins Gesicht.
"Sie will, dass ich dich verlasse!"
Das kalte Blitzen in seinen Augen fängt Feuer. "Schlampe! Eher mach ich dich kalt!"
Er wird sein Versprechen wahrmachen. Wie alles, was er verspricht. Und sie hat es verdient. Aus freien Stücken ist sie durch die Tür getreten. Seine Schläge treffen hart und rhythmisch, ohne dass sie noch ausweicht. Es hat keinen weiteren Sinn. Still und leblos sinkt sie schließlich am Kühlschrank hinab.

Jetzt, fährt es ihr durch den Kopf, wird der eine Moment kommen, in dem ich verstehe. Hinter all dem hier steckt ein Sinn. Und in dieser einen Sekunde, zwischen der Welt und der Unterwelt kann sie ihre eine Frage stellen. Zwischen Küchenboden und ewiger Verdammnis.
"Warum?" Ihr Kopf steht in Flammen. Ruhiges, flackerndes Feuer, das ihren Verstand aufzehrt, bis alles vorbei ist.

Düüülüüü - düüdü
Düüülüüü - düüdü.
Bitte warten Sie!
Düüülüüü - düüdü.
Bitte warten Sie!

Miriam versucht zu blinzeln. Düüülüüü.
Sie will es nicht glauben. Eine Warteschleife. Jetzt und hier. Von der Ironie des Schicksals hat sie genug gehört. Das hier ist blanker Sarkasmus.

Bitte warten Sie!

Sie glaubt beinahe, Sarahs Stimme zu hören. Aber nur beinahe.

"W-A-R-U-M?" versucht sie herauszupressen, während sie fühlt, wie ihre blutige Zunge anschwillt.

Düüülüüü - düüdü.

Jetzt werden ihre letzten Atemzüge in einer Warteschleife des Schicksals einfach verhauchen. Unbemerkt. Krampfhaft versucht sie, sich aufzurichten. Aber sie hat sich nicht unter Kontrolle.
Eine Sekunde streift etwas über ihr Gesicht, wie Flügel. Dann wird ihr Atem leichter und sie beginnt zu schweben.
Düüülüüü - düüdü. Der Ton dringt tiefer in ihr schwindendes Bewusstsein.

Es wird noch einen Moment dauern.
Bitte warten Sie!
Ihr Anruf ist uns wichtig!
Sie werden umgehend mit dem nächsten freien Mitarbeiter verbunden.
Zur Zeit sind alle Leitungen belegt.
Man wird sich sofort um sie kümmern.

"Warum?" Nur gehaucht, aber diesmal verlässt der Ton ihre Lippen.
"Sie lebt!" Sarahs Stimme überschlägt sich fast, dicht neben ihrem Kopf. "Ganz ruhig, Süße! Du bist im Krankenwagen und Klaus ist verhaftet!"
Noch immer das unwirkliche Düüülüüü. Aber auch tatsächlich Sarahs Stimme.
"Warum?", fragt sie noch einmal.
"Klaus hat dich zusammengeschlagen!"
Das weiß sie doch. Miriam will heftig den Kopf schütteln. Erfolglos. Das hat sie doch gar nicht gemeint.
Ein Mann in weißem Kittel beugt sich über sie. "Sie sollten nicht sprechen, Frau Clemens. Sie haben eine Kieferfraktur." Dann schiebt er die Sauerstoffmaske noch einmal zurecht.
Aber Miriam wehrt ab.
"Warum?"
"Weil er dich zusammengeschlagen hat."
"Nein", bringt sie unter Schmerzen hervor.
"Warum ist er verhaftet?"

