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Opfer

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15.03.2004
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Opfer

Wer entscheidet über Leben oder Tod? Gibt es einen Gott, eine Göttin, irgendein höheres Wesen, das verantwortlich gemacht werden kann? Das Schuld daran ist, wer lebt und wie er lebt? Was ihm passiert oder eben nicht? Ich weiß es nicht. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich es überhaupt wissen möchte. Allerdings hätte ich da ein oder zwei Fragen an ihn. Sie. Es.

Der rote Strich läuft an meinem Arm entlang, rinnt zu Boden, wird zu einer sich rasch vergrößernden Lache. Ich beobachte die dicken Tropfen, die mich Stück für Stück in die Wirklichkeit zurückholen, die mich aufatmen lassen. Der Schmerz nimmt mir die Angst und dankbar empfange ich seinen Trost.

Manchmal denke ich, ich werde verrückt. Vielleicht bin ich es schon.
Ich weiß, mein Leben ist nicht mehr mein Leben. Wurde mir aus der Hand genommen und in den Dreck geworfen. Ich überlebe mühsam jeden Tag nur grade so und meine Angst vor der Nacht, vor der Dunkelheit, lähmt mich schon am Morgen. Raubt mir den Atem. Lässt mich verzweifeln. Tötet mich, Stück für Stück.

Während sich mein Blut auf dem Boden sammelt, erinnere ich mich. Wie immer, bevor mich der Schmerz daraus erlöst. Es war ein Donnerstag, Mitte Januar.

Ich war zu einem Lehrgang angemeldet, bei der Abfahrt schon spät dran gewesen, hatte immerhin noch über vier Stunden Autobahnfahrt vor mir. Ich war in Gedanken schon bei den Themen der nächsten Tage. Zwei Bekannte von früheren Lehrgängen waren auch angemeldet und ich freute mich, sie wieder zu sehen.

Kurz vor Pforzheim spürte ich einen Druck auf der Blase und ich sah auf die Uhr. Fast 19 Uhr. Bis Karlsruhe war's bestimmt noch eine Stunde Fahrt. Kurzentschlossen setzte ich den Blinker und rollte auf den nächsten Parkplatz mit Toilette. Zwei, drei Autos parkten dort bereits, auch LKWs. Ich beachtete sie nicht weiter, und ging zügig zum Häuschen. Die Toilette war leidlich sauber und ich beeilte mich. Draußen war es kalt, aber ich mochte den Winter immer. Mit raschen Schritten ging ich zu meinem Auto. Ich suchte gerade nach dem Schlüssel, als aus dem Dämmerlicht plötzlich drei Kerle auftauchten. Noch bevor ich sie richtig erkennen konnte, packte mich einer rechts, einer links und der dritte hielt mir von hinten den Mund zu. Seine Hand stank nach Zigaretten.
„Wenn du Theater machst, Süße, bring ich dich um!“ Theater? Ich war viel zu erschrocken, um überhaupt reagieren zu können. Die zischende Stimme dröhnte in meinen Ohren. Sie zerrten mich in die Finsternis außerhalb des schmalen Lichtbandes des Klohäuschens zu einem Laster, der nicht mal weit weg stand.

Der Laster war dunkel, dunkelrot? Irgendetwas stand auf dem Auflieger, aber was, konnte ich in meinem Entsetzen nicht entziffern. Der rechts von mir hantierte an der hinteren Tür des Aufliegers und ich nützte die Gelegenheit, um mich erstmals zur Wehr zu setzen. Ich versuchte es zumindest. Drehte mich weg, riss an meinen Armen, trat nach hinten. Da rein? Niemals!
Der Typ hinter mir, dessen Hand ich immer noch widerwärtig auf meinem Mund spürte, packte mich in den Haaren und zerrte meinen Kopf brutal in den Nacken. Der andere trat mir gegen die Beine, so, dass ich stürzte, dann kam der dritte und gemeinsam warfen sie mich in den Anhänger.

Ich schrie, laut, so laut ich konnte. Hilfe? Ihr Schweine? Ich weiß es nicht mehr. Im Nu war einer neben mir, kniete sich auf mich und schlug mir ins Gesicht. Mein Kopf flog zur Seite, krachte auf den Boden und ich sah Sterne. „Halt dein Maul!“ Es war dieselbe Stimme wie vorher. Ich hörte ein Geräusch und ein Lachen, dann drückte mir einer Paketband über die Lippen. Ich versuchte wieder zu schreien, aber nur eigenartige Geräusche kamen aus meinem Hals.

Mittlerweile war die Tür wieder zu, abgeschlossen, und ich sah mich den dreien gegenüber. Auf dem Rücken rutschte ich nach hinten. Als ich gegen eine Wand stieß, fingen die drei an zu lachen und kamen näher. Im Licht der funzeligen Leuchten im Inneren musterte ich sie. Drei ganz normale Männer, einer etwas jünger als ich vielleicht, die anderen beiden älter. Einer mit Schnurrbart. Einer in Blond, mit Bauch.
Ich blickte mich um, gab es hier irgendwo einen Ausgang? Einen Ausweg? Wie konnte ich nur aus diesem Albtraum entkommen?

Nun, es gab kein Entkommen für mich. Das Blut, das aus meinem Körper fließt, gönnt mir heute ein Entkommen. Der Schmerz, der mich neu gestaltet. Der mich wieder aus mir herausführt. Oder in mich hinein. Ich kann es nicht sagen. Habe so wenig Verbindung zu mir. Manchmal komme ich mir vor, als wäre ich in einer eigenen Welt, von den Anderen durch eine Wand getrennt. Von mir selbst getrennt. Ich fühle mich ... schuldig. Schäme mich. Ich hätte härter kämpfen sollen. Auch wenn meine Therapeutin sagt, dass es nicht gegangen wäre, dass es nichts geändert hätte. Vielleicht hätte ich in dem Moment, in dem ich am Boden lag und keine Kraft mehr hatte, um überhaupt schreien zu können, mich verweigern sollen, als sie mit brennenden Zigaretten über meiner nackten Haut knieten und fragten, ob es mir gefiel. Ich sagte ja. Ich sagte: ja! Ich hätte es geschrien, wenn ich es hätte können. Ja, weil ich dachte, sie bringen mich um. Ja, weil ich leben wollte. Ja, weil ich mich fragte, warum lebe ich noch? Heute wünschte ich mir, sie hätten es geschafft. Sie hätten es zu Ende gebracht, was sie so hoffnungsvoll begannen. Wünschte, sie hätten meinen Körper genauso getötet, wie meine Seele.

Ich wünsche mir oft, ich wäre tot.

In jeder Nacht, in der mich das Ungeheuerliche einholt, in der ich wach bin und doch träume, in der ich mich wiederfinde in diesem verdammten Laster. Nackt an Wände gefesselt. Voller Ekel und Entsetzen gegen mich selbst. Was habe ich getan, dass ich hier zum Opfer wurde? Was habe ich diesen Kerlen getan, dass sie mich - oder überhaupt eine Frau - derartig misshandeln?

Ich lag am Boden, konnte noch nicht mal mehr wimmern, als mich einer anstieß, mit der Schuhspitze.
„Geh!“, sagte er, „Geh!“
Gehen konnte ich nicht mehr, aber kriechen. Ich kroch zu meinen Sachen. Klaubte alles zusammen, kroch zur Tür, die er mir aufgemacht hatte.
„Bis zum nächsten Mal, Süße!“, johlten die anderen mir hinterher. Ich glaube, er, der Jüngste, der, der mich gehen ließ, warf mir einen mitleidigen Blick zu, als ich nach draußen auf den Boden fiel. Tränen hatte ich keine mehr. Ich hatte gar nichts mehr.

Irgendwie rappelte ich mich auf. Taumelte zu meinem Auto. Verlor einen Teil meiner Kleidung dabei, als ich mich in meiner Jacke verkroch. Ich fand meinen Autoschlüssel. Schloss auf. Stieg ein. Ich konnte nur denken: Weg hier, weg hier!
Heute kann ich es immer noch nicht glauben, aber scheinbar fuhr ich wie in Trance nach Karlsruhe. Parkte dort auf dem Parkplatz. Und blieb im Auto sitzen. Als man mich fand, war es nach Mitternacht. Um sieben war ich auf der Toilette gewesen.

Die Frau, die heute auf meinen Namen hört, ist nicht mehr die, die ihn davor getragen hat. Die ist tot. Gestorben unter den Händen, den Schwänzen, den Stiefeln und den Schlägen dreier Männer, an einem Donnerstag Abend im Januar. Und ich wünschte, ich wäre es auch.
Jeder Tag ist eine Anstrengung. Manchmal glaube ich, jeder neue Tag ist schrecklicher wie der zuvor. Aber es gibt auch Tage, an denen ich wieder gerne lebe. Leben will. Vielleicht werden sie einmal häufiger sein, wie die schwarzen, an denen nur mein Blut mich in die Welt zurückholen kann. Wenn ich mich gleich verbinde, nachdem ich dieses Tagebuch geschlossen habe, dann bin ich fast froh. Ich habe es geschafft, ich bin raus aus dem Laster. Meine Narben gehören nun zu mir. Ob ich will oder nicht.

 
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Hallo hexy!

