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„Generationskonflikt“ oder auch „Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist…“

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01.07.2006
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„Generationskonflikt“ oder auch „Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist…“

Daheim bei Nickmanns

„Schau, das ist er!“
Marcel rutscht ein wenig zur Seite, so dass auch Bommel durch die Scheibe in der Stahltür gucken kann.
„Und der hat die Morde begangen?“
„Ja, man hat ihn am nächsten Morgen in der Wohnung gefunden. Er hat die Tatwaffe noch in der Hand gehabt, fest umklammert. Der hat sie alle umgebracht.“
„Der sieht richtig irre aus.“
„Hat auch seine beiden Freunde umgebracht, die dabei waren.“
„Wer macht denn so was?“
„Hat seit dem kein Wort mehr geredet, liegt einfach nur da.“
„Das tut doch weh, so auf dem harten Boden zu liegen.“


Sein Knie tat weh und seine Schulter. Das Becken und der Kopf schmerzten ebenfalls. Er öffnete die Augen. Vor ihm lag Sebastian mit dem Kopf in einer Pfütze aus Speichel, an seinem Mundwinkel zerplatzte der Sabber wie Seifenblasen. Sebastian hatte die Augen schon offen, jedoch blickte er abwesend drein und man hatte das Gefühl, dass er noch träumte.
„Sebastian?“
„Ja?“
Er war wach. Es stank. Es stank wie es stinken musste, wenn man zwei Alkoholleichen in einem unbelüfteten Raum schlafen ließ.
„Ob wir gestern zu laut waren?“
Sebastian rollte den Kopf auf den Fliesen hin und her.
„Ich denke nicht, zumindest sind wir im Wohnzimmer aufgewacht, und nicht auf dem Revier.“
Wenn Sebastian redete, wischte er mit seinen Lippen den Speichel vom Boden. Fotze stand auf und ging zum Fenster. Man nannte ihn Fotze, weil solch ein krauser Bart an seinem Kinn wuchs. Als Fotze das Fenster öffnete, ertönte eine Fahrradklingel auf dem Hof.
„Ey Leute, Punker-Paula und Pogo-Hugo tanzen auf dem Tandem an!“ Fotze drehte sich zu dem sabbernden Sebastian. „Wo ist eigentlich der Rest?“
„Ich glaub im Schlafzimmer.“
Fotze verließ das Wohnzimmer und steuerte über den Laminatfußboden des Flures zum Schlafzimmer.

„So Leute, jetzt wird aufgestanden, genug gepennt! Paula und Hugo kommen auch gleich.“
Kreuz und Quer über das Doppelbett verteilt lagen Mathilde, auch Mathi genannt, Torch und Lukas und wunden sich nun wie Blutegel im Modder. Auch im Schlafzimmer hatte sich mittlerweile eine muffige Wärme breitgemacht. Fotze nahm seine Rolle als Belüfter wahr und riss das Fenster auf. Verschlafen schaute Torch Fotze an.
„Stresser!“
„Stinker!“
Es klingelte. Fotze nahm noch einen tiefen Atemzug und das freudige Schwindelgefühl in seinen Kopf und unter seiner Brust vermischte sich mit der frischen Luft und den hupenden Verkehr. Dann ging er zur Wohnungstür.

„Paulchen!“
Paula lachte Fotze nur an und kniff zur Begrüßung in seinen Bart. Hugo gab ihn die Hand und schaute sich skeptisch um. Hugo gehörte irgendwie nicht dazu. Er kam und ging mit Paula. Und er nahm auch keine Drogen. Er zog kein Koks, klinkte keine Teile, keine Tickets, kein Gras, keine Pilze, nichts. Immer nur sein Bier. Nichts gegen Bier, aber eben nicht nur…! Er saß dann immer da, wenn alle anderen abgingen und freute sich, dass er der einzig Normale war. Und jedes Mal verarschte er den, der zu drauf war, als dass er sich wehren könnte. Aber am meisten störte Fotze, dass er immer mit Paula rumhing.
„Und das habt ihr euch also diesmal ausgesucht. Wisst ihr wer hier wohnt?“
„Ja, komm mit, ich zeig es dir!“
Fotze führte Paula ins Wohnzimmer, als wäre es seine Wohnung, und zeigte ihr die Fotowand neben der Tür.
„Siehst du, das hier ist der Wohnungseigentümer und das auf den Fotos müsste seine Ische sein.“
„Das sind ja alte Leute.“
„Ja, einer von denen ist 51 geboren, steht jedenfalls auf der Taufkerze dort. Aber der Typ scheint cool drauf zu sein, mit der Mecke. Und das Beste kommt noch. Sieh dir mal an, was der für ne Karre fährt.“
„Hey, ein Samba. Scheint ein Späthippie zu sein.“
Hugo, der gerade erst das Wohnzimmer betreten hat, runzelte die Stirn.
„Sieht hier ziemlich brav für Späthippies aus. Und ich denk mal, dass die Pullen auf dem Tisch euch gehören.“
„Ist halt nen Späthippie in Pension!“, entgegnete Fotze.
„Was machst du eigentlich auf dem Fußboden?“
Paula hockte sich neben Sebastian.
„Ich hab geschlafen.“
„Es ist um Vier und du hast geschlafen?“
„Wir haben gefeiert bis es hell wurde!“, verteidigte Fotze Sebastian. „Wollen wir dann erstmal was essen?“
Er schaute nur Paula in die Augen.
„Klar, gehen wir“, sagte Hugo.