 

Hallo Arc en ciel,
hier hast du mal wieder eine wunderbare Geschichte verfasst.
Es hat sich schon fast angekündigt, dieses " nicht mit der Faust ins Gesicht." Die Prot. findet immer neue Entschuldigungen für ihren Mann, der sie seit Jahren misshandelt. Die Frage warum sie ihn nicht verlässt, finde ich ein wenig unbeantwortet. Sie gibt sich die Schuld, steigert ihren eigenen Minderwert und entschuldigt ihn. Sie will nach der langen Zeit die Beziehung nicht zerstören, obwohl sie schuldlos ist. Vom Gefühl her würde ich sagen, sie denkt das gehöre sich nicht.
Aber wo liegt ihr Gewinn, da gibt es doch sicher einen?
Es ist eine hässliche Frage von mir in diesem Zusammenhang, und ich denke die Geschichte ist auch ohne diese Erklärung sehr rund.
Du hast es toll hin gekriegt, die Charaktere zu beschreiben, und ein Gefühl der Sinnlosigkeit zu vermitteln die doch hinter solch einem Unglück steckt.
Sehr gelungen.
Gruß, Lasius

 

Hello Lasius,

ein leider allzu bekanntes Thema gut umgesetzt, insbesondere die Schicksalsergebenheit Miriams glaubhaft herausgearbeitet.
Es zeigt sich aber, dass zu so einer Geschichte tatsächlich immer zwei gehören: Einer, der schlägt.
Und Einer, der sich schlagen lässt.

Viele Grüsse vom gox
Viele Grüsse vom gox

 

Hallo Lasius!
Danke für so eine schnelle Antwort! Es freut mich, daß Dir der Text gefallen hat!
Die Frage, warum sie ihn nicht verläßt, hast Du doch beantwortet... sie gibt sich für alles die Schuld, hat Minderwertigkeitskomplexe... und es ist immer alles nicht so schlimm... ich fand es nicht erforderlich, das, was darüber hinausgeht zu schildern.
Das ist doch eine Erzählung "durch ihre Brille". Sie würde sich selbst doch nicht erklären, was und wie...

Wenn Du dazu sagst, daß die Geschichte trotz Deiner offene Fragen rund geworden ist, freut mich das sehr!

Lieben Gruß,
Frauke

 

Hallo Gox!

Ich bedanke mich für Dein Lob ebenso! Du hast Recht: in gewisser Weise gehören dazu 2.
Die Frage, warum jeder der beiden so ist, wie er ist, ist eine Frage der Vergangenheit, die Tatsache, daß sie zusammen sind ist für mich dagegen einerseits eine Frage von Anziehung und andererseits von gemeinsamer Entwicklung.
Ja, das Thema ist altbekannt. Und es ist leider auch aktuell. Schön, daß Du es gut umgesetzt findest!

Lieben Dank!
Frauke

 

Hej Frauke,

dann will ich doch auch noch mal.
Miriam ist ein sehr stimmiger Charakter, neben dem Klaus und Sarah ein bisschen zu blass erscheinen. Zwar bekommt man genug "Gründe", warum er sie schlägt, aber mir fehlt ein Bisschen der Hintergrund. Andererseits kann es sein, dass Miriam den nicht nur nicht kennt, sondern sich wohl auch nie Gedanken darüber gemacht hat, sie glaubt ja, an allem schuld zu sein. Insofern macht es wieder Sinn.

gut geschrieben - habe nichts anderes von Dir erwartet - und mit dem gewissen Gänsehautfaktor, der vielen Deiner Geschichten anhaftet. Ich frage mich, wie Du es schaffst, Dich in immer wieder neue Situationen so perfekt hineinzuversetzen, ohne sie wirklich "von innen" zu kennen. Hut ab!

Vor allem das Ende, dass sie einfach nicht begreifen will, dass er verhaftet wurde, weil er sie so zugerichtet hat, passt ins Bild. Traurig, aber wahr: Misshandelte Frauen verlieren sehr oft den Bezug zur Realität, wenn es um ihre Peiniger geht.

Zwei Fehler hab ich noch gefunden:

Die brennenden Finger noch quer über ihrem Gesicht.
Klingt irgendwie richtiger.
Du solltest ihn verlassen.",
Laut Duden ist der Punkt da fehl am Platze.

Lieben Gruß und gute Nacht!

chaosqueen

 

guten morgen frauke,
eine geschichte, die einen wirklich platt macht. verdammt viel wahrheit und realität hast du da reingepackt.über den inhalt habe meine vor-schreiber schon das wesentliche gesagt.

mir geht es jetzt um die stilmittel, die du eingesetzt hast.

besonders gut haben mir gefallen:

Darüber wie Klaus am Wochenende ist. Wenn sein Verein verloren hat. Seine Stammkneipe eine neue Sorte Bier. Der verdammte Arsch im Mercedes ihn geschnitten hat, oder die Lottozahlen ihn schon wieder nicht reich gemacht haben.
- diese aneinandergereihten teilsätze geben dem ganzen eine ungeheure dynamik.