Mein Kommentar beginnt mit einer Bedingung: Solltest du in dieser Geschichte sowie in "Willkommen in meiner Welt" eigene Erfahrungen mit Missbrauch und Gewalt aufarbeiten und dadurch Trost und Hilfe erfahren, bitte ich dich sehr, nicht weiterzulesen. Du musst diese Frage auch gar nicht beantworten, denn das geht niemanden etwas an. Falls das nicht der Fall ist, möchte ich dir meine Gedanken nicht vorenthalten.

Dass du gekonnt, anschaulich und lebendig schreibst, ist unstrittig, dafür verdienst du Anerkennung. Meine Zweifel - oder besser gesagt meine Fragen - sind grundsätzlicher: Warum schreibst du das, was du schreibst und vor allem: Warum schreibst du es so, wie du es schreibst?

Um bei "Opfer" zu bleiben: Jeder kg-User und jeder anonyme Leser wird zustimmen, dass ein so brutal erzwungener und durchgeführter Gangbang in höchstem Maße verabscheuungswürdig ist; es besteht also keine Notwendigkeit, moralisch aufzurütteln. Geht es dir darum, durch besonders drastische Plots möglichst schnell Bekanntheit in der amorphen Masse der kg-Autoren zu erreichen? Dann hast du sicher einen geeigneten Weg gewählt, denn Opferliteratur ist eine sichere literarische Investition. Aber meiner Ansicht nach hast du das nicht nötig.

Versteh mich bitte richtig: Du darfst schreiben, was und worüber du willst, aber bei Plots zu brisanten und tabuisierten Themen sollte man (ganz unabhängig von dir) als Autor im Auge behalten, wie das Geschriebene wirkt. Wer Vergewaltigung und Körperverletzung plastisch oder sogar auf eine pervertierte Art liebevoll-detailliert schildert (was ich deiner Geschichte nicht vorwerfe!), der bedient unter dem Deckmantel der Betroffenheit Voyeurismus und Sensationsgier - der klassische Mechanismus der Boulevardpresse. Wer weiß, ob nicht manch ein Leser dadurch aufgegeilt wird.

Ich hoffe, du verstehst mich nicht falsch, hexy. Ich will dir persönlich gar nichts unterstellen und hätte auch keine Basis dafür, aber da du in relativ kurzer Zeit zwei Geschichten der geschilderten Art veröffentlicht hast, würde mich deine grundsätzliche Meinung zum Thema interessieren.

Liebe Grüße, Chica

P.S.: Bitte frage mich nicht, wie man solche Plots meiner Meinung nach statt dessen schreiben soll. Ich weiß es nicht, weil ich noch nie das Bedürfnis hatte, eine solche Szene schreibend einzufangen. Vielleicht wäre der Gaffer-Effekt beim Leser kleiner, wenn der Autor die Täterperspektive einnehmen würde. Das wäre allerdings eine ziemliche Herausforderung.

 
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Hallo Chica!

Zunächst einmal bin ich, dem Himmel sei Dank noch nie in einer Missbrauchssituation gewesen. Aber einigen Freundinnen von mir ist "Sowas" in der einen oder anderen Art geschehen, und je älter ich werde, um so mehr erfahre ich davon. Vielleicht nimmt der Schrecken einfach auch zu. Oder man redet mehr darüber, ich weiß es nicht.

"Willkommen in meiner Welt" ist eine ganz neue Story, im Gegensatz zu "Opfer."

"Opfer" wurde aus mehreren Hintergründen heraus geschrieben.

Zum einen, um für mich das Schicksal einer Freundin zu verarbeiten. Die ausdrücklich damit erst innerhalb ihres Freundeskreises an die Öffentlichkeit ging und später anonym ihr Erlebnis in der Tageszeitung veröffentlich hat. Sie hat auch eine Selbsthilfegruppe gegründet. Im Prinzip geht es ihr, neben dem eigenen Überleben, darum, uns alle aufzurütteln und zu sagen: Leute, passt auf, sowas geschieht! Sowas geschieht gleich nebenan, sowas geschieht mir. Ich hab das erlebt. Ich schneide mich. Lebe und leide. Helft. Hört zu.

Zum anderen schrieb ich die Story, weil ich mich unglaublich geärgert habe. Wie Du vielleicht weißt, Chica, kam ich zum schreiben über erotische Kurzgeschichten. Die veröffentlichte ich in einem anderen Board. Dort wurden auch Geschichten veröffentlicht, in denen genau das beschrieben wurde, was meine Freundin erlebte. Die Geschichten in dem Board sollen Erotik beschreiben, in allen Varianten, die legal und menschlisch/ethisch haltbar sind. Ich habe mich als Autorin darüber verwahrt, dass in einem Board, in dem auch meine Geschichten veröffentlicht sind, derartige sexuelle Obsessionen erlaubt sind. Ich bin dann leider sehr angefeindet worden und intolerant und arrogant und ich weiß nicht was genannt worden. Okay, wahrscheinlich bin ich das, ich kann solche Abartigkeiten nicht tolerien. Will ich auch gar nicht. Vielleicht macht mich das arrogant. Wenn, dann bin ich stolz darauf.
Ich wollte mit dieser Story einfach aufzeigen, wie die Realität aussieht von jenen, die in die Fänge derartiger Menschen gekommen sind. Was geschieht, wenn man Perversionen an Menschen auslebt, die weder ja dazu gesagt haben, noch ... ich weiß auch nicht. Es ist ausserhalb meiner Vorstellungskraft, warum Menschen eine derartige erniedrigende Macht über andere haben wollen.

"Willkommen in meiner Welt" entstand im Zuge der kleinen Ausschreibung von Gregor, passte aber nicht ins Thema. Weil ich den Ansatz aber zu gut fand, um ihn in meine Mottenkiste zu packen, hab ich ihn hier gepostet. Und irgendwie ließ ich mich dazu verleiten, auch "Opfer" hierher zu stellen.

Also, keine Sensationsgier. Kein Puschen nach Lesern. (Wobei ich, ehrlich gesagt, ziemlich deprimiert war, dass sowenige meine ersten beiden, hier geposteten Geschichten gelesen haben). Sorry, wenns anders ankam.

Ansonsten: Hab Dank fürs Lesen und Deine Gedanken.

Liebe Grüße,

hexy


zu Deinem PS: ich denke, gerade die Täterperspektive wäre doch am ehesten ... erregend für den Leser, denn der Täter ist ja grade scharf darauf, zu tun, wonach immer es ihn gelüstet. Und wäre dann der Nachahmungsreflex viel größer?

 

Ich bin es noch mal, hexy. Danke für deine Erläuterungen. Das revidiert einiges. Hoffentlich bedeutet die Formulierung "Und irgendwie ließ ich mich dazu verleiten, auch "Opfer" hierher zu stellen" nicht, dass du es bereust, "Opfer" auf kg veröffentlicht zu haben. Schließlich wird meinem Eindruck sicher noch in diversen anderen Posts widersprochen.

Wenn ein Vergewaltigungsopfer seine Erlebnisse real schildert, egal ob in einer SH-Gruppe oder im privaten Gespräch, ist die Wirkung auch noch so drastischer Details eine andere. Durch die nicht zu leugnende Aufgewühltheit des Opfers gerät der Gesprächspartner automatisch in einen Zustand des emotionalen Miterlebens und der Parteinahme.

Was würde denn passieren, wenn du "Opfer" auf der Seite veröffentlichen würdest, die Vergewaltigung als legitime Spielart von Sexualität akzeptiert?

LG, Chica

 

Keine Ahnung, Chica. Aber ich habe eigentlich auch gar keine Lust, eine derartige Seite zu suchen. Du?

hexy

 

Ich bezog meinen Vorschlag auf dieses Zitat:

Dort wurden auch Geschichten veröffentlicht, in denen genau das beschrieben wurde, was meine Freundin erlebte. Die Geschichten in dem Board sollen Erotik beschreiben, in allen Varianten, die legal und menschlisch/ethisch haltbar sind. Ich habe mich als Autorin darüber verwahrt, dass in einem Board, in dem auch meine Geschichten veröffentlicht sind, derartige sexuelle Obsessionen erlaubt sind.

Chica

 

Oh, sorry, hab ich falsch verstanden. Die Geschichten, über die ich mich und in diesem Zuge auch andere aufgeregt haben, sind vom Board verschwunden. Immerhin. Dort sind keiner Vergewaltigungsgeschichten erlaubt.

Die Reaktionen waren relativ gemischt auf die Geschichte, ich weiß nicht, ob ich hier einen Link veröffentlichen darf. Aber der Haupttenor war auch: Leute, denkt nach. Das Mitleid war groß mit, nun, der Protagonistin. Einige fanden es mehr als daneben, in einem Board mit Erotikgeschichten so eine zu finden. Anderen meinten, sie sollte als Pflichtlektüre jedem zum Lesen auferlegt werden ... Immerhin hat sie Aufsehen erregt und Diskussionsgrundstoff geliefert. Vielleicht denken wirklich welche darüber nach, bevor sie eine BDSM-Geschichte oder -Phantasie in Realität umsetzen?

Grüße, hexy

 
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Vielleicht darf ich ergänzend dazu noch etwas anmerken.
Um es nämlich noch etwas dreutlicher auszudrücken: in dem besagten anderen Board kamen zu Vergewaltigungsstories sogar lobende Kommentare im Sinne von "boah! geile Phantasie!" Grund genug, zu zeigen, daß die Geschichten alles andere als "geil" sind.

Meines Erachtens ist genau das hexy sehr gut und auch noch packend gelungen.