In der Küche hatten sich Torch und Lukas inzwischen an den Tisch gesetzt und sich ihren ersten, hauseigenen Scotch eingegossen.
„Guten Morgen!“
„Hallo.“
„Paulchen.“
„Hi Torch.“
„Morgen!“
„Tag auch.“
„Hier sieht es jetzt aber wirklich aus wie bei den Hippies.“
Hugo wanderte über den unbehandelten Holzboden während Paula es sich auf der Arbeitsfläche bequem machte. Die vergilbten Unter- und Oberschränke schienen noch aus den 30ern zu sein. Die Pfannen und Töpfe hingen über den Tisch von der Decke.
Hugo schüttelte den Kopf: „Wie kann Jemand mit so einem Wohnzimmer so eine Küche haben?“
„Damit sie sich zwei Backöfen leisten können!“
Torch drehte sich um und zeigte auf den Miele-Ofen in der Ecke.
„Frag mich aber nicht, warum sie nicht den eingebaut haben!“
Indessen machte Fotze sich an den Schränken zu schaffen um nach etwas essbaren zu suchen.
„Hier sind nur Äpfel.“
„Ja, im Kühlschrank haben wir auch nicht wirklich was gefunden, dafür haben die hier umso mehr Medikamente“, sagte Lukas.
„Was hast du denn für Äpfel?“
Paula lächelte Fotze an.
„Schöner aus Boskoop und aus der Erde.“
„Ich nehme die aus der Erde.“
„Gekocht?“
„Gekocht!“
„Sonst noch jemand?“
„Ja.“
„Klar.“
Lukas und Torch waren ebenfalls hungrig. Fotze griff sich einen Topf, füllte ihn mit Wasser und Kartoffeln, zündete zwei Herdplatten an und setzte den Topf auf. Auf die andere Herdplatte stellte er eine Pfanne. Er schnitt einen Apfel in zwei Hälften, das Messer funkelte im Licht der Gasherdflamme, und ging zum Kühlschrank.
„Man oh Man. Das sind wirklich viele Medikamente. Buprenohäh?, Piritramidralala?… das müssen sehr kranke Menschen sein.“
Fotze nahm sich ein Fläschchen Fentanyl und die Butter aus dem Kühlschrank und schlenderte zurück zum Herd, um die Butter zu erhitzen.
„Was denkt ihr, ob das irgendeine Nahrungsergänzung ist?“
„Mir fällt zumindest nicht ein, was man sonst noch als Pulver verabreicht“, meinte Lukas.
„Ich würde das auf jeden Fall nicht fressen, nachher fallen dir die Arme ab“, meinte Hugo.
„Die haben so viel von dem Zeug. Das würden die denen niemals geben, wenn man es nicht aus Langeweile essen kann. Ich werd heute auf jeden Fall gesund essen“, meinte Fotze und schmierte sich den halbierten Boskoop mit Fentanyl ein.
Hugo setzte sich auf den Miele-Ofen: „Was soll das überhaupt werden, wenn es fertig ist?“
„Das schmeckt dann nach Bratapfel, ist der Hammer!“
„Wieso machst du dir das nicht im Ofen warm?“
„Das schmeckt nach Bratapfel und ist der Hammer! OK?!“
Seine Kreation ließ sich Fotze garantiert nicht von einem Hugo schlecht machen und briet die Apfelhälften in der Pfanne.

„Guten Morgen Jungs, was macht denn Sebastian allein im Wohnzimmer?“
Langsam wurde es eng in der kleinen Küche.
„Morgen Mathi. Hast dir hübsch gemacht oder war dir schlecht?“
Mathi kniff ihre Lider zusammen, während sie eine Zigarette aus ihrer Schachtel zog, und ihre Augen funkelten im Schein der Feuerzeugflamme.
Sie schaute Torch an, blies den Rauch aus und raunte: „Ich hab mich hübsch gemacht!“ und sagte zu den anderen: „Habt ihr euch schon mal im Bad umgesehen? Die haben da einen Haufen an Chemie rumzustehen. Ich wusste gar nicht, was ich mir in die Haare machen kann und mit was die die Schränke putzen.“
Sie schmiss die Schachtel auf den Tisch und Torch und Hugo bedienten sich.
„Die stehen wohl auf Chemo“, sagte Lukas, der ebenfalls gesund leben wollte und sich etwas weißes Pulver in seinen Becher kippte, um es mit dem Finger umzurühren. „Alte Menschen tun mir irgendwie Leid, dass die so viel Chemo brauchen. Ich mein mal, ich nehme es freiwillig aber die müssen es nehmen und werden nicht mal ordentlich drauf. “
„So, die Kartoffeln sind fertig.“
Fotze nahm sich zwei Teller, teilte die Kartoffeln auf und stellte einen Teller auf den Tisch, den anderen reichte er Paula.
„Danke.“
Fotze setzte sich ebenfalls an den Tisch, so dass er Paula sehen konnte. Verstohlen sah er rüber, wie sie die Füße auf die Arbeitsplatte stellte und ihre Beine ran zog, um den Teller auf ihre Knie zu stellen. Wie beschäftigt und zerbrechlich sie aussah, als sie ihre Kartoffel aß, wie ihre dünnen Fingerchen aus den Armstulpen heraus die Kartoffel hielten und sie mit ihren kleinen Zähnchen zubiss. Fotze wurde ganz warm ums Herz.
„Mir ist es egal, was mit denen passiert, sollen die doch alle krank sein“, mampfte Torch.
„Mit deinem Vater würd ich genauso denken. Aber wenn die so alt sind, so Oma und Opas tun ein doch nichts mehr“, sagte Lukas.
Torch schluckte runter. „Ach, es sind doch die alten Omas und Opas, die nachts die Polizei rufen, damit sie uns aus dem Park scheuchen.“
„Außerdem sind die es, die unsere Eltern so verdorben haben.“ Warf Mathi ein. „Unsere Eltern wurden von ihren Eltern genauso behandelt, wie wir jetzt von denen.“
„Wir werden später genauso sein“, meinte Paula.
„Niemals!“, rief Torch
„Denen wurde von ihren Eltern nur was von Leistung gepredigt, damit sie mal ein besseres Leben führen können, als sie selbst es tun. Das nennen sie dann ‚Nur das Beste für einen Wollen’.“
„Ich nenne das Leistungsdruck“, sagte Fotze.
Mathi fuhr fort: „Ja, und wenn unsere Eltern dann neben denen glänzen wollen, haben sie keine Zeit mehr uns zu verstehen und geben an uns das einzige weiter, was sie von ihren Eltern gelernt haben. Das ist wie eine ewige Erbkrankheit.“
„Lasst uns doch einfach alle alten Menschen abschaffen und eine Gesellschaft für unsere Kinder und ohne Erbkrankheit schaffen. Stellt sich bloß noch die Frage, wie man das anstellen könnte.“ Mathi schaute Torch kopfschüttelnd an.
Plötzlich stürmte Sebastian aufgeregt und vor allem hellwach zur Tür herein und schmiss eine transparente Tüte mit über 200 Pillen auf den Tisch.
„Ihr habt nicht gesehen, was ich gesehen hab! Die haben dort eine verdammte Asservatenkammer im Wohnzimmer! Die haben da Koks, Teile, Tickets, Gras, Pilze, einfach alles! Die machen sich ihren Scheiß selber!“
Ein Pappbogen zitterte in Sebatians Hand. Er hatte ihn fasst vergessen, riss sich dann aber eine kleine Ecke ab, steckte sie sich in den Mund und packte den Bogen neben die Pillen. Baff schauten sie ihn an. Nur noch Sebastians aufgeregter Atem war zu hören, das Glänzen der Erkenntnis leuchtete in den Augenpaaren auf.
„Saubere Arbeit Sebastian!“
Der ganze Saal klatschte, nur Hugo rollte mit den Augen. Fotze nahm die Pfanne von der Flamme und hielt sie den aufgelösten Sebastian unter die Nase.
„Na komm, dafür darfst du dir einen Fentanyl-Apfel nehmen.“

