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Rana Plaza

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15.06.2016
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Rana Plaza

Der Raum – eine Halle von insgesamt sechs. Fünfhundert Nähmaschinen rattern. Im Hintergrund stampfen zwei Generatoren, dass der Betonfußboden bebt und die Arbeitsplatten vibrieren. Die Luft ist gesättigt von Schweiß und Maschinenöl, kein Hauch dringt von den Fenstern bis in die Mitte des Raumes, wo Tasrima sitzt, die Hände vor sich auf der Maschine, den Kopf gesenkt.

Tasrima näht. Ein winziges Dreieck aus Polyamid, das sie umsäumt. An den Ecken befestigt sie dünne, elastische Bändchen, deren Enden zum Schluss mit ein paar Kettstichen an einem Strass besetzten Plättchen angefügt werden. „G-String“ hat es der Instruktor genannt. Unterwäsche sei es, haben die anderen Frauen gesagt. Das hat sie, das Dorfmädchen, ihnen zunächst nicht recht glauben wollen. Aber sie muss es ja nicht tragen. Sie näht es nur. Und heute noch schneller als sonst.

Tasrima näht. Das bisschen Stoff unter ihren Händen ist glatt und weich. Das Plättchen mit den Glassteinchen würde sie gerne einmal ins Sonnenlicht halten, nur um zu sehen, wie es dann glitzert. Aber Tageslicht reicht von den Fenstern nicht bis zu ihrem Platz, geschweige denn ein Sonnenstrahl. Sie hat nicht mehr viel Sonne gesehen, seit sie mit Bhutum, ihrem Mann, vor wenigen Monaten nach Sabhar gezogen ist, der Arbeit wegen, die es im Dorf für beide nicht gegeben hat. Morgens dämmert es gerade erst, wenn Tasrima das Gebäude mit den Nähhallen betritt, abends glüht es im Westen bereits rot, wenn sie es verlässt. Nur gestern, da ist es anders gewesen, da haben sie die Arbeit schon am frühen Nachmittag beenden müssen. Die Polizei hat das Hochhaus räumen lassen, weil sich an den Wänden Risse gezeigt haben. Aber Tasrima hat da nicht an die Plättchen gedacht und hätte sich ohnehin nicht getraut, eines davon mit nach draußen zu nehmen. Jetzt streicht sie nur sanft, bedauernd mit dem Daumen darüber. Dann greift sie nach dem nächsten Stoffstückchen und drei Bändchen.

Tasrima näht. Der dünne Stoff windet sich unter dem Nähfuss. Die Nadel stößt zu, zieht sich zurück, stößt wieder zu. Immer und immer wieder das Harte ins Weiche. Tasrima denkt an Bhutum, der jetzt irgendwo in Sabhar hilft, Häuser zu bauen. Hochhäuser wie das, in dem sie jetzt sitzt und an ihn denkt. Sie senkt den Kopf noch tiefer, zieht schnell einen Zipfel des Saris vor ihr Gesicht. Der Aufseher soll sie nicht lächeln sehen. Denn wer lächelt, denkt nicht an die Arbeit. Und wer nicht an die Arbeit denkt, macht Fehler. Und Fehler dürfen sie heute nicht machen. Der Ausfall gestern ist zu lang gewesen. Das haben sich die Näherinnen vor Beginn der Arbeit heute anhören müssen. Dass sich die Firma mehr Ausfall nicht leisten kann. Dass es weniger Geld gibt, wenn die Arbeit nicht nachgeholt wird. Und für die, die das Gebäude nicht betreten wollen, werde es gar kein Geld geben. Und keine Arbeit mehr, nirgendwo in Sabhar.

Tasrima näht. Sie ist hineingegangen, obwohl das gespenstisch leere Erdgeschoss ihr zunächst Angst gemacht hat. In den Geschäften dort hat niemand gearbeitet. Aber sie ist nicht allein gewesen. Dreitausend Näherinnen haben sich durch das Treppenhaus in die höheren Etagen gezwängt, sie vor sich hergeschoben an den unverputzten Wänden vorbei. Keine Zeit, die Risse darin anzusehen. Den Finger in die fingerbreiten Ritzen zu stecken. Und in der Halle ist alles wie sonst gewesen. Das gleißende Neonlicht, das die Metallteile an den Maschinen funkeln lässt. Das Scharren und das Gemurmel, wenn fünfhundert Frauen sich setzen, sich begrüßen, das Nähgut zurechtlegen. Vielleicht am Anfang ein wenig verhaltener als an früheren Tagen. Aber jetzt, nach fast drei Stunden, hört Tasrima schon wieder das eine oder andere Scherzwort durch den Raum fliegen, ärgerlich unterbrochen von der Stimme des Aufsehers.

Tasrima näht. Es ist ein so winziges Teil, federleicht, sie kann es fast vollständig mit der Hand umschließen, es in der Faust verstecken. Obwohl sie fast zweitausend Stück am Tag davon herstellt, kann sie sich immer noch nicht recht vorstellen, wozu so viele davon gebraucht werden. Sie hat Bhutum davon erzählt, eines Abends, beim Schlafengehen. Mit Daumen und Zeigefingern hat sie die Größe des Dreiecks geformt, sich die Hände vor die Scham gehalten. Hat die Bändchen beschrieben und das Plättchen, das eng am Steißbein anliegen dürfte. Und Bhutum hat fasziniert zugehört, hat zuerst mit dem Finger, dann mit der Zunge den Verlauf der Bändchen nachgezeichnet auf ihrer nackten Haut. Hat mit seinen abgearbeiteten Händen sanft die Pobacken gestreichelt, die das seltsame Kleidungsstück, das seine Frau da zu nähen hat, nicht verhüllen, sondern hervorheben würde. In dieser Nacht sind die beiden jungen Eheleute zum ersten Mal seit Wochen nicht zu erschöpft gewesen, sich der Lust aneinander hinzugeben. Aber am nächsten Morgen hat wieder die Müdigkeit in ihren Gesichtern gesessen und die Angst, Tasrima könnte schwanger sein. Seither hat sie nicht mehr über ihre Arbeit gesprochen.