Gruß

Gregor

 
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Hallo zusammen

Ich werde die begonnene Diskussion um das Thema zum Anlass nehmen, um mich endlich auch einmal zu Wort zu melden.

Hexy, meine Meinung zu der Geschichte kennst du. Du weißt, dass ich entschieden dafür bin, den Lesern von Erotik und Hardcoreliteratur auch die Kehrseite der Medaille zu zeigen und sie mit der beinharten Realität zu konfrontieren. Das kam bei dem besagten Board freilich mit gemischten Gefühlen an. Ich hätte noch viel mehr Einwände erwartet, als tatsächlich kamen. So eine Geschichte ist eine ganz energische Abschreckmaßnahme für jeden, der Vergewaltigungsfantasien hegt und meint, sich von Frauen alles nehmen zu können, was ihm beliebt, ohne ihr Einverständnis zu haben.
In einem anderen Board, wie diesem hier, hat es meines Erachtens genau den Zweck, Leute wach zu rütteln und sie auf das Leid mancher Mitmenschen aufmerksam zu machen usw.

Die Sache mit Sensationslust, Werbung für sich selbst zu machen oÄ ist mit deinen Erklärungen sicherlich vom Tisch. Ich kenne dich schon etwas länger als viele andere, die hier lesen und schreiben und kann nur bezeugen, dass es nicht deine Art ist, mit reißerischen Texten für Aufruhr zu sorgen. Das hat jemand wie du sicherlich nicht nötig.

Chica:
Wie du sicherlich weißt, stamme auch ich aus der "erotischen Ecke" der Schreiber. Und ich lese und schreibe im gleichen Board wie Hexy. Ich habe gesehen, wie andere Autoren, Kritiker und Leser reagieren, wenn man für die Gesetze und die Menschenrechte eintritt. Hexy war nur eine von unserer kleinen Gruppe, die sich für das Beseitigen von illegalen Geschichten stark gemacht hat, sofern eine solche irrtümlich den Weg an die Öffentlichkeit fand. Und ich kann nur bestätigen, was sie über die Beschimpfungen sagt. Jeder einzelne von uns, der sich gegen Vergewaltigungsgeschichten, die Gewalt verherrlichten, aussprach, wurde aufs Übelste beschimpft. Die Geschichte "Opfer" bewirkte insofern wesentlich mehr als jeder Kommentar oder jede Mail davor.

Die Geschichte ist real, lebendig und sehr gut geschrieben, hinterlässt bei mir als Leser eine Mischung aus Wut, Hass, Unverständnis und vor allem Mitleid. Ich denke, wenn jeder so empfindet, hat die Geschichte ihre Wirkung nicht verfehlt und ihren Zweck eindeutig erfüllt.
Wovor ich mich hüten würde, die Erzählperspektive zu ändern. Würde ich aus der Sicht des Täters schreiben, müsste ich Verständnis für ihn aufbringen, mich in ihn hineinversetzen. Ich würde so schreiben, wie ich mir denke, dass er glaubt, richtig zu handeln. (War das jetzt deutsch? Naja, egal.) Das heißt jedenfalls, dass ich seinen Standpunkt für richtig halten würde und seine Handlung gewissermaßen rechtfertige. Ich würde als Schreiber nie wollen, dass ich dem Leser die Chance gebe, sich in die Rolle des Täters zu versetzen. Womöglich könnten sich Leute mit dem Charakter auf irgendeine Weise identifizieren, haben Verständnis für sein Handeln oder - der schlimmste Fall - empfinden Sympathie für ihn, weil sie einzelne Charakterzüge von ihm wiedererkennen.
Nein, ich kann mich Hexy nur anschließen. Ich kann es verantworten, dem Leser die Chance zu geben, sich in die Opferrolle zu versetzen und mit dem Opfer zu leiden. Andersrum - niemals.

Weiters denke ich, gehört eine ordentliche Portion Mut dazu, so eine Geschichte zu verfassen und sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wie es immer mit Tabuthemen ist - man kann damit eine Menge Unmut auf sich ziehen, weil manche Leute die dunkle Seite dieser Welt nicht sehen wollen.
Deshalb hast du meinen größten Respekt.

Grüße, Juxi.

 

Ich hab' grade nochmal nachgeschaut. Immerhin ist die Geschichten mittlerweile über 6.600mal gelesen worden. Vielleicht hat sie bei dem Einen oder anderen was bewirkt ...

In diesem Sinne, Grüße von Eurer

hexy

PS für Juxi: ich danke Dir!

 

Wie soll ich mich einer solchen Geschichte entziehen? Einer Geschichte, die tief unter die Haut geht.

Auch ich gehöre zu denen, die erotische Geschichten schreiben. Auch ich habe mit Hexy, Gregor und Juxi und einige anderen lieben Freunden gegen Vergewaltigungsgeschichten als erotische Form protestiert, Lärm gemacht, angeprangert und habe dafür - wie die anderen auch - Schelte eingefangen und mich sogar als Rassist bezeichnen lassen müssen.

Hexy hat mit ihrer Opfergeschichte weit mehr dazu beigetragen, dass Storys, in denen Frauen missbraucht und vergewaltigt werden, dort nicht mehr erscheinen. Sie hat dafür auch die meiste Schimpfe einstecken müssen.

@Hexy

Deine Geschichte ist von einer Direktheit, die mich fesselt. Nicht weil ich von der Handlung begeistert bin, zu solchen Menschen zähle ich mich nicht, sondern weil du lebendig schreibst und mit Worten Bilder zeichnest, die sich einbrennen, dich nicht mehr loslassen. Aber diese Laudatio hast du schon mehrfach gehört; ich will mich da nicht wiederholen.

Der Erzählstil ist dein Erzählstil, deine Perspektive und deine Entscheidung. Für mich ein wichtiger Punkt. Hier geht es nicht darum, was du besser machen kannst, hier erfährst du nichts darüber, wie viele Tippfehler du gemacht hast, hier geht es darum, was du geschrieben hast und warum du es so geschrieben hast.

Ich finde es ist ein besserer Ansatzpunkt, als zu lesen,

dass genau an dieser Stelle ein Komma hätte stehen müssen. Wenn dieses Komma da gestanden hätte, dann wäre es eine tolle Geschichte gewesen.

Ich überziehe das jetzt mal mit Absicht.

Auf ein Zitat von Chica möchte ich an dieser Stelle noch eingehen:

Wer weiß, ob nicht manch ein Leser dadurch aufgegeilt wird.
Natürlich besteht die Möglichkeit, aber deshalb schweigen? NEIN!

Die Reaktion auf "Opfer " beweist mir, dass es gut war, die Geschichte hier zu schreiben.

Grüße von
Jochen

 

Zweck heiligt die Mittel

Zuerst, hexy, zuerst möchte ich dir sagen, dass ich Extreme mag. Und da deine Geschichte auch von einer Frau in extremer Situation handelt, dürfte alles in Ordnung sein. Ist es aber nicht. Ich habe einige Zeit gebraucht, um zu begreifen, woran das liegt. Ich bin mir dessen noch nicht ganz sicher, aber es ist wahrscheinlich deine larmoyante Art, die ich nicht mag. Oder deine Schwarz-Weiß-Malerei. Deine in die Geschichte eingebrachte Emotionalität verstellt dem Leser den Blick, er kann nicht umhin, er muss sich auf die Seite des Opfers stellen – so suggestiv arbeitet auch die Boulevardpresse.*

Es mag ja Dinge wie die von dir geschilderten geben - in der Fantasie, wohlgemerkt -, aber müsste das auf einem nächtlichen Autobahnparkplatz geschehen? Auf dem zwei, drei Autos und mehrere LKWs parken und deren Insassen sich anscheinend in der Luft auflösten als drei Kerle eine große, kräftige und sich wehrende Frau zu einem der LKW zerrten. Dass Frauen auf dunklen Parkplätzen überfallen werden ist ein weit verbreitetes Vorurteil, es wundert mich nicht, dass deine Geschichte diese Erwartungen des Publikums bedient.

Und wir, das Publikum, werden auch weiter bedient. Man/frau braucht nur die „richtigen“ Worte zu nennen Nackt an die Wände gefesselt. Beschmutzt, benutzt, gequält, verbrannt, gepeitscht, missbraucht „, schon weiß man/frau, die, die das gemacht haben, das können nur elende Sadisten sein, die zu dem noch so dumm sind und die Frau hinterher ruhig gehen lassen, sie wissen genau, die ist so fertig, die wird sich keine Gesichter merken oder Nummer aufschreiben, sie wird nur froh sein mit dem Leben davon zu kommen, im Zweifelsfalle wird sie sich auf ihr Privileg, wenig sinnvoll zu handeln, berufen … ach, es sind zu viele Ungereimtheiten in dieser Geschichte, im Bestreben danach, alles möglichst grausam darzustellen, unterlaufen dir Dinge wie „an die Wände gefesselt“, klar, eine Wand ist zuwenig, schließlich quälen sie die Männer mehrere Stunden, da müssen sie sie mal an die und mal an die andere Wand des Lasters fesseln, ich glaube, dir, hexy, ist deine Fantasie durchgegangen, denn nur in einer Fantasie sind Dinge wie von dir geschilderten möglich, deinen späteren Beteuerungen, dies ist so ähnlich deiner Freundin wirklich passiert, zum Trotz.