***​

Verwirrt stand Hugo in der Wohnzimmertür und starrte auf den Fernseher.
„Was schaut ihr euch denn da für einen Mist an?“
„City of the Living Dead!“
Mathi und Sebastian saßen auf der Couch und zerkauten sich die Wangeninnenseiten.
„Wieso macht ihr denn jetzt so einen Film an?“
„War ne Gebrannte, man konnte nicht sehen was drauf war.“
„Dann schalt doch einfach um.“
„Geht nicht.“
„Wieso nicht?“
„Sebastian hat die Fernbedienung.“
Sebastian drehte die Fernbedienung, die Unterarme auf die Oberschenkel gestützt, in seinen Händen und beobachtete mit flackerndem Blick, wie kleine Kartoffelmännchen über die fliedernen Fliesen flitzten. Er sah, wie eine zerfetzte Zombiehand nach ihm greifen wollte, sprang auf und schubste Hugo weg.
„Ich sag doch, es geht nicht.“
Irritiert ging er aus dem Wohnzimmer und ließ Sebastian mit Mathi und den Kartoffelmännchen alleine. Hoffentlich rutschen sie nicht auf den glatten Fliesen aus, dachte Sebastian. Er bemerkte die Speichelpfütze, erkannte ihr Gefahrenpotential für die Kartoffelmännchen und ging in die Küche, einen Lappen zu holen, um wegzuwischen, was seine Lippen übrig gelassen hatten.

***​

„Sag mal, seit ihr hier alle total meschugge?“
Hugo hielt Lukas Arme verschränkt auf dessen Rücken und dieser wehrte sich energisch und schrie heiser unter Paulas Applaus: „Was willst du denn, du scheiß Kunde?! Nur weil du so ein rosa Jäckchen hast, brauchst du noch lange nicht so einen Kotten zu schieben!“
„Genau du Freak, und hör auf, Paulchen anzumachen!“, brüllte Fotze und trat so hart in den Plastiktopf der schon zerfetzten Yuccapalme, dass das Ton-Granulat über den Laminatfußboden rollte.
„Ruhig, ruhig Jungs! Wenn ihr hier weiter so rumschreit, dann hören uns noch die Nachbarn. So und du hörst mir jetzt mal zu. Das hier ist ne Privatparty, wir kennen dich hier alle nicht so wirklich gut und du hast bestimmt schon gemerkt, dass du ein wenig unerwünscht bist. Also bitte sei brav, verpfeif uns nicht und verschwinde einfach bloß!“
Riesig wurden Hugos Augen, als Torch die Yuccapalme aus dem kaputten Topf zog und vor die Wohnungstür warf. In welche Freakshow war er da nur geraten?

