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Feige Sau!

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20.11.2001
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Feige Sau!

Er lebt zu gerne, das ist sein Problem.
Genaugenommen wäre das ja kein Problem, wenn sie ihn weiter hier arbeiten und wohnen ließen. Wenn sie sein Ansuchen auf Asyl nicht abgewiesen hätten.
Jetzt steht er da oben auf dem Dach des fünfstöckigen Hauses und traut sich nicht hinunterzuspringen.

Er fürchtet sich vor dem, was ihm »zuhause« droht. Gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder hat er Essen zu den Widerstandskämpfern gebracht, bis die vom Militär seinen Bruder verhaftet und ermordet haben. Mohamed konnte sich verstecken und ist geflohen, als er vom Schicksal seines Bruders erfuhr. Sicher warten sie jetzt schon darauf, ihn von den österreichischen Behörden frei Haus geliefert zu bekommen … Aber diese Genugtuung gönnt er ihnen nicht. Lieber will er es selbst erledigen. Das erspart ihm dann die Schubhaft und den Flug und die ganze Angst dabei.

Blauer Himmel und ein sonnenbeschienenes Meer aus Schornsteinen, Bäumen, Satellitenschüsseln und Handymasten bieten sich ihm als Anblick. Darunter weiß er das Leben, ein Wechselbad aus Sorgen und Glück, solange man darin schwimmen darf. Er stellt sich vor, auf dem Sprungbrett eines Schwimmbeckens zu stehen, aber auch das klappt nicht. Es wächst nur Wut in ihm. Auf sich, weil er zu feig ist für diesen letzten Schritt; auf die Behörden, die sich zwischen Kaffee und Beamtenforelle nicht vorstellen können, was ihm in seiner Heimat droht. Oder es einfach nicht wollen, weil es für sie ein Spiel ist, an dessen Regeln sich zu halten sie vorgeben, doch wenn keiner hinschaut, schieben sie gern ein paar andersfarbige Spielsteine mehr vom Feld, als die Regel erlaubt. Tod oder Leben, die Würfel sind gefallen. Stempel, Unterschrift, nächster Akt. Mohamed ist klar, dass es keinen Sinn hätte, die Faust gegen sie zu erheben, und er senkt den Blick auf seine abgewetzten Turnschuhe.

Zweieinhalb Jahre ist er bereits hier. Zuerst in der Erstabschiebestelle Ost in Traiskirchen, dann im Wiener Schubhaftgefängnis, wo er in Hungerstreik trat, wenige Tage in ein Krankenhaus verlegt wurde und gleich, nachdem er wieder zwei Kilo zugenommen hatte, zurück in Schubhaft kam, bis in letzter Instanz doch noch ein Asylverfahren bewilligt wurde. Man entließ ihn und er dachte, das sei ein gutes Zeichen und er hätte eine Zukunft.

Seit fünfzehn Monaten ist er nun auf freiem Fuß, hat Hilfsarbeiten angenommen und begonnen, deutsch zu lernen. Er ist kein Sprachentalent und es fiel ihm nicht leicht, doch er bemühte sich redlich. Anita, eine junge Frau aus der Nachbarschaft, übte manchmal mit ihm und so machte er gute Fortschritte. Wofür, wenn sie ihn jetzt doch abschieben? Er könnte seinen Abschiedsbrief auf deutsch verfassen, damit sie sich den Übersetzer sparen. Er erspart ihnen gleich den ganzen Brief; egal in welcher Sprache, sie könnten ihn doch nicht verstehen.
»Und jetzt spring endlich«, sagt er sich, doch seine Beine bewegen sich keinen Millimeter, er wagt noch nicht einmal den Blick nach unten, aus Angst, das Gleichgewicht zu verlieren, wenn er sich nach vorne beugt. Tränen rinnen über seine braunen Wangen, mit ihnen tropfen seine kleinen Träume auf das Blech, von wo sie der Wind davonträgt; alles, was er sich jetzt noch wünscht, ist ein Tritt von hinten, der ihn in den Abgrund befördert. »Du elender Feigling, jetzt spring endlich«, fordert er sich selbst noch einmal auf, und wieder funktioniert es nicht.
Er dreht sich um, wischt sein Gesicht mit dem Ärmel trocken und zieht sich zurück in das Haus, von dessen Dach er springen wollte. So, wie er gekommen ist, meidet er auch jetzt den Aufzug, gelangt über die Stiegen nach unten und ungesehen aus dem Gebäude. Und wie er gekommen ist, irrt er weiter ziellos durch die Straßen und Gassen der Stadt, als suche er ein Loch, durch das er der Realität entfliehen kann. In welche Richtung er geht, registriert er nicht mehr, erlebt alles wie in einem Traum. Ein Rausch aus Angst, Wut und Verzweiflung. Häuser, Menschen, Autos ziehen an ihm vorüber. Verschwimmen wie ihre Geräusche.

Erschöpft lässt er sich auf eine Bank fallen. Sein Gesicht glänzt vor Schweiß und Tränen. Erst jetzt nimmt er wahr, dass er sich auf der Mariahilfer Straße befindet. Menschen rennen hektisch herum, als kaufte ihnen sonst jemand etwas vor der Nase weg. Eine junge Frau nimmt ihn wahr, bleibt stehen. Greift nach Taschentüchern, überlegt kurz, steckt sie wieder weg und geht weiter. Mohamed schließt die Augen. Er sieht sich inmitten eines Flusses, in dem er in einen Strudel geraten ist, der ihn erbarmungslos nach unten zieht. Am Ufer stehen Schilder mit der Aufschrift: »Rettungsringe zuwerfen verboten!« Er wünscht sich, endlich zu ertrinken, stattdessen strampeln und rudern seine Arme und Beine wild umher. Er macht die Augen wieder auf und denkt: Anita! In der nächsten Sekunde schimpft er sich für den Gedanken, sie so zu missbrauchen. Er weiß schließlich, dass sich strafbar macht, wer ihm Unterschlupf gewährt. Anita soll nicht für ihn ins Gefängnis müssen. Er steht wieder auf, sieht sich um. Keine Polizei in Sicht. Ob sie sein Bild in der Fahndung haben? Er will ihnen nicht lebend in die Arme laufen.

Mohamed geht weiter. Ständig nach den Tentakeln des Gesetzes Ausschau haltend, wendet er seinen Blick abwechselnd in alle Richtungen. Er zuckt zusammen, sucht instinktiv nach einem Versteck, als er beim Scannen der Umgebung eine Uniform registriert – nur ein Parkplatz-Sheriff. Ein paar Gassen weiter nimmt er die Aufschrift »U3 Neubaugasse« wahr, läuft den Abgang zwei Stufen auf einmal nehmend hinunter, erreicht den Bahnsteig. Zwei Minuten bis zum nächsten Zug, sagt die Leuchtschrift. Mohamed wartet. Balanciert am Bahnsteigrand entlang. »Treten Sie bitte hinter die gelbe Sicherheitslinie!«, faucht es aus den Lautsprechern. Erschrocken springt er zurück. Aus dem Tunnel hört er schon die Räder quietschen, er schaut ins Schwarze, wartet auf die erlösenden Lichter. Dann rollt die U-Bahn in die Station und Mohamed …
Er könnte vor Angst in die Hose machen, aber für den Sprung in den Tod reicht es nicht. Er steigt ein. Sein Herz schlägt wie eine Flügelratsche.
Bis zur nächsten Station braucht der Zug keine Minute, doch heute fährt er unerträglich viele Schweißperlen lang, und unzählige Male hämmert es in Mohameds Kopf: Feigling! Dann endlich: Zieglergasse, Türen auf, hinaus. Bahnsteig. Panik, er weiß nicht wohin. Ein paar Meter schwimmt er im Strom der Menschen.

Auf der Rolltreppe stößt er mit einem Mann zusammen. Schwarzer Parka, Kapuze auf dem Kopf, flucht Unverständliches in Richtung Mohamed. Tschetschene, schätzt Mohamed, als er ihm ins Gesicht sieht. In Traiskirchen hat er erfahren, dass viele Flüchtlinge von ihren brutalen Gewalterfahrungen traumatisiert sind. Er hat mitbekommen, wie ein sadistischer Aufseher sich manchmal einen Spaß daraus gemacht hat, einige von ihnen zu reizen. Mohamed fiel auf, dass es immer Tschetschenen waren, die der Wärter auswählte, und fragte sich, ob es bei ihnen besonders leicht ginge. Einige haben sich tatsächlich gewehrt, als wollte man sie nun auch hier foltern. Mohamed spürt Bäche aus Schweiß von seinen Achselhöhlen an den Rippen hinunterrinnen, bis das T-Shirt sie aufsaugt. Eine Idee schießt ihm in den Kopf. Du bist meine Rettung …, denkt er und fragt: »Ist was, feige Sau?«
Keine Reaktion. Mohamed tritt gegen sein Schienbein. Der Kapuzenmann packt ihn an der Jacke, schimpft abermals und lässt ihn mit einem Ruck los, dass er gegen die Seitenwand der Rolltreppe taumelt. Oben angekommen, zeigt ihm der Mann den Mittelfinger und will schon weitergehen, doch Mohamed zieht ihn am Arm, will ihn nicht gehen lassen. Dann stehen sie sich gegenüber, Mohamed blickt sich um. Immer noch keine Polizei.

Während er den Mann weiterhin provoziert, lockt er ihn ans gegenüberliegende Ende des U-Bahn-Abganges. Das rechteckige Loch im Boden ist an drei Seiten mit einer hüfthohen Mauer eingefasst, an der vierten enden Rolltreppe und Stufen. Mohamed und der Kapuzenmann sind schon fast an der Schmalseite angelangt, die sein Ziel ist, da besinnt sich der Mann und meint: »Ey, Mann, ist gut. Stay cool. Tanzen, Mann! Was bist du für ein Schwarzer? Tanz, und alles ist gut!« Er beginnt, sich rhythmisch zu bewegen, fordert Mohamed noch einmal dazu auf, es ihm nachzumachen.
Mohamed geht einen Schritt zurück, nennt ihn einen Feigling. Noch ein Schritt. »Na, komm! Trau dich, feiges Arschloch!«
»Ich, feiges Arschloch?!« Der Mann hat aufgehört zu tanzen. Mohamed geht, ohne ihn aus den Augen zu lassen, zu der niedrigen Mauer, genau über dem unteren Ende der Rolltreppe. Der Mann folgt ihm, will wissen: »Was ist los, du?«
»Zeig, dass du kein feiges Arschloch bist, schmeiß mich da runter.«
Eine Hand klatscht gegen die Stirn unter der Kapuze. »Deppert?« Der Mann wendet sich ab, doch da sagt Mohamed, während er weiter nach rechts geht, sodass er sich über den Stufen befindet: »Feiger, tschetschenischer Arsch!«
Der Mann kommt zurück. »Sag du nochmal und ich geb dir feige, tschetschenische Arsch! Du … «, droht er und will sich umdrehen und gehen. Mohamed erwischt ihn am Handgelenk, drückt Daumen und Mittelfinger an die Knöchel, dass es sich anfühlt wie Handschellen. Eine Mischung aus Angst, Verzweiflung und Wut blickt ihm aus der Kapuze entgegen. Mohamed lässt los und sagt: »Na komm, mach schon, feiger Tschetschene.« Mohamed setzt sich auf die Mauer. »Heb meine Füße hoch und schieb an!«
Der Tschetschene schaut, greift seitlich an Mohameds Beine, wirft ihm einen fragenden Blick zu. »Anschieben?«
»Ja, aber von vorne.«
»Du deppert.« Er lässt los, geht kopfschüttelnd zwei Schritte weg.
Mohamed wiederholt sein »Feiger, tschetschenischer Arsch!«, dabei zieht es ihm innerlich alles zusammen, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
Dem Tschetschenen ist es jetzt zu viel; er kommt zurück. Mohamed streckt ihm seine Beine entgegen, macht sich steif. Ist froh, seinem Schicksal zu entkommen. Er fühlt sich erlöst, als er spürt, wie seine Beine hochgehoben werden. Wie er über die Mauer hinweg- statt abgeschoben wird. Seine Lippen formen ein »Danke«, doch sein Inneres will keine Stimme hergeben. An der untersten Stufe bricht er sich das Genick.
Der Tschetschene läuft weg.
Menschen stehen herum, schauen, halten es für einen Streit unter Drogendealern. Über Foltertraumen steht schließlich nichts in der Zeitung.


