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adi

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21.03.2004
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Teil 1

Es war dieses warme Gefühl der Nähe, das er hasste. So unendlich viel kälter als diese alte Nähe und doch nötig, um nicht zu erfrieren. Ein Kick, die Droge, nach der er süchtig war, obwohl sie ihm nur Leid zufügte. Weil er immer und immer wieder aufs Neue realisieren musste, dass sie nur mit ihm spielte. Er hätte ihr nicht die Freundschaft schenken dürfen, an dem Tag, an dem sie aufhörte, ihm ihre Liebe zu schenken. Jetzt kam er nicht mehr davon weg. Sie hingegen genoss das Gefühl, einen guten Freund zu haben, der ihr ihre Entscheidung verziehen hatte. Das schmerzhafteste war die Selbstbeherrschung, der Zwang, sich nicht zu rühren, sich nichts anmerken zu lassen, weil sonst alles ganz schnell vorbei sein könnte. Weil er sonst erfroren wäre, ganz alleine dort draußen.

Heute sollte sich alles entscheiden. Heute war er bereit, alles zu riskieren, alles zu verlieren. Er stand allein vor dem Eingang und starrte ziellos in die Dunkelheit. Der Rauch der Zigarette schien in der Kälte zu gefrieren. Als würde er gleich, festgefroren zu einer kunstvoll geschwungenen Skulptur, zu Boden fallen und wie Glas zerschellen. Es war dazu bestimmt, schief zu gehen, das wusste er. Dann drückte er die Zigarette aus und ging hinein.

Sie redeten, lange, wie immer, vom Alkohol beflügelt. Er spürte, wie die Nähe angenehmer wurde und genoss es. Sie ließen nicht mehr von einander, verloren sie sich kurz, fanden sie schnell wieder zusammen. All die anderen waren nur Kulisse, ein dichter Wald von Gesichtern, die sie anstarrten, doch die beiden sahen nicht zurück. Er merkte, wie alle Zweifel, alle Sorgen von ihm abfielen, die Unsicherheit, die Tränen, die Qualen, alles, was ihn hatte leiden lassen, entwich seiner Seele. Sie versanken, tänzelnd und leicht, in unbekümmerten Träumen, die so schon so oft geträumt und nur vergessen hatten. Alles war wieder so wie früher.


Teil 2

Und stetig stieg sein Verlangen. Er brauchte die kleinen Begegnungen jeden Tag, versuchte, sie herauszuzögern und es gelang ihm, sie zu steigern, sie zu intensivieren. Doch um seine Lust zu stillen, die jeden Tag zu wachsen schien, brauchte es mehr als flüchtige Gespräche. Sie war weit weg, viel zu weit, aber in seinen Träumen kann man das Unmögliche schaffen und ein bisschen schien es ihm, als wäre alles nur ein Traum.

Heute sollte sich alles entscheiden. Heute war er bereit, alles zu riskieren, alles zu verlieren. Er saß vor dem Eingang und beobachtete einen Rauchenden, der Qualm war in der kalten Luft viel deutlicher zu sehen und drehte und verformte sich, ehe sich die winzigen Teilchen in der Nacht verloren. Dann wurde die Zigarette ausgedrückt und der Mann ging hinein, er jedoch saß noch eine ganze Weile dort draußen, vor Nervosität, vor Angst. Es war dazu bestimmt, schief zu gehen, das wusste er. Dann nahm er sich ein Herz und ging hinein.

Es war schön, sie lachen zu sehen, und es tat erneut weh, als sie ging. Sie verlor sich überall, in all den Blicken, die sie bewunderten, die ihr folgten und schließlich verharrte sie bei dem, der auch seit damals nicht einen einzigen Tag von ihr hatte lassen können. Die beiden versanken in einer Vielzahl von Worten, deren Inhalt ziellos durch die Nacht schwappte, doch waren ihre Gedanken nicht mehr mit Worten zu sagen, nur noch mit dem Herzen. Ihm wurde kalt. Er holte seinen Mantel und fand sie nicht mehr vor, als er wieder kam. Nur noch wenige Menschen waren da, der Raum wirkte klein und verlassen. Ein paar Sekunden starrte er in die Leere, dann ging er.

 

Hallo und Danke fürs Lesen erst mal.