***​

„Hey Torch.“
„Hey Lukas. Alles klar?“
Lukas saß schon am Küchentisch vor einem kleinem Koksberg und zog eine Bahn, als Torch hereinstolperte und fast hineingefallen wäre, hätte er nicht noch den Türknauf vom Oberschrank erwischt.
„Was machen die anderen?“
„Die sitzen im Wohnzimmer und schauen Gruselfilme. Ich hab mich gegruselt, da bin ich gegangen.“
Torch setzte sich gegenüber von Lukas und riss noch einen Schnipsel vom Bogen. Lukas hob seine Hände und starrte seine Finger an, sie zitterten.
„Schau dir das an, meine ganze Optik flackert.“
Der Schweiß tropfte Lukas von Stirn und Händen. Sebastian trat ein.
„Hey Sebastian”, sagte Lukas, den Blick auf seine Hände fixiert. „Wie oft willst du den Lappen denn noch nass machen?“
„Bis die Kartoffelmännchen sich nicht mehr weh tun können… WAAAH!!“
„Was denn?“
„Da kam grad Blut aus dem Hahn.“
„Mach kein Scheiß, ich seh hier auch schon überall Zombies rumflitzen!“, wendete sich Torch ein.
Sebastian verließ die Küche und Torch und Lukas waren wieder allein. Es war ruhig. Schwach hörte man das Grummeln des Fernsehers durch die Tür, an dem Unterschrank bewegte sich etwas. Dumpf und alles übertönend füllte das Schniefen den Raum aus, als Lukas noch eine Bahn zog. Dann saß er wieder angespannt da und riss seine Augen weit auf. Als wenn er von irgendetwas in diesem Raum besessen ist, dachte Torch. Er sah sich um. Er sah an den Oberschränken entlang, dort war es noch einigermaßen hell. Die Spüle und die Ablage lagen im Schatten, im Dunkeln. Die schwache Deckenlampe konnte sie nicht aufhellen, der Raum flackerte. Ein Käfer krabbelte über die sich ständig neu erfindende Raufasertapete. Oder war es eine Spinne, plötzlich verschwand sie mitten auf der Decke. Torch sah Lukas an und überlegte, wie lange er hier schon alleine saß, wie viel Zeit er schon so verbrachte. Hier in diesem Raum! Blut lief Lukas aus der Nase. Ganz zaghaft wagte sich der dunkle Tropfen in das flackernde Licht und bahnte sich seinen Weg, tropfte schließlich von Lukas Lippen auf den Tisch. Torch traute sich nicht, etwas zu sagen, seine Stimme würde diese Stille verdrängen. Nichts sollte auf ihn aufmerksam werden, nicht einmal Lukas. Hier in diesem Raum! Er lauschte dem Surren der Lampe und wie das Knacken der Schränke an den kahlen, kalten Kacheln hallte und beobachtete das Aufplatschen der Tropfen, wie die Blutpfütze sich über der Maserung verbreitete und dem Koksberg ein anliegender Gebirgssee wurde.
„Mist, ich blute.“
Es klang wie ein Fest in Torchs Ohren, hell und klar beherrschte Lukas Stimme den Raum. Er stand auf und verließ den Raum.
„Ich geh mal aufs Klo.“
Und dann war Torch ganz allein. Hier in diesem Raum! Wie ein strenger Vater, der zwei lachende Kinder auseinander bringt, weil sie schlafen sollen, starrte die Stille ihn an. Es bewegte sich etwas hinter Torch, er sah den Schatten und drehte sich um. Der Schrank gähnte ihn an. Torch drehte sich wieder zu der Blutpfütze. Es surrte wieder und die Schränke knackten und leise Stimmen waren zu hören, sie murmelten. Hier in diesem Raum! Etwas polterte. Die Stimmen wurden deutlicher. Was macht der da? – Ist das Blut? – Ist der tot? Und dann schoss ihn ein Schatten ins Gesicht und er sprang auf und drehte sich, hier in diesem Raum und er nahm das Messer neben der Pfanne und es funkelte im Licht der Lampe, hier in diesem Raum und er trat die Tür auf und sah die Gestalten vor dem sterbenden Lukas stehen, wie sie ihn mit ihren orangefarbenen Augen anstarrten, ihre Zähne funkelten grässlich und er sprang auf sie zu und hackte mit dem Messer auf sie ein, in ihre ledernen Bäuche und in ihre orangefarbenen Augen und es spritzte und er stach in den weichen Hals und in die Brust und in die Köpfe und plötzlich hörte er es nur noch Röcheln und er hörte auf.
„Lukas, was haben sie mit dir gemacht?“
Torch kauerte sich neben Lukas und nahm seinen Kopf in den Schoß. Er sah blass aus, sein Gesicht war voller Blut. Er atmete nur noch schwach und an seiner Nase zerplatzte das Blut wie Seifenblasen.
„Lukas?!“
Die Wohnzimmertür ging auf und Sebastian trat ein, gefolgt von Hugo.
„Ey Sebastian, kommste mal Montag bei mir vorbei, bei mir ist es nämlich ziemlich dreckig… Heilige Scheiße, was ist denn hier passiert?!“
Fassungslos stand Hugo da. Nur allmählich erkannte er zwischen dem ganzen Blut auf der Raufasertapete und dem Laminatfußboden die beiden blutverschmierten Leichen, den röchelnden Lukas und den hockenden Torch. Auch Sebastian blieb kopfschüttelnd stehen, den Lappen in der Hand. Hugo ging ins Wohnzimmer und holte die anderen.
„Schau doch mal, was sie mit Lukas gemacht haben!“

