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Noch Drei Kunden
Ich stehe an der Kasse.
Betrachte ihre wunderschönen, blauen Augen, ihre Mimik, ihre Hände, wie sie eine Flasche Wein über den Barcodescanner zieht.
Noch drei Kunden. Dann bin dran. Mein Herz pocht vor Nervosität.
Nein – es rast.
Als wäre ich soeben einen Marathon mitgelaufen.
Ich spüre, wie eine Schweißperle meine linke Schläfe bis zum Hals hinuntergleitet und durch das Pochen meiner Halsschlagader zu zittern beginnt. Als hätte jene Perle mehr Angst denn ich in diesem Moment. „Auf Widersehen“ sagt sie mit einem wundervollen Lächeln, zu der Kundin am anderen Ende des Kassenbandes.
Noch zwei Kunden. Dann bin ich dran.
Wie in Trance starre ich auf das Kassenband und zweifele an mir selbst, obwohl ich weiß, dass ich nichts zu verlieren habe. Ich muss sie einfach fragen! Was soll schon schiefgehen? Was aber wenn Sie mich ablehnt? Was wenn ich wieder anfange zu stottern?
Noch ein Kunde. Dann bin ich dran.
Mein Herz schaltet einen Gang höher.
Adrenalin.
Meine Hände sind kalt und schwitzig. Was sage ich also zu ihr? Wie kann ich Sie beeindrucken? Fuck! Was wenn sie einen Freund hat? Ehe ich mir einen halbwegs guten Spruch ausdenken kann, bin ich an der Reihe. Nun stehe ich ganz vorne an der Kasse und einen halben Meter entfernt sitzt die hübscheste Kassiererin der Welt.
Sie lächelt.
Ich lächle mit einem eher aufgesetzten Hochziehen der Mundwinkel zurück. „Das macht dann 1.45€ bitte.“ Zitternd gebe ich ihr jenen Betrag und verlasse mit meinem Produkt in der Hand den Laden, ohne irgendetwas gesagt zu haben. Mein Herzrasen schwindet. Ich habe sie nicht gefragt. Vielleicht frage ich sie morgen.
Mir wird klar, dass ich sie genau wie heute, gestern und die letzten 99 Tage davor, morgen auch nicht fragen werde. Und die 99 Tage danach wohl auch nicht.