Diese Rechfertigungsversuche sind überhaupt ein Ärgernis, um von deiner angeblichen Absicht, auf diese Dinge aufmerksam machen zu wollen, ganz zu schweigen, ich glaube, Chica hat Recht mit ihrer Vermutung, du wolltest mit dieser Geschichte schnell Aufmerksamkeit erregen, du selbst lieferst den Beweis dafür, dein Hinweis auf so und so viele Tausend Besucher, die deine Geschichte schon gelesen hätten, sagt alles.

Dion

* Ich habe einmal per Zufall einen Prozessbericht in der Süddeutschen Zeitung und einen in der Bildzeitung gelesen. Beide berichteten von ein und demselben Prozesstag, beide gaben in ganze Passagen die Worte des Angeklagten wieder, und doch entstanden vor mir zwei gänzlich verschiedenen Bilder des Angeklagten. Durch geschicktes Weglassen ganzer Sätze oder Hinzufügen von Kommentaren an den „richtigen“ Stellen, wurde der Angeklagter bei der Bildzeitung zu einem Monster hochstilisiert – übrigens ganz im Sinne der damals herrschenden öffentlicher Meinung -, während der Bericht der SZ ein Bild eines jungen Menschen zeichnete, der sich in einer Zwangssituation befand, und aus der er sich anscheinend nur mit Gewalt befreien konnte.

 

Ach Dion, ich weiß nicht, warum Du das so siehst. Vielleicht sollte ich diese Geschichte hier löschen lassen, aber aus einem ganz einfachen Grund: diese Geschichte ist eine wahre. Zu jeder Zeile, zu jeder Handlung. Vom schneiden in die Haut bis zum rausfallen aus dem Laster. Auch wenn Du das als überzogen siehst. Natürlich will ich den Leser polarisieren. Natürlich soll er zum Täter sagen: Du Schwein! Denn das sind sie. Wie soll ich Menschen anders sehen, die SO ETWAS in echt tun? Die Frauen schnappen (welche Frau hätte eine Chance gegen drei, wenn sie nicht Lara Croft ist?), mit ihr die perversesten Dinge tun, quälen, misbrauchen, zerstören. Ich bin dabei, wenn sie sich schneidet, weil sie es nicht anders auszuhalten glaubt. Wenn sie nur noch unter Drogeneinfluss überhaupt schlafen kann, weil die Bilder in ihr und auf ihrem Körper sie wieder in die Missbrauchsituation bringt.

DU regst Dich auf, weil ich schrieb, dass die Geschichte über 6600mal gelesen worden ist. Ich könnte mich aufregen, weil es erst so wenige sind. Alle, die sich mit erotischen Geschichten im Netz beschäftigen, sollten von noch mehr Realergebnissen lesen, was passieren kann, wenn sich perverse Sexualität entlädt.

Ein wenig enttäuscht bin ich von Deinem Kommentar schon, Dion. Aber wie immer kann mans nicht allen recht machen.

In diesem Sinne, Grüße, Maike

PS: Den eigentlichen Hit finde ich:

Dass Frauen auf dunklen Parkplätzen überfallen werden ist ein weit verbreitetes Vorurteil,
Bist Du blind oder nur ignorant? Das ist ja wohl nicht Dein Ernst?

 

Ich habe noch mal nachgedacht über deine Geschichte, hexy. Deine Intention ist ehrenhaft, aber meiner Meinung nach wirst du damit keinen Mann mit Vergewaltigungsfantasien von seinem Denken abbringen - höchstens vom Tun, aber davon später. Die von dir geschilderte Tat ist nicht die "typische" Vergewaltigung, sondern ein Ausnahmefall, der natürlich aufgrund der besonderen Brutalität Interesse findet und dadurch den fälschlichen Eindruck erweckt, an jeder Ecke lauerten Kerle wie die in deiner Geschichte.

Das "normale" Vergewaltigungsopfer kennt den Täter oft und schweigt deshalb: Vergewaltigung innerhalb einer Beziehung, date rapes, bei denen die Weigerung der Frau nicht ernst genommen wird, scheinbare Fetenscherze unter Alkoholeinfluss.

Was du in "Opfer" schilderst, sind sog. Soziopathen: Ihnen fehlt jegliche Fähigkeit zum Mitleid und zur hemmenden Einfühlung in ihr Opfer - pathologische Kriminelle. Zwar sind es solche Fälle, die das alte Mütterchen dazu bringen, ihr Wahlkreuzchen beim jeweiligen Law-and-order-Kandidaten zu setzen und das dritte Türschloss anzubringen, aber sie sind zum Glück nicht häufig - jedenfalls hierzulande. Doch diese Täter sind kaum therapierbar und lassen sich leider auch nicht beeindrucken von einer Geschichte wie "Opfer". Der nachgewiesene Effekt, wenn Menschen mit einer Vielzahl von Berichten dieser Art konfrontiert werden bzw. sie bei ihrer Informationssuche aktiv herausfiltern, ist der, dass ein unangebrachtes Gefühl von konstanter Bedrohung geweckt wird. Das hat dann zur Folge, dass der persönliche Bewegungsspielraum unnötig eingeschränkt wird (wenn sich Frauen nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr allein auf die Straße wagen) und kann im schlimmsten Fall zur typischen Opferpersönlichkeit führen.

Allerdings glaube ich an die kathartische Funktion der Fantasie. Meiner Meinung nach ist es auf Dauer schädlicher, gewalttätige Wunschvorstellungen zu unterdrücken, als sich ihnen zu stellen (was ja nicht automatisch heißt, sie auszuleben). Wer weiß, vielleicht hat manch ein Mann sich einen runtergeholt beim Lesen deiner Geschichte; aber wenn unter den Tausenden von Lesern schon einer ist, der seine Fantasien von gewalttätiger Sexualität dadurch abreagieren kann und sich kein echtes Opfer greift, dann hast du mit "Opfer" der Gemeinschaft einen wertvollen Dienst erwiesen.

Liebe Grüße,
Chica

 

Ich danke Dir, Chica, dass Du Dir so viele Gedanken über diese Geschichte gemacht hast.

Im Prinzip kann ich mich nur wiederholen. Ich weiß, dass zum Glück Vergewaltigungen dieser Art (noch) eine Ausnahme stellen. Ich will hoffen und beten, dass sie es auch bleiben. Nicht nur für mich persönlich und für meine Tochter, oder jene, die ich kenne oder die mir nahestehen, sondern egal für wen, Mann oder Frau, Mädchen oder Junge.

Natürlich hoffe ich nicht, dass sich einer mit dieser Situation, wie ich sie erzählt habe, einen runterholt.
Was ich vielmehr hoffe ist, dass sich einer, der es in der Phantasie vielleicht geil fände, sich eine Frau zu schnappen (ja, grade um nochmal auf Dions Vorwürfe einzugehen, wie es klischeehaft in Filmen oder sonstwo dargestellt wird) und mit ihr was auch immer auslebt, seine Machtgier, seine eigenen Damönen oder sein gestörtes Verhältnis zu Sex, dass also gerade so einer vielleicht einhält. Nachdenkt und es nicht in die Tat umsetzt.

Chica, ich will einfach etwas tun, ich kann nicht die Augen verschließen.

Wie auch schon gesagt, hab ich diese Geschichte für ein anderes Board geschrieben. Auch wenn Dion es nicht glaubt, hat sie mittlerweile sogar über 6700 Leser gefunden. Was immer die von ihr halten, werden sie doch kurz darüber nachdenken.

Missbrauch hat Folgen. Köperliche, seelische. Egal in welchem Alter, egal wie brutal ausgeführt.

Wenn nur einer von den 6700, der vielleicht in Gedanken mit einem derartigen Szenario spielt, davon abgehalten wird, es in die Tat umzusetzen, dann ist sie ein Erfolg.
Auch wenn ein echter Mensch dahinter steckt. Der den Rest seines oder ihres Lebens darunter leiden wird. Vielleicht grade.

Ob Ihr es mir glaubt oder nicht. Die Geschichte ist real. Passiert im Januar vor wenigen Jahren. Vielleicht habt Ihr nachts die Suchaufrufe der Polizei im Radio nach einem LKW gehört. Vielleicht habt Ihr die Beilage in der Tageszeitung gelesen. Vielleicht habt Ihr wen besucht, der gleichzeitig wie sie in der Psychatrie war, weil sie nicht mehr zuhause bleiben konnte. Vielleicht wart Ihr auch nur in Ihrer Nähe und habt die Narben auf ihren Armen gesehen oder auf ihrem Halsauschnitt eines T-Shirts und euch gewundert. Vielleicht habt ihr auch die Angst in ihren Augen gesehen, wenn sich jemand eine Zigarette anzündet.

Vielleicht werdet Ihr das nicht glauben, weil SOWAS nicht passieren kann und alles nur für übertriebene Publicity-Sucht haltet. Aber ich hoffe, vielleicht überlegt ihr, auch Du, Dion, dass es vielleicht, vielleicht Tatsache sein könnte.

Ich entschuldige mich, dass ich jetzt stellvertretend auf Dion rumreite. Ich bin nur immer noch geschockt, dass er oder sie (hab keine Ahnung, ob Dion Männlein oder Weiblein ist) es zu behaupten wagt, sowas wäre nicht möglich. Und nebenbei gesagt, ist diese Geschichte nicht meine meistgelesene. Also bräuchte ich auch damit nicht angeben. Frag ich mich, wieviele Menschen schon Dions Geschichten gelesen haben, damit sich einer über 6700 ärgert ... ?

Aber, nix für ungut. Ich bin einfach eine Ziege mit Haaren auf den Zähnen. Sorry.