Tasrima näht. Ihr Fuß liegt auf dem Pedal, das die Drehzahl erhöht. Sie greift nach dem nächsten Plättchen, um damit drei Bänder zusammenzuschließen. Die Generatoren stampfen. Die Neonröhren zittern, werfen flackernde Schatten. Staub rieselt von der Decke. Tasrima schaut irritiert hoch, drückt mit dem Fuß nach unten, als die Wände zu schwanken beginnen, der Boden unter ihr nachgibt. Ihr erschrockener Ruf mischt sich mit den Schreien aus Tausenden von Kehlen.

Als sie sie nach zehn Tagen Suche aus den Trümmern ziehen, hält sie noch immer das Plättchen in der zerquetschten Hand. Ein Sonnenstrahl fällt durch das geborstene Dach. Nichts glitzert.

 

Hej Ella Fitz,

mit der Empfehlung haben jetzt lange Zeit viele Leser die Möglichkeit, deine gelungene Geschichte zu lesen. Und das ist doppelt richtig. Weil sie so fein beschrieben wird und an die bestehende Ungerechtigkeit erinnert bleibt.
Herzlichen Glückwunsch und lieber Gruß, Kanji

 

Liebe Ella Fitz,

herzlichen Glückwunsch zur Empfehlung. Und herzlichen Glückwunsch dazu, wie du mit Kritik umgehst. Ich finde es gar nicht einfach, zwischen Selbstbehauptung und dankbarer "Unterwerfung" zu manövrieren. Man möchte ja nicht als beratungsresistent erscheinen.

In einem gebe ich Dion Recht: Gesellschaftskritische Texte gibt es hier nur wenige. Liegt wohl am Format KG. Der Blick auf größere gesellschaftliche Zusammenhänge verlangt mehr Raum und Distanz, und es ist schon hohe Kunst, Einzelschicksal und das große Ganze gleichermaßen im Blick zu haben. Hier hast du es für mich überzeugend hingekriegt.

Und darüber hinaus freue ich mich auf weitere Frauenschicksale aus der Odyssee ;).

Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Liebe Ella Fitz,

ich habe in den letzten Wochen viel zu wenig Zeit gefunden, hier ins Forum zu schauen, und bin deswegen sehr froh, dass Perdita deinen Text empfohlen hat. Andernfalls hätte ich ihn wohl einfach 'verpasst', wie sicherlich viele andere, gute Texte hier.

Ich habe deinen Text sehr gerne gelesen, und nachdem ich ein paar Kommentare überflogen habe, kann ich dir versichern, dass sich das Überarbeiten gelohnt hat. Es ist ein runder, gelungener Text, ich bin beim Lesen über nichts gestolpert, alles hat toll zusammengepasst. Ich kann dir gar nicht so viel dazu sagen, ich denke das meiste wurde auch schon gesagt. Ich möchte mich einfach den lobenden Worten anschließen :)

Vielen Dank, dass du deine Geschichte mit uns geteilt hast!
Liebe Grüße,
Sommerdieb

 

Hallo Perdita,
ganz herzlichen Dank für die Empfehlung und dass du dich hier nochmal einschaltest. Und keine Sorge, der Titel bleibt, denn:

Perdita schrieb:
Es geht ja hier nicht darum, am Ende "Überraschung!" zu sagen.
Besser hätte ich es nicht sagen können.
Überhaupt sprichst du mir aus dem Herzen. Danke dafür.

Hallo alexei,
wieso zu spät? Die Diskussion ist doch noch voll im Gange. :)
Und deine Kritik freut mich sehr. Gerade weil du die Erotikszene ansprichst. Da hat sich bislang jeder drüber ausgeschwiegen. Wobei das unter Wortkriegern natürlich auch eine Form des Lobes ist. ;)
Danke vielmals

Hallo Dion
schön, dass du dich nochmal zu Wort meldest:

Genau. Und du und ich wissen, warum der Film Titanic Titanic heißt: Damit möglichst viele Leute ihn sehen – sex & crime und Unglück & Katastrophen ziehen Menschen nun mal magisch an.
Das spricht jetzt eher für den Titel, oder? Oder ist magische Anziehung etwas Schlimmes?
Aber ich glaube auch gar nicht, dass es so viele sind, die mit dem Namen Rana Plaza etwas anfangen können. Und die haben die Geschichte jetzt wahrscheinlich eh alle schon gelesen.
Dion schrieb:
Was ich sagen wollte: Zu sterben, nur weil dekadenter Westen Unmengen von G-Strings braucht, ist geradezu pervers. Das habe nicht nur ich so empfunden. Auch dass damit der Westen auf der Anklagebank gelandet ist, meinen mehrere Kommentatoren.
Ich bin sicher, auch in Indien, China und Japan finden sich Käufer für Reizwäsche. Der (von mir frei erfundene) G-String ermöglichte es mir, eine persönliche Facette, Tasrimas Naivität aber auch ihre Sexualität, in die Geschichte miteinzubringen. Dass es sich auch ganz klar um ein Produkt handelt, das nicht für den heimischen Markt produziert wird, kam mir natürlich entgegen. Und vielleicht fühle ich mich selber hier nur deshalb so gar nicht angeklagt, weil ich selbst halt keine Reizwäsche kaufe. Aber wenn ich hier jemandem eine Mitschuld gebe, dann eher nicht den Käufern, sondern den internationalen Konzernen. Also wenn du nicht zufällig im echten Leben Amancio Ortega heißt, brauchst du dich nicht angegriffen zu fühlen.
Dion schrieb:
Dabei ist die Welt so komplex, dass es keine eindeutigen Schuldigen geben kann –
Ja, richtig, aber steht bei Sozialkritik nicht gerade das Anklagende, Aufrüttelnde und nicht das Erklärende im Vordergrund? Es ist nicht schlau, sein Wissen über die Zusammenhänge aus Kurzgeschichten herauslesen zu wollen. Aber den Anspruch, dieses Wissen zu vermitteln, haben die wenigsten Autoren derselben. Eine sozialkritische Kurzgeschichte kann immer nur den Anstoß dazu geben, sich genauer zu informieren. Sie kann kein Studium ersetzen.
Deine Kritik ist klug und in Teilen sicher richtig, aber auch vernichtend, weil ich nicht umhin kann zu glauben, dir wäre keine Geschichte über das Thema lieber gewesen als diese. Das tut mir leid. Aber wenn du eine sozialkritische Geschichte kennst, die deinen Ansprüchen genügt, bin ich für einen Lese-Tipp dankbar. Dankbar bin ich jetzt schon, dass du die Diskussion von der reinen Textkritik in die politische Sphäre gehoben hast. Das macht die Auseinandersetzung damit ungeheuer spannend.
Danke schön.

