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Feige Sau!

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20.11.2001
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Feige Sau!

Er lebt zu gerne, das ist sein Problem.
Genaugenommen wäre das ja kein Problem, wenn sie ihn weiter hier arbeiten und wohnen ließen. Wenn sie sein Ansuchen auf Asyl nicht abgewiesen hätten.
Jetzt steht er da oben auf dem Dach des fünfstöckigen Hauses und traut sich nicht hinunterzuspringen.

Er fürchtet sich vor dem, was ihm »zuhause« droht. Gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder hat er Essen zu den Widerstandskämpfern gebracht, bis die vom Militär seinen Bruder verhaftet und ermordet haben. Mohamed konnte sich verstecken und ist geflohen, als er vom Schicksal seines Bruders erfuhr. Sicher warten sie jetzt schon darauf, ihn von den österreichischen Behörden frei Haus geliefert zu bekommen … Aber diese Genugtuung gönnt er ihnen nicht. Lieber will er es selbst erledigen. Das erspart ihm dann die Schubhaft und den Flug und die ganze Angst dabei.

Blauer Himmel und ein sonnenbeschienenes Meer aus Schornsteinen, Bäumen, Satellitenschüsseln und Handymasten bieten sich ihm als Anblick. Darunter weiß er das Leben, ein Wechselbad aus Sorgen und Glück, solange man darin schwimmen darf. Er stellt sich vor, auf dem Sprungbrett eines Schwimmbeckens zu stehen, aber auch das klappt nicht. Es wächst nur Wut in ihm. Auf sich, weil er zu feig ist für diesen letzten Schritt; auf die Behörden, die sich zwischen Kaffee und Beamtenforelle nicht vorstellen können, was ihm in seiner Heimat droht. Oder es einfach nicht wollen, weil es für sie ein Spiel ist, an dessen Regeln sich zu halten sie vorgeben, doch wenn keiner hinschaut, schieben sie gern ein paar andersfarbige Spielsteine mehr vom Feld, als die Regel erlaubt. Tod oder Leben, die Würfel sind gefallen. Stempel, Unterschrift, nächster Akt. Mohamed ist klar, dass es keinen Sinn hätte, die Faust gegen sie zu erheben, und er senkt den Blick auf seine abgewetzten Turnschuhe.

Zweieinhalb Jahre ist er bereits hier. Zuerst in der Erstabschiebestelle Ost in Traiskirchen, dann im Wiener Schubhaftgefängnis, wo er in Hungerstreik trat, wenige Tage in ein Krankenhaus verlegt wurde und gleich, nachdem er wieder zwei Kilo zugenommen hatte, zurück in Schubhaft kam, bis in letzter Instanz doch noch ein Asylverfahren bewilligt wurde. Man entließ ihn und er dachte, das sei ein gutes Zeichen und er hätte eine Zukunft.

Seit fünfzehn Monaten ist er nun auf freiem Fuß, hat Hilfsarbeiten angenommen und begonnen, deutsch zu lernen. Er ist kein Sprachentalent und es fiel ihm nicht leicht, doch er bemühte sich redlich. Anita, eine junge Frau aus der Nachbarschaft, übte manchmal mit ihm und so machte er gute Fortschritte. Wofür, wenn sie ihn jetzt doch abschieben? Er könnte seinen Abschiedsbrief auf deutsch verfassen, damit sie sich den Übersetzer sparen. Er erspart ihnen gleich den ganzen Brief; egal in welcher Sprache, sie könnten ihn doch nicht verstehen.
»Und jetzt spring endlich«, sagt er sich, doch seine Beine bewegen sich keinen Millimeter, er wagt noch nicht einmal den Blick nach unten, aus Angst, das Gleichgewicht zu verlieren, wenn er sich nach vorne beugt. Tränen rinnen über seine braunen Wangen, mit ihnen tropfen seine kleinen Träume auf das Blech, von wo sie der Wind davonträgt; alles, was er sich jetzt noch wünscht, ist ein Tritt von hinten, der ihn in den Abgrund befördert. »Du elender Feigling, jetzt spring endlich«, fordert er sich selbst noch einmal auf, und wieder funktioniert es nicht.
Er dreht sich um, wischt sein Gesicht mit dem Ärmel trocken und zieht sich zurück in das Haus, von dessen Dach er springen wollte. So, wie er gekommen ist, meidet er auch jetzt den Aufzug, gelangt über die Stiegen nach unten und ungesehen aus dem Gebäude. Und wie er gekommen ist, irrt er weiter ziellos durch die Straßen und Gassen der Stadt, als suche er ein Loch, durch das er der Realität entfliehen kann. In welche Richtung er geht, registriert er nicht mehr, erlebt alles wie in einem Traum. Ein Rausch aus Angst, Wut und Verzweiflung. Häuser, Menschen, Autos ziehen an ihm vorüber. Verschwimmen wie ihre Geräusche.

Erschöpft lässt er sich auf eine Bank fallen. Sein Gesicht glänzt vor Schweiß und Tränen. Erst jetzt nimmt er wahr, dass er sich auf der Mariahilfer Straße befindet. Menschen rennen hektisch herum, als kaufte ihnen sonst jemand etwas vor der Nase weg. Eine junge Frau nimmt ihn wahr, bleibt stehen. Greift nach Taschentüchern, überlegt kurz, steckt sie wieder weg und geht weiter. Mohamed schließt die Augen. Er sieht sich inmitten eines Flusses, in dem er in einen Strudel geraten ist, der ihn erbarmungslos nach unten zieht. Am Ufer stehen Schilder mit der Aufschrift: »Rettungsringe zuwerfen verboten!« Er wünscht sich, endlich zu ertrinken, stattdessen strampeln und rudern seine Arme und Beine wild umher. Er macht die Augen wieder auf und denkt: Anita! In der nächsten Sekunde schimpft er sich für den Gedanken, sie so zu missbrauchen. Er weiß schließlich, dass sich strafbar macht, wer ihm Unterschlupf gewährt. Anita soll nicht für ihn ins Gefängnis müssen. Er steht wieder auf, sieht sich um. Keine Polizei in Sicht. Ob sie sein Bild in der Fahndung haben? Er will ihnen nicht lebend in die Arme laufen.

Mohamed geht weiter. Ständig nach den Tentakeln des Gesetzes Ausschau haltend, wendet er seinen Blick abwechselnd in alle Richtungen. Er zuckt zusammen, sucht instinktiv nach einem Versteck, als er beim Scannen der Umgebung eine Uniform registriert – nur ein Parkplatz-Sheriff. Ein paar Gassen weiter nimmt er die Aufschrift »U3 Neubaugasse« wahr, läuft den Abgang zwei Stufen auf einmal nehmend hinunter, erreicht den Bahnsteig. Zwei Minuten bis zum nächsten Zug, sagt die Leuchtschrift. Mohamed wartet. Balanciert am Bahnsteigrand entlang. »Treten Sie bitte hinter die gelbe Sicherheitslinie!«, faucht es aus den Lautsprechern. Erschrocken springt er zurück. Aus dem Tunnel hört er schon die Räder quietschen, er schaut ins Schwarze, wartet auf die erlösenden Lichter. Dann rollt die U-Bahn in die Station und Mohamed …
Er könnte vor Angst in die Hose machen, aber für den Sprung in den Tod reicht es nicht. Er steigt ein. Sein Herz schlägt wie eine Flügelratsche.
Bis zur nächsten Station braucht der Zug keine Minute, doch heute fährt er unerträglich viele Schweißperlen lang, und unzählige Male hämmert es in Mohameds Kopf: Feigling! Dann endlich: Zieglergasse, Türen auf, hinaus. Bahnsteig. Panik, er weiß nicht wohin. Ein paar Meter schwimmt er im Strom der Menschen.

Auf der Rolltreppe stößt er mit einem Mann zusammen. Schwarzer Parka, Kapuze auf dem Kopf, flucht Unverständliches in Richtung Mohamed. Tschetschene, schätzt Mohamed, als er ihm ins Gesicht sieht. In Traiskirchen hat er erfahren, dass viele Flüchtlinge von ihren brutalen Gewalterfahrungen traumatisiert sind. Er hat mitbekommen, wie ein sadistischer Aufseher sich manchmal einen Spaß daraus gemacht hat, einige von ihnen zu reizen. Mohamed fiel auf, dass es immer Tschetschenen waren, die der Wärter auswählte, und fragte sich, ob es bei ihnen besonders leicht ginge. Einige haben sich tatsächlich gewehrt, als wollte man sie nun auch hier foltern. Mohamed spürt Bäche aus Schweiß von seinen Achselhöhlen an den Rippen hinunterrinnen, bis das T-Shirt sie aufsaugt. Eine Idee schießt ihm in den Kopf. Du bist meine Rettung …, denkt er und fragt: »Ist was, feige Sau?«
Keine Reaktion. Mohamed tritt gegen sein Schienbein. Der Kapuzenmann packt ihn an der Jacke, schimpft abermals und lässt ihn mit einem Ruck los, dass er gegen die Seitenwand der Rolltreppe taumelt. Oben angekommen, zeigt ihm der Mann den Mittelfinger und will schon weitergehen, doch Mohamed zieht ihn am Arm, will ihn nicht gehen lassen. Dann stehen sie sich gegenüber, Mohamed blickt sich um. Immer noch keine Polizei.

Während er den Mann weiterhin provoziert, lockt er ihn ans gegenüberliegende Ende des U-Bahn-Abganges. Das rechteckige Loch im Boden ist an drei Seiten mit einer hüfthohen Mauer eingefasst, an der vierten enden Rolltreppe und Stufen. Mohamed und der Kapuzenmann sind schon fast an der Schmalseite angelangt, die sein Ziel ist, da besinnt sich der Mann und meint: »Ey, Mann, ist gut. Stay cool. Tanzen, Mann! Was bist du für ein Schwarzer? Tanz, und alles ist gut!« Er beginnt, sich rhythmisch zu bewegen, fordert Mohamed noch einmal dazu auf, es ihm nachzumachen.
Mohamed geht einen Schritt zurück, nennt ihn einen Feigling. Noch ein Schritt. »Na, komm! Trau dich, feiges Arschloch!«
»Ich, feiges Arschloch?!« Der Mann hat aufgehört zu tanzen. Mohamed geht, ohne ihn aus den Augen zu lassen, zu der niedrigen Mauer, genau über dem unteren Ende der Rolltreppe. Der Mann folgt ihm, will wissen: »Was ist los, du?«
»Zeig, dass du kein feiges Arschloch bist, schmeiß mich da runter.«
Eine Hand klatscht gegen die Stirn unter der Kapuze. »Deppert?« Der Mann wendet sich ab, doch da sagt Mohamed, während er weiter nach rechts geht, sodass er sich über den Stufen befindet: »Feiger, tschetschenischer Arsch!«
Der Mann kommt zurück. »Sag du nochmal und ich geb dir feige, tschetschenische Arsch! Du … «, droht er und will sich umdrehen und gehen. Mohamed erwischt ihn am Handgelenk, drückt Daumen und Mittelfinger an die Knöchel, dass es sich anfühlt wie Handschellen. Eine Mischung aus Angst, Verzweiflung und Wut blickt ihm aus der Kapuze entgegen. Mohamed lässt los und sagt: »Na komm, mach schon, feiger Tschetschene.« Mohamed setzt sich auf die Mauer. »Heb meine Füße hoch und schieb an!«
Der Tschetschene schaut, greift seitlich an Mohameds Beine, wirft ihm einen fragenden Blick zu. »Anschieben?«
»Ja, aber von vorne.«
»Du deppert.« Er lässt los, geht kopfschüttelnd zwei Schritte weg.
Mohamed wiederholt sein »Feiger, tschetschenischer Arsch!«, dabei zieht es ihm innerlich alles zusammen, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
Dem Tschetschenen ist es jetzt zu viel; er kommt zurück. Mohamed streckt ihm seine Beine entgegen, macht sich steif. Ist froh, seinem Schicksal zu entkommen. Er fühlt sich erlöst, als er spürt, wie seine Beine hochgehoben werden. Wie er über die Mauer hinweg- statt abgeschoben wird. Seine Lippen formen ein »Danke«, doch sein Inneres will keine Stimme hergeben. An der untersten Stufe bricht er sich das Genick.
Der Tschetschene läuft weg.
Menschen stehen herum, schauen, halten es für einen Streit unter Drogendealern. Über Foltertraumen steht schließlich nichts in der Zeitung.