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Liebe Gisanne!

Danke für Deine nochmalige Rückmeldung! Auch für die Wortwiederholung, die war wirklich nicht schön, ist aber jetzt samt dem ganzen Ende verschwunden. Ich war ja schon von vornherein unsicher mit dem Schluß, da hätte ich gleich auf mein Gefühl hören sollen. ;)

'Von denen' kannst Du das sicher so oder so nicht erwarten. Da hilft kein Hammer.
Ja, wahrscheinlich hast Du recht, leider. Zumindest was die betrifft, die aus Überzeugung so denken. Aber es gibt auch nicht wenige, die es mangels Wissen eben nicht besser wissen. Aber Hammer hilft da natürlich auch keiner, eher Aufklärung.

Jetzt schau ich nach den heterozygoten Pflanzen ... Um die Vorfreude anzuheizen ...
Ein bisschen wird sie noch dauern, die Geschichte mit den Bienchen und den Blümchen … Freut mich aber, daß Du Dich schon drauf freust! ;-)


Lieber xadhoom!

Ich bewege mich ja selten auf dem Terrain außerhalb phantastischer Erzählungen, nicht etwa, weil ich so furchtbar weltfremd bin, sondern weil ich das Angebot in den mich primär interessierenden Bereichen als ausreichend betrachte. Da Du Dich aber stets so liebevoll und umfassend meinen kleinen Beiträgen widmest, wechsle ich das Genre und nehme mich dieser empfohlenen Geschichte an ...
Du mußt Dich nicht entschuldigen … :D – Danke fürs Lesen und Deinen ehrlichen Kommentar! :)

dass Du stilistisch bei der Umsetzung des Charakters Mohamed und der Darstellung seiner Intentionen und Gefühle Großes geleistet hast.
Das freut mich schon einmal sehr. :)

Hier liegt die Herausforderung und gleichzeitig ein kaum lösbares Problem: Der namen- und – im wahrsten Sinne des Wortes - gesichtslose Tschetschene löst Mohameds Problem, wenn auch zögerlich. Der Ansatz eines Zögerns ist erkennbar und Du bist sicher die Letzte, der ich irgendetwas unterstellen möchte, aber schlussendlich kann er nicht aus seiner Haut und ‚erledigt’ Mohamed, indem er ihn über die Mauer schiebt. Das ist mir zu beliebig und klischeehaft, auch wenn es im Einzelfall zutreffen könnte … Er macht den Provokanten richtig fertig, schlägt ich zusammen und der wird trotz bleibender Schäden und Behinderung abgeschoben. Darauf lass ich mich ein, aber ein Mord? Die Motive des Tschetschenen bleiben undurchsichtig, er ist kalt und brutal, auch wenn er sich dem Ansinnen zunächst verweigert. Als handelnder Charakter bleibt er dennoch blass.
Ich will es nicht als Mord bezeichnen, nicht nur, weil er eigentlich ein Werkzeug Mohameds für dessen Selbstmord war, sondern weil ich über Traumen leider sehr gut Bescheid weiß.
Daß ich die Letzte bin, der Du irgendetwas unterstellen willst, freut mich auf jeden Fall. :)
Dr. Schlegel, Facharzt für Psychiatrie, wird hier in einer Stellungnahme zum Thema »Die psychische Realität in der Wirklichkeit traumatisierter Menschen« zitiert:
… U. a. ist dadurch bedingt, wie oben ausgeführt wurde, dass Herr S. verletzungsbedingt einen Teil der Realität wahnhaft verzerrt wahrnimmt, sowie wegen seiner inneren Verwirrtheit und ängstlich depressiven Unruhe nicht dazu in der Lage ist, rationale Überlegungen anstellen und umsetzen zu können. Vielmehr wird er in einer derartigen Situation von seinen gestörten Gefühlen und Gefühlsreaktionen überwältigt und bleibt ihnen hilflos ausgeliefert."
Uni Oldenburg:
PETERS versteht unter Trauma ein „Erlebnis, auf welches das Individuum nicht in adäquater Weise reagieren kann, das es nicht verarbeiten kann und das daher aus dem Bewußtsein verdrängt wird. Vom Unbewußten aus entfaltet das traumatische Erlebnis ständig eine Wirkung auf den psychischen Apparat in einer Weise, als wenn der Betreffende ständig mit dem Erlebnis konfrontiert würde, auf das sinnvoll zu reagieren seine dauernd ungelöste Aufgabe bleibt.“
Und im Kapitel 2:
Die oft zu beobachtende ständige Erregung („hyperarousal“) bei traumatisierten Flüchtlingen, zurückzuführen auf eine autonome, manifestierte Aktivierung des Nervensystems, wird oft als generalisierte Angst erlebt. Die Menschen leben in einer ständigen Über-Wachsamkeit, als ob die ursprüngliche Gefahr noch immer präsent wäre. Ferner zeigen sie die Tendenz, schon bei geringfügigen Stimuli sofort von Panik überwältigt zu werden, noch bevor sie Zeit zur Reflexion haben. Solche Panikattacken können die Form von „flashbacks“ (Rückblenden) oder, wie AYCHA es formulierte, „psychogenen Anfällen“ annehmen; sie sind dadurch gekennzeichnet, daß der Betreffende sich in die traumatische Situation zurückversetzt fühlt und für Sekunden oder auch Stunden gänzlich den Kontakt zur Realität verliert. In einigen Fällen endet solch ein „flashback“ in der Bewußtlosigkeit.
Ausgelöst werden „flashbacks“ durch Stimuli, die in irgendeiner Form mit der traumatischen Situation assoziiert werden
Und:
Die Tatsache, daß sehr viele Folterüberlebende Schwierigkeiten haben, ihre Aggressionen zu kontrollieren, legt die Vermutung nahe, daß Folter und aggressives Verhalten in direktem Zusammenhang stehen. Die Wut, die während der traumatischen Situation unterdrückt werden mußte, existiert im Unbewußten weiter und „bricht sich irgendwann Bahn”. Diese explosive Wut kann sich beispielsweise gegen die eigene Familie richten, gegen die Folterer, das Herkunftsland, das Exilland oder den Therapeuten. Dieser unkontrollierbare und explosive Charakter der Aggressionen wird meiner Meinung nach sehr gut an folgender Aussage eines Kriegsveteranen deutlich: „You can never get angry, because there is no way of controlling it. You can never feel just a little bit: it is all or nothing. I am constantly and totally preoccupied with not getting out of control.

Andererseits können die Aggressionen jedoch auch gegen die eigene Person gerichtet sein, was sich in Form von autodestruktivem Verhalten wie Drogenmißbrauch oder gar Selbstmord äußern kann.

… oder eben auch in einem Verhalten, das ihm in der Art selbst schadet, daß er sein Recht auf Asyl verliert.
Du siehst, ich weiß, worüber ich schreibe. ;-) – Übrigens ist die ganze Arbeit auf der Seite der Uni-Oldenburg sehr lesenswert, nicht nur in Bezug auf Flüchtlinge ist das Wesen von Traumen hier sehr gut dargestellt.

Ja, da hab ich mir wirklich ein »kaum lösbares Problem« aufgehalst. ;-) Also hab ich jetzt den Schluß zum glaub ich vierten Mal geändert, jetzt lautet er:

neues Ende schrieb:
Der Tschetschene läuft weg.
Menschen stehen herum, schauen, halten es für einen Streit unter Drogendealern. Über Foltertraumen steht schließlich nichts in der Zeitung.
Ich weiß, dieser direkte Hinweis ist auch nicht optimal, aber ich sehe keine Möglichkeit, den Leser subtil auf etwas hinzuweisen, wovon kaum einer Ahnung haben wird. Es ist ja nicht so, daß ich den Leser für dumm halte, aber nicht jeder ist Psychologe oder hat selbst Traumaerfahrenen.
Und solche Hintergründe werden von den Medien eben nicht vermittelt. Vermutlich von den einen nicht, weil es ihnen nur recht ist, wenn sie ein möglichst negatives Bild zeichen können, und von den anderen nicht, weil sie Angst haben, daß es den »Gesinnungsbraunen« Vorschub leisten könnte, wie Du ja auch sagst. Dieses Verschweigen kommt aber einem Verdrängen gleich, und das ist keine gute Variante, damit umzugehen, weil man Probleme nur lösen kann, wenn man auch darüber spricht.
Viele Linke geraten in Argumentationsnotstand, wenn ihnen einzelne Fälle unter die Nase gerieben werden, und weichen dann gern mit einem »Aber sie sind doch nicht alle so!« aus. Aber was ist das bitte für eine Aussage?
Es sagt aus, daß also die, über die man in den Medien liest, doch »so« sind, und das entspricht eben nicht der Wahrheit – sie sind nicht »so«, sie sind traumatisiert und benötigten dringend Therapien, in denen sie die Traumen verarbeiten können, um anschließend ein normales Leben führen zu können. Mit einem »Alle sind nicht so« wird man ihnen nie helfen, denn solange die Mehrheit der Meinung ist, daß sie »so« sind, wird sich kein Politiker hinter die Forderung nach mehr Geld für Therapien stellen, es würde ihn zu viele Wählerstimmen kosten. Also kann man nur den Weg der Aufklärung gehen, und der heißt, Ursachen und Auswirkungen von Traumen anzusprechen, zu denen übrigens lt. Uni Düsseldorf auch die besondere Suchtgefährdung zählt. Man könnte also viel Leid vermeiden, wenn man endlich der Wahrheit ins Aug schaut und die entsprechenden Schritte unternimmt.
Menschen, die in der Lage sind, die Hintergründe zu verstehen, werden auch dazu bereit sein, die nötige Hilfe zu gewähren. Verschweigen ist also absolut kontraproduktiv und arbeitet den »Gesinnungsbraunen« wesentlich mehr in die Hände, weil auf diese Art die Kriminalität und damit die braunen Argumente nicht weniger werden.

xadhoom schrieb:
Zum Schluss, der eigentlich m.E. keiner ist, stichst Du dem Leser noch mit dem Zeigefinger ins Auge.
Sorry, ich hoffe, Dein Augapfel hat keine Delle. ;-) Wie gesagt, der Schluß ist geändert, auch wenn es vielleicht immer noch ein bisserl sticht – ich hoffe, es ist jetzt in einem erträglichen Ausmaß.

die Umsetzung – ich schreibe das gerne nochmals und ausdrücklich auf! – von Mohamed finde ich brillant.
Das hör ich auch gern mehrmals! :)

Leider lässt die Erzählung aber auch an vielen Stellen zu wünschen übrig und zu viel Spielraum für Interpretationen in Bereichen, die als indiskutabel betrachte. Ich finde es gut und mutig, sich diesem Thema auf eine so eindringliche Art anzunehmen, kann aber mit dem erhobenen Zeigefinger am Schluss, der noch dazu versucht, mir ins Auge zu stechen, ganz und gar nichts anfangen. In der Umsetzung des ‚Selbstmordes’ durch einen scheinbar beliebigen Fremden kommt zwar zum Ausdruck, dass zumindest Mohamed die Probleme anderer Asylanten erkannt hat, Du nährst damit aber auch vordergründig genau das Vorurteil, dass eben viele haben. Dies wird zwar zum Schluss genau durch die Konversation der Damen versucht zu relativieren, der Mord/Selbstmord steht jedoch nach wie vor im Vordergrund und die seichte Handlung/Konversation hebt diese Aktion nicht einmal im Ansatz auf.