Maike

 
Zuletzt bearbeitet:

Oha!

eigentlich machen mich derart bittere Geschichten, zudem, wenn sie einen realen Hintergrund haben, eher wortkarg und mein erster Kommentar war ja auch dementsprechend kurz.

Jetzt möchte ich aber doch ein paar Gedanken loswerden, die mir bei der Geschichte und vor allem bei den Kommentaren gekommen sind.

Zunächst einmal zu dem Kommentar von Chica: Bei Maike bin ich ausgesprochen sicher, daß es ihr nicht um Publicity geht. Maike ist, das durfte ich in vielen sehr persönlichen Gesprächen erfahren, ein Mensch, der Dinge, die ihr wichtig sind, nicht leer im Raum stehen lassen kann. Ich bin Maike für ihre Ehrlichkeit, die manchmal wehtun kann, dankbar. Aber genau diese manchmal bittere Ehrlichkeit zeigt mir, daß ihr bestimmte Anliegen wesentlich wichtiger sind, als Erfolg beim Publikum. Sorry, Maike, wenn ich hier so "über" Dich rede, aber das war mir jetzt auch mal wichtig.

Zu Jochen: Normalerweise ist das Schöne an diesem Board gerade auch die penible Kritik der Kommentatoren, die einem hilft, die eigenen Geschichten gegebenenfalls hier und da weiter zu verbessern. Auch eine solche Geschichte hier erträgt einen derartigen Kommentar, der sich auf die Form bezieht. Ich schätze Maike Geschichten sehr, aber eine Geschichte sollte nicht nur wegen ihres Themas über jeder Kritik stehen. Ansonsten muß ich Dir insoweit Recht geben, daß ich in diesem speziellen Falle die formalen Kritiken gegenüber den inhaltlichen als geradezu langweilig erachte.

Zu Dion: Auch wenn ich zu den dummen Menschen gehöre, die nicht einmal etwas mit dem Begriff "larmoyant" anfangen können, erlaube ich mir, Dir deutlich eine gewisse Kurzsichtigkeit vorzuwerfen. Bei einer Vergewaltigung, beim Antun von Gewalt, setzt die Situation bereits von sich einen Schwarzweißkontrast. Pauschale Verharmlosungen, daß die Opfer immer mitschuldig sein, daß Frauen von Vergewaltigungen heimlich träumen, daß Vergewaltiger doch nicht so schlimm sind, daß - ach was weiß ich, wie sie noch alle lauten - , all diese Verharmlosungen führen dazu, daß die Opfer nach der eigentlichen Vergewaltigung auch noch Opfer der verurteilenden Gesellschaft werden. Sie führen dazu, daß ein Verbrechen, das Menschen für ihr Leben zeichnet, lieblich verharmlost wird. Was Du ansonsten als Ungereimtheiten angibst, ist bei genauerer Betrachtung durchaus nichts Ungereimtes. Die anderen Parkplatzbenutzer werden kaum etwas gemacht haben. Es würde mich nicht einmal wundern, wenn sich diese Personen nicht einmal im Nachhinein bei der Polizei gemeldet haben. Aus dem, was mein Bruder aus dem Polizeialltag berichtet, ist es am hellichten Tag kein Problem, in einer belebten Fußgängerzone einen Überfall zu begehen. Oder denke nur an die Bilder, die vor einigen Jahren durch die Nachrichten gingen: Zwei Banditen, die mit ihren Entführungsopfen mitten in einer überfüllten Fußgängerzone entzückt Interviews gaben. Es gibt Menschen, die nicht nur hinschauen, leider sind es zu wenige. Und wenn Du nur einmal in einen stinknormalen Kastenaufbau eines LKW hineingeschaut hast, so sind dort eigentlich immer Ösenleisten wie kleine lange eingelassene Leitern , meist auf mehreren Höhen zu finden, um genau das zu tun: Objekte an eine Wand zu binden. Und was das dritte Argument angeht, so halte ich die Situation auch hier für sehr wohl realistisch. Zum Einen ist ein blutendes, zitterndes Bündel Mensch wohl kaum in der Lage, sich um so intertessante Details wie Nummernschilder zu kümmern, zum Anderen ist die geschilderte Tat wohl, so, wie ich es mir vorstelle, weniger ein exakt geplantes Verbrechen, sondern eher aus dem Moment und einer Gruppendynamik entstanden. Ist die Tat erst vollbracht und die Täter haben sich gegenseitig ihrer "Stärke" gerühmt, ist das Ende ebenso ungeplant und tritt wohl zunächst aus dem direkten Blickfeld der Täter.
Klar, vieles davon ist eben "mein" Blickwinkel, aber auch diese Sicht der Dinge ist durchaus möglich und sollte deutlich machen, daß Dein Angriff, liebe(r) Dion, zwar unter die Gürtellinie geht, aber recht vorschnell geschossen ist.

Ansonsten: Was ich an der Geschichte vor allem positiv finde, ist die Diskussion, die sie auslöst.

In diesem Sinne freundliche Grüße

Gregor

 

Stammtischthemem sind immer gut für die Auflage

Du irrst, Maike, wenn du meinst, ich rege mich wegen der 6600 bzw. jetzt schon 6700 Leser (schaust du wohl jeden Tag nach, wie viele sie schon geworden sind?) auf, die deine Geschichte auf einem reinen Sex-Geschichten-Server gelesen haben – ich habe lediglich deine diesbezügliche Äußerungen als heischen nach Publikum gedeutet.

Zum zweiten, es spielt überhaupt keine Rolle, ob eine Geschichte auf realem Hintergrund basiert oder frei erfunden ist, entscheidend ist die Qualität der Geschichte. Auch irgendwelche Intentionen des Autors sind nebensächlich, solange sie nicht sichtbar werden.

Aber bei dir ist das alles nicht der Fall. Deine Absicht ist klar erkennbar, du schreibst, um anzuklagen. Vielleicht gibt es hier Leute, die das brauchen, um sich öffentlich über diese ach so böse Welt aufzuregen – das sind Stammtischthemen, die werden bestens von der Bildzeitung etc. beliefert, ich habe schon darauf hingedeutet, dass deine Geschichte in diese Kategorie gehört.

Auch mit der Logik ist es bei deiner Geschichte nicht weit her, doch du gehst nicht darauf ein, stattdessen sagst du Sätze wie diese:

Bist Du blind oder nur ignorant? Das ist ja wohl nicht Dein Ernst?
bezogen auf eine Aussage, die aus einem Polizeibericht stammt – ich habe sie nur sinngemäß wiedergegeben.

Zu deiner Aufklärung zitiere ich aus einem Dokument der Polizei:
So mancher denkt: Gewalt spielt sich "irgendwo da draußen" ab - fernab vom persönlichen Umfeld. Gerne werden Gewaltdelikte "einschlägigen Kreisen" zugeordnet, mit denen man weder gezielt noch zufällig Berührungspunkte hat. Ein für viele unvorstellbarer Gedanke: Gewalt könnte auch durch eine nahestehende Person ausgeübt werden. Genau das aber ist an der Tagesordnung.
Die Statistik belegt: Gerade dort, wo sich Menschen besonders sicher und geborgen fühlen, tritt Gewalt überdurchschnittlich häufig auf: In häuslicher Umgebung und in vertrauter Umgebung. Hier kommt es zur sogenannten Sexuellen Gewalt - beispielsweise zu Gewaltandrohung, Sexueller Nötigung oder Beschränkung der Bewegungsfreiheit.

Und, aus einem anderen Dokument, ebenfalls von der Polizei:
Nach Alter, aber auch nach Geschlecht ist das Opferrisiko bei den Delikten mit Opfererfassung sehr unterschiedlich. So ist das Risiko Opfer einer Straftat zu werden bei Frauen wesentlich geringer als bei Männern.

und weiter im gleichen Dokument über die Aufklärungsquoten in Bayern im Jahre 2003:
Straftaten gegen das Leben 100,8%
Rauschgiftdelikte 97,9%
Urkundenfälschung 97,2%
Freiheitsberaubung, Nötigung,
Bedrohung 93,1%
Körperverletzung 92,0%
Betrug 84,8%
Schwerer Diebstahl 19,6%
Sachbeschädigung an Kfz 18,4%
Taschendiebstahl 4,8%

- Vergewaltigung 88,8%

Ich hoffe, das genügt.

Dion

PS: Hier der Link zu den Dokumenten

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo hexy!

Wer in Freiheit schwimmt,
wird niemals empfinden können,
was einer fühlt, der am Haken hängt.

(Vanessa Redgrave in „Zweiter Aufschlag“, so ungefähr, habs aus dem Gedächtnis zitiert)

Ich hätte Dir wirklich gern eine positive Kritik geschrieben, aber das ist mir leider nicht möglich – zu viel sträubt sich in mir gegen diese und jene Stellen Deiner Geschichte (siehe unten) und auch gegen so manche Aussage in dem Thread.
Dazu möcht ich aber sagen, daß ich die Kritik keineswegs böse meine, auch wenn sie sich stellenweise so liest. Mir ist nur der Pfefferstreuer aus der Hand gefallen, drum ist es so scharf… ;)

Zuerst zur Geschichte:

Es beginnt beim Titel: „Opfer“ – Ich selbst bin „Opfer“ von Kindheit an, durch Mißhandlungen meiner Mutter und auch durch eine versuchte Vergewaltigung, die letztlich eine Nötigung war, und noch einige andere nette Sachen. Aber niemals würde ich eine meiner Geschichten „Opfer“ benennen. Auch bei sim findest Du so etwas glaub ich nicht. – Das ist der erste Punkt, der Dich in meinen Augen von wahren Opfern unterscheidet, und ganz ehrlich: Es wirkt nicht nur der Titel auf mich sensationsgeil – es geht bei der Einleitung gleich weiter…

Das Ritzen und...