.

 

Hallo Are-Efen!

Danke Dir fürs Lesen und Deine Stellungnahme zu meiner Geschichte! :)

Habe in den letzten Tagen im Netz ein paar Seiten von "Aufzeichnungen aus einem toten Hause" von Dostojewski gelesen und diese Kurzgeschichte hier als ziemlich parallel dazu empfunden.
Ein interessanter Vergleich, der mich natürlich dazu veranlaßt hat, auch gleich ein paar Kapitel des Werkes beim Projekt Gutenberg zu lesen, weshalb auch meine Antwort hier etwas gedauert hat.

Die Menschen in diesem sibirischen Zuchthaus werden vom Verfasser aufmerksam betrachtet und unter verschiedenen Umständen persönlich wahrgenommen. So arbeitet er das Schema von Verhalten und Taten, zurückliegenden und immer wieder zu befürchtenden, genau heraus.
Ja, da geb ich Dir recht. Allerdings finde ich in meiner Geschichte keinen Platz für umfangreichere Betrachtungen, ich wollte sie auch möglichst kurz halten. Die lange Zeit von Dostojewskis Petrowitsch im Zuchthaus bietet da natürlich mehr Möglichkeiten, er hat über Jahre tagein, tagaus Gelegenheit für Beobachtungen und Gedanken darüber. Zudem ist bei Dostojewski das Beobachten und Beschreiben der Gefangenen und des Lebens in dem Zuchthaus so ziemlich das einzige Ziel, das der Text verfolgt, während bei mir die politische Aussage nicht in den Hintergrund gedrängt werden sollte (und das wird sie eigentlich für meinen Geschmack schon zu viel).

Aus alldem geht aber noch hervor, was in jedem einzelnen Menschen tief innen angelegt ist und ihn gerade so und nicht anders handeln läßt, unter allen Umständen geradezu.....und das fehlt in der vorliegenden Kurzgeschichte.
Ich wollte eben keine psychologische Studie schreiben, und es ist nicht mein Ziel, Mohamed oder den Tschetschenen so darzustellen, als wäre das alles längst in ihrem Inneren vorbestimmt gewesen. Oder als hätten irgendwelche anderen Ursachen die Schuld daran als die Politik, die z. B. für ein paar Bauaufträge im jeweiligen Land (etwa für Gefängnisse) immer gern Auslieferungsabkommen unterzeichnet. Natürlich erst, nachdem sie sich bei einem gepflegten Essen und einer Rundfahrt durch gesäuberte Straßen von der Ruhe im Land und der menschlichen Größe des Staatsoberhauptes überzeugt haben.

Feigheit ist ja hier nur ein momentaner, ganz normaler Reflex, noch dazu bei einem, der das Leben zu sehr liebt.
Ja natürlich, und ich würde sie im Normalfall auch gar nicht als Feigheit bezeichnen, da es sich um nichts anderes als den Selbsterhaltungstrieb handelt. Aber einer, der sich umbringen will und es nicht schafft, empfindet sich selbst als feig und seinen Selbsterhaltungstrieb als Problem.
Und schließlich überträgt er diese Feigheit auch noch auf den Tschetschenen, was ich eher nicht als normalen Reflex bezeichnen würde, sondern in der Angst vor dem begründet liegt, was sein wird, wenn sie ihn abschieben. Hätte es diesen Grund nicht gegeben, hätte er gern weitergelebt, hätte weiterhin gearbeitet und deutsch gelernt, seinen Freundeskreis vergrößert usw.


Liebe Pistole!

Auch Dir meinen Dank fürs Lesen und Kommentieren! :)

Ich finde nicht, dass du den beiden Themen Suizid und Abschiebung nicht gerecht würdest, das passt für mich.
Freut mich!

In meinen Anmerkungen wirst du sehen, dass (auch) ich - stellenweise - Gedanken hatte wie 'plakativ' und 'dick aufgetragen', und genau wie Weltenläufer hat es mich dann doch gepackt.
Damit bin ich ja völlig zufrieden. Sozusagen hart an der Grenze, aber es geht gerade noch. :)

Ich würde wohl die Geschichte stiller zu erzählen versuchen, noch mehr die Wertungen aus den Worten ziehen; allein das ist hier eine harte Nuss: Es ist eben ein Thema, was erhitzt, und die zentrale Szene schreit eben schon von sich aus "Spektakulär!", was jetzt fies klingen mag, aber - darüber werden eben viele (oder zumindest die Augenzeugen) noch lange reden.
Du kennst ja auch die andere Variante des Einstiegs, die ich hatte und in der ich mit dem Lesen des Gerichtsbriefes begonnen hatte – vielleicht wäre die doch besser gewesen. Aber ich dachte, das würde dem Leser vielleicht zu langatmig …

2x Füllworte, finde ich unschön.
Ja, daß das nicht das schönste Deutsch ist, war mir schon beim Schreiben klar, aber mein Erzähler wollte das so erzählen und ich konnte es ihm nicht ausreden. Er hat auf Dich gewartet, um jetzt doch ein »Genaugenommen« draus zu machen. ;-)

Bis hierhin 1 Satz, der die aktuelle Situation (Prot steht auf Dach) skizziert, der Rest ist narrative Zusammenfassung der Hintergründe. Hier wünschte ich mir etwas mehr ‚Auf der Bühne‘, sprich etwas, was sich vor meinen Augen abspielt, etwas Filmbares, bevor bzw während mir die Hintergründe geschildert werden.
Ein bisschen mehr Beschreibung hab ich noch eingefügt, was vielleicht ja auch Deinem Wunsch nach einem stilleren Erzählen etwas entgegenkommt.

In diesem Satz hast du mir zu dick aufgetragen: Tränen, Träume, Winde ... schon recht pathetisch. Das löst bei mir keine der Empfindungen aus, die du wohl bewirken wolltest.
Auch da hab ich ein bisschen gefeilt. :)

Sicher, der Prot steckt in einer sehr sehr ungemütlichen Situation; trotzdem kommt dieser Absatz bei mir sehr selbstmitleidig an, weil es mir so extrem explizit angeraten wird, sein Schicksal als ungerecht zu erleben. Das ist auch der Grund, warum ich Schlagzeilen, die Stimmung machen, nicht mag.;) Wie auch immer, es ist wohl authentisch, das ist eben das Problem, bei Geschichten, die aus dem Leben gegriffen sind: Menschen wie du und ich, Menschen die Fehler haben und machen - Menschen, die - in einer natürlich nachvollziehbar harten Situation, einer, die in die verzweiflung treibt - zu Selbstmitleid neigen. Ist wohl ein Problem von Fiktionalem und Nonfiktionalem.
Mit dem vorigen Punkt gemeinsam bearbeitet, wobei ich ihm das Selbstmitleid auf jeden Fall zugestehe. ;-)

Also, ich hoffe, du kannst irgendetwas aus meinem Kommentar ziehen. Ich habe mir schwer getan, denn einerseits habe ich deine Geschichte gerne gelesen, sie ist gut geschrieben und von Bedeutung. Ganz rein gekommen bin ich aber nicht, ich habe die Geschichte mit Distanz gelesen, ganz 'einfangen' habe ich mich von dir nicht lassen.
Wie Du an meinen Änderungen sicher sehen kannst, war Dein Kommentar sehr hilfreich. :)
Ein bisschen Distanz finde ich bei dem Stoff nicht unbedingt schlecht, zumindest nicht, wenn ich daran denke, wie es mir nach dem Schreiben der letzten Szene gegangen ist. Erst hatte ich es gar nicht bemerkt, aber als ich die Finger von den Tasten nahm, spürte ich mein Herz dermaßen schnell und fest schlagen, daß ich mich nicht traute, das Geschriebene gleich danach zu lesen; was mir dafür aber den nachträglich eingefügten Vergleich von Mohameds Herzschlag mit einer Flügelratsche beschert hat. So tief will ich den Leser glaub ich gar nicht in die Geschichte ziehen.

Trotzdem: Gerne gelesen.
Freut mich, und dasselbe gilt für Deine Kritik. :)


Danke nochmal Euch beiden,
liebe Grüße,
Susi :)

 

Zuerst einmal, Häferl, ist dies eine politisch korrekte Geschichte. Sie ist sowohl handlungstechnisch als auch vom Motiv des Selbstmörders her glaubwürdig, und diejenigen, die hier rumgemäkelt haben, wissen nicht, wovon sie sprechen, am allerwenigstens der Kommentator, der meinte, das sei ein Mord gewesen und die Schuld daran trägt „einzig und allein der Tschetschene.“
Die Geschichte hat eine innere Dramatik, will sagen, sie beginnt stark – ein Mann will vom Hausdach springen -, gefolgt von einer ruhigeren Phase des Nachdenkens, um dann furios im Kampf zweier Männer zu enden, bei dem der Selbstmörder durch Hand des anderen stirbt.
Und doch fehlt hier noch etwas: Die Rolle der Medien. Du hast in den Kommentaren gesagt, dass das Ganze auf einer wahren Geschichte basiert, die aber die Medien nicht gebracht haben, weil das nicht in die von ihnen erzeugten Stimmung rund um den Fall Arigona gepasst hätte. Nebenbei bemerkt: Die Medien und die Politik – und in als Folge davon auch ganz normale Menschen – hauen auf YouTube und auf Internet insgesamt vor allem deswegen, weil dort die unzensierten Nachrichten deren Meinungsmonopol gefährden, denn bisher galt ja (und gilt größtenteils immer noch!), was nicht in den Medien steht bzw. von ihnen in die Medien gepusht wird, hat nicht stattgefunden.
Deswegen würde ich die Geschichte mit den letzten 2 Sätzen anfangen – vielleicht angereicht mit einem: „Im Fernsehen haben sie neulich gesagt, dass …“ -, um dann in der Rückblende die wahre Geschichte zu erzählen. Aber dafür müsste man zuviel ändern, du sollst bitte die Geschichte lassen wie sie ist - okay, das mit der Anita, tut nichts zur Sache und ist zudem überkorrekt -, weil sie auch so gut genug ist.

 

Auf jeden Fall ist die Vorstellung, dass man ihn wegen eines äußerst gängigen Vergehens, das schon eine ganze Zeit zurückliegt, am Flughafen erwartet und gleich mitnimmt, zu wenig realistisch.
Er wird sich in der Art mehrmals v e r s t i e g e n haben und nicht genug auf dem B o d e n der Tatsachen geblieben sein.
Warum, Are-Efen, liest du nicht, was in der Geschichte steht? Ich zitiere:
Gemeinsam mit seinem Bruder hat er Essen zu den Widerstandskämpfern gebracht, bis die vom Militär seinen Bruder verhaftet und ermordet haben. Mohamed konnte sich verstecken. Floh, als er vom Schicksal seines Bruders erfuhr. Sicher warten sie jetzt schon darauf, ihn am Flughafen in Empfang zu nehmen …
Also noch einmal für dich zum mitschreiben: Wenn das türkische Militär das Essenbringen für so schwerwiegend hielt, dass es seinen Bruder nach der Verhaftung tötete, dann muss auch der Prot um sein Leben fürchten, alles andere wäre Verkennung der Realität.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo zusammen,

die Diskussion um diese Geschichte läßt mich nicht los und ich möchte noch etwas nachtragen.

am allerwenigstens der Kommentator, der meinte, das sei ein Mord gewesen und die Schuld daran trägt „einzig und allein der Tschetschene.“

Diese entschiedene Auffassung trage ich. Ich habe im übrigen strafrechtlich diese Geschichte hinterfragt. Und ich fragte mich, wie man einen Mord erkennt. Hierzu gibt es Merkmale die im Strafgesetzbuch stehen. Und ich fragte mich, als ich über diese Story das erste Mal nachdachte, ob im beschriebenen Tathergang Merkmale für einen Mord zu erkennen sind. Ich meinte am Ende, den Tschetschenen als recht heimtückisch agierenden Täter erkannt zu haben. Mit der Aufforderung zum Tanz nimmt er sein Opfer in Hypnose. Er täuscht arglistig, und ich glaube nach einer willentlichen Entscheidung, daß er lediglich helfen wolle. Mit diesem Täuschungsmanöver will er Zeugen, Staatsanwaltschaft vorgaukeln, daß er für den Tod Mohameds nichts kann. Ich halte dieses Verhalten für arglistig.