Ich habe es verstanden, aber grundsätzlich tendiere ich eher zu der Aussage ‚Ziel verfehlt’.

Würde mich freuen, wenn Du mir noch verrätst, ob sich Deine Meinung durch den neuen Schluß und meine Erklärungen bzw. Zitate geändert hat. :)

Liebe Grüße Euch beiden,
einmal in noch höhere Berge, einmal ins Flache (wieviel ist der Höhenunterschied zwischen Euch beiden?)
Susi :)

 

Mir ist Deine Geschichte zu sozialromantisch und Du heischst mit dem Thema förmlich nach Anerkennung.

 
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Mir ist Deine Geschichte zu sozialromantisch und Du heischst mit dem Thema förmlich nach Anerkennung.
Soso, "sozialromantisch" ist die Geschichte ... kannst du auch noch erklären, was du damit meinst? Und wenn du schon beim Erklären bist, vergiß nicht, auch die Unterstellung des förmlichen Heischens nach Anerkennung zu begründen. Ich bin gespannt darauf.

 

Hallo Häferl,

ich finde es ein bisschen schade, daß Du gleich so angepisst reagierst, auch per PN. Aus Erfahrung habe ich nicht erwartet, daß Du schnell reagierst und ich auch ebenso schnell wieder antworten kann. Es ist eine absolut falsche Unterstellung, daß ich etwas behaupte, das völlig aus der Luft gegriffen ist oder, schlimmer noch, Dich nur ärgern wollte! Ich kann alles begründen, was ich sage. Deine Geschichte habe ich gelesen, weil sie empfohlen wird.
Alle sind begeistert, fünf Seiten lang, deswegen bin ichs noch lange nicht und pflege mir eine eigene Meinung zu bilden.

Das Thema ist politisch überkorrekt. "Angst essen Seele auf" in einer neuen Variante. Armer Asylant versus das unmenschliche System. Da kann er nur verlieren. Er mußte scheitern, weil die Gesellschaft, voll von Vorurteilen, ihm keine Chance gab. Aus Einzelfällen werden Pauschalablehnungen. Dabei hätte man ihn nur richtig fördern müßen und er wäre Uniprofessor geworden!
usw. beliebig. Immer mit dem unguten Beigeschmack, daß es statt der Schwarze auch ein Jude sein könnte, der die Wahl zwischen Selbstmord und KZ hat.
Das ist es was mich stört! Es kommt nicht mehr auf die Güte der Geschichte ansich an, obwohl Deine nicht schlecht geschrieben sein mag. Nimm dieses Thema und Du bekommst Applaus! Ob der allerdings was wert ist ist eine andere Frage. Selbst wenn Du jetzt sagst, Du hättest die Geschichte nicht in dieser Absicht geschrieben, so hätte es Dir klar sein müßen, daß man in Deutschland über so etwas nicht schreiben kann ohne den Zeitgeist zu bedienen.

Auf der "anderen Seite", hinter dem Schalter, in den Büros der Behörden, arbeiten auch Menschen, keine Maschinen!

 

Hallo Häferl,

ich finde es ein bisschen schade, daß Du gleich so angepisst reagierst, auch per PN. Aus Erfahrung habe ich nicht erwartet, daß Du schnell reagierst und ich auch ebenso schnell wieder antworten kann. Es ist eine absolut falsche Unterstellung, daß ich etwas behaupte, das völlig aus der Luft gegriffen ist oder, schlimmer noch, Dich nur ärgern wollte!

Wo hab ich behauptet, daß du mich nur ärgern wolltest oder daß etwas "völlig aus der Luft gegriffen" sei? In der PM hab ich dich nochmals aufgefordert, deine Wertung und Unterstellung zu begründen, und habe dazugesagt, daß du, wenn du es nicht kannst, in Zukunft vorher denken und dann schreiben sollst.
Aber da du mir die Worte unterstellst und sie aus deinem Denken kommen, wird schon irgendwas dran sein, nicht?

Alle sind begeistert, fünf Seiten lang, deswegen bin ichs noch lange nicht und pflege mir eine eigene Meinung zu bilden.
Ebenso falsch. Es waren gar nicht alle begeistert. Lies nur mal xadhooms Kritik: Er war auch nicht begeistert, aber mit seiner Kritik konnte ich etwas anfangen, im Gegensatz zu deiner. Das liegt daran, daß er a) seine Meinung begründet und b) am Ton.
Wenn mich jemand so anschnauzt wie du, interessiert mich gar nicht, was er zu sagen hätte.

Dabei hätte man ihn nur richtig fördern müßen und er wäre Uniprofessor geworden!
Ich nehme an, nach diesem Satz hast du gelacht, ja? Tatsache ist, daß viele Flüchtlinge auch sehr gebildet sind, bloß nützt ihnen das in ihrer Situation als Flüchtling nichts.

Immer mit dem unguten Beigeschmack, daß es statt der Schwarze auch ein Jude sein könnte, der die Wahl zwischen Selbstmord und KZ hat.
Das ist es was mich stört!
Das ist deine Interpretation und deine Sicht, die weder von mir beabsichtigt war noch von einem anderen Kritiker bisher so betrachtet wurde. Und ich finde den Vergleich ausgesprochen an den Haaren herbeigezogen.

Es kommt nicht mehr auf die Güte der Geschichte ansich an, obwohl Deine nicht schlecht geschrieben sein mag. Nimm dieses Thema und Du bekommst Applaus! Ob der allerdings was wert ist ist eine andere Frage. Selbst wenn Du jetzt sagst, Du hättest die Geschichte nicht in dieser Absicht geschrieben, so hätte es Dir klar sein müßen, daß man in Deutschland über so etwas nicht schreiben kann ohne den Zeitgeist zu bedienen.
Wie ich das so sehe, stehst du mit deinem Zeitgeist allein auf weiter Flur.
Und nein, mir war nicht klar, daß jemand mit so einer Meinung kommen würde. Ehrlichgesagt finde ich es aber erschreckend, wenn du von Autoren eine derartige Selbstzensur verlangst. Man darf also über nichts schreiben, was irgendjemand irgendwie mit dem Zweiten Weltkrieg in Verbindung bringen könnte? Also auch nicht über Arbeitslosigkeit, über Verfolgung von Minderheiten, über Frauen als Gebärmaschinen oder ähnliches - es könnte sich ja jemand zu viele Gedanken machen ...

Auf der "anderen Seite", hinter dem Schalter, in den Büros der Behörden, arbeiten auch Menschen, keine Maschinen!
Jaja, auch Beamte, die anderen im Flugzeug den Mund zukleben und sie ersticken lassen, sind Menschen. Auch die Folterer in den Herkunftsländern sind Menschen. Wären sie Tiere, wären sie nicht so grausam.

 

Tut mir leid, vielleicht habe ich Dich auf dem falschen Fuß erwischt.
Ich habe mir alles nochmal durchgelesen.
Aber für mich bleibt es eine romantische Gutmenschen-Geschichte.

 

Aber für mich bleibt es eine romantische Gutmenschen-Geschichte.
Was bitte hat das mit "Gutmenschen" zu tun? :confused:

Eine Gutmenschengeschichte wäre es in meinen Augen, wenn plötzlich ein helfender Engel auftauchen würde, Mohamed an der Hand nimmt und bei den Behörden alles zum Guten regelt.

 

Spekulationen über die Charakterzüge von Autoren haben unter den Geschichten nun wirklich nichts verloren, Felix-Florian. Off Topic Beiträge gelöscht.

 

Gutmenschen?

ich denke, der Gut-Mensch-Eindruck, der gar nicht persönlich auf den Autor bezogen sein muss, kommt daher, dass an Mohamed alles perfekt ist: ein politisch verfolgter Asylsuchender, dem zuhause so sehr Folterung und Mord drohen - dass er sich lieber hier umbringen will. Da "der Arme" das Leben aber zu sehr liebt, muss er in seiner Verzweiflung einen fast ebenso "Armen" dazu zwingen, dies für ihn zu tun... (der Tschetschene wird zwar beschrieben wie jemand, von dem wir erwarten, dass er sofort zu schlägt - der aber eben auch insoweit perfekt ist, das er auch erst aufs äußerste gereizt werden muss)

Am System "der westlichen Welt" hingegen ist alles schlecht: der einwurf zum Konsumrausch, die "fressenden Beamten", die bösen Aufseher, die Unaufmerksamen am Bahnhof...

- ich fürchte in einer Geschichte in anderem, weniger "moralisch-anspruchsvollem" Kontext würde das alles eher schematisch wirken..
- die "verallgemeinerungen", gerade im hinblick auf die hiesige gesellschaft erzwingen insofern auch meinen widerspruch - weil sich eben "ganz allgemein" die frage aufdrängt, inwieweit Asylsuchende tatsächlich Asyl suchen oder zu-viele doch vor allem einen besseren Lebensstandard.

Um es anders zu erläutern: der extreme gegensatz - Mohamed in viel zu weiten jeans, mit kaputzenpulli und schlägervisage betritt eine U-Bahn, um eine alte frau zu berauben oder zu töten und nachher stellt sich raus, er ist asylant - wäre ebenso einseitig und dadurch inhaltlich ebenso wenig begeisternd.

Fazit: Etwas mehr Macken an Mohamed und etwas mehr positives im Umfeld der hiesigen Gesellschaft würden die ansonsten sehr detaillierte und emotional intensive Story in meinen Augen glaubwürdiger machen.

grüße, streicher

 

Aloha …

Ich bin eigentlich gerade gar nicht vor Ort und habe anders zu tun, verfolge die Kommentare dennoch mit Interesse, denn wir kommen an einen Punkt, der nicht nur die schlichten Fakten (der Erzählung) berührt. Die Aussage als solche mag ich aber nicht unkommentiert stehen lassen.

ich denke, der Gut-Mensch-Eindruck, der gar nicht persönlich auf den Autor bezogen sein muss, kommt daher, dass an Mohamed alles perfekt ist …
Was ist falsch daran? Es gibt den „perfekten Asylanten“, also denjenigen, der alle Kriterien erfüllt. Was ist falsch daran, genau dieses Beispiel anzuführen? Was ist richtiger, das Gegenbeispiel, auch wenn es noch so sehr überwiegen sollte, ins Feld zu führen? An dem Mohammed in der Erzählung ist absolut gar nichts perfekt, denn ansonsten hätte er nicht solche Probleme …

Am System "der westlichen Welt" hingegen ist alles schlecht: der einwurf zum Konsumrausch, die "fressenden Beamten", die bösen Aufseher, die Unaufmerksamen am Bahnhof...
Ja … wenn Du es an genau diesen Punkten festmachst, ist alles schlecht.

ich fürchte in einer Geschichte in anderem, weniger "moralisch-anspruchsvollem" Kontext würde das alles eher schematisch wirken..
au contraire!

die "verallgemeinerungen", gerade im hinblick auf die hiesige gesellschaft erzwingen insofern auch meinen widerspruch - weil sich eben "ganz allgemein" die frage aufdrängt, inwieweit Asylsuchende tatsächlich Asyl suchen oder zu-viele doch vor allem einen besseren Lebensstandard.
Ob jemand Asyl sucht, überlassen wir doch bitte lieber denen, die sich beruflich damit auseinandersetzen und diese Entscheidungen zu treffen haben. Jede Form von Glorifizierung oder Polemik ist völlig fehl am Platze, denn es gibt Verfolgte. Und die haben allen Anspruch, dass wir sie schützen und Ihnen zeigen, dass sie richtig liegen und ihr Kampf für Gerechtigkeit und Demokratie der richtige Weg ist! So lange wir aber selbst daran zweifeln und uns nicht ausdrücklich dafür einsetzen, werden wir kaum jemanden vermitteln können, wie toll Demokratie ist! Mit anderen Worten: Eine Nation, die es sich bieten lässt, über grundlegende Dinge wie die nationale Währung, die Freiheit des wirtschaftlichen Verkehrs und eine Verfassung – oder in der Folge Vertrag genannt - nicht abstimmen zu dürfen, deren Parlament dem Volk mit der Aussage, es handle sich hierzulande um eine parlamentarische Demokratie, abspeisen lässt, hat m.E. nicht das Recht, Demokratie überhaupt kommentieren zu dürfen. Wir sind in Deutschland in dieser Sache und zu dieser Zeit ganz schlecht aufgestellt, auch wenn wir es besser wissen müssten!