Hallo Mary,
dieser verlorene Zauber, als du erfahren hast, dass die Geschichte auf einer wahren Begebenheit beruht, kann das daran liegen, dass es dann eben auch wieder nur um eine "Cover-Version" handelt, nur dass diesmal das wirkliche Leben gecovert wurde?
Aber du kritisierst noch anderes:

maria.meerhaba schrieb:
Tasrima näht.
Das hier soll ja zeigen, dass ihr Tagesverlauf eintönig und langweilig ist.
Jein. Es ist der Effekt, den die anderen Leser dabei empfunden haben. Eigentlich war es eher als Betonung gedacht, dass das ihre Funktion ist. Dass sie nur das tun soll. Wie eine Arbeitsbiene. Mir war, als ich die Geschichte entwarf, keine bessere Lösung eingefallen, sie zu strukturieren. Indem ich Tasrima immer wieder zurück an die Nähmaschine setze. Und jetzt bin ich so gewöhnt daran, dass ich mir die Geschichte ohne diese "Absatzmarken" nicht vorstellen kann. Wenn du es geschafft hast, es zu überlesen, um so besser.
maria.meerhaba schrieb:
So eine richtige Nähe zu der Figur baut sich nicht auf.
Es ist eine verdammt kurze Geschichte, nicht viel Platz, die Distanz zu überwinden. Aber natürlich will ich nicht, dass eine Unbekannte stirbt. Ganz im Gegenteil. Verflixt, jetzt tut es mir doch leid, die Regentropfen auf den Seerosenblättern rausgeschmissen zu haben.
Also ich hatte meinen Spaß und so richtig viel gemeckert habe ich ja diesmal auch nicht :3
Nee, hast du nicht, und du machst dir keine Vorstellung, wie fröhlich mich das stimmt. Herzlichen Dank.

Hej Kanji,
danke.

Und liebe wieselmaus,
du hast ja so recht, mich an meine aktuellen Schreibpläne zu erinnern. Viel zu lange habe ich mit Vergangenem getändelt. Wobei nichts wirklich abgeschlossen ist und immer noch besser werden kann, wenn man sich nicht allzu sehr gegen Beratung wehrt.
Aber jetzt kommt nichts mehr vor Kalypso. Versprochen.

Hallo Sommerdieb,
oh danke, aber das Teilen hat der Geschichte ja gutgetan. Freut mich, dass sie dir gefällt.

Euch allen die besten Grüße
Ella Fitz

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Ella Fitz,


natürlich musste ich deinen Text lesen, nicht nur weil er eine Empfehlung erhalten hat, sondern auch noch meine eigene aus der sichtbaren Auflistung verdrängt hat. Welch unverschämtheit!

Ne, mal ohne flachs, ich beglückwünsche dich zu deiner Geschichte und der Empfehlung!

Und jetzt ganz im ernst: Was ist denn ein G-String?

Ja, du machst das ganz geschickt, diese Distanz zwischen dem jungen, verheirateten Mädchen, welches nicht verhütet und dem jungen, unverheirateten Mädchen aus Europa, welches sich nur halbverhüllt. Das gefällt mir gut.
Andererseits hätte deine Geschichte auch locker in Deutschland spielen können, um die Zeit der Industrialisierung. Laut Titel soll deine Geschichte allerdings in Bangladesh, genauer sogar in Sabhar spielen. Und das kommt im Text für mich nicht zum Vorschein. Klar, es lässt sich viel erahnen, aber m.E. lässt du auch noch Spielraum ungenützt, um Tasrima authentisch werden zulassen in ihrer Rolle als junge Bangladeshi. Beispielsweise kommen viele Zugvögel nach Bangladesh, 90% der Bevölkerung ist Islamisch, es gibt ganz eigene kulturelle Gegebenheiten. Da hätte ich mir mehr gewünscht!

Ansonsten kann ich kaum etwas beitragen, mir hat sie Gefallen, diese Geschichte. Das Ende fand ich sehr abprubt, das mit dem Glitzern habe ich nicht verstanden. Soll es eine Methapher darstellen? Irgendwie flach und unrund, das wirkt bei mir nicht.

Mehr kann ich nicht beitragen. Weiter so und Glückwunsch!

Beste Grüße,

Sonne

 

Liebe Ella Fitz,

das ist alles sehr leise, genau beobachtet, unaufgeregt und sensibel geschrieben. Schon beim ersten Absatz musste ich schmunzeln, als Tasrima nicht so recht glauben will, dass es Unterwäsche ist, was sie da näht. Deine Geschichte ist kurz, dafür sitzen die Worte aber sehr gut, wie ich finde. Langsam steigert sich da etwas, eine innere Spannung, die aber eher daher rührt, dass man weiß, ich welchem Gebäude sie sitzt. Das finde ich geschickt gemacht.