Ich kann auch keine Gründe erkennen, weshalb man einen gefährlichen Menschen solch eine Tat erlauben soll. Ich glaube, trotz aller sozialer Umstände, gehört der Tschetschene als Straftäter erkannt. Eine Mitschuld anderer ist aus dem Tathergang nicht erkennbar. Lediglich kausal erklärt sich eine Mitschuld anderer, die sich allerdings auf die seelische Notlage Mohameds bezieht. Es war dem Tschetschenen zuzumuten - er hielt die Tatherrschaft in seiner Hand - Mohamed aus der Gefahrenzone zu bringen, weil der T. stärker war. M. gehorchte ihm. Hätte T. es nicht gewollt, hätte er sich aber unbedingt von dem Tatort entfernen müssen, sich also in gänze heraushalten müssen, um als alleiniger Täter auszuscheiden. T. war aber gerne Täter. Ein niederes Motiv veranlaßte ihn dazu, den Tod Mohameds herbeizuführen. T. ist durchaus ein Lustmörder. Er befriedigt sich natürlich nicht sexistisch. Er hat Lust an der Herrschaft über das Leben anderer Menschen, daß er in diesem Fall skrupellos beendet. So habe ich mir diesen Fall der Tötung auf Verlangen überlegt und beurteilt. Ich finde diese Aspecte überlegenswert. Mir fehlt allerdings auch die juristische Kompetenz und deshalb stehe ich mit meiner Meinung sogar alleine hier. Nur gut so denke ich. Gefühlsduselnd einen mordbereiten Menschen nichteinmal als Straftäter zu hinterfragen, geht mir allerdings viel zu weit. Er zwingt mich nämlich zu einer schauderhaften Willfart einem Mörder gegenüber, die sogar nicht gutgehen kann. So will ich meinen.

Liebe Grüße, joasch

 

Ich sehe schon, euch beiden, Are-Efen und joasch, ist nicht zu helfen, daher wird meine letzte Antwort in dieser Sache ganz kurz sein:

@Are-Efen
In dem Text wird gesagt, dass beide Brüder den Widerstandkämpfern nur das Essen gebracht haben, anzunehmen, wie du es tust, da wäre bei dem einen Bruder mehr im Spiel gewesen, ist reine Spekulation, die absolut nichts mit dieser Geschichte zu tun hat.

@ joasch
Zum Mord gehört unbedingt Planung, und die ist beim Tschetschenen nicht zu finden. Zudem agiert er nicht, sondern reagiert nur, und selbst das erst nach längerem Provozieren seitens des zum Selbstmord entschlossenen Mohameds. Mit anderen Worten: Er könnte höchstens wegen Totschlags verurteilt werden, wahrscheinlich aber nur auf schwere Körperverletzung mit Todesfolge.

 

Revision

Ebenfalls zum letzten Mal will ich mich zu dieser Geschichte äußern.

Ich habe über Sirius´ Einwand nachgedacht. Und in der Tat läßt sich aus der Kürze der Handlungsabfolge eine spontane Straftat vermuten. Allerdings ...

Der Mann kommt zurück. »Ich dir geben, feige, tschetschenische Arsch! Du das nicht nochmal sagst!«
»Dann beweise mir deinen Mut, feiger Tschetschene.« Mohamed setzt sich auf die Mauer. »Heb meine Füße hoch und schieb an!«
Der Tschetschene schaut, greift an Mohameds Beine, wirft ihm einen fragenden Blick zu. »Anschieben?«
»Ja, ist ganz einfach.«

Grundsätzlich wollte ich sagen, daß diesem Dialog ein sich Abwenden des Tschetschenen vorangegangen ist. T. hatte sich vielleicht auch nur Zeit genommen, einen Plan zu schmieden. Der hieß vielleicht:

"Abwarten! Und dann tue ich ihm doch etwas an." Aber es bleibt Spekulation.

In Anbetracht der Tatsache, daß Mohamed sehr hartnäckig und mit Nachdruck die Tat von T. verlangt und sie sogar bewirkt, zwingt mich letzten Endes auch zu der Annahme, das die Schwere der Schuld des T. abgemildert beurteilt gehört. Ich muß ihm aber planvolles Handeln vorwerfen. Er schmiedete sehr wahrscheinlich einen Plan in kurzer Zeit. Ich halte T. nach wie vor für einen Triebtäter. Doch, er ist meiner Meinung nach ein Mörder, kein Totschläger. Aber es handelt sich hierbei auch nur um meine abschließende Meinung. Ich wollte aber auch nicht unbedingt das letzte Wort zu dieser Geschichte haben und deshalb höre ich jetzt auch auf, mich zu dieser Geschichte zu äußern. Aber Häferl möchte ich mitteilen, daß diese Geschichte in mir eine Meinungsbildung auslöste.

Herzlichen Dank und freundlichen Gruß, joasch.

 

Hallo Sirius!

Erst einmal danke fürs Lesen und Dein schönes Lob. :)

okay, das mit der Anita, tut nichts zur Sache und ist zudem überkorrekt
Was genau meinst Du damit? Daß sie mit ihm Deutsch lernt oder seinen Gedanken, daß er sie nicht mißbrauchen will, indem er sich bei ihr versteckt? Aber egal: Den Gedanken finde ich nämlich wichtig, und damit der Leser weiß, an wen Mohamed denkt, mußte ich die Anita zuvor einführen, das hab ich mit dem Deutschlernen gemacht.
Der Satz ist mir deshalb so wichtig, weil er aufzeigt (oder aufzeigen soll), daß die Situation, wenn auch nicht so krass, aber doch ähnlich ist, wie es unter Hitler mit den Juden war, als man sich ja auch strafbar machte, wenn man sie bei sich versteckt hat. Bis zu sechs Monate Gefängnis steht auf »Beihilfe zum unbefugten Aufenthalt«; darunter würde z. B. auch fallen, wenn man ihn in einem Versteck mit Essen versorgt oder ihn im Auto zu einer Rechtsberatung bringt. Nur Rechtsberater sind davon ausgenommen; wer ihm hilft, dorthin zu kommen, nicht.

Die Medien und die Politik – und in als Folge davon auch ganz normale Menschen – hauen auf YouTube und auf Internet insgesamt vor allem deswegen, weil dort die unzensierten Nachrichten deren Meinungsmonopol gefährden,
Da ist wohl was Wahres dran. So herum hab ich das noch gar nicht betrachtet.

du sollst bitte die Geschichte lassen wie sie ist
Gut, mach ich! :)


Hallo auch nochmal Are-Efen und joasch!

Es freut mich natürlich, wenn meine Geschichte Diskussionen auslöst, und deshalb möchte ich auch noch kurz etwas zu einigen Punkten sagen.

Eigentlich hatte ich ja nicht im Sinn, einen »Wie würden Sie entscheiden?«-Krimi zu schreiben, in dem es um die Frage »Mord oder nicht?« geht. Andererseits ist es natürlich verständlich, daß die Schlußszene auch die Frage nach der Schuld des Tschetschenen aufwirft – sie hat mich ja auch einige Zeit beschäftigt.
Aber fangen wir erst einmal damit an:

Angenommen der junge Mann hat wirklich mit seinem Bruder zusammen Widerstandskämpfern Essen gebracht, dann heißt das auch, dass er sich diesem Milieu zwar genähert hat, aber wohl kaum genauere Kenntnisse bezüglich der Organisation gehabt haben wird.
Ja, so wird wohl die Realität sein, aber die Realität spielt keine Rolle, wenn er ihnen ein Dorn im Auge ist. Du kannst sowas nicht mit einem Rechtsstaat wie den unseren vergleichen; wenn sie ihm irgendwas anhängen wollen, dann sie das. So, wie sie wohl seinen Bruder auch aus irgendeinem fadenscheinigen Grund ermordet haben.
Da gab es doch neulich einen Fall in Deutschland, wo ein Mann nur meinte, das Geld für den Papstbesuch hätte man besser verwenden können – prompt haben sie sein Haus gestürmt und ihn in U-Haft genommen. Mohamed und sein Bruder haben vielleicht auch nur irgendwo ein falsches Wort gesagt, bzw. haben die falschen Ohren es gehört, aber während bei uns auf den Rechtsanwalt gewartet wird, damit er den zu Unrecht Inhaftierten wieder herausholt, sind woanders schon drei abgeurteilt und hingerichtet oder gefoltert.

Auf jeden Fall ist die Vorstellung, dass man ihn wegen eines äußerst gängigen Vergehens, das schon eine ganze Zeit zurückliegt, am Flughafen erwartet und gleich mitnimmt, zu wenig realistisch.
Jeder Abgeschobene wird in seinem Land den Behörden übergeben. Keiner steigt dort aus dem Flugzeug und geht einfach nach Hause. Und wenn er ihnen schon auf dem Tablett übergeben wird, werden sie ihn wohl nicht einfach wieder gehenlassen.

Andererseits wird er sich hauptsächlich mit seinen neuen Lebensbedingungen beschäftigt haben ohne zu verfolgen, welche Veränderungen oder auch Verbesserungen in seinem Heimatland eventuell stattgefunden haben.
Die meisten Ausländer sind besser als die Behörden darüber informiert, wie es in ihrem Herkunftsland aussieht, bzw. sehen sie den Dingen in die Augen, an denen die Behörden vorbeischauen.
Es ist in keinem Land automatisch mit Beendigung eines Krieges der Frieden wiederhergestellt. Zum Frieden gehört auch sozialer Frieden, und den gibt es erst, wenn das Land seine Bevölkerung wieder versorgen kann, d. h., wirtschaftlich auf eigenen Beinen steht. Solange, wie z. B. im Kosovo, noch immer Not herrscht, tut man weder den Flüchtlingen noch den Menschen dort etwas Gutes. Wir unterstützen sie zwar wirtschaftlich, was wahrscheinlich eh nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, aber das ist alles nichts wert, wenn wir ihnen im Gegenzug noch mehr Menschen schicken, die sie nicht ernähren können. Frieden ist nicht, wenn Staatsmänner sich die Hände schütteln, sondern wenn sozialer Frieden herrscht.

1945 wurden doch auch nicht einfach alle Geflüchteten wieder an uns abgeschoben. Lies mal Zeitzeugenberichte von der Not nach dem Krieg, und »wir« bekamen nicht die Flüchtlinge zurück, um die Not noch zu vergrößern, sondern Care-Pakete.

[/quote]Er wird sich in der Art mehrmals v e r s t i e g e n haben und nicht genug auf dem B o d e n der Tatsachen geblieben sein.[/QUOTE]
Das ist so ähnlich, wie wenn man einem Mißbrauchsopfer sagt, es werde sich das alles nur eingebildet haben …
Are-Efen, glaubst Du, daß ein Mensch, der in seiner Heimat glücklich und zufrieden leben könnte, tausende Kilometer Flucht auf sich nimmt, hier die Schubhaft durchmacht und dann immer noch dableiben will? Lies mal hier bei amnesty:

So werden in Österreich schutzsuchende Menschen unabhängig ihres Alters, ihrer psychischen Verfassung und ihrer Familienbindungen unmittelbar nach Stellung eines Asylantrags in Schubhaft genommen und oft monatelang festgehalten.