Um es anders zu erläutern: der extreme gegensatz - Mohamed in viel zu weiten jeans, mit kaputzenpulli und schlägervisage betritt eine U-Bahn, um eine alte frau zu berauben oder zu töten und nachher stellt sich raus, er ist asylant - wäre ebenso einseitig und dadurch inhaltlich ebenso wenig begeisternd.
Meine Güte … es gibt keine Schlägervisage! Es gibt Eindrücke, die wir mit Verhalten, Dingen und Mustern verbinden … es ist Sache der folgenden Generationen, darauf hin zu arbeiten, diese sinnlosen Vorurteile abzubauen.

Fazit: Etwas mehr Macken an Mohamed und etwas mehr positives im Umfeld der hiesigen Gesellschaft würden die ansonsten sehr detaillierte und emotional intensive Story in meinen Augen glaubwürdiger machen.
Die Story ist eine Story unter vielen und sie ist exakt glaubwürdig, so wie sie da steht – am „Unterhaltungswert“ kann man arbeiten … muss man aber nicht.

Der Punkt ist doch nicht, dass dergleichen passiert, sondern warum es passiert. Ein Wirtschaftssystem, dass nur langsam seine Verantwortlichkeit wieder entdeckt, eine Politik, die sich am liebsten aus allem heraushalten möchte … Wer es noch nicht kapiert hat: Wir befinden uns ihn einem gravierendem Umbruch. Und da ist es auch und gerade Sache der Kunst und Medien, anzuleiten.

shade & sweet water
>x<

 

Was ist falsch daran? Es gibt den „perfekten Asylanten“, also denjenigen, der alle Kriterien erfüllt. Was ist falsch daran, genau dieses Beispiel anzuführen?

was ist falsch daran, eine frau in einer geschichte mit 1,80, blonden langen haaren, nem perfekten körper und 80DD, perfekte liebhaberin und immer bereit als protagonistin einer liebesgeschichte zu wählen - daran ist nichts falsch - aber es ist halt eher langweilig.. es ist schematisch - und gilt deshalb auch als antwort zu "au contraire" - eine narbe auf der wange und rätsel um die vorgeschichte machen die figur interessanter..(wenns nicht gerade ein pirat ist)

Ob jemand Asyl sucht, überlassen wir doch bitte lieber denen, die sich beruflich damit auseinandersetzen und diese Entscheidungen zu treffen haben. Jede Form von Glorifizierung oder Polemik ist völlig fehl am Platze, denn es gibt Verfolgte. Und die haben allen Anspruch, dass wir sie schützen und Ihnen zeigen, dass sie richtig liegen und ihr Kampf für Gerechtigkeit und Demokratie der richtige Weg ist! So lange wir aber selbst daran zweifeln und uns nicht ausdrücklich dafür einsetzen, werden wir kaum jemanden vermitteln können, wie toll Demokratie ist! Mit anderen Worten: Eine Nation, die es sich bieten lässt, über grundlegende Dinge wie die nationale Währung, die Freiheit des wirtschaftlichen Verkehrs und eine Verfassung – oder in der Folge Vertrag genannt - nicht abstimmen zu dürfen, deren Parlament dem Volk mit der Aussage, es handle sich hierzulande um eine parlamentarische Demokratie, abspeisen lässt, hat m.E. nicht das Recht, Demokratie überhaupt kommentieren zu dürfen. Wir sind in Deutschland in dieser Sache und zu dieser Zeit ganz schlecht aufgestellt, auch wenn wir es besser wissen müssten!

was soll ich antworten? dass du das thema asyl und volksabstimmung sehr einseitig siehst? das es gute gegenargumente gibt? dass die art und weise in der du schreibst, zeigt, dass du einen irrtum oder irrweg in deiner denke gar nicht sehen wolltest?

Die Story ist eine Story unter vielen und sie ist exakt glaubwürdig, so wie sie da steht – am „Unterhaltungswert“ kann man arbeiten … muss man aber nicht.

eigentlich sollte ich hier dasselbe noch einmal wie gerade schreiben.. sie ist maximal für DICH glaubwürdig.. für mich muss das längst nicht gelten - und warum das für mich nicht gilt, habe ich sehr höflich und sachlich beschrieben..

Der Punkt ist doch nicht, dass dergleichen passiert, sondern warum es passiert. Ein Wirtschaftssystem, dass nur langsam seine Verantwortlichkeit wieder entdeckt, eine Politik, die sich am liebsten aus allem heraushalten möchte … Wer es noch nicht kapiert hat: Wir befinden uns ihn einem gravierendem Umbruch. Und da ist es auch und gerade Sache der Kunst und Medien, anzuleiten.

Also: wer "anleiten" möchte, sollte sich zuallererst einmal alle seiten einer medaille anschauen..politiker und wirtschaftsschelte sind nun wahrlich nichts neues sondern nen alter hut.. es wäre eher ein "gravierender umbruch" mal das gegenteil von dem zu behaupten, was du da schreibst... da würde eher passen, dass wir "bürger" alle zu faul, satt und bequem sind, selbst den versuch zu starten, uns als Unternehmer selbständig zu machen oder in der politik "massen zu bewegen" - und uns stattdessen vom sessel aus zu beklagen und zu jammern von A wie Arbeitslosigkeit und mangels Z bis zu U wie Umweltschutz.. diese einsicht ist zwar auch nicht ganz neu, erscheint mir aber deutlich kreativer..;-)

abgesehen davon, weiß ich nicht, ob das hier unter häferls geschichte der richtige ort für so eine diskussion ist..

grüße, streicher

 

abgesehen davon, weiß ich nicht, ob das hier unter häferls geschichte der richtige ort für so eine diskussion ist..

Jaaa, ihr bewegt euch grad auf dünnem eis :D! Politische Diskussionen abseits ihrer literarischen Relevanz (sprich: Aussagen derart, wie toll ein politisches System ist oder nicht und was man als guter Bürger oder Asylant zu tun hat oder nicht) haben hier nichts verloren. Bleibt beim Thema - hier Feige Sau! als lit. Text - oder schreibt euch PM's!

 

Danke für Deine Toleranz in der Sache. Es ist ja gerade in diesem Forum auch immer mal wichtig, die politische Position zu verdeutlichen, um die Aussagen zur Geschichte oder als Antwort auf einen anderen Kommentar zu verdeutlichehn und damit die Stabndpunkte zu untermauern. Ich habe zur Sache alles gesagt, was ich sagen möchte und ich denke, dass Streicher sich ebenfalls ausgelassen hat. Eine Diskussion mit politischem Inhalt war auch gar nicht angedacht.

 

Grüß dich Häferl

Vor einigen Monaten las ich deine Geschichte schon, wohl kurz nachdem du sie ins Netz gestellt hast. Nach längerer Abwesenheit von KG sehe ich zu meinem Erstaunen die große Anzahl von Zuschriften und habe mich erneut an den Text gemacht. Nur ein paar Bemerkungen wollte ich dazu machen, nun sind es aber doch mehr Sätze geworden, als ich dachte. Um es vorweg zu sagen, mir hat die ‚Feige Sau!’ nicht besonders gefallen :thdown:.
Ich finde diese Geschichte schlecht geschrieben und will das auch begründen.

In einem deiner Statements schreibst du: ‚Es geht hier einzig um seine Verzweiflung.’
Das bezieht sich darauf, dass du von Mohameds Biografie nichts weiter mitteilst, weil es für dich, für den Text, nicht relevant sei.
Ich sehe hier keinen verzweifelten Menschen, sondern eine Person, von der du lediglich behauptest, sie sei verzweifelt. Die Art, wie du diese Verzweiflung beschreibst - du lässt Tränen fließen, Schweiß ausbrechen, lässt sein Herz rasen, erwähnst eine Vision vom Ertrinken - halte ich für nicht sehr originell. Diese Verzweiflung wirkt daher für mich aufgesetzt und ehrlich gesagt auch ziemlich oberflächlich.

Damit der Leser nun auch wirklich weiß, was Sache ist, setzt du Hinweispfeile in den Text: Panik. Oder: Er weiß nicht wohin. Das halte ich ebenfalls für kein gelungenes Stilmittel.
Meiner Meinung nach überflüssig ist auch: Die U-Bahn!, denkt er. Vorher hast ja bereits geschrieben, dass er den U-Bahn-Eingang sieht. Wenn du damit suggerieren wolltest, hallo, denkt Mohamed, da ist ja die U-Bahn, da kann ich Selbstmord begehen, dann halte ich diese Form für etwas platt.

Aber leider geht es in der Geschichte so weiter. Das Zusammentreffen mit dem Tschetschenen ist nach dem gleichen Muster gestrickt: Hallo, denkt Mohamed, da ist ja ein Tschetschene, der kann mir doch mal schnell Sterbehilfe leisten. Den brauche ich nur ein bisschen provokativ zu kitzeln und schon reagiert er, wie ein Stier auf das rote Tuch. Und schwuppdiwupp, siehe da, es funktioniert: Mohamed am Ende, Geschichte auch.
An dieser Stelle klappert dein Konstrukt ganz schön. In einer deiner ersten Antworten findet sich der Satz: ‚… da mußte ich einfach eine Geschichte drumherum konstruieren, was gar nicht so einfach war …’ Es wäre besser gewesen, du hättest weniger drumherum konstruiert, sondern einfach eine Geschichte erzählt.

Einige biografische Details aus Mohameds Leben hättest du schon einfließen lassen sollen – was voraussetzt, dass eine umfangreichere Beschäftigung mit so einer Figur stattgefunden hätte (vielleicht hast du es ja getan, aber im Text ist davon nichts zu spüren). So bleibt dein Protagonist nur ein bloßer Name. Ich halte es, wie andere Kommentatoren auch, für wichtig, dass Mohamed, wenigstens ein bisschen, Fleisch und Blut bekommt. Die Konzentration auf die reine Verzweiflung und auf den Tathergang wirkt sonst unglaubwürdig.