Aber ich weiß, dass mein Leben nicht mehr mein Leben ist. Dass ich mühsam jeden Tag nur grade so überlebe und meine Angst vor der Nacht, vor der Dunkelheit, mich schon am Morgen lähmt.
…liest sich für mich wie „Schaut her, wie arm ich bin, ich muß mir selbst weh tun, weil ich so arm bin“.
Auch dieses „Aber ich weiß“ macht auf mich den Eindruck einer selbst nicht betroffenen Schreiberin. Jemand, der die Gefühle hat, der weiß sie nicht – der fühlt sie.

Keine Frage: Wirkliche Opfer brauchen Mit-Leid um das Erlebte zu verarbeiten – aber eben das Opfer und nicht die Freundin des Opfers. Warum hat eigentlich Deine Freundin nicht selbst diese Geschichte geschrieben? Aus ihrer Feder würde sie sicher ganz anders wirken, vermutlich viel mehr betroffen als mitleidheischend, vielleicht sogar mit wesentlich mehr Abstand zum Erlebten.
Aber noch einmal zum Ritzen: Es scheint mir sehr unwahrscheinlich, daß jemand, der vorher glücklich und fröhlich war, durch eine Vergewaltigung, die noch dazu von Fremden ausgeführt wird (was ja wesentlich leichter verarbeitet werden kann, als wenn es durch Verwandte oder Bekannte geschieht), anfängt, sich zu ritzen. Wenn das auf Deine Freundin wirklich zutrifft, dann könnte es sein, daß da noch mehr Unverarbeitetes in ihr schlummert, von Mißachtung durch die Eltern bis zu sexuellem Mißbrauch kann da alles drinstecken…
Manchmal ist so etwas auch ein Punkt, an den man dann alle seine schlechten Gefühle hinschiebt, weil es einfacher ist, als der Wahrheit ins Gesicht zu sehen: Daß die schlechten Gefühle eigentlich schon vorher da waren, durch das Erlebnis nur wieder hochgespült wurden, die wahre Ursache also in der Kindheit liegt und die, die wirklich die Schuldigen fürs Ritzen darstellen, die eigenen Eltern oder sonstige Bezugspersonen sind. Leichter ist es, die Ursache bei diesen Typen zu suchen, denen kann man alle schlechten Gefühle hinterherschieben und die Eltern schonen. – Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich will damit nicht die Tat an sich weniger verächtlich machen – sie kann bloß in meinen Augen nicht allein für solche seelischen Zustände die Ursache sein. Ein seelisch gesunder Mensch steckt das ganz anders weg als einer, dessen Unterbewußtsein schon mit negativen Gefühlen vollgepflastert ist, die bei Bedarf nur abgerufen werden müssen.

Es war Donnerstag, Mitte Januar.
Teilweise, wie hier die Angabe „Es war Donnerstag“, sind mir die Erinnerungen zu genau und obendrein unwichtig für die Geschichte. Meiner Meinung nach würde zum Beispiel „Wir hatten Mitte Jänner. Eisig war es an dem Tag“ viel besser passen.
Aber auch »Zuhause hatte ich den letzten Rest Kaffees in mich geschüttet, dann war ich losgesaust, in Gedanken schon bei den Themen der nächsten Tage« finde ich unangebracht für die Geschichte, und zwar aus dem einfachen Grund, weil sowas in der Erinnerung eher verblaßt bzw. in den Hintergrund tritt, wenn man das danach Geschilderte erlebt hat. – Wenn Du nur kurz erwähnen würdest, daß sie es eilig hatte, vielleicht in Form von „Ich war schon eine viertel Stunde zu spät dran“, reicht das völlig.


Aber jetzt kommt der Punkt, der mich eigentlich am meisten stört:

Wisst Ihr, ich bin eine große Frau. Groß und kräftig, für meinen Geschmack zu kräftig.
… ich warf mir im Spiegel noch einen letzten Blick zu. Da wir immer noch Winter hatten, trug ich eine dicke Jacke über einem warmen, selbst gestrickten Pulli und Jeans. Meine Haare waren knapp schulterlang, dunkelblond und meine braunen Augen blitzten mir kurz zu, bevor ich die Türe aufklappte und mich die Kälte draußen wie immer überraschte.
Warum beschreibst Du sie so? Warum muß sie sagen „Wisst Ihr, ich bin eine große Frau“? Wenn Du willst, daß die Geschichte ganz sicher auch nicht für den einen Leser erregend ist, dann laß das weg. Eine große Frau impliziert lange Beine – etwas, auf das viele Männer stehen. Und dazu auch noch die direkte Anrede – warum sagt sie nicht gleich „Schaut, was ich für lange Beine hab“? „für meinen Geschmack zu kräftig“ läßt den einen Leser dann vielleicht denken „Aha, ein bisschen was dran ist auch an ihr…“ und er hat schon sein komplettes Bild.
Nachdem wir schon wissen, daß Mitte Jänner ist, ist es auch nicht notwendig, sich für das Tragen einer dicken Jacke zu entschuldigen – das alles dient nur einer für die Geschichte völlig irrelevanten Beschreibung, die nur dem einen Leser etwas bringt.
Es kommt mir auch sehr seltsam vor, daß eine Frau, die von ihrer Vergewaltigung erzählt, sich dabei Gedanken um ihre Figur macht („für meinen Geschmack zu kräftig“).
Der Spiegel: Gibt es in Deutschland tatsächlich finstere Autobahnparkplätze, wo Spiegel in den Toiletten hängen? :eek: – Oder dient der Spiegel nur dazu, die schulterlangen, dunkelblonden Haare und die blitzenden braunen Augen auch noch schnell unterzubringen? – Ich bin noch nie beim Schreiben einer Geschichte, in der ich reale Erlebnisse aufgearbeitet hab, auf die Idee gekommen, mich selbst körperlich zu beschreiben, und mir fällt jetzt auch keine Geschichte von anderen Autoren ein, bei denen ich weiß, daß sie real sind, in der das der Fall wäre, insbesondere, wenn sie in Ich-Form geschrieben ist (außer, es geht um für den Plot relevante Äußerlichkeiten). Es geht doch um das, was man empfindet und nicht um das, wie man aussieht.
Scheinbar aus dem Nichts, aber eben aus der winterlichen Dunkelheit tauchten drei Kerle auf.
So dunkel, daß jemand plötzlich aus dem Schwarz auftaucht und vor einem steht, ist es wohl auch auf einem Autobahnparkplatz nicht. Vielleicht sind sie ja von hinten gekommen – dafür muß man sich nicht mit der Dunkelheit rechtfertigen.
Den Unterschied zwischen winterlicher und sommerlicher Dunkelheit kenne ich auch nur so, daß es im Winter früher finster wird, was aber mit der Dunkelheit an sich nichts zu tun hat. Eher ist es im Winter heller, wenn Schnee liegt und das wenige Licht reflektiert, ohne Schnee ist die Dunkelheit zumindest annähernd dieselbe (wenn man vom unterschiedlichen Sternenbild am Himmel absieht), und daß Winter ist, wissen wir ja ohnehin schon. ;-)
Einer packte mich rechts, einer links und der Dritte hielt mir von hinten den Mund zu.
Wenn ich mir das so vorstelle, war es für die drei wohl ein ziemliches Gedränge, was doch ziemlich unpraktisch ist. :shy:
Dann zerrten sie mich weiter in die Finsternis
Eben war es schon so finster, daß Menschen aus dem Nichts auftauchten, und jetzt wird es noch finsterer?
Es war dunkel, der Laster war dunkel, dunkelrot? Irgendetwas stand auf dem Auflieger, aber was, konnte ich in meinem Entsetzen nicht entziffern.
Deutet dieses „dunkel“ an, daß es jetzt wieder heller ist? ;-) Da es ja eben schon dermaßen stockfinster war, muß es so sein, sonst könnte sie die Farbe des LKW nicht erkennen und auch nicht sehen, daß eine Aufschrift darauf ist.
Ich schrie, laut, so laut ich konnte. Was ich schrie? Ich weiß es nicht mehr. Hilfe? Ihr Schweine? Ich weiß es nicht.
Das klingt auf mich so, als hättest Du selbst hier beim Schreiben überlegt, was sie wohl geschrien haben könnte.
Ich mag direkte Anreden des Lesers eigentlich überhaupt nicht, wie vorhin das „Wisst Ihr …“, am allerwenigsten mag ich es aber, wenn mir als Leser eine Frage in den Mund gelegt wird, die ich ja vielleicht gar nicht gestellt habe, wie es bei »Was ich schrie?« der Fall ist.
Deine Protagonistin ist übrigens unglaublich mutig, wenn sie sich da noch schreien traut. Bei mir war es nur einer und der war nicht so brutal, aber ich hätte mich das niemals getraut.

Auch von der Tat selbst sind mir die Beschreibungen zu ausführlich – daß sie jede Bewegung so genau im Kopf hat, wirkt unglaubwürdig auf mich. Das würde anders wirken, wenn Du die Geschichte als Außenstehende beschreibst.