„Oh mein Gott, die Zombies sind im Haus!“, Mathi hielt sich die Hände an die Wangen und zitterte und auch der Rest stand fassungslos da. Nur Fotze ging zu Torch und legte die Hand auf seine Schulter.
„Was ist passiert?“
„Ich weiß es nicht genau. Ich habe nur gespürt, dass etwas nicht stimmt und dann habe ich mir das Messer hier genommen und bin in den Flur gegangen. Aber es war schon zu spät, diese Bestien haben Lukas schon gekriegt. Und dann habe ich auf diese Monster eingestochen, wieder und wieder…“, Torch zitterte.
„Ganz ruhig, es ist vorbei! Komm! Wasch dich erstmal!“
„Toll! Und was machen wir jetzt?“
„Abwarten Hugo, mir fällt schon was ein!“, traurig schaute Fotze auf Lukas, der immer noch nach Atem rang.
„Warum müsst ihr auch immer so viel Drogen nehmen?“
„Hugo, halt jetzt dein Maul! Keiner muckt hier so auf wie du! Keiner kann was dafür, wenn die Zombies ausgerechnet jetzt kommen!“
„Verflucht noch mal, dass sind keine Zombies!“, Hugo schritt auf das rot kreischende Stillleben zu und hob etwas widerwillig den Kopf der männlichen Leiche: „Das sind die Wohnungsbesitzer du Idiot!“
„Das sind keine Menschen“, kopfschüttelnd und nervös trat Sebastian auf einer Stelle: „Schau dir nur mal diese zerfetzte, grüne Zombiehaut an.“
„Du hast Rot-Grün-Schwäche und LSD genommen. Das sind verdammt noch mal keine Zombies!“
Weinend sackte Mathi zusammen.
„Zombies, Monster, Kobolde… es ist doch egal, was sie sind. Sie haben Lukas auf den Gewissen und sie hätten auch uns getötet, wenn Torch nicht so schnell reagiert hätte!“, rief Fotze.
„Das sind Menschen, die dort abgestochen wurden! Und der Junge hat ne Überdosis, verdammt noch mal! Seht ihr nicht den Schaum an seinem Mund?!“
„Dann ist er schon einer von denen“, dachte Fotze laut.
Er nahm das Messer vom Boden und ging ins Bad zu Torch, der sich im Duschstrahl Kopf und Hände wusch.
„Und, wurdest du verletzt?“
Torch schüttelte nur mit dem Kopf.
„Torch, es geht um Lukas. Er hat sich infiziert.“
Erschreckt schaute Torch auf das Messer.
„Ich, ich kann das nicht!“
„Es muss sein, er ist dein bester Freund!“
Resigniert schaute Torch auf den Boden.
„Bitte tu du das für mich.“
Fotze nickte: „Gut. Wasch dich ordentlich ab, ich will dich nicht auch noch verlieren!“ und verließ das Bad wieder.
Er ging auf Mathi zu und zog sie am Arm hoch, mit sanfter Stimme flüsterte er: „Komm, geh mal zu Torch! Der brauch jetzt deine Hilfe. Wir schaffen das schon.“
Dann wandte er sich zu Paula, flehend sah sie ihn an.
Es strich ihr durch die Haare und mit zitternder Stimme fragte sie: „Er hat sich infiziert, nicht wahr?“
Fotze nickte: „Bitte schau jetzt nicht hin.“
Langsam ging er auf Lukas zu.
„Hey, hey! Was hast du mit dem Messer vor? Lass den Scheiß! Lass uns den Jungen doch einfach ins Krankenhaus bringen, OK?“
Hugo ging auf Fotze zu und fasste seinen Arm. Dieser schubste Hugo so stark, dass er vor Sebastians Füße fiel und er streckte sein Messer in Hugos Richtung.
„Im Krankenhaus können sie ihm nicht helfen! Ich weis, dass es schwer zu begreifen ist, denkst du das hier fällt mir leicht?! Aber wenn wir ihn nicht jetzt töten, dann greift er uns in absehbarer Zeit an!“
Fotze hockte sich neben Lukas: „Es tut mir Leid!“ und stach zu.
Dann war es ganz ruhig. Niemand sah den anderen mehr an. Torch kam aus dem Bad.
„Und, hast du es getan?“
Fotze nickte Torch nur an.
„Ist wohl das Beste gewesen. Ich frag mich nur, wie die durch die Tür gekommen sind?“, sagte Mathi, die sich wieder gefangen hat.
„Das waren die Wohnungseigentümer“, Hugo war es nicht mehr wichtig, dass sie ihn hörten.
„Ja das mit der Tür macht mir auch Sorgen“, sagte Fotze.
Sebastian kam mit einem nassen Lappen aus der Küche und fing an, das Blut wegzuwischen.
„Damit sich die Kartoffelmännchen nicht mit dem Blut infizieren können und uns angreifen!“
Fotze schlug Sebastian auf die Schultern „Sehr gute Idee Sebastian. Ich bin auch dafür, das wir ein paar Vorsorgungen treffen.“
„Waffen!“, sagte Mathi.
„Ja genau. Außerdem sollten wir mindestens zu zweit sein, niemand läuft mehr alleine rum, damit so was nicht mehr passieren kann!“, Fotze zeigte auf Lukas.
„Wir sollten uns auch vor Fenstern fernhalten, falls sie durch die Fenster springen“, Paula schaute nur Fotze in die Augen.
„Genau, aber erstmal gehen wir in die Küche und jeder sucht sich etwas Großes und Scharfes! Und du bist ruhig!“, Fotze zeigte mit den Finger auf Hugo während er in die Küche ging.
Er stellte den Messerblock auf den Tisch und durchwühlte die Schubfächer, legte auf den Tisch, was brauchbar war. Paula kam in die Küche und nahm sich ein Fleischermesser, Fotze griff sich das Fleischerbeil.
„Du holst uns doch hier raus, oder?“
„Keine Sorgen Paula, wir schaffen das schon! Was ist mit Torch, du brauchst auch eine Waffe.“
„Ich kann nicht in die Küche, da hat alles angefangen, da spukt es.“
„OK, was willst du haben, so was hier?“
Torch nickte, Fotze ging aus der Küche und überreichte ihm das Küchenbeil.

Es klingelte.