Du benutzt leider auch Formulierungen, die wie aus Akten, amtlichen Schreiben oder Flugblättern entnommen klingen, ohne das erkennbar ist, es handelte sich um ein absichtlich eingefügtes Stilmittel:
doch er bemühte sich redlich
dass sich strafbar macht, wer ihm Unterschlupf gewährt
dass viele Flüchtlinge von ihren brutalen Gewalterfahrungen traumatisiert sind

Der Tschetschene, darauf reduziert, als willenloser Erfüllungsgehilfe zu agieren, hat noch weniger von einem Menschen als Mohamed an sich. Man könnte meinen, da auf der Rolltreppe begegneten sich zwei Aliens, zwei Monster. Auch für den Tschetschenen findest du – nicht sehr einfallsreich - die wörtlich fast gleiche innere Zustandsbeschreibung, wie für Mohamed: Eine Mischung aus Angst, Verzweiflung und Wut …
Übrigens: Während sich Mohamed weiter oben noch um ‚Anita’ sorgte, dass die, wenn sie ihm hülfe, ins Gefängnis käme, kennt er hier keine Skrupel mehr und lässt nun jemanden sogar an seiner Tötung teilhaben.

Obwohl meine Bemerkungen zu deinem Text dir wahrscheinlich nicht behagen werden - vielleicht ist ja doch die eine oder andere Stelle dabei, aus der du Nutzen ziehen kannst, sicherlich aber werden sie dich anregen, mir zu widersprechen.

Viele Grüsse
Hawowi

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Streicher!

Danke erst einmal fürs Lesen und Deine Meinung zu der Geschichte.

Jaaa, ihr bewegt euch grad auf dünnem eis :D! Politische Diskussionen abseits ihrer literarischen Relevanz (sprich: Aussagen derart, wie toll ein politisches System ist oder nicht und was man als guter Bürger oder Asylant zu tun hat oder nicht) haben hier nichts verloren. Bleibt beim Thema - hier Feige Sau! als lit. Text - oder schreibt euch PM's!
Natürlich bezwecke ich mit einer gesellschaftspolitischen Geschichte eine inhaltliche Diskussion viel mehr als eine rein literarische. Erst in der inhaltlichen Diskussion kann ich überhaupt erkennen, ob die Geschichte so ankommt, wie ich das wollte, und wo ich vielleicht noch etwas ändern oder einfügen sollte – dabei hilft mir eine literarische Diskussion rein gar nichts. Hingegen fange ich gerade aufgrund der Diskussion an, darüber nachzudenken, das eine oder andere vielleicht doch noch deutlicher zu machen. Solange mir jemand nur z. B. »hat mir gefallen, du greifst ein wichtiges Thema auf« sagt, weiß ich überhaupt nichts davon, wie es bei ihm angekommen ist, während in so einer Diskussion wesentlich mehr zur Sprache kommt, u.U. auch mehr als in der Geschichte steht, weil man politische Themen eben nicht einzeln und von allem anderen losgelöst betrachten kann.

Streicher schrieb:
ich denke, der Gut-Mensch-Eindruck, der gar nicht persönlich auf den Autor bezogen sein muss, kommt daher, dass an Mohamed alles perfekt ist: ein politisch verfolgter Asylsuchender, dem zuhause so sehr Folterung und Mord drohen - dass er sich lieber hier umbringen will.
Noch einmal die entsprechende Stelle aus der Geschichte: »Sicher warten sie jetzt schon darauf, ihn von den österreichischen Behörden frei Haus geliefert zu bekommen … Aber diese Genugtuung gönnt er ihnen nicht. Lieber will er es selbst erledigen. Das erspart ihm dann die Schubhaft und den Flug und die ganze Angst dabei.« – Hier wird eindeutig nicht ein »so sehr« an Folterung und Mord als Hauptgrund angegeben, sondern vielmehr das Gefühl, seinen Verfolgern ausgeliefert zu werden, das ein zutiefst erniedrigendes ist, weshalb er ihnen die Genugtuung nicht gönnen und ihnen zuvorkommen will.

Da "der Arme" das Leben aber zu sehr liebt, muss er in seiner Verzweiflung einen fast ebenso "Armen" dazu zwingen, dies für ihn zu tun...
Deine Wortwahl, vorher das »so sehr« und jetzt »der Arme«, legt den Schluß nahe, daß Deine Betrachtung nur von oben herab ist und Du gar nicht bereit bist, die Sache auf menschlicher Ebene zu betrachten. Es steht auch nicht da, daß er das Leben »zu sehr liebt«, sondern daß er zu gerne lebt – zu gern, um sich umbringen zu können; bezieht also ganz klar auf seinen Selbsterhaltungstrieb, gegen den er anzukämpfen versucht, und steht mit dem Tschetschenen überhaupt nicht in Zusammenhang.

(der Tschetschene wird zwar beschrieben wie jemand, von dem wir erwarten, dass er sofort zu schlägt - der aber eben auch insoweit perfekt ist, das er auch erst aufs äußerste gereizt werden muss)
Zu wievielt bist Du denn, daß Du hier von »wir« sprichst? ;)
Keineswegs habe ich ihn als jemanden beschrieben, der sofort zuschlägt, manche Leser lesen vielleicht ihre eigenen Vorurteile in die Geschichte hinein. Aber ich gebe zu, daß man für manche von mir zur Charakterisierung verwendeten Dinge sehr genau lesen und sensibel sein muß, um sie zu finden. Wer sich zum Beispiel bei Schönwetter eine Kapuze aufsetzt, will in den meisten Fällen seine Ruhe und gar nicht allzuviel von der Umwelt mitbekommen. Ich schreibe sowas nicht bloß, um dem Tschetschenen irgendein Aussehen zu verpassen – in manchen meiner Geschichten lasse ich Äußerlichkeiten meiner Protagonisten völlig aus, weil sie mir nicht wichtig erscheinen, im Gegensatz zu der in meinen Augen vielsagenden Kapuze hier.
Oder wird er für Dich durch sein Fluchen schon zum Schlägertypen? Hast Du noch nie geflucht, oder schlägst du nach jedem Fluchen zu? Warum siehst Du also in dem Tschetschenen von vornherein einen Schlägertypen? Und würde er nicht, wenn er auf einen Streit mit Mohamed aus wäre, so fluchen, daß der es auch versteht? Immerhin zeigt er ja nachher, daß er halbwegs deutsch kann, es wird sich also wohl nur um einen kurzen Gefühlsausbruch gehandelt haben, welche übrigens die meisten Menschen in ihrer gewohnten Sprache, oft ihrem Dialekt, von sich geben. – Auch wenn manche Feinheiten nicht auf den ersten Blick erkennbar sind, sind sie doch von mir sehr bewußt eingesetzt.
Ja, er muß erst »gereizt werden«, denn er wollte eigentlich nur seine Ruhe haben; und »gereizt werden« ist in dem Sinn zu verstehen, daß er sich bedroht fühlt, was ich hoffte, durch die Erwähnung der Traumatisierung anzubringen. Das setzt vielleicht ein Grundwissen über Traumen voraus, das ich dem Leser aber leider nicht in dieser Geschichte mitliefern kann, dazu kann ich Dich nur auf mein Posting Nr. 72 und die darin enthaltenen Zitate und Links verweisen.

Am System "der westlichen Welt" hingegen ist alles schlecht: der einwurf zum Konsumrausch, die "fressenden Beamten", die bösen Aufseher, die Unaufmerksamen am Bahnhof...
Was Du als »Einwurf zum Konsumrausch« bezeichnest, ist eine Wahrnehmung, eine Realität menschlichen Kaufverhaltens. Auf die »westliche Welt« beziehst Du es, davon habe ich nichts geschrieben. Schließlich zeigt sich ja im geöffneten Osten, daß es, sobald das Angebot da ist, auch dort und vermutlich überall anders ebenso funktioniert. Während der EM waren es ausgerechnet die Russen, die hier am meisten für Fanartikel ausgegeben haben.
Die »fressenden Beamten« sind etwas typisch Wienerisches, um das besser zu zeigen, ist die Knackwurst jetzt eine Beamtenforelle geworden (was übrigens dasselbe ist). Es ist mir tatsächlich schon einige Male passiert, daß ich auf irgendwelchen Ämtern zu dem Sachbearbeiter, Sozialarbeiter oder was auch immer, gesagt habe: »Na, essen S’ ruhig z’erst fertig.« :D
Die »bösen Aufseher« werden nicht nur von den Betroffenen so erlebt und geschildert, sondern auch von den wenigen Mitarbeitern der Hilfsorganisationen, die überhaupt noch Zutritt zu Lagern wie Traiskirchen haben. Es ähnelt mehr einem Hochsicherheitsgefängnis, und das weiß ich auch aus eigener Erfahrung, weil ich schon öfter zu klein gewordenes Kindergewand und nicht mehr benötigtes Spielzeug dort abgeliefert habe. Geleiteten sie mich vor zehn Jahren noch freundlich bis zum Sozialarbeiterraum, nimmt es jetzt höchstens noch die Wache am Eingang entgegen, nachdem ich klar gemacht habe, daß ich mich nicht so einfach abwimmeln lasse und sie es ja gerne auf Sprengstoff oder Drogen untersuchen können.
Wo Du »Unaufmerksame am Bahnhof« liest, weiß ich leider nicht, dafür hast Du Anita unter den Tisch fallen lassen, die ihm beim Lernen hilft und somit das in Deinem Fazit geforderte Positive repräsentiert.

- ich fürchte in einer Geschichte in anderem, weniger "moralisch-anspruchsvollem" Kontext würde das alles eher schematisch wirken..
In so einer anderen Geschichte würde ich das ja auch nicht so verwenden, ich habe es in dieser Geschichte verwendet.

- die "verallgemeinerungen", gerade im hinblick auf die hiesige gesellschaft erzwingen insofern auch meinen widerspruch - weil sich eben "ganz allgemein" die frage aufdrängt, inwieweit Asylsuchende tatsächlich Asyl suchen oder zu-viele doch vor allem einen besseren Lebensstandard.
Ich kann nicht erkennen, wie die angeblichen Verallgemeinerungen der hiesigen Gesellschaft mit den Gründen für die Asylsuche in Deinen Augen in Zusammenhang stehen. Erklär mir das bitte.
Was die Bewertung der Gründe für die Asylsuche betrifft, schließe ich mich ganz xadhoom an und füge dem nur hinzu: Was manche mitmachen, bis sie irgendwo Asyl bekommen, hier zum Beispiel gerade aktuell die Odyssee eines jungen Afrikaners, ist wirklich nicht so lustig, daß das jemand aus Spaß auf sich nehmen würde. Selbst wenn jemand Asyl beantragt, weil die wirtschaftliche Lage in seinem Land so schlecht ist, daß die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrung nicht sichergestellt ist, würde ich ihn nicht zurückschicken. Würde jemand, dem es gut genug geht, daß er keine Angst um seine Existenz haben muß, so einfach sein Zuhause, Teile der Familie und Freunde aufgeben und davonlaufen? Ein normaler Mensch wohl eher nicht.
Solltest Du aber vielleicht auf die organisierte Kriminalität anspielen wollen, die es natürlich auch gibt, dann möchte ich Dich doch herzlich bitten, die Themen nicht zu vermischen, so wie Du als Deutscher ja auch nicht mit den Nazis gleichgestellt werden willst. Wenn der Vergleich vielleicht auch hart rüberkommen mag, so geht es doch in beiden Fällen darum, die Menschen als Individuen zu betrachten und keine Pauschalverurteilungen anzustellen.