Der vierte Absatz beinhaltet das, was an dieser Geschichte so empörend war. Die Arbeiterinnen zu zwingen, in dieses Gebäude zu gehen. Ihnen sogar mit Lohnausfall zu drohen, bzw. damit, dass sie gar keinen Job mehr in der Stadt finden werden, wenn sie da nicht reingehen. Das ist so schlimm. Welche Wahl hatte Tasrima denn?

Am schönsten und intimsten fand ich den sechsten Absatz.

Und Bhutum hat fasziniert zugehört, hat zuerst mit dem Finger, dann mit der Zunge den Verlauf der Bändchen nachgezeichnet auf ihrer nackten Haut. Hat mit seinen abgearbeiteten Händen sanft ihre Pobacken gestreichelt, die das seltsame Kleidungsstück, das seine Frau da zu nähen hat, nicht verhüllt, sondern hervorhebt.
Das ist echt schön.
Beim Satz danach bin ich über das "sich aneinander zu erfreuen" gestolpert. Das klingt vielleicht nur in meinen Ohren komisch, aber ich finde das gestelzt. Vielleicht findet sich da noch eine bessere Formulierung (die mir jetzt natürlich spontan auch nicht einfallen will :Pfeif:).

Das Ende hat mich dann richtig gekriegt. Diese letzten drei Sätze sind unglaublich stark. Und dass nichts glitzert, ist unfassbar traurig.

Eine feine Geschichte ist das!
Liebe Grüße
RinaWu

 

Hallo schwarze sonne

danke für die Glückwünsche und dass du es so sportlich nimmst.

Es ist gar nicht so, dass ich mich nicht über Bangladesh informiert hätte, bevor ich die Geschichte geschrieben habe, aber du hast schon recht, so richtig viel von meinem Wissen über dieses Land ist nicht eingeflossen. Und von dem wenigen ist dann das meiste dem Vorwurf zu süßlicher Bildersprache zum Opfer gefallen.
Ich habe aber auch immer etwas Probleme mit Lokalkolorit, wenn ich Orte wähle, an denen ich selbst noch nie war. Das wirkt dann schnell angelesen, zumindest für mich selbst, weil ich ja weiß, wo ich es herhabe.
Das Glitzern bezieht sich auf das Plättchen, von dem sie wissen möchte, wie es im Sonnenlicht glitzert, weil sie es ja nur unter der Neonröhre kennt. Und es ist bittere Ironie, dass, als es endlich von einem Sonnenstrahl getroffen wird, es so vom Staub des zerfallenen Hauses bedeckt ist, dass es auch nicht mehr glitzert. Wobei mir gerade einfällt, dass "Es glitzert." vielleicht sogar noch bitterere Ironie wäre. Aber dem Ende wird ohnehin vorgeworfen, zu effekthascherisch zu sein. Das wäre wahrscheinlich zu viel des Guten.
Und wenn du vor der Geschichte wirklich nicht wusstest, was ein G-String ist, dann hast du enorm (zu meiner Genugtuung) beigetragen. :D
Danke schön und Grüße
Ella Fitz

Hallo RinaWu

noch jemand, der die Erotikszene lobt, oh, das freut mich. :bounce:

Ja, und das "sich aneinander zu erfreuen" war mein Ersatz für das bemängelte "sich genießen". Da hätte ich noch mehr Hirnschmalz einsetzen sollen. Es ist noch nicht zu spät dafür. Aber eingefallen ist mir auch noch nichts.

Da freut es mich dann doch, dass ich wenigstens das Ende noch nicht angetastet habe. Schön, dass es dir gefällt.

Danke für das Lob und viele Grüße
Ella Fitz

 

Hallo Ella Fitz,

meine herzlichsten Glückwünsche zu deiner verdienten Empfehlung!
Da ich gerade sehr wenig Zeit habe, nur ganz kurz: Ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen. In der Kürze deines Textes hast du alles untergebracht, in angemessenem, unaufgeregtem Ton. Es wurde schon sehr viel gesagt, in die politische Diskussion mag ich mich gerade nicht einschalten. Nur so viel: Gut, dass du das Thema angegangen bist und gut, dass hier so intensiv darüber diskutiert wird. Wir brauchen wirklich mehr Geschichten, die so sehr zum Nachdenken und Austauschen anregen.

Zwei winzige Kleinigkeiten sind mir noch aufgefallen, die mir in Anbetracht des Themas schon fast zu unbedeutend erscheinen:

An den Ecken befestigt sie lange dünne elastische Bändchen, deren Enden zum Schluss mit ein paar Klettstichen an einem Strass besetzten Plättchen angefügt werden.
„Klettstiche“ sind mir nicht bekannt, wohl aber „Kettstiche“. Oder ist das ein Fachbegriff, der mir einfach nicht geläufig ist?
Und muss zwischen „lange dünne elastische“ nicht ein Komma? Vermutlich sind da andere Wortkrieger besser im Thema, da lasse ich mich gerne eines Besseren belehren, aber ich würde die Adjektive als gleichrangig einstufen. Alle drei Adjektive finde ich aber ohnehin nicht so schön, eins würde in meinen Augen genügen.

Liebe Grüße
Rotmeise

 

Hallo Rotmeise,

natürlich meinte ich Kettstich und natürlich gehören da Kommas hin. Und lange Bändchen sind ein Widerspruch in sich, also habe ich zumindest dieses Adjektiv entfernt.

Das war hilfreich. Vielen Dank für die Kleinarbeit, die so nützlich ist und so schnell vergessen wird, wenn die Diskussion erst einmal bei der Weltpolitik gelandet ist.