Sebastian hörte auf zu wischen und nicht einmal mehr Hugo bewegte sich.
„Sebastian!“, Mathi flüsterte: „Schau durch den Spion!“
Sebastian nickte und schlich vorsichtig zur Tür.
„Hallo? Herr Nickmann?“, die Stimme hinter der Tür.
Sebastian presste sein Auge an den Türspion und wurde leichenblass. Er trat ein paar Schritte zurück, stolperte fast über die Leichen. Mathi nahm sich das Messer, das neben Lukas lag.
„Die können sprechen?!“
Es klingelte noch einmal, begleitet von einem Klopfen.
„Hallo? Hier ist der Hausmeister! Ich hab bei ihnen merkwürdige Geräusche gehört.“
„Glaubt ihm kein Wort, das ist einer von denen!“
Gebannt schauten sie zur Tür, nur Hugo vergrub seinen Kopf zwischen den Knien und murmelte: „Am Anfang war es nur Doppelmord…“
Es ratschte und klackte kurz an der Tür. Man hörte den lauter werdenden Herzschlag der Sechs im Flur pochen. Die Türklinke ging runter und instinktiv raste Mathi auf den größer werdenden Türspalt los. Noch bevor die Halbglatze richtig zu sehen war, versenkte Mathi das Messer in der Schädeldecke und wich ein paar Schritte zurück. Der leblose Körper viel auf den Boden in den Türspalt.
„Scheiße, jetzt ist das Vieh in der Wohnung und wir bekommen die Tür nicht mehr zu!“, rief Mathi.
„Ist doch egal!“, sagte Torch: „Die bekommen die Tür sowieso ohne weiteres auf.“
„Nein man, wir müssen das Ding aus der Wohnung bekommen!“
Mathi riss die Tür auf und schaute auf den Flur, niemand war da.
„Komm jetzt hilf mir doch mal!“
„Scheiße.“
Torch rannte zu Mathi, die schon ein Bein in den Händen hielt und zog mit ihr den leblosen Körper auf den Treppenflur.
„Wo ist eigentlich Sebastian?“, wunderte sich Fotze.
„Der ist ins Wohnzimmer gerannt und aus dem Fenster geklettert, als er gemerkt hat, dass wir hier nicht mehr sicher sind.“
Paula zeigte auf das offene Fenster, das in die schwarze Nacht führte.
„Verdammt noch mal. Wir wollten doch zusammen bleiben. Er hat doch nicht mal eine Waffe gehabt.“
„Sollen wir ihm nicht folgen?“ Mathi packte langsam der Mut.
„Nein, wir dürfen jetzt nicht überstürzt handeln!“, sagte Fotze: „Er könnte mittlerweile sonst wo sein. Wahrscheinlich wimmelt es in der Stadt schon vor diesen Biestern und in der Dunkelheit sind wir ihnen schutzlos ausgeliefert. Vielleicht kommt er ja durch. Ich hoffe, dass er durch kommt.“
„Wir sind hier im siebten Stock“, murmelte Hugo.
„Mist.“ Torch hängt am Spion.
Mathi dreht sich um: „Was ist denn?“
„Die haben das Licht auf den Treppenflur ausgemacht.“
„Dann werden die sicher gleich vor der Tür stehen.“ Mathis Mut sank wieder.
„Vielleicht sind sie ja lichtscheu. Dann brauchen wir Taschenlampen oder irgendetwas, mit dem wir sie blenden können“, warf Paula ein.
„Gut, wir müssen jetzt schnell handeln. Mathi und Torch, ihr bewacht die Tür, das habt ihr eben gut gemacht! Ich und Paula suchen nach Taschenlampen.“
Fotze drehte sich zu Hugo: „Und du… Du kannst Bad und Küche durchsuchen! Mathi, pass ein wenig mit auf ihn auf!“
Dann rannte er mit Paula ins Schlafzimmer und sie durchsuchten die Nachttische.
„Bei mir ist nichts, wie sieht es bei dir aus?“
„Kondome und eine LED-Strahler.“ Freudig hielt Paula die kleine Schlüsselanhängerlampe hoch.
„Schau mal nach, vielleicht leuchten die Gummis auch im Dunkeln.“
Paula lachte.
„Mach die Nachtischlampe noch an, dann überfallen sie uns wenigstens nicht von allen Seiten!“
Paula machte die Nachtischlampe an und als sie an ihm vorbei aus den Raum gehen wollte, ergriff er ihre Hand und schaute sie an.
„Paula…“

„Ja?“

„…Denen heizen wir ein!“
„Ja!“
Paula ging weiter.
„Paula!“

„Ja?“

Fotze schnipste nervös mit den Fingern.
„Ich, ich liebe dich.“
„Wir müssen uns jetzt beeilen!“
„Ja.“
Sie ginge wieder in den Flur. Noch immer schaute Torch durch den Spion in das dunkle Treppenhaus. Mathi durchwühlte die Kommode und Hugo kauerte auf den Boden an der Wand und murmelte irgendetwas vor sich hin.
„Wir schauen noch mal im Wohnzimmer nach.“
Paula bog ins Wohnzimmer und öffnete die Schubfächer des kleinen Schrankes unter den Fotos. Torch durchsuchte die Vitrine.
„Hier sind nur noch Kerzen zu finden, Teelichter und lange.“, sagte Paula.
„Die gehen so schnell aus, bei mir ist auch nichts mehr. Vielleicht haben die anderen ja noch was gefunden.“
Sie gehe wieder in den Flur.
„Wie sieht es aus, hat Hugo noch was gefunden?“
„Hugo?“, fragte Mathi: „Guck ihn dir an, den kannst du vergessen. Aber ich hab auch schon alles durchwühlt. Keine Lampen die wir mitnehmen können.“
Paula ließ ihren Fund am Zeigefinger baumeln.
„Eine Lampe reicht einfach nicht“, sagte Fotze.
„Was sollen wir nun tun?“, Torch drehte sich um: „Wir können doch nicht durch die Dunkelheit wandern und in dieser Wohnung sitzen wir wie auf dem Präsentierteller. Die wissen doch sicherlich schon alle, dass wir hier sind.“
Fotze presste mit der einen Hand den Ellebogen an seinen Bauch und klopfte mit seinen Zeigefinger gegen den Schneidezahn.
„Ich hab’s! Paula, komm mit! Nimm dir alle Kerzen, die du tragen kannst!“
Fotze ging ins Wohnzimmer. Er steuerte zum Fenster und riss die Vorhänge runter, anschließend nahm er die Taufkerze aus der Vitrine und ging in die Küche. Paula folgte ihm mit zwei Armen voller Kerzen.
In der Küche setzte Fotze einen Topf auf.
„Pack die Kerzen dort rein! Mach von den Teelichtern vorher das Metall ab!“
Paula stellte die Kerzen neben die Taufkerze in den Topf und Fotze zerriss die Vorhänge in lange Streifen. Dann nahm er sich zwei von den Küchenstühlen und brach mit Tritten und Zerren die hinteren, längeren Stuhlbeine ab.