Die massive Schubhaftpraxis sowie die schlechten Bedingungen in der Schubhaft wurden in der Vergangenheit bereits vielfach kritisiert, sowohl von nationaler als auch internationaler Seite. Ganz aktuell im November 2007 vom UNO Menschenrechtsausschuss,

Das Asylverfahren kann bis zu drei Jahre dauern. Während dieser Zeit müssen die Asylwerber nachweisen, daß sie über ein gewisses Einkommen und eine Wohnmöglichkeit verfügen, so werden sie oft zu Sklaven des Dienstgebers. – Ich kannte mal (beruflich) einen Installateur, der hatte so um die 15 Dienstnehmer, einer davon war Österreicher, der Rest Asylwerber mit Arbeitsbewilligung. Der hatte sie so in der Hand, daß sie ihm, genau so wie er das verlangte, von dem Geld, das er ihnen überwiesen hat, ein Drittel wieder zurückgebracht haben. Ca. zehn von ihnen haben obendrein gemeinsam in Wohnungen gewohnt, die ebenfalls dem Chef gehört haben und der natürlich nicht wenig für die Kämmerchen verlangt hat, in die er die Wohnung aufgeteilt hat (gesetzlich vorgeschrieben sind 10 m² pro Person). Zum Leben blieben ihnen so um die dreihundert Euro, das ist weniger, als ein alleinstehender Österreicher Anspruch auf Sozialhilfe hat. Daß er sie auch behandelt hat wie Sklaven, brauch ich wohl nicht extra dazusagen – wer sich über Arbeitsbedingungen beschwert, riskiert seinen Job und damit seinen Aufenthalt.
Ich kann mir nicht vorstellen, daß das einer gern mitmacht, wenn er daheim zumutbare Lebensbedingungen hätte.
Der Bruder wird älter und und schon weit mehr in den Widerstandskampf verwickelt gewesen sein. Möglicherweise wurde er vom Militär gesucht, dann festgenommen und unter diesen ganzen Umständen ermordet. Da wird ja oft nicht lange gefackelt.
Richtig, und es reicht manchmal auch ein Gerücht.
Aus dem Bruder hab ich jetzt übrigens den jüngeren Bruder gemacht.

Der damit verbundene Schrecken hat sich verständlicherweise auf den jüngeren Bruder übertragen und aus ihm einen Fliehenden - ohne Ende - gemacht. Einen, der nicht weiß, wie der Feind wirklich aussah und handelte.
Er ist nur davon überzeugt, dass sie Uniformen trugen.
Wieso interpretierst Du da soviel hinein, was gar nicht in der Geschichte steht? Er wußte natürlich, wie die Militärs aussehen – üblicherweise kennt man sie, wenn man in einem Land wohnt.

Ich meinte am Ende, den Tschetschenen als recht heimtückisch agierenden Täter erkannt zu haben. Mit der Aufforderung zum Tanz nimmt er sein Opfer in Hypnose. Er täuscht arglistig, und ich glaube nach einer willentlichen Entscheidung, daß er lediglich helfen wolle. Mit diesem Täuschungsmanöver will er Zeugen, Staatsanwaltschaft vorgaukeln, daß er für den Tod Mohameds nichts kann. Ich halte dieses Verhalten für arglistig.
Lieber joasch, der Tschetschene konnte doch gar nicht ahnen, daß er auf Mohamed treffen würde. Er war unterwegs von irgendeinem Punkt A zu irgendeinem Punkt B, und plötzlich kreuzt Mohamed seinen Weg. Stößt mit ihm auf der Rolltreppe zusammen. Nach einer kurzen, heftigen Auseinandersetzung will der Tschetschene sich entfernen, doch Mohamed hatte bereits seinen Plan gefaßt und läßt ihn nicht einfach weiterziehen, sondern reizt ihn.
Der Tschetschene kämpft jetzt mit einem inneren Konflikt: Er will einerseits aus der Situation entkommen, andererseits fühlt er sich persönlich angegriffen.
Mit dem Tanzen nimmt er nicht sein Opfer in Hypnose, sondern er will ihm damit sagen, daß er doch ein bisschen lockerer sein soll, daß die Sorgen vielleicht kleiner werden, wenn er tanzt – gerade da Mohamed schwarz ist, wäre es naheliegend, daß es die beste Reaktion war, die ihm (T.) überhaupt hat einfallen können. Vielleicht wären sie so unter anderen Umständen die besten Freunde geworden, aber der Tschetschene wußte ja nicht, was Mohamed antreibt, und weshalb er (T.) gar keine Chance hatte, ihn von seiner Rage runterzubringen. Da ist nichts Arglistiges zu finden, er kann hier noch gar nicht gewußt haben, was in den nächsten Minuten passieren würde, denn dafür hätte er Mohameds Gedanken lesen können müssen.
Wenn Dich jemand so penetrant beschimpft und alle Deine Versuche, ihn zu beruhigen oder ihm aus dem Weg zu gehen, scheitern, möchte ich sehen, wie ruhig Du bleibst. – Sicher, Du wirst Dich trotzdem zusammenreißen, aber Du bist ja auch kein traumatisierter Tschetschene, der vor viel grausamerer Gewalt geflohen ist und dann da, wo er sich Schutz und Zuflucht erhofft hat, in Schubhaft kam. asyl in not:
Wen wundert es, daß tschetschenische Flüchtlinge Traiskirchen mit russischen Filtrationslagern vergleichen?

joasch schrieb:
Ich kann auch keine Gründe erkennen, weshalb man einen gefährlichen Menschen solch eine Tat erlauben soll. Ich glaube, trotz aller sozialer Umstände, gehört der Tschetschene als Straftäter erkannt. Eine Mitschuld anderer ist aus dem Tathergang nicht erkennbar.
Es geht doch nicht darum, etwas zu »erlauben«.
Der Tschetschene ist auch kein von Haus aus gewalttätiger Mensch. Das beweist er mit seinen Versuchen, Mohamed davon abzubringen, die – dafür leg ich meine Hand ins Feuer – ehrlich gemeint waren. Sein Fehler war, daß er keine Nerven aus Stahlseilen gehabt hat; aber wo hätte er die auch hernehmen sollen?
Es wäre meiner Meinung nach auch vermessen, anzunehmen, Mohamed hätte ihn gehen lassen, wäre er gegangen. Mohamed war nicht dumm, er wußte, daß der Tschetschene schon ziemlich am Ende seiner Nerven war, und wäre ihm nachgegangen.
Was nicht aus der Geschichte hervorgeht ist, daß es sich hier um ein Zwischengeschoß der U-Bahn-Station handelt; wollte der Tschetschene also abhauen, hätte er noch einmal so einen Aufgang passieren müssen, und Mohamed wäre ihm nach, hätte ihn auf der Rolltreppe angerempelt … :hmm:

Lediglich kausal erklärt sich eine Mitschuld anderer, die sich allerdings auf die seelische Notlage Mohameds bezieht. Es war dem Tschetschenen zuzumuten - er hielt die Tatherrschaft in seiner Hand - Mohamed aus der Gefahrenzone zu bringen, weil der T. stärker war. M. gehorchte ihm. Hätte T. es nicht gewollt, hätte er sich aber unbedingt von dem Tatort entfernen müssen, sich also in gänze heraushalten müssen, um als alleiniger Täter auszuscheiden. T. war aber gerne Täter. Ein niederes Motiv veranlaßte ihn dazu, den Tod Mohameds herbeizuführen. T. ist durchaus ein Lustmörder. Er befriedigt sich natürlich nicht sexistisch. Er hat Lust an der Herrschaft über das Leben anderer Menschen, daß er in diesem Fall skrupellos beendet.
Sorry, joasch, aber da liest Du wirklich etwas in die Geschichte, was nicht drinsteht.
Der Tschetschene ist wirklich ein verdammt armes Schwein. Er hat versucht, sein Leben durch Flucht zu retten, und wird aufgrund des negativen Asylbescheids eines anderen Flüchtlings in so eine Scheiße reingeritten, daß er selbst am Ende abgeschoben wird. Aus der Traum vom Leben in Freiheit. Kannst Du mir bitte sagen, was ihm daran Lust bereiten sollte?

Gefühlsduselnd einen mordbereiten Menschen nichteinmal als Straftäter zu hinterfragen, geht mir allerdings viel zu weit. Er zwingt mich nämlich zu einer schauderhaften Willfart einem Mörder gegenüber, die sogar nicht gutgehen kann. So will ich meinen.
Da ist nichts gefühlsduselnd. Daß für das Gericht wohl gezählt haben wird, daß er letztendlich doch Mohameds Beine genommen und ihn über die Mauer geschoben hat, steht außer Frage. Aber hier sind wir nicht vor Gericht, hier geht es um den menschlichen Faktor. Welcher Paragraph ihn getroffen hat, ist ungefähr so wichtig wie die Frage, ob Türkis ein Blaugrün oder ein Grünblau ist.
Gerade durch sein Bemühen, Mohamed zum Tanzen aufzufordern, beweist er in meinen Augen, daß er im Grunde ein friedlicher Mensch ist. Stell Dir vor, Mohamed wäre wegen etwas anderem so scheißdrauf gewesen – er hätte vielleicht lachen können beim Anblick des Tschetschenen, wie er da so ohne Musik zu tanzen beginnt. Lachen befreit, und dann wäre er draufgekommen, daß der Typ doch ganz in Ordnung ist … Aber leider ist es kein Märchen, Mohamed hatte den Druck, der Tschetschene sein Trauma; und beide hatten es nicht aus innerer Bösartigkeit heraus, sondern aufgrund der äußeren Umstände: Krieg, Gewalt, Schubhaft, Abschiebung.

Aber Häferl möchte ich mitteilen, daß diese Geschichte in mir eine Meinungsbildung auslöste.
… die hoffentlich noch nicht abgeschlossen war. ;-)

Der andere (b) illustriert eine "Empfangnahme":
"Ueber die Ankunft von Tarkan wurde völlig aufgeblasen berichtet....
Er wurde vom Atatürk-Flughafen in Istanbul zu einer Polizeistation eskortiert.
Vermutlich eine Routine mit der Absicht, alle daran zu erinnern, dass er ein Militärdienstentzieher sei.
Er wurde nicht verhaftet und verließ kurze Zeit später die Polizeistation."
Ja, und was willst Du damit jetzt sagen? Weil in der Türkei einer freigelassen wurde, hat weltweit kein Flüchtling mehr etwas zu befürchten?
Vielleicht lassen sie ihn auch nur frei, weil sie wissen, daß sie ihn so am schnellsten wieder los sind.


Danke Euch beiden für Eure Meinung, Are-Efen und joasch! :)
Besonderen Dank natürlich an Dich, Sirius; Deine Diskussionsbeiträge haben mich sehr gefreut, und daß ich sie nicht zitiert hab, liegt nur daran, daß ich nichts zu erwidern fand.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Tachschön Susi!

Zugegeben, ich hatte ein wenig Angst vor der Geschichte. Wie leicht hätte da ein marktschreierischer Aufruf zu mehr Verständnis und Toleranz draus werden können! Toleranz Menschen gegenüber, die den meisten ohnehin egal sind, und die so wahrgenommen, wie von den beiden Mam'selles am Ende. Watt will man da noch hören, dass auch der gewaltbereite Trunkenbold aus Tschetschenien seinen Hintergrund hat? Es reicht ja zu wissen: Die sind alle fanatisch; das passt einfach nicht! Aber statt die Toleranz-Werbetrommel zu rühren, die dem "kleinen Mann" vom "Stammtisch" der "schweigenden Mehrheit" wahrscheinlich viel zu laut gewesen wäre, bringst Du eine harte Geschichte in hartem Ton - und das hat gewirkt!