Beste Grüße
Ella Fitz

 

Hallo Ella Fitz,

mir hat deine Geschichte gut gefallen, ich bin beim Lesen ganz sanft hindurchgetragen worden - auf der sprachlichen Ebene natürlich nur, nicht auf der inhaltlichen.

Diesen Schluss:

Nichts glitzert.
finde ich gelungen und vor allem so viel besser als etwa: "Etwas glitzert in ihrer Hand". Dergleichen hätte einem ja einfallen können, und das wäre wahrscheinlich auch in Ordnung aber schade drum gewesen.

Übrigens - ich plaudere mal weiter so drauflos - gehöre ich zu denen, die einem Ende, in dem Tasrima überlebt, auch etwas abgewinnen können. Ich kann mir vorstellen, dass das gerade wegen dem Schlusssatz gut funktioniert: Sie hat überlebt, aber das ist auch schon alles. Trotzdem kein happy end: "Nichts glitzert." Egal - es macht mir nur Spaß, darüber nachzudenken.

Dann habe ich noch zwei Kleinigkeiten:

In der Bankfiliale und den Geschäften hat niemand gearbeitet. Aber sie ist nicht allein gewesen. Dreitausend Näherinnen haben sich durch das Treppenhaus in die höheren Etagen gezwängt,...
Für Leute wie mich, die manchmal etwas schwer von Begriff sein können, war das ein kleiner Stolperstein. Ich dachte erst: Stürmen die jetzt die Bank? Ich hatte nämlich nicht vor Augen, dass in demselben Gebäude offensichtlich auch eine Bank und Geschäfte sind. ("In der Bank und in den Geschäften im Erdgeschoss hat niemand gearbeitet" könnte gehen und wäre vielleicht schon genug?)

Hat mit seinen abgearbeiteten Händen sanft ihre Pobacken gestreichelt, die das seltsame Kleidungsstück, das seine Frau da zu nähen hat, nicht verhüllt, sondern hervorhebt.
Das müsste wahrscheinlich heißen: "...nicht verhüllen, sondern hervorheben würde" - Tasrima hat das Stück ja gar nicht an. (Es klingt dann zwar nicht mehr so schön, aber das kannst du dir ja so drechseln, dass es wieder passt :) )

Ach, und noch was, an derselben Stelle: Bei dieser Sache mit der Zunge habe ich leicht gezweifelt. Passt das zu einem Paar, dem ein G-String völlig fremd ist? Schon möglich, aber weiß man's?

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Liebe Ella Fitz,

deine Geschichte gibt den namenlosen Näherinnen in der Dritten Welt ein Gesicht. Das ist dir gut gelungen, sprachlich wie inhaltlich. Die Thematik ist natürlich bedrückend, es ist ein Umstand, den man gerne verdrängt, wenn man Klamotten kauft. Solche Geschichten sollen wohl genau diesem Verdrängungsmechanismus entgegenwirken und zum Nachdenken anregen. Sowohl die Einleitung deiner Absätze mit "Tasrima näht" als auch das Ende mit dem Rückgriff auf auf die eingangs von Tarisma gestellte Frage nach dem Glitzern habe ich als sehr effektiv empfunden.

Gerne gelesen,

Exilfranke :)

 

Hallo erdbeerschorsch,

schön, dass dir die Geschichte und insbesondere der Schluss gefällt.

erdbeerschorsch schrieb:
Übrigens - ich plaudere mal weiter so drauflos - gehöre ich zu denen, die einem Ende, in dem Tasrima überlebt, auch etwas abgewinnen können. ... Egal - es macht mir nur Spaß, darüber nachzudenken.
Das steht dir völlig frei, denn es steht ja nicht ausdrücklich da, dass sie sie tot aus den Trümmern gezogen haben.

("In der Bank und in den Geschäften im Erdgeschoss hat niemand gearbeitet" könnte gehen und wäre vielleicht schon genug?)
Nun habe ich das Erdgeschoss mit seiner gespenstischen Leere ja im Satz davor bereits erwähnt. Aber du hast recht: woher sollte man wissen, dass dort Bank und Geschäfte angesiedelt sind. Also habe ich das Wörtchen "dort" spendiert: "In den Geschäften dort hat niemand gearbeitet." und die Bankfiliale ganz entfernt, denn beim Überarbeiten ist mir aufgefallen, dass sich das "sie" im folgenden Satz darauf beziehen könnte. Also im doppelten Sinne ein wertvoller Hinweis.
Das müsste wahrscheinlich heißen: "...nicht verhüllen, sondern hervorheben würde"
Stimmt haargenau, müsste es heißen. Und hab ich auch genauso geändert. Danke.
Bei dieser Sache mit der Zunge habe ich leicht gezweifelt. Passt das zu einem Paar, dem ein G-String völlig fremd ist? Schon möglich, aber weiß man's?
Will man's wissen? Ich denke, gerade in Kulturen, in denen Jungfräulichkeit vor der Ehe hochgehalten wird und unter dem Druck der Schwangerschaftsverhütung sind Sexualpraktiken abseits der vaginalen Penetration vielleicht sogar üblicher. Und hey, wir sprechen vom Subkontinent, auf dem das Kamasutra geschrieben wurde. ;)

Danke für den scharfen Blick und die freundlichen Worte.
Viele Grüße
Ella Fitz


Hallo Exilfranke,

vielen Dank, genau das wollte ich, den Opfern ein Gesicht geben und zum Nachdenken anregen (ja gut, ein bisschen Mitfühlen auch).
Dein Lob freut mich.

Liebe Grüße
Ella Fitz

 

Hallo Ella Fitz,

gefällt mir sehr gut, deine kleine Geschichte. Ich habe sie schon nach dem Einstellen gelesen, aber noch keine Zeit fürs Kommentieren gefunden. Die bisherigen Kommentare habe ich nur überflogen. Kann daher sein, dass was Doppeltes kommt.