Fazit: Etwas mehr Macken an Mohamed und etwas mehr positives im Umfeld der hiesigen Gesellschaft würden die ansonsten sehr detaillierte und emotional intensive Story in meinen Augen glaubwürdiger machen.
Etwas Positives an der hiesigen Gesellschaft: Wie oben schon gesagt: Anita ist ja bereits da. Ich hab versucht, noch etwas weiteres Positives einzufügen, im Ansatz ist es das auch geworden …
als kaufte ihnen sonst jemand etwas vor der Nase weg. Eine Frau nimmt ihn wahr, bleibt stehen. Greift nach Taschentüchern, überlegt kurz, steckt sie wieder weg und geht weiter. Mohamed schließt die Augen.
Den unterstrichenen Teil hab ich neu eingefügt, und ich denke, das, was jetzt an Positivem in der Geschichte vorhanden ist – Anita und ein im Keim erstickter Versuch, zu helfen – entspricht ungefähr dem, wie es mit der Hilfsbereitschaft in der Gesellschaft aussieht. Gern würde ich eine Gesellschaft zeigen, die sich mehrheitlich hinter die Flüchtlinge stellt – dann würden nämlich auch die Politiker anders agieren – aber so ein Bild male ich erst, wenn es der Realität entspricht, und es sich nicht bloß um einzelne handelt, die überhaupt zu irgendeiner Hilfe bereit sind. Eher hört man ein »Wie kommen denn wir dazu, die zu erhalten?«.
(ORF) Pro Jahr und Kopf landen Lebensmittel im Wert von 100 Euro im Müll. Das geht aus einer aktuellen Studie des Instituts für Abfallwirtschaft der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien hervor. […] bestehen bis zu zwölf Prozent des Mülls aus original verpackten oder angebrochenen Lebensmitteln […] Weiters würden täglich rund 45 kg Lebensmittel in Lebensmittelfilialen weggeworfen, ohne den Versuch einer anderen Verwertung zu unternehmen.

eine narbe auf der wange und rätsel um die vorgeschichte machen die figur interessanter..(wenns nicht gerade ein pirat ist)
Ich weiß schon, was Du meinst, und wäre die Geschichte rein zur Unterhaltung, würde ich Dir auch zustimmen, aber ich halte es gerade bei dem Thema für unwesentlich. Jeder Mensch soll menschlich behandelt werden, nicht erst, wenn er besonders interessant aussieht oder einen besonders sympathischen Eindruck macht.
Angenommen, Du wirst gerade Zeuge eines Unfalls, wirst Du dann dem Verletzten auf jeden Fall helfen oder nur, wenn Du sein Äußeres irgendwie interessant findest? – Und genau deshalb weigere ich mich, jedem der beiden etwas zu verpassen, was sie dem Leser gezielt sympathisch macht. Es geht nicht darum, daß mir jeder Flüchtling sympathisch sein muß, es sind mir auch nicht alle Österreicher oder alle Deutschen oder Schweizer sympathisch, trotzdem würde ich keinem Hilfe in einer Notsituation verweigern. Daher ist es auch völlig egal, ob der Leser Mohamed oder den Tschetschenen als Mensch interessant findet oder nicht. Wenn das den Leser bzw. Dich fordert, ist das also nicht unbedingt verkehrt.


Lieber xadhoom!

Danke für Deine Stellungnahme, die ich im Großen und Ganzen unterschreiben kann. :)
Nur eins:

Meine Güte … es gibt keine Schlägervisage! Es gibt Eindrücke, die wir mit Verhalten, Dingen und Mustern verbinden … es ist Sache der folgenden Generationen, darauf hin zu arbeiten, diese sinnlosen Vorurteile abzubauen.
Warum ist es denn erst Sache der folgenden Generationen? :susp:


Hallo Hawowi!

Auch Dir erst einmal ein Danke fürs Lesen und Deinen Kommentar! Meine Antwort darauf folgt spätestens morgen, komme leider gerade nicht mehr dazu.


Liebe Grüße Euch dreien,
Susi :)

 
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Hallo Hawowi!

Schade, daß Dir die Geschichte so gar nicht gefallen hat und Du sie zudem auch noch schlecht geschrieben findest. Schön wäre halt gewesen, wenn Du Deine Kritikpunkte mit weniger Vermutungen, warum ich dieses oder jenes wohl so geschrieben habe, gespickt hättest, stattdessen aber vielleicht Vorschläge gebracht hättest, wie Du es besser machen würdest – davon könnte ich evtl. etwas lernen.

sicherlich aber werden sie dich anregen, mir zu widersprechen
Es liest sich auch so, als ginge es Dir mehr ums Provozieren, was ich mir logisch nicht erklären kann, da ich Deine Geschichte »Steine« sehr gelobt habe. Ich erwarte kein Gegenlob, aber Dein Ton wundert mich doch sehr.

In einem deiner Statements schreibst du: ‚Es geht hier einzig um seine Verzweiflung.’
Das bezieht sich darauf, dass du von Mohameds Biografie nichts weiter mitteilst, weil es für dich, für den Text, nicht relevant sei.
Ich sehe hier keinen verzweifelten Menschen, sondern eine Person, von der du lediglich behauptest, sie sei verzweifelt. Die Art, wie du diese Verzweiflung beschreibst - du lässt Tränen fließen, Schweiß ausbrechen, lässt sein Herz rasen, erwähnst eine Vision vom Ertrinken - halte ich für nicht sehr originell. Diese Verzweiflung wirkt daher für mich aufgesetzt und ehrlich gesagt auch ziemlich oberflächlich.
Würde mich sehr interessieren, wie Du die Verzweiflung gezeigt hättest – und zwar ohne dabei unglaubwürdig in die Tiefe zu gehen, eine Tiefe, die ein Mensch in so einer Situation nicht hat. In die Tiefe zu gehen erfordert Ruhe – etwas, das Mohamed hier nicht finden kann.
Und es ist auch so, daß man echte Verzweiflung nur selten nach außen hin sieht (die Tränen sind vielleicht schon zuviel an Sichtbarem). Wer aus Verzweiflung schreit (i. S. v. auf sich aufmerksam machen, Hilfe suchen), hat vor allem noch eines: die Kraft zu schreien. Wenn Du mal so tief unten bist, daß Du die Kraft nicht mehr hast, geht es auch an anderen vorbei, niemand erkennt, daß Du schon fast tot bist.
Meiner Meinung nach ist es sogar schon fast zu viel an Rückblick, weil er nicht von Mohamed kommt, sondern vom allwissenden Erzähler, und sowas sollte man ja eher vermeiden. Ich wäre also wirklich neugierig auf Deine Vorschläge zur Lösung des Problems.

Damit der Leser nun auch wirklich weiß, was Sache ist, setzt du Hinweispfeile in den Text: Panik. Oder: Er weiß nicht wohin. Das halte ich ebenfalls für kein gelungenes Stilmittel.
Ich habe keine Hinweispfeile gesetzt, »damit der Leser nun auch wirklich weiß, was Sache ist«, sondern habe es so geschrieben, wie ich es konnte und wie es mir der Situation angepaßt erschien.
Ich habe jetzt »Er weiß nicht wohin. Panik.« in »Panik, er weiß nicht wohin.« geändert, sodaß zumindest besser klar wird, daß beides zusammengehört.

Meiner Meinung nach überflüssig ist auch: Die U-Bahn!, denkt er. Vorher hast ja bereits geschrieben, dass er den U-Bahn-Eingang sieht.
Hast recht, ist gelöscht.

Aber leider geht es in der Geschichte so weiter. Das Zusammentreffen mit dem Tschetschenen ist nach dem gleichen Muster gestrickt: Hallo, denkt Mohamed, da ist ja ein Tschetschene, der kann mir doch mal schnell Sterbehilfe leisten. Den brauche ich nur ein bisschen provokativ zu kitzeln und schon reagiert er, wie ein Stier auf das rote Tuch. Und schwuppdiwupp, siehe da, es funktioniert:
Daß es funktioniert hat, ist Teil des realen Hintergrundes und somit nicht zu ändern. Und ja, ich denke, es wird wohl eine spontane Entscheidung von Mohamed gewesen sein, jedenfalls ist sie das in dieser Geschichte. Wenn Du Ideen hast, wie das glaubwürdiger werden kann, dann würde ich sie gerne hören.

Einige biografische Details aus Mohameds Leben hättest du schon einfließen lassen sollen – was voraussetzt, dass eine umfangreichere Beschäftigung mit so einer Figur stattgefunden hätte (vielleicht hast du es ja getan, aber im Text ist davon nichts zu spüren). So bleibt dein Protagonist nur ein bloßer Name. Ich halte es, wie andere Kommentatoren auch, für wichtig, dass Mohamed, wenigstens ein bisschen, Fleisch und Blut bekommt. Die Konzentration auf die reine Verzweiflung und auf den Tathergang wirkt sonst unglaubwürdig.
Das Problem ist, wie gesagt, daß Mohamed selbst weit von sich entfernt ist und der Erzähler in meinen Augen jetzt schon zu weit in eine Tiefe geht, die für Mohamed in der Situation überhaupt nicht existiert. Eine derartige Verzweiflung ist konzentriert, wie sollte ich das weniger konzentriert darstellen?
Zugleich ist er ja auch für die Gesellschaft nicht mehr als einer von vielen Flüchtlingen, die abgeschoben oder nach Quoten auf Bundesländer verteilt werden. (Heißt der Landeshauptmann Haider, wird mit ihnen noch ein wenig Ping-Pong gespielt.) So gesehen ist die Oberflächlichkeit ja durchaus auch als Kritik aufzufassen.
Aber vielleicht hast Du ja auch dazu gute Vorschläge parat, bei denen ich nicht das Gefühl bekomme, ich würde mit der Umsetzung eine Flasche Weichspüler in die Geschichte schütten.

Du benutzt leider auch Formulierungen, die wie aus Akten, amtlichen Schreiben oder Flugblättern entnommen klingen, ohne das erkennbar ist, es handelte sich um ein absichtlich eingefügtes Stilmittel:
doch er bemühte sich redlich
dass sich strafbar macht, wer ihm Unterschlupf gewährt
dass viele Flüchtlinge von ihren brutalen Gewalterfahrungen traumatisiert sind
Die ersten beiden sind genau so beabsichtigt, das redliche Bemühen als Werturteil der Gesellschaft, bzw. die Bedingung, daß sie jemanden akzeptieren, und Gesetzes- bzw. Beamtendeutsch für die Verhaltensregeln, nach denen sie sich zu richten haben. Wenn Du suchst, findest Du auch noch anderes, wie »ihn frei Haus geliefert zu bekommen«, das aus der Speditionssprache kommt.
Das dritte ist eine nachträglich eingefügte Erklärung, und ich gebe zu, daß sie auch genau so klingt. Deshalb werde ich mich damit noch einmal beschäftigen, was aber eine Zeit dauern kann, weil es wahrscheinlich nur was wird, wenn ich mich noch einmal richtig in die Situation hineinversetze, und das geht nicht so zwischendurch mal schnell auf Fingerschnippen.

Der Tschetschene, darauf reduziert, als willenloser Erfüllungsgehilfe zu agieren, hat noch weniger von einem Menschen als Mohamed an sich.
Daß er sehr reduziert ist, ist richtig, er wird ja auch nur als Erfüllungsgehilfe mißbraucht, Mohamed interessiert sich nicht für seine Vorgeschichte, für ihn ist er in dem Moment nicht mehr als ein »glücklicher Zufall«.

Übrigens: Während sich Mohamed weiter oben noch um ‚Anita’ sorgte, dass die, wenn sie ihm hülfe, ins Gefängnis käme, kennt er hier keine Skrupel mehr und lässt nun jemanden sogar an seiner Tötung teilhaben.
Wieso »Übrigens«? Schön, daß Du das erkannt hast, das ist ein sehr bewußter Teil der Geschichte.