„Es stinkt“, sagte Paula.
„Da kommen wir wohl nicht drum rum. Jetzt müssen wir erstmal warten, bis der Wachs geschmolzen ist.“
Paula setzte sich neben Fotze auf einen intakten Stuhl, sie zog ein Foto aus der Tasche.
„Schau, das ist aus dem Wohnzimmer. Ob die das im Flur wirklich sind?“
„Kann schon sein. Aber wenn sie infiziert wurden, dann waren sie schon tot, bevor wir…“
„Sie sehen auf dem Foto so glücklich aus. Sie hatten sich gefunden und waren für einander bestimmt. Es ist irgendwie traurig.“
„Ja.“
„Du, was du vorhin gesagt hast…“
„Ja.“
Paula strich sich eine Strähne aus ihrem Gesicht. Fotzes Herz ratterte und pochte.
„Ich hab darüber nachgedacht, was du vorhin gesagt hast…“
„Ja.“
Sie schaute ihn in die Augen. Es knisterte und funkte.
„Vielleicht sollten wir…“
Sie berührte seinen Arm mit ihrem kleinen Finger. Es blubberte und platschte.
„Oh mein Gott, der Topf kocht über!“
Fotze sprang auf und hob zwei Stuhlbeine vom Boden.
„So, du nimmst dir jetzt einen Stoffstreifen und bindest ihn so um das Stockende!“, Fotze wickelte den zerfetzten Vorhang um das Stuhlbein und steckte es in das flüssige Wachs: „So, dann hältst du es eine Weile in das Wachs, bis der Stoff durchgeweicht ist!“
Fotze nahm den Stock wieder raus und wickelte eine neue Schicht Stoff um das Ende, steckte ihn erneut in den Topf.
„Zwei Schichten Stoff sollten genügen. Danach tunkst du die Enden nur kurz ins Wachs, um die Wachsschicht dicker zu machen, wartest, bis es abgekühlt ist und tunkst es wieder kurz ein!“
Nachdem die vier Stöcke präpariert waren, hielt Fotze einen in die Gasherdflamme. Es brannte wie Zunder.
„Super.“
Er zündete die restlichen drei Fackeln an und rannte mit Paula in den Flur.
„Hier nehmt die! Das müsste sie erstmal abschrecken.“
„Ich hab noch keine Waffe“, sagte Mathi.
Ein letztes Mal rannte Fotze in die Küche und holte eine Fleischergabel.
„Hier Mathi! Ist die Luft rein?“
Torch wedelte mit seiner Fackel in den schwarzen Treppenflur.
„Ich kann nichts erkennen.“
„Gut“, sagte Fotze: „dann gehen wir. Haben wir auch nichts vergessen?“
„Was ist mit Hugo?“ Paula drehte sich zurück: „Hugo, kommst du?“
Hugo saß immer noch, den Kopf zwischen den Knien vergraben, auf den Boden und wippte hin und her.
„Lass ihn!“, sagte Mathi: „Wir können jetzt keine Rücksicht auf ihn nehmen.“
„Genau“, sagte Torch.
„Wir können ihn doch nicht so hocken lassen!“
„Gib ihn doch die Taschenlampe, die du vorhin gefunden hast, die brauchen wir doch nicht mehr.“
Paula holte die Taschenlampe aus der Tasche. Gerade wollte sie auf Hugo zulaufen, da bemerkte sie das Messer in dem Kopf des Hausmeisters. Sie zog es raus und ging zu Hugo.
„Hier Hugo. Die Mistviecher sind lichtscheu. Und hier!“ Paula nahm seine Hand, legte das Messer hinein und schloss sie zu einer Faust „Wenn es hart auf hart kommt, dann zeig es den Biestern!“
Ein letztes Mal streichelte Paula Hugos Wange, dann stand sie auf. Hugo hob seinen Kopf und murmelte ihr hinterher: „Koks, Pillen, LSD, Gras, Pilze, einfach alles habt ihr genommen…“
„So, dann können wir also losgehen“, rief Torch und stieg die Treppe hinab.
Die flackernden Flammen der Fackeln verschwammen in dem dunklen Treppenhaus wie Eigelb in schwarzer Tinte. Torch beobachtete jede der schweigenden Wohnungstüren, die ihn auf dem Weg nach unten anstarrten. Schläft dort hinter eine ahnungslose Familie? Oder hat das Grauen schon sein grässliches Antlitz gezeigt? Das Treppengeländer schwang sich hinab und tanzte mit den Flammen, als wäre es ein loses Seil. Niemand traute sich es anzufassen. Fast lautlos verschluckte der schwimmende Boden die schabenden Schritte, doch trotzdem schien die Luft zu leben. Die Wände schlugen über ihren Köpfen ein und hätten sie vielleicht auch erdrückt, würden sie sich nicht an den Flammen verbrennen.
„Wieso nehmen wir nicht den Fahrstuhl?“, fragte Paula.
„Bist du verrückt, in einem Fahrstuhl wären wir diesem Haus schutzlos ausgeliefert, dieses Haus ist wie das Auge der Bestien“, sagte Torch.
„Wir sollten es niederbrennen, wenn wir draußen sind!“, sagte Mathi während sie sich nervös umsah.
„Das ist keine gute Idee. Wenn eine Wespe um deinen Kopf fliegt, scheust du sie maximal weg. Aber wenn sie dich sticht, dann tötest du sie.“, murmelnd stimmten sie Fotze zu.

„Da ist die Tür zum Hof!“, Torch war erfreut, dass er dieses Haus endlich verlassen durfte.
„Sei ruhig!“, sagte Mathi: „Da draußen wimmelt es bestimmt schon vor diesen Bestien.“
Torch ging voran, er schlich zu der Glastür und spähte hinaus.
„Vielleicht haben sie sich hinter den Tonnen versteckt“, meinte Paula, nachdem nichts Verdächtiges zu sehen war.
Fotze schaute immer noch nach hinten, um vor etwaigen Überraschungen zu warnen.
Torch öffnete die Tür. Sie gingen auf den Hof. Auch wenn der Wind mitunter ein wenig rau wehte, war es eine warme Nacht, sternenklar. Der Mond ließ den Hof in ein metallenes Blau erstrahlen und durch die in die Häuserfassade eingefasste Einfahrt konnte man das gelbe Licht der Straßenlaternen sehen.
„Gut“, sagte Fotze. „Wir sollten so schnell wie möglich aus der Stadt verschwinden. Ich bezweifele, dass die Fackeln bis zum Morgengrauen halten. Und Morgen können wir nach Menschen suchen, die die Epidemie überlebt haben.“
Paula zog das Tandem zwischen den Tonnen hervor. „Damit sind wir schneller.“
Torch stieg vorne auf, Mathi nahm er auf den Lenker. Fotze ging nach hinten und Paula setzte sich auf den Gepäckträge, hielt sich an Fotzes Taille fest.
„Wie heißt du eigentlich wirklich?“
„Angelo!“
„Das ist ein schöner Name. Du, wegen vorhin…“
„Ja?“
Sie küsste ihn auf den Nacken und schob ihn ein Kondom in die Tasche, es leuchtete. Dann fuhren sie durch die Einfahrt.