Tasrima denkt an Bhutum, der jetzt irgendwo in Sabhar hilft, Häuser zu bauen. Hochhäuser wie das, in dem sie jetzt sitzt. Und an ihn denkt.
Müsset es nicht heißen: Und an sie denkt.

Und für die, die das Gebäude nicht betreten wollen, werde es gar kein Geld geben. Und keine Arbeit mehr, nirgendwo in Sabhar.
Aber gibt es denn nicht noch viele andere Nähereien? Die sind doch oft im selben Ort. War das bloß eine leere Drohung?

Das Scharren und das Gemurmel, wenn fünfhundert Frauen sich setzen, sich begrüßen, das Nähgut zurechtlegen.
Ist jetzt vielleicht ein wenig Erbsenzählerei … :klug:
Du schreibst 500 Nähmaschinen und 500 Frauen nähen.
Wer holt denn das Nähgut und gibt es den Näherinnen, wer bringt die fertigen Teile irgendwo hin? Da werden doch nicht alle 500 Näherinnen kreuz und quer herumlaufen, und auch diese Arbeit verrichten. Irgendwelche anderen muss es doch zusätzlich zu den 500 noch geben. Und bestimmt machen das nicht die Aufseher.

Es ist ein so winziges Teil, federleicht, sie kann es fast vollständig mit ihrer Hand umschließen, es in ihrer Faust verstecken. Obwohl sie fast zweihundert Stück am Tag davon herstellt,
Sorry, nochmal Erbsenzählerei. Ihr Arbeitstag geht vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang und das klingt hier, als ob sie nur diese 200 winzigen Teile in dieser Zeit näht. Meine Nachbarin ist Schneidermeisterin und ich habe mal gesehen, wie schnell sie mehrere bereits zuvor zurechtgeschnittene, kleine Teile (und davon gehe ich hier aus) zusammennäht, so dass mir 200 recht wenig für einen 12(?)-Stundentag vorkommen.

Ihr Fuß liegt auf dem Pedal, das die Stichart ändert.
Komische Maschine, die Stichart wählt man ansonsten an der Maschine oben am Drehrad aus, nicht unten.
Mit dem Pedal wird die Geschwindigkeit ausgewählt, mit der sich die Nadel bewegt.
So ist es zumindest bei „normalen“ Maschinen (Singer etc.). Kann natürlich sein, dass in deiner Geschichte andere verwendet werden.

Wie gesagt, mag ich die Geschichte sehr. (Die Details zu der Maschine sind mir nur auf- bzw. eingefallen, da ich gerade auch auf die Nähmaschine meiner Frau geschaut habe. Sorry dafür, aber vielleicht nutzen sie dir ja.)

Schönen Abend und liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic,

wie schön, dass es dir gefallen hat.

Und tatsächlich sind dir Sachen aufgefallen, die keiner vorher angemerkt hat. Ich werde mal sehen, was ich dazu sagen kann:


GoMusic schrieb:
in dem sie jetzt sitzt. Und an ihn denkt.
Müsset es nicht heißen: Und an sie denkt.
Das "Und" des zweiten Satzes verbindet diesen tatsächlich mit dem Relativsatz. Sollte es zumindest. Jetzt, da ich darüber nachdenke, kann ich mir vorstellen, dass das trotz elliptischem Stil und künstlerischer Freiheit etwas unsauber ist. Ich werde den Punkt herausschmeißen und das und kleinschreiben. Dann sollte es klarer sein.

GoMusic schrieb:
Aber gibt es denn nicht noch viele andere Nähereien? Die sind doch oft im selben Ort. War das bloß eine leere Drohung?
Einigen wir uns darauf, dass Tasrima es geglaubt haben muss. Wobei ich mir schon vorstellen kann, dass eine Näherin, die irgendwo wegen Arbeitsverweigerung rausfliegt, dann Schwierigkeiten hat, den nächsten Job zu bekommen. Ist ja nicht so, dass Arbeitskräfte rar wären.
GoMusic schrieb:
Du schreibst 500 Nähmaschinen und 500 Frauen nähen.
Wer holt denn das Nähgut und gibt es den Näherinnen, wer bringt die fertigen Teile irgendwo hin? Da werden doch nicht alle 500 Näherinnen kreuz und quer herumlaufen, und auch diese Arbeit verrichten. Irgendwelche anderen muss es doch zusätzlich zu den 500 noch geben.
Ja, aber die Läuferinnen setzen sich nicht und legen sich ihr Nähgut zurecht. Ich halte nichts davon, beim Schreiben zu unsicher zu wirken und Wörter wie ungefähr, scheint etc zu benutzen. Es spielt ja auch nicht wirklich eine Rolle, ob es genau 500 sind oder 502 oder 499.
GoMusic schrieb:
Sorry, nochmal Erbsenzählerei. Ihr Arbeitstag geht vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang und das klingt hier, als ob sie nur diese 200 winzigen Teile in dieser Zeit näht. Meine Nachbarin ist Schneidermeisterin und ich habe mal gesehen, wie schnell sie mehrere bereits zuvor zurechtgeschnittene, kleine Teile (und davon gehe ich hier aus) zusammennäht, so dass mir 200 recht wenig für einen 12(?)-Stundentag vorkommen.
Ok, den Einwand erkenne ich an. Da hatte ich wohl eine Null zuwenig. ;) Sind also fast zweitausend pro Tag.
Komische Maschine, die Stichart wählt man ansonsten an der Maschine oben am Drehrad aus, nicht unten.
Mit dem Pedal wird die Geschwindigkeit ausgewählt, mit der sich die Nadel bewegt.
So ist es zumindest bei „normalen“ Maschinen (Singer etc.). Kann natürlich sein, dass in deiner Geschichte andere verwendet werden.
ok, ertappt: Es gibt (Industrie-)Maschinen mit zwei Pedalen. Das erste steuert die Solldrehzahl und das zweite hebt den Nähfuß an. Ersteres klang nicht schön und das zweite hätte für zweimal Fuß in einem Satz gesorgt. Pah, und wer rechnet schon damit, dass sich hier jemand mit Nähmaschinen auskennt. Aber jetzt kann ich es natürlich nicht so stehen lassen. Also ändere ich "Stichart ändert" in "Drehzahl erhöht". Wer Nähmaschinen kennt, weiß, was gemeint ist und wer sie nicht kennt, liest wahrscheinlich eh drüber weg. Fakten vor Form. Irgendwann lern ich's.