Obwohl meine Bemerkungen zu deinem Text dir wahrscheinlich nicht behagen werden
Wie gesagt, der Ton hat mir nicht sehr gefallen, und daß Du lieber Dinge ins Lächerliche ziehst als konstruktive Vorschläge zu bringen.

vielleicht ist ja doch die eine oder andere Stelle dabei, aus der du Nutzen ziehen kannst,
Ja, ganz umsonst wars nicht. Danke dafür.

Grüße,
Susi :)

 

Grüß dich Häferl


Würde mich sehr interessieren, wie Du die Verzweiflung gezeigt hättest…
Hier stoßen zwei verschiedene Ansichten aufeinander: Meine, dass es mehr biografische Details über diese Person geben muß. Deine: Das dies nicht nötig ist.

Anhand biografischer Einfügungen zu Mohamed kann auch seine Verzweiflung sichtbar gemacht werden. Das heißt nicht, dass deshalb ein umfangreicher Lebenslauf aufgestellt werden soll. Aber einige Sätze in diese Richtung könnten die Tragik der Situation noch mehr verdeutlichen, ohne dass auf Tränen und Schweißausbrüche zurückgegriffen werden müsste. Dem Leser ist schon früh klar, dass sich Mohamed in einer scheinbar ausweglosen Situation befindet und dass er den letzten Schritt zum Selbstmord nicht gehen kann. Was für Gedanken könnten jemandem in diesem Moment durch den Kopf gehen? Vielleicht Erinnerungen an seine Familie in der Heimat? An besonders geliebte Verwandte? An die Eltern? Vielleicht ist Mohamed ja auch verheiratet, hat Kinder? An den Bruder? An Erfahrungen in der Fremde? An Wünsche, Sehnsüchte? Oder hat so jemand nur noch Leere im Kopf? Ist apathisch, zu keinem Gedanken mehr fähig?

Noch eine Bemerkung zu der Stelle, wo die beiden sich auf der Rolltreppe begegnen.
Du schreibst:
Daß es funktioniert hat, ist Teil des realen Hintergrundes und somit nicht zu ändern…
Bedeutet das, du hast hier lediglich eine Nacherzählung geschrieben? Das kann es doch wohl auch nicht sein, denn du lässt ja deiner Fantasie freien erzählerischen Lauf. Außerdem wird mir als Leser nicht deutlich gemacht, dass es sich um ein reales Ereignis gehandelt hat, an dessen Verlauf du keine Änderung zuläßt.
Da du um Vorschläge batest:
Ich würde das anders arrangieren. Mohamed trifft den Tschetschenen schon in der U-Bahn (ich würde ihn mehrere Stationen fahren lassen), dort bekommt er auf Grund eines Dialoges mit, dass es sich bei ihm um einen Angehörigen dieses Volkes handelt und dies löst dann die von dir beschriebenen Erinnerungen in Mohamed aus. Er folgt ihm auf den Bahnhof und es folgt der Rest der Geschichte, wie du sie geschildert hast.

Meiner Meinung nach ist es sogar schon fast zu viel an Rückblick, weil er nicht von Mohamed kommt, sondern vom allwissenden Erzähler, und sowas sollte man ja eher vermeiden.
Aber der Erzähler gibt doch sogar die Angstvisionen vom Ertrinken Mohameds wieder, also wäre es doch eine Kleinigkeit auch andere Einzelheiten zu erwähnen.

Ich kann nachvollziehen, dass dir die ‚Botschaft’ der Geschichte wichtiger ist, als die Form. Aber beides muß sich doch nicht ausschließen. Du kannst doch sowohl auf das Anliegen, das dir wichtig ist, als auch auf dessen literarischer Umsetzung gleichviel Wert legen.

Aus meinen Anmerkungen solltest du eigentlich gemerkt haben, dass ich mich sehr intensiv mit deinem Text beschäftigt habe und nicht nur Vermutungen darüber geäußert habe. Ich habe die Stellen, die ich für nicht gelungen halte benannt und auch dargestellt, warum ich diese Meinung habe. Vorschläge der Gestalt, dass ich dir Sätze oder Formulierungen anbiete, kann ich nicht machen. Ich würde die ganze Geschichte anders erzählen, mit einem anderen Tonfall, einem anderen Ende. Wenn ich in Stimmung dafür bin, werde ich das auch tun. Gelingt sie mir, bekommst du sie natürlich zu lesen.

Grüße nach Wien
Hawowi

 

Hallo Häferl,

ich habe mir jetzt nicht alle Kommentare durchgelesen, es kann also sein, dass ich bereits gesagtes wiederhole. ;-)

Mir hat deine Geschichte ausgesprochen gut gefallen. Ich fand sie sprachlich/stilistisch gekonnt erzählt und inhaltlich spannend, originell und zum Nachdenken anregend. Da eine meiner Freundinnen vor einigen Jahren in Deutschland Asyl beantragt hat (inzwischen hat sie eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung) berührt mich dieses Thema auch persönlich, aber das nur am Rande. Ich finde, die Geschichte wird diesem sicher nicht einfachen Thema durchaus gerecht. Schön finde ich auch, dass du auf Schwarz-/Weißmalerei verzichtest: Anita, die helfen würde; der Tschetschene, der einer gewaltsamen Auseinandersetzung (zunächst) aus dem Weg gehen will...

Das einzige, was ich nicht ganz stimmig finde, ist dass Mohammed sich am Anfang der Geschichte nicht einmal bei Anita verstecken würde, um sie nicht in Schwierigkeiten zu bringen, am Ende aber sogar in Kauf nimmt, dass jemand seinetwegen damit leben muss, einen Menschen getötet zu haben. Mag sein, dass sich seine Verzweiflung im Laufe der Geschichte derart steigert, dass ihm am Ende alles egal ist, aber diese Steigerung war für mich nicht greifbar. Ich empfand Mohammeds Verzweiflung am Ende nicht unbedingt als größer als am Anfang, sie war m.E. immer gleich stark präsent... Aber das ist eher eine Kleinigkeit, insgesamt hat mir die Geschichte wie gesagt sehr gut gefallen und einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Sprachlich hat mir übrigens folgende Stelle besonders gut gefallen:

Blauer Himmel und ein sonnenbeschienenes Meer aus Schornsteinen, Bäumen, Satellitenschüsseln und Handymasten bieten sich ihm als Anblick. Darunter weiß er das Leben, ein Wechselbad aus Sorgen und Glück, solange man darin schwimmen darf. Er stellt sich vor, auf dem Sprungbrett eines Schwimmbeckens zu stehen, aber auch das klappt nicht.

Liebe Grüße,
Julia

 
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Hallo Antonio!

Danke auch Dir fürs Lesen und Deine nette Stellungnahme zu meiner Geschichte. :)

Bei der vorliegenden Geschichte wird die persönliche Tragik des Protagonisten leider nicht ganz klar. Dieses ist aber nicht nur dem Autoren anzulasten, sondern eigentlich der Situation, in der sich der Geschilderte befindet.
Es ist für Jemanden, der sich in einem Land geborgen und zuhause fühlen kann, sehr schwierig, sich in die Haut eines von der Abschiebung Bedrohten zu versetzen. Hier sind wir sicherlich nur auf Hilfsempfindungen angewiesen.
Ich finde es echt lieb, wie Du einerseits Kritikpunkte bestätigst, sie aber im selben Atemzug entschuldigst. Nun könnte ich mich zufrieden zurücklehnen und alle Kritiker auf Deinen Beitrag verweisen. Allerdings stimmt das so nicht, und deshalb kann ich es auch nicht unwidersprochen stehenlassen.
Im Moment trifft nicht einmal »sich in einem Land geborgen und zuhause fühlen« zu, da man ja befürchten muß, daß nach den Neuwahlen im September die Haider-Partei BZÖ wieder in die Regierung kommt und nicht nur die Zertrümmerung des Sozialsystems fortsetzt. Daß es unter dieser Partei vor allem für Flüchtlinge noch härter werden wird, ist keine Frage. Ich kann mich nicht richtig zuhause fühlen, wenn da jemand ist, der Menschen vor die Tür setzt, die ich aufnehmen würde.
Und nein, eigentlich bin ich nicht unbedingt nur auf Hilfsempfindungen angewiesen, da sind schon einige vergleichbare Erfahrungen. So war ich zwar kein Flüchtling, aber auf der Flucht vor einer Mutter, bei der ich Angst um mein Leben hatte. Ein paar Wochen später standen in Graz zwei Polizisten vor mir, wollten meinen Ausweis sehen und brachten mich erst einmal ins Erziehungsheim, von wo meine Mutter mich am nächsten Tag abholen sollte, was ich unter allen Umständen verhindern wollte. Ich hatte nur die Angst, was sie mit mir machen wird, wenn ich wieder zu ihr zurückkomme, und die Verzweiflung, keinen Ausweg zu sehen, da es keine Möglichkeit gab, ungesehen aus dem Heim hinauszukommen, sogar die Fenster waren vergittert. Von daher kann ich die Gefühle eines vor der Abschiebung stehenden Flüchtlings zwar auch nur annähernd, sicher aber besser nachempfinden als jemand, der sich immer geborgen und zuhause fühlen durfte. (Da ich aber nicht aufgab, nach einer Möglichkeit zu suchen, meine Auslieferung an meine Mutter zu verhindern, gelang mir das durch eine spontane Aktion in einem günstigen Moment.)
Hinwendung in die Psyche des Asylanten sehe, die einfach mangels echter Betroffenheit, nur sehr unbeholfen gelingen kann.
Es ist nicht der Mangel an echter Betroffenheit, sondern das Unvermögen, so tiefe seelische Vorgänge in Worte zu fassen, bzw. in solche Worte, die dem Leser ein Gespür dafür geben können. Gefühle an sich sind ja nichts in Worten Gedachtes, sie kommen aus dem Unterbewußtsein, und erst, wenn das bewußte Denken damit arbeitet, bekommen sie Worte. Das funktioniert bei »normalen« Gefühlen sofort, aber in wirklich bedrohlichen Momenten wird das bewußte Denken teilweise ausgeschaltet, daher sind auch keine Worte da – auch in der Sprache ist da Endstation, es gibt keine treffenden Begriffe. So wäre letztlich jede Beschreibung in Worten nur eine Hilfsempfindung.
Aber auch das ist keine Ausrede, auf der ich mich ausruhen will, irgendwann finde ich für alles einen Weg, es ist nur eine Frage der Zeit.

Der Text ist sehr routiniert verfasst, die Melodie der Handlung ist erfahrbar und das Geschilderte ist absolut logisch und verständlich.
Das freut mich. :)

Jedoch stellt sich nicht nur bei abschließender Wertung des Erzählten, so etwas wie Widerstand ein.
Man möchte diese erdachten Handlungen mit sich nicht geschehen lassen.
Dieses liegt aber tatsächlich im gewählten Themenkreis. Einem Themenfeld, das sich uns in seiner ganzen Problematik erst noch erschließen muss. Jedenfalls dann, wenn uns das Problem in lediglich beschreibender Hinsicht faszinieren soll.
Schön, wenn sich Widerstand bei Dir einstellt, noch schöner wäre natürlich, wenn er dazu führt, daß Du Dich für Flüchtlinge einsetzt. Auch Spenden an Hilfsorganisationen, die Rechtsvertretung und/oder Traumatherapie anbieten, sind da sehr sinnvoll.