Zao, leider wollte ich auf etwas anderes hinaus. Der Protagonist hat die ihm leidige Geschichte nicht beenden wollen, indem er alles abbricht, sondern indem er einen Neuanfang probiert ("Heute sollte sich alles entscheiden." "Es war dazu bestimmt, schief zu gehen.") Mit dem Satz " Heute war er bereit, alles zu riskieren, alles zu verlieren." meine ich lediglich, dass er nun alles riskieren will.

Sue Sunflower, du hast Recht, die Formulierung wirkt ein bisschen unpassend. Soweit ich weiß, ist das zwar grammatikalisch korrekt, aber einfach übertrieben altmodisch und gehört daher nicht darein. Danke schön.

Adi

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich möchte mich entschuldigen, weil ich durch die Aufgliederung in mehrere Folgen gegen eine KG.de Regel verstoßen habe. Das war nicht meine Absicht. Beide Teile sind nun im ersten Beitrag zusammengefasst.

Adi

 

verschoben bis der Autor sich entschieden hat, ob es eine Serie mit in sich abgeschlossenen Geschichten werden soll oder die Geschichte vervollständigt hat.

Verschoben aus R/E

 

Hallo adi,

nach der Schimpfe gibts jetzt auch eine Kritik. ;)

Von der Idee her gefällt mir deine Geschcihte ebenfalls sehr gut. Allerdings brauchen gerade so kurze Texte natürlich unglaublich viel Präzison. Da hapert es mE noch an einigen Stellen.

Es war dieses warme Gefühl der Nähe, was er hasste.
besser schiene mir Nähe, das ...
Weil er immer und immer wieder aufs Neue realisieren musste, dass sie nur mit ihm spielte.
An diesem Satz für sich stimmt alles. Trotzdem hat er mich verwirrt, da du so übergangslos erst die Nähe, dann die alte Nähe und dann die Droge als möglichen Bezug für den Artikel anbietest, letztlich aber keinen davon weiter verwendest.
versuchte sie herauszuzögern
Du darfst auf Grund des Infinitiv auch nach versuchte nich ein Komma setzen. Damit wird glaube ich klarer, dass er versuchte, die kleinen Begegnungen hinauszuzögern.
sie zu steigern, sie zu intensivieren.
das zweite "sie" würde ich streichen, auch wenn die Wiederholung hier als Stilmittel gedacht war, liest es sich ohne einfach rhythmischer.
Doch um seine Lust zu stillen, die jeden Tag zu wachsen schien, brauchte es mehr. Sie war weit weg,
Noch einmal. Erst bietest du die wachsende Lust als Bezug an, dann ist mit dem Sie darauf aber doch wieder das Mädchen gemeint.
in seinen Träumen kann man das Unmögliche Schaffen
schaffen klein
Sie verlor sich überall, in all den Gesichtern die sie bewunderten und verharrte schließlich bei dem, was noch immer so abgöttisch in sie verliebt war,
Selbst, wenn du hier anstelle von "was" "welches" schreiben würdest (was ich stilistisch vorzöge) hast du in diesem Satz ein Problem. Denn es war na nicht nur das Gesicht abgöttisch in ihn verliebt. Wahrscheinlich hat dich die Grammatikprüfung an dieser Stelle wahnsinnig gemacht, weil sie den Satz einfach nicht so wollte, wie du. ;) Es sind übrigens auch nicht die Gesichter, die sie bewundern. Blicke können bewundern, Menschen können bwundern. Gesichter nicht.

Gefallen hat mir dein Timing, die Stimmung, die du über Kleinigkeiten einfängst, wie dem Rauch der Zigarette. Gefallen hat mir auch, die gleiche Geschichte aus zwei Perspektiven erzählt zu bekommen. Aus der, der letzlich in einem Neuanfang die Tragik des anderen bedeutet, der sich verzehrt vor Sehnsucht und nicht erwählt wird.

Eine kleine Feinheit zum Schluss. Ich würde die letzten beiden Zeilen nicht als Absatz für sich nehmen, denn eine Aufteilung in jeweils drei Absätze würde die Analogie mE auch optisch besser verdeutlichen

Lieben Gruß, sim

 

Freut mich, dass dir Geschichte doch gefällt :-)

Ein Kick, die Droge, nach der er süchtig war, obwohl sie ihm nur Leid zufügte.

Die Droge bezeichnet ja nichts anderes als die neue Nähe, insofern kommt nur ein neuer Begriff hinzu, das finde ich vertretbar.

Ansonsten habe ich die meisten Vorschläge beherzigt. Danke schön fürs Lesen und fürs Kritisieren

Adi

 

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