Auf dem Heimweg hatte sie ihr Mantra gemurmelt.
-Mantra ist hier sehr treffend. ein spruch mit dem sie die realität beschwören will; ein spruch, an dem sie sich festhalten will

Er schlägt mich nicht, aber ich bekomme keine blauen Flecken, aber morgen früh tut's nicht mehr weh, aber es ist nie was Schlimmes passiert, aber er hat mir noch nie was gebrochen.
- die wiederholung der "aber's" steigert die aussage ungemein.

danke für diese geschichte!
herzliche grüße
ernst

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Frauke!

Als ich über den letzten Punkt deiner Geschichte hinaus war, musste ich erst einmal die Ärmel meiner Weste hinunter ziehen und ein leises Schütteln wegstecken.

Der Text liest sich, als würde man in Miriams Haut stecken. Eigentlich in ihrem Kopf, denn was man als Leser mehr zu spüren bekommt als die Schläge sind ihre quälenden Gedanken.
Unheimlich, wie sehr du dich in das Opfer einfühlen kannst.

Ich finde auch, dass Sarah und Klaus trotz der angesprochenen Blässe gut weggekommen sind, was die Tiefe ihres Charakters betrifft.
Klaus ist ein grundlos prügelnder Ehemann. Was bedarf es da schon für weiterer Erklärungen?
Sarah ist der Tatsache mehr oder minder hilflos ausgeliefert, was übrigens gut rüber kommt. Sie wöchte gerne helfen, kann es im Grunde aber nicht. Jemandem, der sich nicht helfen lässt, kann auch nicht geholfen werden. Das wird einem beim Lesen bewusst.

Toll finde ich die Szenenwechsel. Auch, dass du Blut und Gewalt nicht direkt angesprochen sondern über Miriams Gedanken ausgehandelt hast, gefällt mir. Das macht den Text erst so richtig ... kalt. Man liest wie versteinert, hat man doch schon von solchen Fällen gehört...

Die von Ernst genannten Stellen gehören auch zu meinen Lieblingsstellen. AUch was den Aufbau und den Stil betrifft muss ich mich meinen Vorredner anschließen.

"Die flache Hand zieht neue Striemen auf ihre Wange.
Er schlägt nicht mit der Faust. Nicht ins Gesicht. Nicht mit der Faust ins Gesicht. Nicht mit der Faust ins Gesicht."

Diese Sätze sind das A und O der Geschichte. Man weiß, dass der Tag kommen wird, an dem er sie ins Gesicht schlägt (wie im ersten Absatz angesprochen und im Titel versprochen) man weiß aber auch, dass sie ihren Vorsatz brechen wird. Und mit diesen Sätzen tritt genau das ein.

Generell ist es dir gelungen, in vielen deiner Sätze Doppeldeutigkeit unterzubringen - nicht nur im letzten.
Mit dem Beginn und dem Ende hast du einen schönen Kreis gezeichnet, der durch den Rest deiner Geschichte immer enger geschnürt wird - bis hin zum Verhauchen des letzten Atemzugs am Telefonhörer.

Jetzt werd ich deine Geschichte einfach noch einmal lesen.
Liebe Grüße
Barbara

 

Hallo,
ein Wort beschreibt deine Geschichte wohl sehr genau: Stark.
Du versetzt dich sehr gut in die Situation und beschreibst sie passend, das Thema ist zwar schon bekannt, das hindert aber anscheinend, wie du schon angermerkt hast, keinen daran, sich so wie Klaus zu verhalten.

Mir sind noch zwei Sachen aufgefallen:

Seine Stammkneipe eine neue Sorte Bier
"hat", oder ein Anschluss an einen der anderen Sätze
und nach und nach der Alltag. Danach die Wochenenden
das "Danach" würde ich durch "Dann" ersetzen, sonst benutzt du dreimal hintereinander "nach"


Fazit: Starke Geschichte
Gruß
Arthuriel

 

Hallo Frauke!

Ich muss bei dem Thema irgendwie noch an eine von Hornis letzten Geschichten denken...