Im Nu war einer neben mir, kniete sich auf mich und schlug mir ins Gesicht. Mein Kopf flog zur Seite, krachte auf den dreckigen Boden
Daß der Boden dreckig war, ist auch so ein Punkt, der mir zu überzogen klingt. Wenn der Kopf auf den Boden kracht, tut das in erster Linie weh – der Dreck ist in dem Fall Nebensache, die Erwähnung wirkt auf mich wiederum mitleidheischend.
Auf dem Rücken rutschte ich in wilder Panik nach hinten
“in wilder Panik“ paßt einerseits auch nicht unbedingt in die Ich-Erzählung, andererseits kann ich mir das als Leser ganz gut vorstellen, die Erwähnung ist überflüssig.

Auch hier wieder:

Ich blickte in meiner Panik um mich
Nackt an die Wände gefesselt.
Den Einwand von Dion finde ich hier berechtigt. Sie kann nicht zugleich an mehrere Wände gefesselt sein – „Nackt an die Wand gefesselt“ wäre besser. Es stellt sich mir nur die Frage: Für wen dieses Bild der an die Wand gefesselten Frau?
Beschmutzt, benutzt, gequält, verbrannt, gepeitscht, missbraucht und voller Ekel und Entsetzen gegen mich selbst.
Würde ich so einen Satz in meine realen Geschichten schreiben, würde ich wohl keine Kommentare bekommen, weil jeder sagen würde, ich wolle nur Mitleid erzeugen…
Ich glaube, es war der, der mir als Erster ins Gesicht gepisst hatte, nachdem der letzte noch in meinem Hinterteil steckte und der dritte mir genüsslich seine hundertste Zigarette auf den Brüsten ausgedrückt hatte.
Hier hab ich – abgesehen davon, daß ich die Stelle auch für überflüssig halte – Probleme mit der Vorstellung: Wenn einer in ihrem Hinterteil steckt, nehm ich an, sie kniet mit dem Gesicht Richtung Boden oder liegt am Boden auf dem Bauch. Dabei kann man ihr aber doch schlecht ins Gesicht pissen und auch, die Zigaretten auf der Brust auszudrücken, ist etwas umständlich. – Klingt also nicht sehr real, eher so, als hättest Du schnell drei Tätigkeiten kombiniert, die Dir gerade eingefallen sind, ohne darauf zu achten, daß sie zusammenpassen.
Ich war nackt, es war mir egal.
Nach so einem Erlebnis ist es ihr egal, nackt zu sein? Wo man doch eher etwas Schützendes um sich haben will? Sie hat sich auch später nicht angezogen? :shy:
Und blieb im Auto sitzen. Es war nach Mitternacht. Um sieben war ich auf der Toilette gewesen. Ich glaube, ich wusste noch nicht einmal mehr meinen Namen.
Den hörte ich, als eine meiner Bekannten plötzlich an meiner Autotüre stand und entsetzt meinen Namen rief.
Immer noch nackt?
Wieso glaubt sie nur, ihren Namen nicht mehr gewußt zu haben, weiß aber zugleich, wie spät es war, als sie auf die Toilette ging?
Auch dieser Punkt scheint mir nicht ganz zu passen: Offenbar wohnt die Bekannte dort, sonst würde sie ja nicht frühmorgens vor ihrer Autotüre stehen, möglicherweise ist es auch ein Studentenheim oder so. Warum aber geht die Protagonistin wer weiß wo aufs Klo und dann wieder ins Auto zurück, statt die sichere Wohnung aufzusuchen?

Jetzt noch kurz zu ein paar Aussagen:

hexy schrieb:
ich denke, gerade die Täterperspektive wäre doch am ehesten ... erregend für den Leser, denn der Täter ist ja grade scharf darauf, zu tun, wonach immer es ihn gelüstet.
Deiner Vermutung kann ich nicht zustimmen. Solchen Männern geht es darum, Macht über die Frau zu haben und sie leiden zu sehen. Es braucht dafür nicht die Täterperspektive, die denkt er sich ohnehin selbst dazu.
Chica schrieb:
Mein Kommentar beginnt mit einer Bedingung: Solltest du in dieser Geschichte sowie in "Willkommen in meiner Welt" eigene Erfahrungen mit Missbrauch und Gewalt aufarbeiten und dadurch Trost und Hilfe erfahren, bitte ich dich sehr, nicht weiterzulesen.
Liebe Chica, warum sollte jemand, der davon betroffen ist, nicht auch darüber diskutieren können?
Opferliteratur ist eine sichere literarische Investition.
Opferliteratur sollte aber, wie schon der Name sagt, auch von Opfern geschrieben werden, und nicht von Leuten, die sich literarisch drauf aufbauen wollen und schreiben, was sie sich so vorstellen.
Opferliteratur ist auch nur dann wertvoll, wenn sie die Wahrheit – die selbst erlebte oder mindestens mit-erlebte Wahrheit (z.B. die Tochter von der geschlagenen Mutter) – spricht. Alles andere verwässert nur die Phantasie mit der Realität und bringt im Endeffekt dann niemandem etwas.

Juxi schrieb:
dem Leser die Chance zu geben, sich in die Opferrolle zu versetzen und mit dem Opfer zu leiden
Das ist auch so eine Sache: Mit realen Opfern zu leiden bringt den Opfern etwas, da jedes Mit-Leid natürlich auch einen Teil des Leides vom Betroffenen nimmt. Wie, wenn man aus dem vollen Rucksack ein Stück in einen anderen Rucksack geben darf.
Es gibt nicht viel Mitleid auf dieser Welt, und Geschichten, die nicht von Opfern selbst geschrieben wurden, sondern oft rein aus der Phantasie entstanden sind, ziehen von diesem Mitleid auch noch einen guten Teil ab. In einer Phantasiegeschichte mitzuleiden ist wie Wasser auf den Asphalt zu gießen, statt in die trockene Erde.

Dion schrieb:
Aufklärungsquoten in Bayern im Jahre 2003
- Vergewaltigung 88,8%
Ich hoffe, das genügt.
Nicht ganz: Die Aufklärungsquote bezieht sich nur auf die angezeigten Fälle. Die Dunkelziffer und damit die Quote nicht aufgeklärter Fälle liegt weitaus höher.


So, ein paar Kleinigkeiten noch:

»Zuhause hatte ich den letzten Rest Kaffees in mich geschüttet«
– „den letzten Rest Kaffee“ (ohne -s) oder „den letzten Rest des Kaffees“

»setzte ich den Blinker und rollte in den nächsten Parkplatz«
– rollte auf den nächsten Parkplatz

»Einer packte mich rechts, einer links und der Dritte hielt mir von hinten den Mund zu.«
– der dritte

„Der Andere trat mir gegen die Beine, so, dass ich stürzte, dann kann der Dritte und gemeinsam warfen sie mich in den Anhänger.“
– Der andere … dann kam der dritte

»Ich hörte ein Geräusch und ein Lachen, dann drückte mir einer Paketband über die Lippen. Ich versuchte wieder zu schreien, aber ich hörte selbst, dass nur eigenartige Geräusche aus meinem Hals kamen.«
– zweimal „ich hörte“, würde das zweite streichen und schreiben: aber es kamen nur eigenartige Geräusche aus meinem Hals.

»und ich sah mich den Dreien gegenüber«
– den dreien

»und der dritte mir genüsslich seine hundertste Zigarette auf den Brüsten ausgedrückt hatte.«
– auf der Brust (diese eine Zigarette ist nur eine, die wird er auch nur auf einer Brust ausdrücken)

»„Geh!“, sagte er, „Geh!“«
– sagte er. „Geh!“

»der mich gehen ließ, warf mir einen mitleidigen Blick zu, als ich einfach auf den Boden fiel, draußen.«
– warum muß das „draußen“ so hintenangestellt sein? Besser: als ich draußen einfach auf den Bode fiel.


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Susi,

ich danke Dir für die ausführlichen Worte zu meiner Geschichte. Tatsächlich ist Dein Kommentar der, mit dem ich am meisten anfangen kann. Darf ich zu einigen Dingen darin Bezug nehmen?

Zunächst der von mir gewählte Titel. Bewußt gewählt, denn ich wollte im Sevac-Board schon vom Titel zeigen, dass diese Geschichte eine andere ist. Keine, in der es um erotische Erlebnisse gleich welcher Art geht. Für mich war 'Opfer' ein Synonym dafür, was übrigbleibt, wenn die Gier nach Macht und Gewalt Realität werden.

Dann zum Ritzen. Ich weiß, dass für solch ein Verhalten mehrere Gründe meistens vorhanden sind. Leider kenne ich nicht nur eine, die sich das antut. Hier bei jener , Freundin, deren Erlebnisse ich mit meiner Geschichte verquickt habe, ist zumindest der Grund, den sie dafür angiebt jener, dass sie Flashbacks hat. Und sie hat für sich herausgefunden, dass sie sich teilweise durch das Schneiden herausholen kann aus der Situation. Sprich, dass sie wieder im Hier und Jetzt ist und nicht mehr im Laster.

Du schreibst auch, dass Dir die genaue Nennung dessen, was vorausging, der Kaffee, dass es Donnerstag war zu genau ist. Geht es Dir nicht auch manchmal so, dass Dir einige Dinge einfach genauer im Gedächtnis bleiben, und andere nicht? Aber ich finde Deine Kritik durchaus konstruktiv, und ich werde nachher meinen Text auch ändern. Warten wir ab, wie ich das hin bekomme ...