Besonders dieses ziellose Umherirren Mohameds fand ich gut umgesetzt. Ein Loch zum Entfliehen wird gesucht, dann wieder Halt in Anita; mal ganz weit weg in einer wirren Traumblase umherdriftend, dann wieder mitten im Geschehen und auf dem Boden. Auch das kam gut rüber.

Ja, doch: Ich hab die Geschichte sehr gerne gelesen. Der Erzähler hält sich mit Kommentaren zurück, findet einen passenden Ton; spannend war's auch ... Aye. :)

Tod oder Leben, die Würfel sind gefallen. Stempel, Unterschrift, nächster Akt.
Fein.

... hat Hilfsarbeiten angenommen und begonnen, deutsch zu lernen. ... Wofür, wenn sie ihn jetzt doch abschieben? Er könnte seinen Abschiedsbrief

auf deutsch verfassen, damit sie sich den Übersetzer sparen.

Das ist so bitter. Und es wirkt!

Er erspart ihnen gleich den ganzen Brief, mangels Hoffnung, sie könnten ihn verstehen.
"Mangels Hoffnung" klingt so nach Bürokratendeutsch. "Sie würden ihn doch nicht verstehen" oder sowas fänd ich schöner.

... als suche er ein Loch, durch das er der Realität entfliehen kann. In welche Richtung er geht, registriert er nicht mehr, erlebt alles wie in einem Traum. Ein Rausch aus Angst, Wut und Verzweiflung. Häuser, Menschen, Autos ziehen an ihm vorüber. Verschwimmen wie ihre Geräusche.
Also, was mir besonders gut gefallen hat, war diese Stimmung des verzweifelten Umherirrens. Wie auch hier wieder:

Er steht wieder auf, sieht sich um. Keine Polizei in Sicht. Ob sie sein Bild in der Fahndung haben?
Mal ganz weit von der Welt entfernt, dann wieder mittendrin, aber immer ohne Orientierung - fand ich klasse.

Mohamed geht weiter. Ständig nach dem Auge des Gesetzes Ausschau haltend ...
Hm, die Formulierung klingt arg nach verkrampftem Synonym. Mir fällt nur gerade nichts Passenderes ein ... Wie wär's mit "Uniformen"? Auch nicht, oder?

Dann rollt die U-Bahn in die Station und Mohamed … Er könnte vor Angst in die Hose machen, aber für den Sprung in den Tod reicht es nicht. Er steigt ein. Sein Herz schlägt wie eine Flügelratsche.
Auch eine tolle Stelle! Eigentlich will er sich vor die Bahn schmeißen - steigt dann aber verzagt ein und reist mit. Das Bild hat mir gefallen.
Aber: Nach den Auslassungszeichen hätte ich einen Zeilenumbruch gesetzt. Effekthascherei, Tempo bestimmen, nach Luft schnappen ...
Aaber: Er könnte vor Angst in die Hose machen, aber für den Sprung in den Tod reicht es nicht. - Ditt "aber" stört mir. Er springt ja nicht, gerade weil er solche Angst hat ... oder?
Aaaber: Ick weeß nich, watt ne Flüjelratsche nu wieder is. Ick wer's ma Jujeln, wa.
Aber wie gesagt: Das Bild gefällt mir. Verzagt in den Zug steigen, vor den man sich werfen wollte ...

Er kennt sie aus der Schubhaft. Die meisten haben brutale Erfahrungen mit Gewalt, sind traumatisiert.
Hier wäre zum Beispiel ein "guter" Augenblick gewesen, auf die Nerven zu gehen. ;) Weil Du aber eben nicht hingehst und für Toleranz und Verständnis für Alles und Jeden wirbst, sondern nur diesen einen harten Satz bringst, hast Du so einen richtig in der Geschichte gehalten und ihr auch weiterhin diesen schonungslosen Ton gegeben.

»Ey, Mann, ist gut. Stay cool. Tanzen, Mann! Tanz, dann alles ist gut!« Er beginnt, sich rhythmisch zu bewegen ...
Der Kerl ist verrückt. Oder "anders". Auf jeden Fall wirkt's. :)

»Ich, feiges Arschloch?!«, regt sich der Mann auf...
Tsk ... Würd ich streichen. :)

Su, nu wird's kompliziert. Ich finde nämlich, dass Dir im Folgenden die wörtliche Rede nicht so recht gelungen ist. Das zittert zwischen "zu wohlformuliert" und "zu aufgesetzt gebrochen" ...
»Wenn du kein feiges Arschloch bist, schmeiß mich da hinunter
Wäh ... Ich würd ihn den Tschetschenen einfach immer wieder als Feigling titulieren lassen. "Na komm, du Feigling! Schmeiß mich da runter! Oder hast Du Schiss?" So in etwa.
»Dann beweise mir deinen Mut, feiger Tschetschene.«
Auch zu wohlformuliert. "Na, dann gib's mir doch! Feigling ..."
»Heb meine Füße hoch und schieb an!«
"Schieb! Komm schon! Schieb!" So etwas würde mir besser gefallen.
»Ich dir geben, feige, tschetschenische Arsch! Du das nicht nochmal sagst!«
Das wiederrum finde ich zu aufgesetzt gebrochen. Selbst, wenn jemand so redet - es liest sich doch merkwürdig. Ich würde mich da in der Mitte treffen: "Ich geb dir feiger Arsch! Sag nochmal, und du fliegst!" In der Art.

Er kommt zurück. Mohamed streckt ihm seine Beine entgegen, macht sich steif. Ist froh, seiner Abschiebung zu entkommen. Er fühlt sich erlöst, als er spürt, wie seine Beine hochgehoben werden. Wie er über die Mauer hinweggeschoben wird und hinunterfällt, wie Sperrmüll in den Container.
Hm ... Eine gute Stelle. Ich bin mir nur nicht sicher, ob sie ohne den Sperrmüll besser dastünde. Doch, ich denke, ich würd's rausnehmen. Absatz dunter, fertig.

Das wär's an Anmerkungen. Hat mir wirklich gut gefallen. :)

Bis denne,
Fisch

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebes Fischstaebchen!

Schön, daß Du auch bei dieser Geschichte wieder vorbeigeschaut hast! Daß Dir die Geschichte gefällt, freut mich sehr. :)

Zugegeben, ich hatte ein wenig Angst vor der Geschichte.
Immer diese zart besaiteten Horrorautoren! :lol:

Wie leicht hätte da ein marktschreierischer Aufruf zu mehr Verständnis und Toleranz draus werden können! Toleranz Menschen gegenüber, die den meisten ohnehin egal sind, und die so wahrgenommen, wie von den beiden Mam'selles am Ende.
Ja, ganz unberechtigt war Deine Angst nicht, ich mußte mich schon zusammenreißen, und anfangs war das Ende ja auch noch etwas mehr holzhammerartig. Aber was mich wundert ist, daß die Namensgebung der beiden Frauen noch niemandem aufgefallen ist.

Watt will man da noch hören, dass auch der gewaltbereite Trunkenbold aus Tschetschenien seinen Hintergrund hat?
Öhm, der Tschetschene ist Antialkoholiker, seit sie ihn bei einem Verhör beinahe in Wodka ertränkt haben. :(

eine harte Geschichte in hartem Ton - und das hat gewirkt!
Das und die folgenden Zeilen des Lobs freuen mich sehr! :)

"Mangels Hoffnung" klingt so nach Bürokratendeutsch. "Sie würden ihn doch nicht verstehen" oder sowas fänd ich schöner.
Neu: Er erspart ihnen gleich den ganzen Brief; egal in welcher Sprache, sie könnten ihn doch nicht verstehen.

Hm, die Formulierung klingt arg nach verkrampftem Synonym. Mir fällt nur gerade nichts Passenderes ein ... Wie wär's mit "Uniformen"? Auch nicht, oder?
Ja, das Synonym hab ich gesucht, weil sich die Uniformen sonst wiederholt hätten. ;-) Aber statt dem Auge ist mir noch was viel besser Passendes eingefallen: Ständig nach den Tentakeln des Gesetzes Ausschau haltend,

Nach den Auslassungszeichen hätte ich einen Zeilenumbruch gesetzt. Effekthascherei, Tempo bestimmen, nach Luft schnappen ...
Aaber: Er könnte vor Angst in die Hose machen, aber für den Sprung in den Tod reicht es nicht. - Ditt "aber" stört mir. Er springt ja nicht, gerade weil er solche Angst hat ... oder?
Es ist die Angst vor dem, was sein wird, wenn er nicht springt, gemeint. Aber den Zeilenumbruch hab ich gemacht.

Aaaber: Ick weeß nich, watt ne Flüjelratsche nu wieder is. Ick wer's ma Jujeln, wa.
Sowas wie hier auf dem zweiten Bild ist gemeint.
Wenn Du am Fahrradgestänge eine Spielkarte so festklemmst, daß sie in die Speichen greift, klingt es beim Fahren so ähnlich, aber eine Ratsche ist lauter. ;)

Hier wäre zum Beispiel ein "guter" Augenblick gewesen, auf die Nerven zu gehen.
Ich hab den Satz aber jetzt ein bisschen geändert, weil »brutale Erfahrungen mit Gewalt« ist Topfen, es muß heißen »Die meisten haben brutale Gewalt erfahren,«.

Der Kerl ist verrückt. Oder "anders". Auf jeden Fall wirkt's. :-)
Ich denke, es lag ihm dabei wirklich daran, Mohamed ein bisschen zu beruhigen, auf andere Gedanken zu bringen.

die wörtliche Rede nicht so recht gelungen ist. Das zittert zwischen "zu wohlformuliert" und "zu aufgesetzt gebrochen" ...
Hab die direkten Reden und das Drumherum noch ein bisserl bearbeitet und hoffe, es klingt jetzt natürlicher.

Ich würde mich da in der Mitte treffen: "Ich geb dir feiger Arsch! Sag nochmal, und du fliegst!" In der Art.
Nein, nein, er droht ihm ja nichts Konkretes an. Er hat gelernt, daß man nie mit etwas drohen sollte, was man nicht bereit ist, auszuführen, deshalb droht er nur leer. Erst am Ende reißt ihm doch die Geduld.

Hm ... Eine gute Stelle. Ich bin mir nur nicht sicher, ob sie ohne den Sperrmüll besser dastünde. Doch, ich denke, ich würd's rausnehmen. Absatz dunter, fertig.
Der Sperrmüll ist entsorgt, ebenso der »wollte nur wie ein Mensch leben«-Satz. Dafür sagt er jetzt noch danke:
Wie er über die Mauer hinweggeschoben wird und »Danke« sagend hinunterfällt.

Hat mir wirklich gut gefallen. :-)
Hat mich wirklich sehr gefreut und Du hast mir sehr weitergeholfen! :)


Hallo Are-Efen!

Das gehört natürlich beizeiten herausgestellt - dieses Vorgehen des Staates, d.h. seine P o l i t i k.
Das ist ja nicht nur hier so, das sind EU-Vorgaben.

Aber gerade in diesem Thread war wiederholt zu lesen, dass diese Geschichte p o l i t i s c h korrekt, ja, eine p o l i t i s c h korrekte sei .....

Wie kann sie das eigentlich sein bzw. würde sie aussehen, wenn sie sich nicht mehr mit diesem Label schmücken könnte, frage ich mich.

Politisch korrekt fasse ich nicht als »korrekt im Sinne der Politiker« auf, sondern in menschlichem Sinn korrekt. Ich sage ja eben nicht, daß die Politiker korrekt handeln. Oder anders gesagt: Es kommt immer auf den eigenen Standpunkt an, ob etwas korrekt ist oder nicht.
Sollte sie im Sinn der Politiker korrekt sein, müßte sie eine Geschichte über die Polizei als größte Menschenrechtsorganisation sein. Oder so ähnlich.