In der Situation durchaus stark geschrieben. Aber irgendwie ist mir der Text zu einseitig, Sahra und Klaus sind Randfiguren. Klar, es ghet hier um MIriam - dennoch hätte den Beiden ein bisschen mehr Blut nicht geschadet. ;)
Stark in der Darstellung, mitnehmend. Und doch ist es irgendwie nciht viel anderes, als das, was ich schon bei Horni, bei aneren auch, zu dem Thema gelesen habe - Miderwertigkeitsgefühle, sich-selbst -die-Schuld-geben... irgendwie alles shcon bekannt. Gut umgesetzt, ja, aber mir hat der Text insgesamt dennoch nicht viel gegeben. Kein enuer Aspekt, kein Beleuchten der anderen Seite, keine Überraschungen. Sorry!

Schöne Grüße
Anne

 

Hallo arc en ciel,

zunächst einmal muss ich mich entschuldigen, dass ich dir einen Satz um die Ohren haue, den ich hier massenweise lese. Das macht ihn allerdings nciht richtiger. ;)

Etwas kann sinnvoll sein oder Sinn haben, Sinn "machen" ist aber lediglich eine Eindeutschung. So weit zu OT. ;)

Leider merkt man deiner Geschichte dein eigenes Unverständis an. Du hast in dir keine Erklärungsmuster parat, die Miriam zum Bleiben bewegen. Es ist dir, wie Sarah, unverständlich, warum Miriam ihren Mann nicht schon längst verlassen hat. Dadurch gelingt es dir nicht in der von dir gewohnten Art, den Konflikt der Geschichte auszuloten. Das halte ich ganz ehrlich leider für ein Manko nei aller Spannung, die du im Handlungsverlauf aufbaust. Aber gerade, weil deine Perspektive hauptsächlich auf Miriam liegt, sollte bei aller Subjektivität nachvollziehbar werden, warum sie nicht gehen kann, sondern sogar noch im Krankenwagen entgeistert fragt, warum ihr Mann verhaftet wurde. So gibst du nur wieder, was Statistiken belegen, nämlich dass der größte Teil misshandelter Frauen den Absprung nicht schafft oder mehrere Anläufe braucht.
Stilistisch ist deine Geschichte gut geschrieben. Bei so einem Thema ist das aber leider nicht alles.

Insofern ist sie dir leider nicht so gut gelungen.

Einen Fehler habe ich bemerkt (neben der Generalschelte von Anfang).

"Sie sollte nicht sprechen, Frau Clemens. Sie haben eine Kieferfraktur."
Da hast du ein n bei sollten vergessen.

Trotz diesemal nicht so guter Kritik eine lieben Gruß, sim

 

Puuuhhh, arc en ciel, jetzt muss ich erst mal durchatmen, ich habe wirklich die Luft angehalten beim Lesen. Du hast das Problem der Gewalt in einer Beziehung unglaublich lebendig und fühlbar gemacht. Und die anschwellende Dramatik geht wirklich unter die Haut.

Es ist auch in der Realität schwer zu verstehen, warum Frauen bei schlagenden Männern bleiben. Verschiedene Vermutungen wurden schon genannt, und Lasius stellte die Frage nach einem wie auch immer gearteten Gewinn, den die Prot aus dieser Horror-Beziehung zieht. Tatsächlich gibt es die Psychodynamik, dass das Opfer einen fragwürdigen "Vorteil" aus seiner Rolle zieht: Der Täter weiß natürlich, dass er Mist gebaut hat, das Opfer weiß um die eigene moralische Überlegenheit, die durch die scheinbare christliche Demut noch gesteigert wird. Das Opfer, das vielleicht sonst keinen Grund für Selbstwertgefühl sieht, kann sich auf diese pervertierte Weise stark und überlegen fühlen. Der Täter nimmt das eigene schlechte Gewissen dem Opfer übel, wird dadurch wieder gereizt, der nächste Ausbruch ist programmiert. Es ist oft sehr schwer, solche tragischen Verstrickungen zu durchbrechen.