Ich finde, der Autor hat seine Sache sehr gut gemacht und bei weiterem Eindringen in die Szene, wird eine solche Story sehr zur Veränderung unserer Sichtweisen beitragen.
Ich habe bei der Lektüre absolut nicht den Eindruck eines Pamphletes gehabt. Ganz im Gegenteil, hier hat sich jemand ernste Gedanken gemacht.
Danke für Dein Lob, das mich sehr freut, auch wenn ich es nicht in dem Ausmaß annehmen konnte, wie es gedacht war.


Servus Hawowi!

Freut mich sehr, daß Du noch einmal zurückgekommen bist, um den konstruktiven Teil nachzulegen, der sich ja gleich viel freundlicher liest. :)

Würde mich sehr interessieren, wie Du die Verzweiflung gezeigt hättest…
Hier stoßen zwei verschiedene Ansichten aufeinander: Meine, dass es mehr biografische Details über diese Person geben muß. Deine: Das dies nicht nötig ist.
Ja, ich weiß, man hat es als Kritiker nicht immer leicht. ;)
Es ist allerdings auch nicht so, daß ich nur stur auf meiner Meinung beharre, ich denke schon darüber nach, wenn jemand versucht, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Gelegentlich ändere ich meine Meinung zu einem Thema auch, wenn jemand wirklich gute, überzeugende Argumente bringt. Es ist halt umso schwerer, je überzeugter ich von meiner Sicht bin, und hier bin ich mir ziemlich sicher.

Anhand biografischer Einfügungen zu Mohamed kann auch seine Verzweiflung sichtbar gemacht werden. Das heißt nicht, dass deshalb ein umfangreicher Lebenslauf aufgestellt werden soll. Aber einige Sätze in diese Richtung könnten die Tragik der Situation noch mehr verdeutlichen,
Nein, weil das, was dazu beitragen könnte, ist bereits gesagt. Alles andere an biographischen Details würde den Leser vielleicht glauben lassen, er könnte irgendetwas besser nachvollziehen, aber das trifft auf die Ausnahmesituation nicht zu. »Dem Leser ist schon früh klar, dass sich Mohamed in einer scheinbar ausweglosen Situation befindet« – und mehr als die Ausweglosigkeit ist auch nicht wichtig für die Verzweiflung, denn sie allein und die Angst vor dem, was kommt, sind der Auslöser, nicht seine Großmutter und nicht der Dorflehrer. Ich bin grundsätzlich sehr für Rückblicke – wenn sie Platz haben und für die Geschichte etwas bringen.

Was für Gedanken könnten jemandem in diesem Moment durch den Kopf gehen? Vielleicht Erinnerungen an seine Familie in der Heimat? An besonders geliebte Verwandte? An die Eltern? Vielleicht ist Mohamed ja auch verheiratet, hat Kinder? An den Bruder? An Erfahrungen in der Fremde? An Wünsche, Sehnsüchte?
Nichts davon. Würde er an seine Familie denken, hätte er weniger Angst davor, zurückkehren zu müssen (selbst wenn er umgebracht wird - er wäre dann da, wo seine Familie ist). Wäre in seinem Denken Platz für Wünsche und Sehnsüchte, würde er nicht Selbstmord begehen, sondern weiter nach einem Weg suchen, und wenn er noch so steinig ist.
Oder hat so jemand nur noch Leere im Kopf? Ist apathisch, zu keinem Gedanken mehr fähig?
Beides könnte als Hilfsempfindung verwendet werden und trifft es doch nicht.

Noch eine Bemerkung zu der Stelle, wo die beiden sich auf der Rolltreppe begegnen.
Du schreibst:
Daß es funktioniert hat, ist Teil des realen Hintergrundes und somit nicht zu ändern…
Bedeutet das, du hast hier lediglich eine Nacherzählung geschrieben? Das kann es doch wohl auch nicht sein, denn du lässt ja deiner Fantasie freien erzählerischen Lauf.
Das Geschehen von »Während er den Mann weiterhin provoziert« bis »läuft weg« war ein Video auf Youtube, gefilmt von einem Fünfzehnjährigen mit seinem Handy. Zu verstehen war allerdings nichts, nur ein Brei aus den Gesprächen umstehender Leute. Der Rest ist natürlich erfunden, ich würde es aber weniger als »der Fantasie freien Lauf lassen« bezeichnen, mehr als Suche nach einer möglichen Erklärung, wie es zu so etwas kommen konnte.

Außerdem wird mir als Leser nicht deutlich gemacht, dass es sich um ein reales Ereignis gehandelt hat,
Das muß auch nicht in der Geschichte deutlich gemacht werden. Es reicht ja, wenn ich es Dir dann sage, wenn Du daran eine Änderung vorschlägst. ;-) (Ich will einen Euro für jedes reale Detail aus sämtlichen Geschichten auf kg.de … damit zahl ich dann einen Treffen-Sonderzug für ein Zug-Treffen, der zweimal eine Runde durch Deutschland, Österreich und die Schweiz fährt und dabei überall stehenbleibt, wo kg-ler wohnen, die einsteigen wollen.)

Ich würde das anders arrangieren. Mohamed trifft den Tschetschenen schon in der U-Bahn (ich würde ihn mehrere Stationen fahren lassen), dort bekommt er auf Grund eines Dialoges mit, dass es sich bei ihm um einen Angehörigen dieses Volkes handelt und dies löst dann die von dir beschriebenen Erinnerungen in Mohamed aus. Er folgt ihm auf den Bahnhof und es folgt der Rest der Geschichte, wie du sie geschildert hast.
Der Vorschlag hat tatsächlich was, darüber werde ich noch nachdenken. Ganz so läßt er sich zwar nicht umsetzen, weil »mehrere Stationen fahren lassen« einerseits örtlich nicht möglich ist, da er zuvor schon auf der Mariahilfer Straße sitzt, wo auch die Station ist, in der es real passiert ist. Ich müßte dann den ganzen Teil vorher woanders spielen lassen, allerdings treffen die Beschreibungen der einkaufenden Menschen auf keiner anderen Einkaufsstraße in Wien so krass zu wie da. Ich könnte ihn nur eine Station mehr fahren lassen, da kommt aber noch der andere Grund dazu, warum mir das noch nicht so schmeckt: Mohamed ist zu dem Zeitpunkt in der U-Bahn bereits nur mehr von seiner Angst getrieben, er sitzt oder steht nicht da und hört zu, was irgendwer redet. Deshalb hab ich ihn auch bewußt nur eine Station fahren lassen.
Aber ganz weise ich die Idee nicht zurück, ich denke wie gesagt drüber nach, wie ich die beiden früher zusammentreffen lassen kann. Allerdins werde ich damit warten, bis ich meine andere Geschichte fertig hab, so bring ich nämlich bei keiner von beiden was weiter.

Meiner Meinung nach ist es sogar schon fast zu viel an Rückblick, weil er nicht von Mohamed kommt, sondern vom allwissenden Erzähler, und sowas sollte man ja eher vermeiden.
Aber der Erzähler gibt doch sogar die Angstvisionen vom Ertrinken Mohameds wieder, also wäre es doch eine Kleinigkeit auch andere Einzelheiten zu erwähnen.
Die Angstvision kann ich gerade noch vertreten – sie hat mit der Situation direkt zu tun und ist obendrein eher etwas aus dem Unterbewußtsein Kommendes, was auch seinen Wandel vom Empfinden einer begründeten Wut zum in sich verschlossenen, von Angst Gehetzten zeigen soll.

Ich kann nachvollziehen, dass dir die ‚Botschaft’ der Geschichte wichtiger ist, als die Form. Aber beides muß sich doch nicht ausschließen. Du kannst doch sowohl auf das Anliegen, das dir wichtig ist, als auch auf dessen literarischer Umsetzung gleichviel Wert legen.
Mir ist die literarische Umsetzung nicht egal, aber ich werde nichts machen, was nicht der Situation entspricht, nur weil es literarisch schöner wäre. Sprachlich zum Beispiel bemühe ich mich immer sehr.

Aus meinen Anmerkungen solltest du eigentlich gemerkt haben, dass ich mich sehr intensiv mit deinem Text beschäftigt habe
Herzlichen Dank dafür.

und nicht nur Vermutungen darüber geäußert habe.
Jetzt zum Glück nicht mehr.

Ich habe die Stellen, die ich für nicht gelungen halte benannt und auch dargestellt, warum ich diese Meinung habe.
Da hab ich mich jetzt auch wirklich drüber gefreut. :-)

Vorschläge der Gestalt,
Welcher Gestalt? ;-)

dass ich dir Sätze oder Formulierungen anbiete, kann ich nicht machen.
Das erwarte ich auch nicht. So, wie jetzt, ist das absolut annehmbar, auch wenn ich nicht alles angenommen habe bzw. annehmen werde – bevor ich hier noch einmal überarbeite, will ich mich wie gesagt erst mit einer anderen Geschichte beschäftigen.

Ich würde die ganze Geschichte anders erzählen, mit einem anderen Tonfall, einem anderen Ende. Wenn ich in Stimmung dafür bin, werde ich das auch tun. Gelingt sie mir, bekommst du sie natürlich zu lesen.
Ja, die würd ich dann gern lesen, bin gespannt darauf.


Liebe julia!

Freut mich sehr, daß Du die Geschichte im Großen und Ganzen gelungen findest, danke für Dein Lob! :)

ich habe mir jetzt nicht alle Kommentare durchgelesen,
Das wäre inzwischen auch schon etwas zuviel verlangt … ;-)

Schön finde ich auch, dass du auf Schwarz-/Weißmalerei verzichtest: Anita, die helfen würde; der Tschetschene, der einer gewaltsamen Auseinandersetzung (zunächst) aus dem Weg gehen will...
Huch, bei anderen Geschichten wird mir oft Schwarz-Weiß-Malerei vorgeworfen – das Lob muß ich erst einmal verdauen … :D

Das einzige, was ich nicht ganz stimmig finde, ist dass Mohammed sich am Anfang der Geschichte nicht einmal bei Anita verstecken würde, um sie nicht in Schwierigkeiten zu bringen, am Ende aber sogar in Kauf nimmt, dass jemand seinetwegen damit leben muss, einen Menschen getötet zu haben. Mag sein, dass sich seine Verzweiflung im Laufe der Geschichte derart steigert, dass ihm am Ende alles egal ist, aber diese Steigerung war für mich nicht greifbar. Ich empfand Mohammeds Verzweiflung am Ende nicht unbedingt als größer als am Anfang, sie war m.E. immer gleich stark präsent...
Ja, das ist wohl das eigentliche Problem – das, womit ich dachte, das zu zeigen, kommt nicht an. Und ich denke, wenn ich das gelöst habe, hat sich auch Hawowis Kritikpunkt erledigt. ;-) Nur dauern wird es noch eine Weile, weil ich jetzt erst einmal eine im April begonnene Geschichte zu Ende bringen will.

insgesamt hat mir die Geschichte wie gesagt sehr gut gefallen und einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Gerade bei der Geschichte freut es mich besonders, wenn sie einen bleibenden Eindruck hinterläßt. :)


Danke nochmal Euch dreien fürs Lesen und Kommentieren,

liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Häferl,

endlich auch gelesen! Mir hat die Geschichte ebenfalls gefallen. Sie ist ein Stück geschickte Rhetorik: Der Mann, der gerne leben würde, aber unmenschliche Regeln lassen ihm keine andere Wahl als zu sterben. Der andere Mann, der nicht anders kann, als zu töten, wenn er provoziert wird. Das geht unter die Haut! ;)

Freundliche Grüße vom

Berg

 

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