Danke Euch beiden für Kritik und nochmaligen Einwurf,

liebe Grüße,
Susi :)

 

Servus Susi,

und diesmal ist es an mir, Dir einen schönen Geburtstags und alles Gute für das was kommt und ist und wird und überhaupt zu wünschen :) Langsam wird sich ja auch Weisheit und Gelassenheit einstellen, zumindest kalendarisch ;-)

Diese Geschichte habe ich auch länger umkreist ohne zu wissen, ob oder ob nicht. Die letztendliche Entscheidung für ob fiel dann auch durch JoBlacks Kreuzverweis auf diesen Text, und da ich eh gerade in einer grundsätzlich zornigen Stimmung bin, hab ich mich also an diesen Text mit dem Warnschildtitel gewagt.

Mir geht es dabei wie sim in seinem ersten Posting, auch ich habe gehofft, daß Mohamed keinen Erfolg haben wird, weil er mit jedem Schritt weg von seinem eigenen Mut etwas - sein Leben - zu ändern und zu wandeln immer mehr Aussenwirkung, Wirkung auf die Aussenwelt ausübt.
Der Sprung vom Dach wäre eine persönliche Sache gewesen, es ist ein Theorem, daß er dabei jemanden beschädigen würde, über Wiggel mit dem Ordnungsamt bzgl. der Haussicherheit, nicht abgesperrter Zugangstüren usw. hinaus.
Der Sprung vor die Bahn führt in jedem Fall zu einer großen Schuld die er verteilt, das ist sicher richtig schlecht fürs Karma und das zurecht.
Daß er seiner Freundin oder Protektorin keinen Ärger mit den Behörden bereiten will, indem er die Alternative nutzen würde, bei ihr unterzukriechen beinhaltet ja auch die Feigheit des weiterleben müssens, und so instrumentalisiert er einen traumatisierten Tschetschenen.
Man kann nicht leben ohne sich schuldig zu machen, jeden Tag.

Mich hat irritiert, daß der Tschetschene einen Tanz vorschlug, da habe ich ihn für Moment mit Rastazöpfen vor Augen gehabt, doch die Alternative an sich finde ich großartig - auch wenn sie mit dem vorher beschriebenen Kriegstrauma bricht, sich da nicht so recht einfügen will.

Das Ende ist so knackig wie es halt sein muss, Tod durch irreparable Schäden der HWS, das Ganze wird von integrierten - dem Namen nach Migrationserfolgsmodellen - Passanten en passant sozusagen kommentiert und ich stehe, sitze mit meiner geballten Faust und dem kleinen Ventil Zynismus in den Fingerspitzen vorm Rechner.

Mir gefällt es, daß der Tschetschene rennen darf und nicht erwischt wird, nicht in dieser Geschichte; so kann ich ihn tanzen lassen, später, in Freiheit. Er ist noch weniger aktiver Täter als es der U-Bahnfahrer wäre.

Insgesamt ist die Geschichte hart, stilistisch wirklich gut aufgebaut und dadurch eigentlich noch härter, wenngleich lange nichtz so hart, so gnadenlos wie die Realität die sie in einer Facette einfängt und spiegelt.

Fieses Teil und keines, was meine Stimmung hebt. Dennoch habe ich sie gerne gelesen.

Grüße
C. Seltsem

 

Lieber Cratulier-Seltsem!

Ein besonders herzliches Dankeschön für Deine Geburtstagswünsche und -kritik! Darüber hab ich mich so richtig gefreut! :)

Langsam wird sich ja auch Weisheit und Gelassenheit einstellen, zumindest kalendarisch ;-)
Ah ja, mein Lerntotem wechelt vom Specht zum Lachs! :thumbsup:

Die letztendliche Entscheidung für ob fiel dann auch durch JoBlacks Kreuzverweis auf diesen Text,
»Bagdads Turm« hab ich auch schon auf meiner geistigen Leseliste, und das nicht nur, weil ich JoBlack für die Werbung dankbar bin, die in Deinem Fall offenbar gewirkt hat. ;)

Text mit dem Warnschildtitel
Stimmt, er ist nicht sehr einladend … nimmt den Leser ungefähr so herzlich auf wie wir die Flüchtlinge.

Deiner Lesart der Geschichte will ich nicht widersprechen. :)
Allerdings darauf hinweisen, daß …

Ärger mit den Behörden
… bis zu sechs Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedeutet; das ist dasselbe Strafausmaß wie für Diebstahl oder Sachbeschädigung, also richtige Verbrechen.

Mich hat irritiert, daß der Tschetschene einen Tanz vorschlug, da habe ich ihn für Moment mit Rastazöpfen vor Augen gehabt, doch die Alternative an sich finde ich großartig - auch wenn sie mit dem vorher beschriebenen Kriegstrauma bricht, sich da nicht so recht einfügen will.
Getanzt wird glaub ich überall auf der Welt – nur die Tänze sind, wie ja auch die Musik, verschieden. Da man aber meistens eher tanzt, wenn es einem gut geht, liegt der Umkehrschluß, tanz, wenn es dir schlecht geht, auch irgendwie nahe. ;-)

das Ganze wird von integrierten - dem Namen nach Migrationserfolgsmodellen - Passanten en passant sozusagen kommentiert und ich stehe, sitze mit meiner geballten Faust und dem kleinen Ventil Zynismus in den Fingerspitzen vorm Rechner.
Abgesehen davon, daß das Wiener Telefonbuch sowieso voll mit solchen Namen ist, weil wir schon immer eine multikulturelle Stadt waren und es kaum Wiener mit reinen österreichischen Wurzeln gibt, fällt mir auf, daß es gerade die Kinder der in den Siebzigern angeworbenen »Gastarbeiter« sind, die besonders gern und tw. aggressiv gegen die Flüchtlinge hetzen – sie zum Beispiel als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnen, die nur herkommen, um hier zu stehlen oder es sich mit unseren Sozialleistungen gutgehen zu lassen. Sich selbst sehen sie als hier aufgewachsen und daher Österreicher. Daß sie auch nur aufgrund einer menschlichen Regierungsentscheidung in den Achtzigern hierbleiben durften, als wir längst keinen Arbeitskräftemangel mehr hatten und sie rein rechtlich abgeschoben werden hätten können, haben sie vergessen.

Mir gefällt es, daß der Tschetschene rennen darf und nicht erwischt wird, nicht in dieser Geschichte; so kann ich ihn tanzen lassen, später, in Freiheit.
Ein schönes Bild, mit dem ich vollkommen einverstanden bin. :)
Die Geschichte würde sich ja glaub ich sehr für ein »Copywrite« eignen. ;-)

Er ist noch weniger aktiver Täter als es der U-Bahnfahrer wäre.
Würd mich freuen, wenn Du das noch näher erklären könntest. Weil der Tschetschene noch weniger Einfluß auf die Politik hat? Weil der U-Bahnfahrer mit dem Bewußtsein fahren muß, daß es ihm irgendwann passieren kann, und er trotzdem fährt?

Insgesamt ist die Geschichte hart, stilistisch wirklich gut aufgebaut und dadurch eigentlich noch härter, wenngleich lange nichtz so hart, so gnadenlos wie die Realität die sie in einer Facette einfängt und spiegelt.

Fieses Teil und keines, was meine Stimmung hebt. Dennoch habe ich sie gerne gelesen.

Danke für das Lob! :)
Und hoffentlich ist Deine Stimmung inzwischen wieder besser. ;-)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Servus Susi,

Er ist noch weniger aktiver Täter als es der U-Bahnfahrer wäre.
Würd mich freuen, wenn Du das noch näher erklären könntest. Weil der Tschetschene noch weniger Einfluß auf die Politik hat? Weil der U-Bahnfahrer mit dem Bewußtsein fahren muß, daß es ihm irgendwann passieren kann, und er trotzdem fährt?

Es ist meine Lesweise, weil den Du den Tschetschenen als getriggert schilderst - einen Job suche ich mir zumindest noch aktiv aus, die Triggerpunkte sind i.d.R. extern initiiert.
Meinem - zugegebenermaßen naiven - Gerechtigkeitssinn gefällt es einfach besser, wenn der Tschetschene entkommen darf, weil er (mein Sinn) ihn einfach nicht als "schuldig" und damit "der Gerechtigkeit zuzuführen" sieht. Nicht in diesem Kontext, wo er mich gerade durch die anfängliche Aufforderung zum Tanz für sich einnimmt.

"Kitzeln !! Nicht kämpfen" ist bei uns in der Innenstadt gesprüht, eine gute Parole.

Grüße
C. Seltsem

 

Lieber C. Seltsem!

Danke für Deine nähere Erläuterung zu Deiner Sicht.

Es ist meine Lesweise, weil den Du den Tschetschenen als getriggert schilderst - einen Job suche ich mir zumindest noch aktiv aus, die Triggerpunkte sind i.d.R. extern initiiert.
Ja, dann meinst Du ungefähr dasselbe wie ich mit "Weil der U-Bahnfahrer mit dem Bewußtsein fahren muß, daß es ihm irgendwann passieren kann, und er trotzdem fährt", aber Du hast es besser erklärt und ich kann Dir da nur zustimmen.

Meinem - zugegebenermaßen naiven - Gerechtigkeitssinn gefällt es einfach besser, wenn der Tschetschene entkommen darf, weil er (mein Sinn) ihn einfach nicht als "schuldig" und damit "der Gerechtigkeit zuzuführen" sieht. Nicht in diesem Kontext, wo er mich gerade durch die anfängliche Aufforderung zum Tanz für sich einnimmt.
Finde ich gar nicht naiv, sondern menschlich völlig richtig, und, wie schon oben gesagt, Deine Vorstellung, wie er weiterhin tanzt, sehr schön. :)

"Kitzeln !! Nicht kämpfen" ist bei uns in der Innenstadt gesprüht, eine gute Parole.
Ja, das ist eine gute Parole! :thumbsup:
(Gegenüber unserer Schule ist so eine schöne Friedhofsmauer ... :hmm:)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Leider muss ich dir sagen, dass deine Geschichte nahezu überfüllt ist mit Ungereimtheiten, die man so keinesfalls stehenlassen kann.

Erstens erfährt der/die LeserIn aus deiner Geschichte nicht, aus welchem Land Mohamed kommt (das ist für den Verlauf deiner Geschichte bzw. seines Asylverfahrens von immenser Bedeutung).
Zweitens ist sein "Asylverfahren" unlogisch aufgebaut:
zuerst landet Mohamed in der Erstabschiebestelle Ost in Traiskirchen (!), wird danach in Schubhaft genommen (!) und erst später wird ihm ein Asylverfahren "bewilligt" (!?)

Du schreibst am Anfang deiner Geschichte: "Wenn sie sein Ansuchen auf Asyl nicht abgewiesen hätten", um später beim "Unabhängige Verwaltungsgerichtshof in letzter Instanz" zu landen.
Das würde bedeuten, dass Mohameds Antrag auf Asyl bereits zweimal negativ entschieden wurde (vom BAA-Bundesasylamt und UBAS-Unabhängiger Bundesasylsenat).
In der dritten (und letzten) Instanz kann man beim beim Verwaltungs- bzw. Verfassungsgerichtshof (bei dir steht fälschlicherweise das Präfix "unabhängig" davor) gegen diese Entscheidung eine Beschwerde einlegen, diese muss allerdings von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Das alles kommt in deiner Geschichte nicht vor bzw. nicht sehr klar rüber
Jeder Flüchtling, der sich in Österreich befindet, kann einen Asylantrag stellen(ausgenommen der Dublin-Fälle).
Aus deiner Geschichte geht leider nicht hervor, wie Mohamed zum Beispiel ins Land eingereist ist, warum wird er in die Erstabschiebestelle Traiskirchen gebracht, aus welchem Land er überhaupt stammt, wieso wird er in Schubhaft genommen usw. Damit deine Geschichte (auf der fachlichen Ebene) funktioniert und authentisch bleibt, muss wenigstens ein Mindestmaß an inhaltlichen Standards erfüllt sein.