 

Zwanzig Jahre lässt sich Miriam von ihrem Mann schlagen, dann vertraut sie sich endlich ihrer Freundin an, um anschließend den Mann soweit zu bringen, dass er zu weit geht. Sie tut das alles wie in Trance, ist am Ende gar überrascht über das Ergebnis. Du, arc en ciel, hast das Geschehen sehr realistisch beschrieben, hast uns teilhaben lassen an scheinbar Unabänderlichen – kein Zweifel, die Geschichte ist gut geschrieben, es gibt sehr schöne, eindringlichen Stellen, Ernst und Barbara haben schon darauf hingewiesen.

Aber wenn eine Geschichte nur schön geschrieben ist und ihr eine zweite Ebene fehlt, dann ist sie wie eine Beschreibung einer schönen Landschaft, oder vielmehr die Beschreibung eines Bildes einer Landschaft. Wir stehen da und sagen: sehr schön, aber warum hat Maler das Bild gemalt? Wir suchen im Bild nach Hinweisen, doch wie finden sie nicht. Vielleicht sind im Bild Menschen zu sehen, wir sehen sie, doch wir wissen nicht, warum sie da sind, woher sie kommen, wohin sie gehen, ja warum der Maler sie überhaupt gemalt hat.

Mir ist mit deiner Geschichte so gegangen. Die Motive der Protagonistin sind nicht einmal schemenhaft zu erkennen, auch für die des schlagenden Mannes bleibst du uns eine Antwort schuldig. Erst Chica hat hier in ihrem Kommentar eine mögliche Erklärung aufgezeigt, ich wünschte, ich hätte sie aus deiner Geschichte herauslesen können.

Dion

 

Hallo!

Es tut mir wirklich leid, daß ich nicht früher zum Antworten gekommen bin.
Jetzt aber!

@queenie:
Danke für Dein Lob zu Miriam. Ich hatte nicht wirklich erwartet, daß ich auf die anderen beiden wirklich mehr Augenmerk hätte legen sollen... mir waren sie so als Beiwerk genug. Und ich habe doch Gründe gegeben, warum er schlägt. Einen ganzen Absatz lang. Aus Frustration und weil er kein anderes Ventil hat.

Außerdem hast Du ja auch schon gesagt: Es ist alles aus Miriams Sicht geschrieben. Sie macht sich weder über sich selbst, noch die anderen beiden vertiefte Gedanken.

Ich frage mich, wie Du es schaffst, Dich in immer wieder neue Situationen so perfekt hineinzuversetzen, ohne sie wirklich "von innen" zu kennen. Hut ab!
Danke! Ich empfinde gerade das als wohl den größten Reiz am Schreiben. Rollen anzunehmen, in denen man niemals war / sein wird / sein will, oder die man sich erträumt, oder ähnliches...
und wenn es mir gelingt, und ich andere damit überzeuge, dann freut mich das sehr. Vor allem, wenn ich mit Problemthemen dazu beitragen kann, daß Menschen sich damit beschäftigen.

Danke für die Fehlersuche. Wird korrigiert. Wobei der 1. Punkt zwar Absicht war, aber wohl zu Mißverständnissen führt. Also: Ausbessern...


@Ernst:

Ganz lieben Dank für Dein Feedback und Lob! Ich freue mich immer sehr, wenn jemand mir sagt, warum ihm mein Text gefallen hat.


@Barbara:

Auch Dir ganz lieben Dank für so viel Lob. Es freut mich, wenn ich Leser "packen" kann.

Jemandem, der sich nicht helfen lässt, kann auch nicht geholfen werden.
Ja, ich habe es oft genug versucht. Und genau diese Erkenntnis immer wieder bekommen.

Auch, dass du Blut und Gewalt nicht direkt angesprochen sondern über Miriams Gedanken ausgehandelt hast, gefällt mir
Ich denke, es liegt mir nicht, blutige Meuchelszenen zu schreiben. Das ist nicht meine Art. Ich überlasse das lieber den absoluten Meistern dieses Genres: relysium und anderen...

Danke für die Stellen-Suche!

@Arthuriel:
Danke auch Dir für Deine so positive Kritik.
Was Deine Fehlersuche betrifft:

Seine Stammkneipe eine neue Sorte Bier
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"hat", oder ein Anschluss an einen der anderen Sätze

der Stakkato-Ton ist beabsichtigt. Tempo erzeugen, kurz fassen, Aussage klarstellen. Gedanken immitieren.
Aber grundsätzlich hast Du selbstverständlich recht: das ist ein Grammatik-Fehler. Einer, den ich mit Absicht gemacht habe.