Hey, das war jetzt wirklich hilfreich. Danke schön.

Liebe Grüße
Ella Fitz

 

Ach Du große Güte, da wird eine Geschichte hierorts eingestellt, deren Sprache mir gefällt, und die Verbindung zum WeltWeitengeWerbe reißt bei mir ab und es braucht seine Zeit, hinter die Ursache zu kommen und das armselige Gerät wieder auf Vordermann zu bringen. Da hinkt man dann der schönen Erzählung um ein unappetitliches Geschehen hinterher.

Ja, das ist eine wohlformulierte Geschichte,

liebe Ella,

über die Parallelwelt und die Rückseite unserer schönen neuen Welt des Konsumismus und Enter- wie Infotainement mitsamt dem Rückfall von 150 Jahren Arbeiterbewegung und mit Blut getränkter Sozialgeschichte wider den Manchesterkapitalismus, der sich in seiner Altbackenheit heute neoliberal gibt.

Da werd ich hier

Sie senkt den Kopf noch tiefer, zieht schnell einen Zipfel des Saris vor ihr Gesicht
nicht mal fragen wollen, vor wessen Gesicht denn sonst der Stoff gezogen werde (auch nicht bei den Pobacken u. a.).

Sie nennt ja nur den eigenen Leib ihr eigen.

Und dann doch die Frage, warum hier der Wechsel vom Indikativ in den Konjunktiv I

Der Ausfall gestern ist zu lang gewesen. Das haben sich die Näherinnen vor Beginn der Arbeit heute anhören müssen. Dass sich die Firma mehr Ausfall nicht leisten kann. Dass es weniger Geld gibt, wenn die Arbeit nicht nachgeholt wird. Und für die, die das Gebäude nicht betreten wollen, werde es gar kein Geld geben.
wenn doch der Appendix so real und sicher wie die vier Sätze zuvor ist.
Aber: Wie sich der bloße Wille nicht immer durchsetzen lässt, so äußert sich ein Wollen gelegentlich nicht konsequent wie eben die Arbeitsstätte nicht zu betreten und somit Arbeit zu verweigern. Es sei denn, die gemeinte Person äußerte ihren Unmut laut und erweckte den Eindruck, an sich Arbeitswillige von der Arbeit abhalten zu wollen (gibt es da Arbeitsschutzbeauftragte? K. A., wohl eher nicht), was auch unter günstigeren Bedingungen zu Lohnentzug oder zumindest -kürzung führen wird.

Und erwähnen sollte ich auch, dass die zusammengesetzten Zeiten (hier „ist … gewesen“, weiter unten ähnlich) weder falsch - eben korrekt schulbuchmäßig – sind noch notwendig – das Adverb verweist ja schon auf einen vorhergehenden Tag, eben gestern.

Was Deiner Erzählkunst keinen Abbruch tun kann.

Gruß

Friedel,
der noch zur Empfehlung gratuliert, die zu Recht ausgesprochen wurde!

 

Hallo Friedel,

dann erst mal danke fürs wohlformulierte Lob ("Erzählkunst" macht mich glücklich). Und natürlich findest du trotz Hinterherhinkens dann doch noch etwas:

Friedrichard schrieb:
(auch nicht bei den Pobacken u. a.).
Und gerade bei den Pobacken hat's mich dann auch gestört, das ständige Possessieren. Der Satz mit dem Sari hatte ursprünglich zwei, da habe ich bewusst das eine belassen, weil das ersatzweise "das" so viel härter klingt. Dummer Grund vielleicht, aber so bin ich eben. Aber vielleicht auch, weil es sonst nicht viel gibt, das sie ihr eigen nennen kann, was ihr noch selbst gehört und nicht für den Arbeitslohn verschachert wurde. Danke für den Hinweis.

Und ja, die Zeiten und der Konjunktiv in der Rückblende. Da will ich jetzt nicht mehr ran. Denn hat der etwas unbeholfene Ton, den das Perfekt verursacht, nicht auch etwas für sich? Und das Konjunktiv, es war mir gar nicht aufgefallen, aber ich habe es wohl unbewusst richtig gewählt. Es klingt ein wenig, als ob selbst Tasrima schon beim Zuhören an der Drohung zweifelte oder später beim Zurückdenken daran.

Dass du die Empfehlung für berechtigt hältst, freut mich sehr. Ob ich der dadurch gestiegenen Erwartungshaltung an die nächsten Werke gerecht werde, muss ich noch sehen.