Die Agonie deines Protagonisten wirkt für mich irgendwie harmlos und oberflächlich.
Das, was die meisten AsylwerberInnen regelrecht zermürbt, ist die Ungewissheit - vor allem aber die lange Wartzeit. Mohamed hingegen will nicht in sein Heimatland abgeschoben werden, weil ihn dort irgendetwas erwartet (bloß was?).

Du schreibst auch, dass er das Essen zu den Widerstandskämpfern gebracht hat. In keinem Satz erwähnst du aber, wogegen diese Widerstandskämpfer ankämpfen. Vielleicht ist das lediglich eine kleine Gruppe von Freischärlern, die nicht unbedingt "die Guten" sind. Man weiß es nicht.

Damit also das Handeln (Suizid) deines Protagonisten nachvollziehbar bleibt, fehlen dem Leser wichtige Informationen. Natürlich muss ein Autor nicht immer alles verraten, doch in diesem Fall fehlen essenzielle Informationen, die für den Verlauf deiner Story unentbehrlich sind.

Das Gerüst deiner Geschichte bildet die Suizidabsicht deines Protagonisten, alles andere hingegen wirkt als Kulisse für sein Vorhaben, was ich eigentlich sehr schade finde. Die Story wirkt leider viel zu platt und konstruiert und kann in so einem kleinen Umfang nicht funktionieren.


P.S. Ich arbeite in einem interkulturellen Psychotherapiezentrum, wo wir täglich mit traumatisierten Flüchtlinge und Folteropfern arbeiten. Wir bieten den Menschen traumaspezifische Psychotherapie, psychologische Diagnostik und Beratung sowie fallweise psychiatrische Betreuung. Aus diesem Grund wirkt deine Geschichte für mich wie eine Aneinanderreihung harmloser Anekdoten eines Flüchtlings aus der Perspektive eines Beobachters. Nämlich nicht authentisch.

 

Hallo so_04!

Leider muss ich dir sagen, dass deine Geschichte nahezu überfüllt ist mit Ungereimtheiten, die man so keinesfalls stehenlassen kann.
Doch, doch, die laß ich ganz genau so stehen, denn es ist beabsichtigt, daß nicht klar ist, wo Mohamed herkommt – deshalb auch schon die (Allerwelts-)Namenwahl ohne spezielle Schreibweise. Weil es für das, was ich aufzeigen will, völlig unerheblich ist, wo er herkommt.

Zweitens ist sein "Asylverfahren" unlogisch aufgebaut:
zuerst landet Mohamed in der Erstabschiebestelle Ost in Traiskirchen (!), wird danach in Schubhaft genommen (!) und erst später wird ihm ein Asylverfahren "bewilligt" (!?)
Ich finde daran nichts unlogisch. Er wurde von Traiskirchen nach Wien überstellt – da du dich so gut auskennst, weißt du sicher, daß das Lager in Traiskirchen nicht wirklich »Erstabschiebestelle« heißt, sondern »Erstaufnahmestelle«, jedoch aufgrund der hohen Zahl derer, die von dort nach Wien oder Eisenstadt in Schubhaft überstellt werden, von NGO-Sprechern so umbenannt wurde.
Was an einem Vorgang, der so häufig vorkommt, daß er sogar zu einer (inoffiziellen) Umbenennung führt, unlogisch sein soll, erschließt sich mir nicht.

Jeder Flüchtling, der sich in Österreich befindet, kann einen Asylantrag stellen(ausgenommen der Dublin-Fälle).
Ja, und weil sie immer hoffen, daß es doch ein Dublin-Fall ist, nehmen sie sie gern bis zur Überprüfung in Schubhaft, wozu sie das Fremdenpolizeigesetz, § 76 Abs. 2 Ziffer 4, berechtigt: »anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird« – also nicht die Tatsache, ob es sich um einen Dublin-Fall handelt, ist entscheidend, sondern die Möglichkeit, daß es so sein könnte. Beim Einräumen dieser Möglichkeit wird auch gern »übersehen«, daß es für traumatisierte oder gefolterte Flüchtlinge eine Ausnahmeklausel von der Dublinklausel gibt, wonach sie nicht unter diese Bestimmungen fallen (sondern zum Verfahren zuzulassen sind).

Deine Kritik am Verfahren selbst geht leider auch an der Geschichte vorbei, weil es mir nur darum ging, es grob zu umreißen und nicht ausführlich ins Detail zu gehen. Meine Formulierung, »in Schubhaft kam, bis der Unabhängige Verwaltungsgerichtshof in letzter Instanz doch noch ein Asylverfahren bewilligte«, schließt in keiner Weise aus, daß sein Antrag zweimal abgelehnt wurde, vielmehr läßt es sich daraus schließen.

Aus deiner Geschichte geht leider nicht hervor, wie Mohamed zum Beispiel ins Land eingereist ist, warum wird er in die Erstabschiebestelle Traiskirchen gebracht, aus welchem Land er überhaupt stammt, wieso wird er in Schubhaft genommen usw. Damit deine Geschichte (auf der fachlichen Ebene) funktioniert und authentisch bleibt, muss wenigstens ein Mindestmaß an inhaltlichen Standards erfüllt sein.
Wie gesagt, finde ich es für die Geschichte nicht wichtig, woher Mohamed stammt und wie er ins Land gekommen ist. Wollte ich das bestimmen, hätte ich es gemacht.
Und authentisch ist sie, wie ich oben bereits dargelegt habe.
Man muß schon sehr gutgläubig sein, wenn man glaubt, es wäre alles gut und richtig, wie es ist, weil wir doch nur gute Gesetze mit dem Gütesiegel »Made in Austria« haben.

Die Agonie deines Protagonisten wirkt für mich irgendwie harmlos und oberflächlich.
Das, was die meisten AsylwerberInnen regelrecht zermürbt, ist die Ungewissheit - vor allem aber die lange Wartzeit. Mohamed hingegen will nicht in sein Heimatland abgeschoben werden, weil ihn dort irgendetwas erwartet (bloß was?).
Wo ist der Widerspruch? Daß er nicht abgeschoben werden will, weil ihn irgendetwas erwartet, spricht doch nicht dagegen, daß die Zeit des Wartens vorher auch zermürbend war – diese Zeit ist aber nicht Teil der Geschichte.
Und was genau ihn erwartet, ist irrelevant; es geht nicht darum, ob du oder ich oder sonstjemand diese Angst für berechtigt hält, denn daß sie vorhanden war, ergibt sich aus der Tat selbst, und die ist nicht erfunden. Ebenso irrelevant ist die Frage, woher er stammt und auf welche Art er ins Land gekommen ist. Es geht hier einzig um seine Verzweiflung(stat) nach dem Erhalt des Ausweisungsbescheides.

Du schreibst auch, dass er das Essen zu den Widerstandskämpfern gebracht hat. In keinem Satz erwähnst du aber, wogegen diese Widerstandskämpfer ankämpfen. Vielleicht ist das lediglich eine kleine Gruppe von Freischärlern, die nicht unbedingt "die Guten" sind. Man weiß es nicht.
Eigentlich wollte ich damit bloß andeuten, daß er nichts gemacht hat, was nach unserer Rechtsauffassung strafbar wäre. Aber selbst, wenn es Freischärler gewesen wären, denen sie das Essen gebracht haben (was an sich ja noch keine Zugehörigkeit beweist, solange sie nicht selbst an Kämpfen teilgenommen haben), widerspräche die Hinrichtung des Bruders den Genfer Konventionen, wonach er ein Recht auf menschliche Behandlung und einen ordentlichen Prozeß gehabt hätte, und das wiederum würde einen Flüchtlingsstatus für Mohamed begründen.

Damit also das Handeln (Suizid) deines Protagonisten nachvollziehbar bleibt, fehlen dem Leser wichtige Informationen. Natürlich muss ein Autor nicht immer alles verraten, doch in diesem Fall fehlen essenzielle Informationen, die für den Verlauf deiner Story unentbehrlich sind.
Wahrscheinlich haben die anderen Leser sich alle nicht getraut, das zu sagen … :hmm:

Das Gerüst deiner Geschichte bildet die Suizidabsicht deines Protagonisten, alles andere hingegen wirkt als Kulisse für sein Vorhaben, was ich eigentlich sehr schade finde. Die Story wirkt leider viel zu platt und konstruiert und kann in so einem kleinen Umfang nicht funktionieren.
Schade, daß sie bei dir nur auf Ablehnung gestoßen ist, aber da sie für die anderen offenbar funktioniert hat und du mich auch von keiner Schwachstelle überzeugen konntest, werde ich sie lassen, wie sie ist.

P.S. Ich arbeite in einem interkulturellen Psychotherapiezentrum, wo wir täglich mit traumatisierten Flüchtlinge und Folteropfern arbeiten. Wir bieten den Menschen traumaspezifische Psychotherapie, psychologische Diagnostik und Beratung sowie fallweise psychiatrische Betreuung. Aus diesem Grund wirkt deine Geschichte für mich wie eine Aneinanderreihung harmloser Anekdoten eines Flüchtlings aus der Perspektive eines Beobachters. Nämlich nicht authentisch.
a) besagt die Angabe, wo du arbeitest, nichts über deine fachliche Kompetenz oder, im Fall einer solchen, über deine Erfahrungen oder dein Einfühlungsvermögen. Gerade letzteres stellst du mit deiner, mehr nach einem Angriff klingenden Kritik nicht gerade unter Beweis.
b) habe ich natürlich keine eigenen Erfahrungen, sondern nur Berichte aus zweiter und dritter Hand (vorwiegend von Asyl-in-Not, aber auch von anderen Organisationen, etwa SOS-Mitmensch), jedoch hab ich mir das Psychologische von einer Therapeutin mit mehr als dreißig Jahren Berufserfahrung absegnen lassen. Wo du eine Aneinanderreihung von Anekdoten siehst, weiß ich nicht.

Du darfst auch nicht übersehen, daß du in der Therapieeinrichtung, in der du als was auch immer arbeitest, nur mit jenen Flüchtlingen in Kontakt kommst, denen das Privileg einer Therapie zugestanden wird. In einem meiner Beiträge weiter oben habe ich schon erwähnt, daß dafür viel zu wenig Geld zur Verfügung gestellt wird und so nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge, die eine Therapie nötig hätten, in den Genuss einer solchen kommt. Meine beiden Protagonisten hatten wohl nicht das Glück, sonst wären sie vielleicht zu einem anderen und für dich besser nachvollziehbaren Handeln in der Lage gewesen.

Danke fürs Lesen,

Grüße,
Susi

 

Nochmal, so_04, um Deinen Glauben, daß eh alles gut und recht ist, wie es ist, ein bisschen ins Wanken zu bringen: Laß Dir mal diesen Standard-Artikel auf der Zunge zergehen:

Standard schrieb:
Ein internes Protokoll der NÖ-Sicherheitsdirektion ermuntert Beamte, Asylwerber in Schubhaft zu nehmen - auch unter jenem Paragrafen, den das Höchstgericht für "rechtswidrig" hält
St. Pölten/Wien - Die niederösterreichische Fremdenpolizei hält ihre Beamten dazu an, Asylwerber in Schubhaft zu setzen - selbst dann, wenn diese Praxis Höchstgerichtsurteilen widerspricht: Zu diesem Schluss könnte man bei Lektüre eines internen "Resümeeprotokolls" der NÖ-Sicherheitdirektion kommen, das dem Standard vorliegt.

Bei einer Lagebesprechung diskutierten dort am 18. Dezember 2007 hochrangige Vertreter aus dem Sicherheitsbereich über die in den vergangenen Monaten größer werdende Zahl von Schubhaftaufhebungen durch die Überprüfungsbehörde, den Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) des Landes. Dieser muss sich dabei an mehrere Höchstgerichtssprüche halten, die das Einsperren von Asylwerbern auf bloßen Verdacht der Nichtzuständigkeit Österreichs laut Paragraf 76/2 des Fremdenpolizeigesetzes immer öfter als "widerrechtlich" bezeichnen (siehe Wissen).