Ebenso mit der nächsten Stelle: Gerade die modifizierte Wiederholung sollte eine gewisse Eintönigkeit herausstellen. Hat es nicht funktioniert?


@ Maus:

Ja, Hornis letzte KG (Zwischen den Worten) ... und eine von Dreimeier (Tod durch ErSticken). - beide sehr empfehlenswert!

Unteranderem die beiden haben bei mir wieder Aufmerksamkeit auf diesen Themenkreis gerichtet. Ich hab ja selbst schon ein paar Mal über ähnliche Situationen geschrieben.

was hättest Du an "weiterem Hintergrund" erwartet, für Sarah und Klaus? Was soll man über sie erfahren? Ich würd gern wissen, was Du als Leser vermißt hast.

Neue Aspekte... naja, im Grunde habe ich ja keine neue Situation darstellen wollen, sondern über ein Problem schreiben... Ich gebe gern zu, daß es von der Thematik her sehr ähnlich ist, aber das Verhalten der Personen unterscheidet sich dann ja doch. Ihr Verhalten, sich gerade an diesem Punkt der Freundin zu offenbaren, dann ihn zu provozieren, als er die Grenze überschreitet, die sie ihm nicht nur gesetzt hat, sondern diesmal auch jemand anderem mitgeteilt... Ihr Weg aus der Angelegenheit heraus ist sicher ungewöhnlich, und bestimmt masochistisch.
Aber es führt zum Erfolg (wenn auch auf perverse Weise): Sie denkt, daß sie stirbt, also alles ein Ende hat. Stattdessen wid aber zumindest jemand auf alles aufmerksam und ihr wird Hilfe angeboten.
Wohin das alles führt, und ob es ihr tatsächlich hilft, ist dann noch offen...


@sim:

Keine Entschuldigung. Ich weiß, daß es Sinn haben kann, aber ich denke, daß "Sinn machen" nicht sooo falsch ist. Also vielleicht nach Duden, aber nicht in der Umgangssprache. Und hier hab ich doch die Gedanken von Miriam geschildert.

Sinn machen ist für mich deshalb anders, als Sinn haben, weil "machen" erst noch irgendwo hinführt, "haben" aber schon so ist - und damit statisch. Ein fixes "Sinn haben" hätte hier nicht ausgedrückt, daß es für sie erst langsam (und schemenhaft) klarer wird.

So weit zu OT.
Ich steh grad auf dem Schlauch, was das zu bedeuten hat...

Leider merkt man deiner Geschichte dein eigenes Unverständis an. Du hast in dir keine Erklärungsmuster parat, die Miriam zum Bleiben bewegen.
teils, teils...
einerseits bin ich anders als sie, und anderseits dann doch wieder nicht.
Soll heißen, ich kann das Schema nachvollziehen, nicht aber die Ausmaße - nicht für mich.
Ich denke aber, daß ich mich eben schon in die Situation versetzen kann. So gut es ei Außenstehender eben kann.
Ich werde mir die Geschichte mit ein wenig Abstand nochmal ansehen und versuchen, mehr Erklärung für ihr Verhalten zu finden und einzubauen.

Schade, daß ich Dich nicht erreicht habe, mit diesem Text. Aber lieben Dank trotzdem für das Lob, was in der Antwort steckt :)

Danke für die Fehlersuche, nebenbei. Wird ausgebessert...


@ Chica:
Schön, wenn ich Dich erreicht habe!
Und noch besser, daß Du Dich mit dem Thema beschäftigst! Interessante Überlegungen, die Du zur Rollen-Erklärung anspricht.


@ Dion:

Schön, daß auch Du die Geschichte mochtest! Aber schade, daß sie Dir nicht weit genug geht. Ich schreibe sicher immer mal wieder "Bilder", aber dies hier habe ich nicht dafür gehalten. :confused:
hier passieren doch tatsächlich Dinge, entwickeln sich Charaktere, kippen Situationen um...