Herzlichen Dank und liebe Grüße
Ella Fitz

 

Hallo Ella Fitz,

RANA PLAZA
In der Empfehlungsliste tauchte dieser Titel auf, der mich sofort dazu brachte, Deinen Text näher zu betrachten.
Da hier schon mehrere Seiten mit Kommentaren gefüllt wurden, möchte ich nur knapp meinen Gesamteindruck da lassen.
Literarisch könnte man sich dem Thema von verschiedenen Seiten nähern. So wäre es interessant, die wirtschaftspolitischen Zusammenhänge und gesellschaftlichen Gegebenheiten zu beleuchten, die zu diesen Verhältnissen führen. Du hast Dich statt dessen für eine Milieustudie entschieden.
Das ist eine verdammt schwierige Herangehensweise und in meinen Augen meist von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Es ist so gut wie unmöglich in Unkenntnis der realen Verhältnisse vor Ort, eine glaubhafte Schilderung des Alltags, des Denkens und Fühlens der Menschen und ihres sozialen Miteinanders abzuliefern. Hier wird ein stark eurozentrische Bild einer fremden Zivilisation gemalt. Die Protagonisten staunen über einen Stringtanga, wie Karl Mays edlen aber ungebildeten Wilden über Glasperlen. Der leidende Konjunktiv, die jammervolle Passivität der Figuren, die schön-literarische Formulierungen stehen im krassen Gegensatz zu dem Dreck und Gestank der diese Welt umgibt. Dieser Stil dient allein dem Versuch eine Emotionalität zu erzeugen, was nach meinem Gefühl bereits in der obligatorischen Liebesszene und spätestens mit dem Schlusssatz die Grenze zum Kitsch überschreitet.
Auf den Punkt gebracht: Hier finde ich weder inhaltlich noch sprachlich die unabdingbare Authentizität.
Ich, als Leser spüre, was die Erzählerin empfindet, weil ich in jeder Formulierung ihre Stimme höre. Aber ich höre nicht die Stimmen der Menschen, um die es gehen sollte.

Ein ernstes Thema.
Gut dass Du Dir Gedanken dazu machst und diese einem Publikum nahe bringen möchtest.

Wie bei jeder Rezension gilt: Das ist nur eine von vielen möglichen Sichtweisen und es ist nur meine.

Schöne Grüße
Das Kellerkind

 

Hallo Kellerkind,

der Anspruch, der Autor einer Geschichte müsste, wenn er sie schon nicht selbst erlebt hat, zumindest dem Umfeld angehören, in dem sie spielt, ist ein hoher, aber auch legitimer, und wird von meiner Geschichte sicher nicht erfüllt. Deine Kritik der mangelnden Authentizität ist also berechtigt, ob diese Authentizität wirklich unabdingbar ist, sei dahingestellt.

Und ja, die Geschichte ist eurozentristisch in dem Sinne, dass sie von einer Europäerin für ein europäisches Publikum geschrieben ist. Ich will damit nicht den Bangladeschern ihr eigenes Land näherbringen. Ich wollte den Opfern einer Katastrophe, die mich persönlich bedrückt hat, ein Gesicht verleihen. Das mag nicht meine Aufgabe sein, das mag nicht einmal im Rahmen meiner Fähigkeiten liegen, aber die Geschichte ist jetzt nun einmal entstanden.

Was mich da bei deiner Kritik mehr quält, ist, dass du aus meinem Umgang mit der Protagonistin und dem Stück Luxus, den ein G-String in ihrem Leben darstellt, einen Vergleich mit Wilden und Glasperlen herstellen zu können meinst. Ausbeutung ist keine Frage von Zivilisationsstufen (mehr), sondern eine Klassenfrage. Wenn überhaupt ist da ein soziales Gefälle, kein kulturelles.

Und nun ja, was die Grenze zum Kitsch betrifft, so habe ich gerade bei der Diskussion zu dieser Geschichte lernen müssen, dass jene doch wohl sehr unterschiedlich in jedem von uns angelegt ist.
Dann vielen Dank, dass du dir die Mühe gemacht hast, mir deine Sichtweise darzulegen. Ich werde in Zukunft sorgfältiger prüfen, was mir gegeben ist zu schildern, und was nicht.

Viele Grüße
Ella Fitz

 

Hallo,

Opfer sind schlechte Protagonisten. Allein schon deshalb, weil ein Opfer nicht handelt – das ist schon mal ein Handicap für eine literarische Figur. Nur Figuren, die zum Handeln gezwungen sind, sind interessant. Deshalb ist normalerweise die Täterperspektive viel spannender. Mir fällt kein einziger Roman der Weltliteratur ein, in dem ein Opfer der Protagonist ist – umgekehrt unzählige. Ein Opfer muss nie kämpfen, steckt in keinen Dilemmata, leidet immer durch das Außen, nie durch das Innen und ist deshalb eindimensional.
Zweitens neigen solche Texte dazu, moralisierend zu wirken - meistens sind sie es auch, weil die Perspektive genau aus diesem Grund gewählt wurde: um anzuklagen, oder um auf etwas „hinzuweisen“, sehr problematisch, oft aufdringlich. Das merkt man immer daran, dass man die Figur als besonders schutzbedürftig/naiv/liebenswürdig/bambiesk wahrnimmt. Der Autor versucht, eine möglichst große Fallhöhe zu schaffen, um den größtmöglichen Effekt zu erzielen, wenn er seine Figur dann ins Unglück stürzt. Genau das ist auch in deinem Text der Fall.

Grüße

Hal

 

Hallo Hal,

deine Analyse ist korrekt: die vorliegende Geschichte ist aus einer passiven Opferperspektive geschrieben, stürzt in nur einem Akt dem Ende entgegen und zielt darauf ab, den Leser auf die Unmoral ausbeuterischer Arbeitsverhältnisse aufmerksam zu machen. Das hast du schon ganz richtig erkannt.
Wobei es wohl mehr Tasrimas Passivität ist, die sie zu einer schlechten (Roman-)Protagonistin machen würde, als ihr Opferstatus. Denn eine gute Romanfigur sollte wohl Opfer- und Täterzüge in sich vereinen, zumal ich Franz Biberkopf, Oliver Twist und Clarissa, um nur drei Beispiele zu nennen, mehr auf der Opfer- als der Täterseite sehe.

Auf jeden Fall danke für den Beitrag
Viele Grüße
Ella Fitz

 

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