"Nicht entmutigen lassen"

Dies gab, laut "Resümeeprotokoll", auch Adrienne Zakovsek vom UVS-NÖ zu bedenken: Es werde für ihre Behörde in Hinkunft "sehr schwierig werden, in den Fällen des Paragrafen 76/2 die Schubhaftbescheide zu halten", wird sie zitiert. Worauf Gerhard Reischer, Leiter der Verwaltungspolizeilichen Abteilung in der NÖ-Sicherheitsdirektion, seinen Kollegen offenbar fachliche Zuversicht vermitteln wollte: "Es wird betont, dass sich die Fremdenpolizisten nicht entmutigen lassen sollen. Wir werden nach wie vor Schubhaften verhängen" - und zwar "auch in den Fällen" des besagten Paragrafen, sagt er laut Dokument.

Amtsmissbrauch?

"Hier fordert Reischer auf, geltende Höchstgerichtsinterpretationen zu ignorieren: ein klarer Fall von Amtsmissbrauch", meint dazu Flüchtlingshelfer Michael Genner. Sein Verein "Asyl in Not" hat das Protokoll veröffentlicht. Vorsichtiger kommentiert der Wiener Anwalt Wilfried Embacher die Affäre: Reischer schramme "am Rand eines Amtsmissbrauchs" dahin, sagt er.

Auf alle Fälle aber mache "der Ton die Musik": Nach Inkrafttreten des Fremdenpakets Anfang 2006 habe der UVS-NÖ eineinhalb Jahre lang jede Schubhaftverhängung für rechtskonform erklärt. Reischers Äußerung passe atmosphärisch gut zu dieser, jetzt teils überholten Praxis. Reischer selbst wiederum geht im Standard-Gespräch von einem Protokollierungsfehler aus. Er habe noch dazu gesagt, dass "in jedem Schubhaft-Einzelfall" neben Fremdenpolizeigesetz und Dublin-II-Verordnung auch "das Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit" zu beachten sei.(Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe, 12.2.2008)

Hier gibt es das ganze Protokoll zum Nachlesen.

Und weil eben der UVS-NÖ so gern Schubhaft verhängt und sich dabei nicht entmutigen lassen will, ist der Weg "Erstaufnahmestelle - Schubhaft - Zulassung zum Asylverfahren" kein unlogischer, sondern ein üblicher, selbst für Traumatisierte.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Die von dir hier vorgelegten Informationen haben natürlich überhaupt keine Aussagekraft. Dass eine Person zuerst bei der Erstaufnahmestelle landet, um später in die Schubhaft genommen wird, damit ihr dann doch eine "Zulassung zum Asylverfahren" erteilt wird, ist ein unglaubliches Labyrinth.
Warum?
Weil: "Der Asylantrag kann bei jeder Sicherheitsbehörde und jedem Sicherheitsorgan gestellt werden und muss dieser Antrag weder schriftlich, noch mittels bestimmter Formalitäten erfolgen. Es genügt, wenn die Person in irgendeiner Form zum Ausdruck bringt, dass sie in Österreich Schutz vor Verfolgung sucht. In der Praxis wird der Asylantrag entweder direkt beim Bundesasylamt gestellt oder nach Aufgriff durch die Grenzkontrollbehörden bzw. das auch im Rahmen des Grenzschutzes eingesetzte Bundesheer." (http://www.amnesty.at/cont/fokus/asyl/asylverfahren04.html)

Die Schlussfolgerung deiner Geschichte wäre: entweder dein Protagonist weiß nicht, was er will (da sind wir wieder bei den fehlenden Informationen, die ich im ersten Posting erwähnt habe: aus welchem Land kommt er, wie ist er nach Österreich gekommen, von wem wurde er "aufgegriffen", wieso hat er in der Erstaufnahmestelle nicht erwähnt, dass er Schutz bzw. Asyl benötigt?) oder er ist ein Dublin-Fall (was wiederum in deinem Text mit keinem Wort erwähnt wird).
Nun muss der Leser diese Informationen für sich komplettieren, da sie in deiner Geschichte nicht vorhanden sind.

Die Geschichte würde in Wirklichkeit so ablaufen:

Jemand wird von der Polizei oder den Grenzschützern aufgegriffen und nach Traiskirchen überstellt. Dort wird er "vorgeführt", das heiß, er wird nach seiner Identität und Herkunft befragt. Schon dort kann er seine Schutzbedürftigkeit manifestieren, woraufhin ein Asylantrag gestellt werden kann. Falls sich die Behörde nicht sicher ist, ob er ein Dublin-Fall ist, kommt er zunächst in die Schubhaft, bis die Frage geklärt ist. Danach wird die Person entweder in das Land (das für sie zuständig ist) abgeschoben oder sie darf tatsächlich einen Asylantrag stellen. Das ist aber noch immer die erste Instanz! Eine Zulassung zum Asylverfahren in letzter Instanz (Zitat: "... bis in letzter Instanz doch noch ein Asylverfahren bewilligt wurde") ist schlichtweg falsch.

Dass all diese fehlenden Informationen aus deiner Sicht nicht relavant sind, kann ich nicht nachvollziehen. Indem ich mehr über den Protagonisten weiß, kann ich mich als Leser umso besser in seine Lage hineinfühlen. Letztendlich ist sein Handeln (Suizid) nicht schlüssig. Tatsache ist nur, dass er sich umbringen will, doch die Beweggründe sind viel zu änigmatisch. Außerdem kommt seine Bedürftigkeit (nach Schutz und Sicherheit) in deinem Text nicht richtig zur Geltung.
Deshalb empfinde ich diese Geschichte als sehr eindimensional, da sie in keinster Weise den Protagonisten charakterisiert (über ihn weiß man so gut wie nichts). Auf mich wirkt er unreal, deshalb kann ich mich weder mit ihm als Person identifizieren, noch kann ich sein Handeln nachvollziehen.


Die Beschreibung der zweiten Person (der Tschetschene) entspricht leider auch nicht ganz der Realität. Ich arbeite schon seit zwei Jahren mit tschetschenischen Flüchtlingen, habe auch einige Hausbesuche getätigt (mit ein paar bin ich sogar gut befreundet), ich habe allerdings noch nie einen Tschetschenen getroffen, der nur Ansatzwiese Englisch gesprochen hat.
Die Aufforderung:
"Ey, Mann, ist gut. Stay cool. Tanzen, Mann! Tanz, dann alles ist gut!"
ist nicht realitätsnah.
Warum?
Tschetschenen sind, was das Tanzen angeht, eine sehr verschlossene Volksgruppe. Getanzt wird ausschließlich Lezginka, ein Nationaltanz, in dem ein Mädchen einen Jungen mit Blickkontakt zum Tanzen auffordert. Sie imitieren dabei einen Schwan, er einen Raubvogel, der sie beschützt. Mehr ist nicht drin!

Dass ein Tschetschene einem (wildfremden) Menschen beruhigungshalber einen Tanz empfiehlt, ist äußerst unwahrscheinlich (außer du hast es hier ironisch gemeint: Komm, Junge, tanz eine Runde, ist schon gut).
Wahrscheinlicher ist, dass ihn der Tschetschene (falls er alleine ist) entweder ignoriert oder seine Ehre verteidigt (Arschloch als persönliche Beleidigung).

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo so_04!

nach Traiskirchen überstellt. Dort wird er "vorgeführt", das heiß, er wird nach seiner Identität und Herkunft befragt. Schon dort kann er seine Schutzbedürftigkeit manifestieren, woraufhin ein Asylantrag gestellt werden kann. Falls sich die Behörde nicht sicher ist, ob er ein Dublin-Fall ist,
Es hat wohl keinen Sinn, wenn du stur auf den Buchstaben des Gesetzes beharrst und in deinem guten Glauben, es liefe alles rechtens ab, nicht akzeptieren willst, daß es eben nicht so ist. Daß eben z. B. nicht nur Menschen aus bestimmten Ländern in Schubhaft kommen, sondern sich die Behörden in allen Fällen nicht sicher sind, ob es nicht doch vielleicht ein Dublin-Fall ist. Deshalb ist es auch irrelevant, woher Mohamed kommt, wie er eingereist ist, etc. - weil es für die Behörden irrelevant ist.

Wenn du dich also aufregen willst, daß es nicht so ist, wie es sein soll, dann geh zu den Behörden und reg dich dort auf. - Freitag wurden in Wien wieder kleine Kinder in Schubhaft genommen, obwohl das lt. Gesetz unzulässig ist.

(außer du hast es hier ironisch gemeint: Komm, Junge, tanz eine Runde, ist schon gut)
Nicht ich hab es so gemeint, sondern der Tschetschene in meiner Geschichte. Und wenn du dich auf den Kopf stellst, bleibt das trotzdem so drin. Er macht das ja nicht, weil er selbst so gern tanzt, sondern weil er Mohamed runterholen will, von dem er offenbar annimmt, daß das etwas nützen könnte.

Grüße,
Susi

 

Ich will dich weder persönlich angreifen noch liegt mit etwas daran, deine Geschichte zu verreißen. Aber sie überzeugt mich nicht. Und das ist auch meine Meinung. Auf den Buchstaben des Gesetzes beharre ich sicherlich nicht (was habe ich davon?), doch unsere Geschichten leben letztendlich von unserer Genauigkeit.
Wenn mein Text nicht jene Menschen überzeugen kann, die sich auf einem bestimmten Gebiet auskennen, warum soll ich das von irgendjemand anderen erwarten?
Kein (seriöser) Verlag würde einen solchen Text publizieren, da sich bereits beim Lektorieren die Frage stellen würde: Stimmt das alles?
Je genauer du arbeitest (schreibst), umso einfacher kannst du deine Leser dorthin bringen, wo du sie haben willst.
Wozu recherchieren dann viele Autoren? Damit sie glaubwürdig bleiben.
Wenn man alles dem Leser überlässt und ihm auch wichtige Informationen vorenthält, verspielt man nicht als Autor dadurch seine eigene Glaubwürdigkeit?

Der zweite Grund, warum mich deine Geschichte nicht überzeugt, ist dein Protagonist. Für mich wirkt er leer, ohne Eigenschaften, eindimensional. Nichts an ihm erweckt mein Interesse, weder Sympathie noch Antipathie. Ich bemitleide ihn nicht, ich fühle seinen Schmerz nicht - nichts.
Indem du versäumt hast, ihn zu personifizieren, hast du auch versäumt, ihm Charaktereigenschaften zu geben, die ihn lebhaft und existent machen.
Ohne zu wissen, woher er kommt, wozu er steht, was seine Motive sind, kann ich sein Handeln nicht begreifen. Letzten Endes ist dein Protagonist einer unter Vielen, der sich dazu entschlossen hat, sich umzubrigen.
Bevor man jedoch seinen Protagonisten ums Leben bringt, muss man ihn zuerst zum Leben erwecken!

 

Bevor man jedoch seinen Protagonisten ums Leben bringt, muss man ihn zuerst zum Leben erwecken!
Auf die meisten anderen hat er offenbar nicht so tot gewirkt, wie auf dich. Du willst anscheinend eine andere Geschichte lesen, als ich sie schreiben wollte. Wenn du eine Geschichte über die Hintergründe und die Vorgeschichte willst, dann schreib sie vielleicht selbst?

Wozu recherchieren dann viele Autoren? Damit sie glaubwürdig bleiben.
Du wirst es nicht glauben, aber auch ich recherchiere. Nur zählt für mich nicht das Soll, sondern das Ist.

Ich will dich weder persönlich angreifen noch liegt mit etwas daran, deine Geschichte zu verreißen.
Ah, wahrscheinlich hast du mich deshalb schon in deiner ersten Kritik so freundlich angesprochen.

 

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