 

Eine wirre Geschichte, bei der sich Realität und Wahn die Hand reichen. Sie führen einander und man weiß nie, wer gerade die Führung übernommen hat – man merkt das erst, wenn wieder etwas Absurdes gesagt wird oder Schreckliches passiert. Trotzdem erscheint alles in dieser Geschichte logisch, natürlich nur aus der Sicht der Handelnden.

Die Geschichte ist dort am stärksten, wo Dialoge geführt werden, und am schwächsten ist sie am Anfang und am Ende – ich würde die Geschichte mit dem Satz „Er war wach.“ beginnen -, ich dachte zuerst, ein halber Analphabet versuche sich als Schreiber. ;)

Deine Stärken, Munolf, liegen bei den Dialogen und bei der Beschreibung der Vorgänge, die gerade passieren. Sie gelingen dir gut, weil du mit knappen Sätzen mächtiger Bilder schaffst – trotzdem war es für mich, den Leser, nicht leicht, mir in dem Durcheinander den Überblick zu verschaffen und dann auch zu behalten, dies vor allem, weil die Personen ziemlich abrupt auftauchen, wie sich das für eine Horrorgeschichte – ja, sie ist genau das - gehört.

Natürlich gibt es einen Haufen Rechtschreibfehler in dieser Geschichte, aber dafür bin ich nicht so der Richtige – ich bin sicher, es werden sich hier Leute finden, die dir unter die Arme greifen werden.

Der Titel ist unglücklich gewählt, hier von Generationenkonflikt zu sprechen ist an Haaren herbeigezogen, und das mit der Hölle und den Punkten einfach unbeholfen ist. Ich würde die Geschichte „Wochenende in Potau“ nennen, was so nichtssagend ist, daß es schon wieder interessant sein könnte.

Dion

PS: Sehe gerade, daß das deine erste Geschichte ist, Munolf, sei also herzlich willkommen hier.

 

Hallo Dion.

Erst mal danke für den herzlichen Empfang und danke für die Kritik.
Aber zu letzteren hab ich noch mal ein paar Fragen.

Was genau stört dich am Anfang?
Was genau hat dich vermuten lassen, dass ein Analphabet die Geschichte schreibt?
Du meinst, ich soll die Geschichte mit den Worten ‚Er war wach beginnen’? Was soll ich dann mit der Traumschilderung am Anfang machen? Weil... wenn ich das einfach so davor schreibe, dann komm sogar ich durcheinander.

Dann würde ich gerne noch mal meine Titelwahl erläutern. Es geht ja um ein paar junge Leute, die sich zu dröhnen und dann plötzlich alte Menschen für Zombies (oder was auch immer) halten und sie deshalb umbringen. Jung tötet Alt – Generationskonflikt. Und ihr Irrglaube wurde ja - auch wenn es nicht so deutlich erzählt wurde – durch das Gucken von Zombiefilmen u.ä. ausgelöst. ‚Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, dann kommen die Toten auf die Erde.’ – Das ist so ziemlich der bekannteste Spruch, den man mit diesem Genre in Verbindung bringen kann.
Beide Titel (der an den Haaren herbeigezogene und der unbeholfene) meinen das gleiche. Nur dass der Generationskonflikt meint, dass die jungen Menschen alte Leute töten und der zweite Titel meint, dass sie gegen Zombies (o.ä.) kämpfen.
Ich wollte schon im Titel diese Steigerung zwischen Realität und Wahn verdeutlichen.

Und... Was genau stört dich am Ende?

 

Du hast Recht, Munolf, ich habe meine Kritik nicht begründet und muß das das jetzt nachholen:
Diese Geschichte hat nichts mit einem Generationenkonflikt und auch nichts mit Zombies gemein – das sieht bloß so aus, in Wirklichkeit ist sie nur eine Drogengeschichte, bei der die Prots außer Kontrolle geraten, sie könnte auch ganz anders, sprich unblutig ausgehen.

Der Titel ist also irreführend, weil nur auf die Oberfläche zielend, dazu noch mit Punkten am Ende versehen, was wohl den Leser verleiten soll, weiter zu denken, was ich aber schlicht für Sprachlosigkeit halte, also für Unvermögen des jeweiligen Autors, seinem Kind – der Geschichte also – einen Namen zu geben.

Nun zum Anfang, in dem ein (Alp)Traum beschrieben wird. Ich vermute, das sollte wohl wie eine Ouvertüre auf das Kommende klingen, ist aber für das Verständnis der Geschichte überflüssig – sie erklärt sich selbst. Zudem ist dieser Anfang ziemlich unbeholfen geschrieben, allein in den ersten 7 Sätzen, wird 3 Mal Kobold genannt, was noch zu verkraften ist, aber daß darin 5 Mal gerannt oder Rennen bestritten wird ist entschieden zuviel und deutetet auf den von mir erwähnten Eindruck des Halbanalphabetentums, dessen Vertreter u.a. kaum Synonyme kennen.

Das Ende versucht die ganze Geschichte noch einmal zu erklären, was immer schlecht ist, und geriet auch entschieden zu lang. Wenn überhaupt, würde ich diese Notiz wesentlich knapper gestalten und im Wesentlichen nur Infos bringen, die man aus dem zuvor gesagten nicht wissen kann. Ich würde auch auf Adjektive wie blutig, brutal oder grausig verzichten und sich einer trockenen Sprache bedienen: Zum Beispiel in Form eines Polizeiberichts, d.h. eines Berichts, das noch nicht von der Presse bearbeitet worden ist.

Ich hoffe, diese Bemerkungen helfen dir weiter, als mein erster Beitrag. :)

Dion

 
Zuletzt bearbeitet:

Jut, ich hab den Blutegel jetzt nen neuen Hut aufgesetzt, die Schuhe ausgezogen und einen richtigen Namen gegeben. Tut mir Leid, dass ich nicht deinen Namen nahm, aber ich habe ein inneren Konflikt mit dem Wort 'Wochenende' durchzustehen.

 

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