Warum ich eine Personenbeschreibung eingefügt habe? Einfach, weil ich klar machen wollte, dass diese Frau, der hier alles passiert, keine ist, die man vielleicht als lockende Beute, weil leichte Beute ansehen mag. Sie ist kein kleines Püppchen, das man sich so einfach unter den Arm klemmen kann. Keine verhuschte, zögerliche Frau. Sie ist eine gestande Frau, die sich Gedanken um sich selbst gemacht hat. Die weiß, was sie will und was sie ist. Vielleicht hätte ich das auch viel kürzer machen können. Vielleicht hab ich mich durch andere Geschichten auch einfach hinreissen lassen, meine Protagonistin zu deutlich vorzustellen.

Das mit der Finsternis und der Dunkelheit ... Tja. Wie ist es zu beschreiben, dass plötzlich jemand auftaucht, den ich vorher noch gar nicht bemerkt habe? Im Winter ist es um sieben am Abend schon relativ dunkel. Ein Parkplatz an der Autobahn ist normalerweise am Häuschen beleuchtet, aus dem Licht heraus geht man ins Dunkel und erkennt zunächst mal wenig. Geht zumindest mir so.

Ich schrie, laut, so laut ich konnte. Was ich schrie? Ich weiß es nicht mehr. Hilfe? Ihr Schweine? Ich weiß es nicht.

Dieses 'was ich schrie' wollte ich sie eigentlich selbst fragen lassen. Könnte ich mich erinnern, womit ich die Jungs in dem Moment angeschrieen hätte? Ich glaube nicht. Aber okay.

Es stellt sich mir nur die Frage: Für wen dieses Bild der an die Wand gefesselten Frau?

Das verstehe ich nicht ganz. Für wen das Bild? Für sich, wie sie sich sieht in der Erinnerung? Für den Leser, um ein Stück mehr in ihr Entsetzen zu tauchen? Und danach sagst Du, dass
Beschmutzt, benutzt, gequält, verbrannt, gepeitscht, missbraucht und voller Ekel und Entsetzen gegen mich selbst.
Mitleidheischende Worte wären. Nunja, warum nicht? Warum kein Mitleid mit ihr. Ich höre schon Leute, wie vielleicht Dion, sagen, naja, was werden die schon mit ihr gemacht haben? Sie vergewaltigt vielleicht und vielleicht geschlagen. Aber nein, so war es nicht! Sie wurde auf sadistischte Art und Weise gequält. So, dass es fast mehr ein Gewaltverbrechen war, wie ein Sexualdelikt, obwohl sie mehrfach von allen missbraucht wurde. Warum sollte ich es dem Leser, der es nicht wahrhaben will, nicht deutlich machen? Mitleidheischerei? Nein, so seh ich es nicht. Vielleicht würde ich es anders sehen, wenn es nur eine Geschichte wäre. Hm, wenn ich länger darüber nachdenke, mag das sein. Okay. Mit mehr Abstand betrachtet mag es 'reisserisch' erscheinen.

Auch dieser Punkt scheint mir nicht ganz zu passen: Offenbar wohnt die Bekannte dort, sonst würde sie ja nicht frühmorgens vor ihrer Autotüre stehen, möglicherweise ist es auch ein Studentenheim oder so. Warum aber geht die Protagonistin wer weiß wo aufs Klo und dann wieder ins Auto zurück, statt die sichere Wohnung aufzusuchen?

Hab ich das zu undeutlich geschrieben? Sie ist mehrere Stunden im Auto unterwegs und muss unterwegs mal Pipi. Dann passiert ihr das. Sie kommt frei und weiß nichts anderes, wie einfach weiterzufahren. Wickelt sich in ihre Jacke, fährt in der Tat noch über eine Stunde, bis sie da ankommt, wo sie ursprünglich hin wollte. Ab da kann sie nicht mehr, bleibt einfach im Auto sitzen, bis sie wer findet, die sich schon Sorgen gemacht haben, weil sie nicht pünktlich war. Die sie dann auch ins Krankenhaus bringen und die Polizei rufen. Die dann auch sofort eine erfolglose Fahndung einleiten. Was ich aber in der Geschichte nicht mehr geschrieben habe. Denn ich wollte die Bilder, die sie in ihren Flashbacks sieht, und die sie zum schneiden veranlassen erzählen.

Häferl, ich weiß nicht, was ich Dir sagen soll, dass Du selbst Missbrauch erlebt hast. Genauso wortlos war ich, als meine Freundin es mir erzählt hat. Wortlos bin ich auch noch heute. Wortlos, weil ich keine Worte habe, um ihren Schmerz zu nehmen und ihre Angst. Wortlos, weil ich es nicht verstehen kann, wie Menschen anderen Menschen so etwas antun können.Wortlos bin ich allerdings nicht, um zu versuchen, mit meinen Worten ihre Augen zu öffnen. Ich bin nicht wortlos, um jene anzuklagen, sie missbrauchen. Die Worte dieser Geschichte, sind meine. Das erleben war das ihre. Sie hat ihre Geschichte auch aufgeschrieben und sie anderen erzählt. Freunden und Fremden. Ihre Worte sind andere. Natürlich. Sie sind auch viel distanzierter. Aber das Grauen, das mich dabei befällt ist dennoch da. So gesehen hast Du recht, wenn Du sagst, man muss nicht alles deutlich beschreiben, um einen Effekt beim Leser zu erzielen. Für mich waren die Worte, die ich wählte, jene, mit denen ich das Geschehen vor meinen Augen sehe.


Jetzt ich aber auch noch eine Frage zu der Täterperspektive. Wenn ich versuchen müsste, aus dieser Sicht zu schreiben, müsste ich mich in ihn hineinversetzen und mir ausmalen, warum er Lust und Erregung darin findet, zu quälen und zu missbrauchen. Geschweige denn, dass ich das könnte, aber nur mal angenommen, ob. Dann müsste ich doch so glaubhaft schreiben, dass mir mein Leser nachfühlen kann, was ich empfinde. Und damit würde ich doch dann etwas initiieren, was ich im Grunde ja genau nicht will: die Lust auf Machtmissbrauch. Oder nicht?

Auch mit Deiner Definiton von Opferliteratur bin ich nicht ganz einverstanden. Demnach könnte ja auch nur jener gute Krimis schreiben, der selbst mordet?

Zu Dions Aufklärungsquote in Bayern ... Diese Zahlen sehen ja alle ziemlich nett aus. Aber grade in der von ihm zitierten Auswahl der Fälle von Missbrauch im häuslichen Umfeld ist die Dunkelziffer unglaublich hoch. Damit rutscht die Anzahl der tatsächlichen Fälle in einen Bereich, der entsetzlich ist. Jedes dritte Mädchen wird in irgendeiner Art und Weise missbraucht. Bei Jungs weiß ich die Quote nicht. Ich habe eine Tochter. Hier im Haus und nebenan wohnen nochmal 4 Mädchen. Also beinahe zwei von ihnen wird es rein statistisch treffen.

So, ich habe die Geschichte überarbeitet, und bis auf den Titel, den ich immer noch richtig finde, alle möglichen 'reisserischen' Dinge rausgeschrieben. Ist es so besser?

Ich grüße Euch,

Maike

 

Hallo hexy!
Auf mich wirkte deine Geschichte von aussen betrachtet, wie du selbst sagst: aus der Sicht einer Freundin. Sicher, die Absicht ist nobel, aber irgendwie fehlt etwas. Es scheint mir, als erzählst du die Geschichte nur der Absicht wegen, als wollest du auf all deine Leser zeigen und ihnen sagen: "Sieh nur, das ist wahnsinnig schlimm, was meiner Freundin passiert ist." Sicher, es ist schlimm, aber trotzdem wirkt die Geschichte fast ein wenig... erzwungen. Mag sein, dass es am Thema liegt, dass nun schon so oft aufgenommen wurde.
Lesen tut sich deine Geschichte sonst angenehm und dein Stil gefällt mir gut.

Dann zum Ritzen. Ich weiß, dass für solch ein Verhalten mehrere Gründe meistens vorhanden sind. Leider kenne ich nicht nur eine, die sich das antut. Hier bei jener , Freundin, deren Erlebnisse ich mit meiner Geschichte verquickt habe, ist zumindest der Grund, den sie dafür angiebt jener, dass sie Flashbacks hat. Und sie hat für sich herausgefunden, dass sie sich teilweise durch das Schneiden herausholen kann aus der Situation. Sprich, dass sie wieder im Hier und Jetzt ist und nicht mehr im Laster.
Da muss ich Häferl Recht geben, es ist eher unwahrscheinlich, dass man den Grund ausschliesslich in der Vergewaltigung suchen soll. Da muss vorher schon etwas dagewesen sein, die Vergewaltigung war (so nehme ich an) "nur" der Auslöser.Auch wenn man es selber nicht wahrhaben will. Glaub' mir, das dachte ich lange genug auch, bis ich merkte, dass es ganz woanders seinen Ursprung hatte - es ist einfach leichter zu sagen, dass es dort herstammt, denn man kann sich weiterhin vor sich selbst verstecken. Auch durchs Ritzen. Und wenn man zugeben würde, was sonst noch dahinter steckt, dann hat man seinen Fluchtort verraten und kann dorthin - auch nicht durchs Schneiden - fliehen.

Lieber Gruss,
Marana

 

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