Ich war bisher der Ansicht, eben doch impliziert zu haben, warum sich Miriam genau so verhält, wie sie es tut, warum Klaus so ist, wie er ist... Schade, wenn die Motive nicht erkennbar waren!


Lieben Dank nochmal an Euch alle!

Frauke

 

Hallo arc en ciel,

Du hast sicher recht, dass die Floskel "Das macht sinn" sehr in die Umgangssprache eingegangen ist. In wörtlicher Rede geschrieben hätte ich es wohl auch nicht erwähnt.

Sinn machen ist für mich deshalb anders, als Sinn haben, weil "machen" erst noch irgendwo hinführt, "haben" aber schon so ist - und damit statisch. Ein fixes "Sinn haben" hätte hier nicht ausgedrückt, daß es für sie erst langsam (und schemenhaft) klarer wird.
Allerdings kann ich dir dabei nicht hundertprozentig zustimmen. Wenn etwas "Sinn macht", stellt es den Sinn aus sich heraus her, es produziert den Sinn. Das, was du ausdrücken möchtest, wäre, dass in Miriam alles langsam einen Sinn ergibt.
Zitat:
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So weit zu OT.
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Ich steh grad auf dem Schlauch, was das zu bedeuten hat...

OT für Off Topic, weil das ja eher ein ganz genereller Unmut über eine häufig verwendete falsche Formulierung war, der nicht primär mit deiner Geschichte zu tun hatte, auch wenn sich die Formulierung in deiner Geschichte befand.
Ich werde mir die Geschichte mit ein wenig Abstand nochmal ansehen und versuchen, mehr Erklärung für ihr Verhalten zu finden und einzubauen
Kine Erklärungen, lieber Logiken, aus denen sich ihr Verhalten konsquent ableitet. Als Tip ein paar Fragen: Was verliert sie aus ihrer Sicht, wenn sie ihn verlässt, welche Sicherheit gibt er ihr, warum erscheint ihr sein Verhalten so vertraut, dass sie es trot des Schmerzes nicht aufgeben möchte? Was macht ihreAngst, ihn zu verlassen größér, als die Angst vor den Schlägen?

Lieben Gruß, sim

 

dieser text ist voll von effekthascherei. der autorin lag mehr am effekt als an der geschichte. diese ist ziemlich plump dargebracht.

 

was genau empfindest du als Effekthascherei, Harkhov?

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo!
Deine Geschichte ist wirklich super gut geworden und ich kann mich den anderen Begeisterten nur anschließen.

LG Joker

 

Ich war bisher der Ansicht, eben doch impliziert zu haben, warum sich Miriam genau so verhält, wie sie es tut, warum Klaus so ist, wie er ist... Schade, wenn die Motive nicht erkennbar waren!
Wo hast du, arc en ciel, Motive erkennbar gemacht? Ich habe die Geschichte noch einmal gelesen und keine gefunden. Ich bin nicht Barbaras Meinung - „Klaus ist ein grundlos prügelnder Ehemann. Was bedarf es da schon für weiterer Erklärungen?“ -, denn niemand prügelt grundlos, zumindest nicht 20 Jahre lang.

In deiner Geschichte habe ich nur Anlässe gesehen,

Wenn sein Verein verloren hat. Seine Stammkneipe eine neue Sorte Bier. Der verdammte Arsch im Mercedes ihn geschnitten hat, oder die Lottozahlen ihn schon wieder nicht reich gemacht haben.

Hat er herausgefunden, dass sie ihn verraten hat? Hintergangen, betrogen, ausgeliefert? Wie kann er wissen, dass sie Sarah eingeweiht hat? Oder hat sie heute das Essen versalzen? Die Autoschlüssel verschlampt? Keine Batterien für die Fernbedienung besorgt? Es ist ohne Bedeutung.
aber keine Gründe, weder für Klaus’ noch für Miriams Verhalten - entweder bin ich blind oder ich verstehe hier etwas nicht.

Dion

 

effekthascheri ist es, eine solche geschichte so zu erzählen. immer nur gerade aus, ohne wirkliche tiefe oder charakterbildung. die protagonisten sind klischeehaft. die handlung ebenfalls.

eine freundin von mir arbeitet im frauenhaus. die wahren geschichten sind um einiges vielschichtiger, subtiler, extremer.

 

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