Was ist neu

03:17

Seniors
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11.06.2004
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03:17

Warum zum Teufel war das Handy an?
Mein Gehirn war voll träger Schwere als ich die Augen aufschlug. Ich blinzelte nach der Digitalanzeige meines Weckers.
03:17 leuchtete da. Und daneben auf meinem Nachttisch rumpelte der Vibrationsalarm meines Mobiltelefons und das neonblau leuchtende Gerät gab laute Klingeltöne von sich. Doch nicht etwa die Arbeit... aber ich hatte doch gar keinen Dienst.
Ich nahm das Handy und warf einen Blick auf das Display.
Ben.
Scheiße. Nicht schon wieder. Heute fehlte mir dazu echt der Nerv.
Nach ein paar Sekunden gab ich nach.

»Ben, Scheiße, du kannst nicht einfach...«
»Du musst mir helfen, Jo. Ich hab Mist gebaut. Echt, ich hab Scheiße gebaut. Große Scheiße, Mann.« Seine Stimme klang verwaschen und unklar, das Knistern war überdeutlich.
»Hast du getrunken?«
»Nein - Ja. Ich hab was getrunken.«
»Ich hab keine Lust, mal wieder deine Begleitung nach Hause zu spielen und dir übers Handy die Zeit zu vertreiben. Ich will schlafen. Weißt du, wie spät es ist? Ich hab heute von Sieben bis Acht Uhr abends gearb...«
»Ich... Du musst mir helfen, Jo, ich hab große Scheiße gebaut.«
»Was denn...?«
»Ich... ich... Jo?«
»Ben?«
»Ja? Ich kann doch so tun, als wäre nichts gewesen. Als hätte es niemand mitgekriegt. Vielleicht hat es auch niemand mitgekriegt. Vielleicht weiß niemand davon, nur ich. Und sonst keiner. Das wäre doch gut so, ja, es ist einfach nicht passiert.« Pause. »Es ist nichts passiert.«
»Was redest du da eig...?«
Er hatte aufgelegt.

Ich spürte irgendetwas in meinem Kopf gegen die Schädeldecke hämmern, ganz sanft zuerst, aber dann immer stärker. Immer der selbe Mist mit ihm.
Irgendwo musste doch meine Thermoskanne sein. Mit dem Tee, den ich vor dem Zubettgehen gemacht hatte. Orangengeschmack oder so ähnlich. Vorgestern erst im Teeladen gekauft und bisher nicht probiert.
Wie lange hatte ich nun geschlafen? Zwei Stunden?
Das Dröhnen in meinem Kopf wurde stärker.
Paracetamol würde meine...

Das Handy klingelte erneut.

»Jo?«
»Ben, was soll das alles? Wo bist du eigentlich?«
»Am Bahnhof, irgendwo am Bahnhof. Es ist kalt.«
»Das glaube ich gern...«
»Meine Jacke ist noch bei Anna. Ich habe sie liegen lassen. Vorhin.«
»Du hast deine Jacke liegen lassen?« Ich schob den Vorhang zur Seite und sah durch das Fenster nach draußen. Eine frische Nacht mit klarem Himmel. Es musste mächtig kalt sein da draußen. »Warum lässt du einfach so deine Jacke liegen? Habt ihr gestritten?«
»Irgendjemand wird es mitkriegen, Jo.«
»Was mitkriegen?« Ich hatte den Tee gefunden und goss etwas in meinen Becher. Sofort war ein Hauch von Orange in meiner Nase.
»Irgendjemand hat es gehört. Bestimmt. Irgendjemand hört immer alles. Irgendjemand ist immer da.« Etwas war in seiner Stimme, neben dem Alkohol. Es war - Wut. »Man wird verpfiffen. Es wäre viel einfacher, wenn man manchmal einfach nur alleine wäre. Nicht? Einfach alleine. Wenn man tun könnte, was man will... was man will.«
»Ben, es ist kalt da draußen. Geh zu Anna zurück und rede mit ihr, Herr Gott noch mal.«
»Ich will nicht. Vielleicht... vielleicht liegt sie immer noch da.«
»Wer liegt immer noch da?« Etwas war gerade in meinen Magen geschossen.
»Sie liegt vielleicht immer noch da, Jo.«
»Was hast du getan?«
»Ich... ich hab sie liegen lassen.«
Ich sprang auf und lief in meiner Wohnung auf und ab. »Sie liegen lassen? Wo? Was hast du getan? Ben...? Was...?«
»Machst du dir jetzt Sorgen?«
»Ja, natürlich mache ich mir Sorgen, was hast du getan?«
»Ich... soll ich zur Wohnung zurückgehen?«
»Was hast du getan? Ben, bitte, sag mir, was du getan hast.«
»Keine Polizei, Jo, bitte, keine Polizei.«
»Spinnst du jetzt völlig?« Ich hatte mich wieder hingesetzt. Und das wurde mir erst in diesem Moment bewusst.
»Es ging so schnell, ich habe getrunken... getrunken... viel zu viel getrunken. Ich habe... ich weiß nicht, es ging so schnell... sie hat geschrieen und nicht mehr aufgehört... ich weiß nicht mehr, was ich gemacht habe, Jo. Sie lag einfach da. Und ich konnte nichts tun. Ich hab... ich hab...« Seine Stimme wurde weinerlich. »Es ging so schnell, Jo, ehrlich, ich wollte das nicht. Ich will meine Hände nicht ansehen, Jo, ich will meine Hände nicht ansehen...«
»Was ist passiert?« Hatte ich das eben gesagt oder nur gedacht?
»Sie lag einfach da, Jo. Sie lag einfach da. Mit dem Gesicht... ich weiß nicht, was passiert ist... sie hat immer rumgeschrieen, immer muss sie rumschreien. Ich verstehe das nicht, es geht mir nicht in den Kopf.«
»...«
»Jo? - Jo? - Jo?!«
»Ja, ja, ich bin noch da.«
»Soll ich zurückgehen?«
»Ich...«
»Jo, mir ist kalt.«
»Du musst zurückgehen, Ben.«
»Ich kann das nicht.«
»Du musst zurückgehen.«
»Ich... kann das nicht. Ich...«
Ich konnte hören, wie er sich in Bewegung setzte. Er murmelte unverständliche Dinge, aber vielleicht war ich nur nicht in der Verfassung, sie zu verstehen.
Ich starrte auf die Wand vor mir, auf die weiße, nackte Wand, ich hörte das Summen von meinem Kühlschrank und fragte mich, warum er jetzt in diesem Moment summte. Ausgerechnet jetzt.
Draußen war es still und diese Stille war mir fremder als sonst.
»Jo?«
Seine Stimme riss mich aus der Lethargie, ich hatte das Handy fest gegen mein Ohr gepresst, so fest, dass es schmerzte.
»Ja?« Meine Stimme war nicht mehr meine Stimme.
»Jo, Scheiße, Mann, Jo, sie ist weg.«
Ich begriff nicht.
»Sie ist weg, Jo, ich weiß nicht, was ich machen soll, sie ist weg, einfach weg, sie war doch vorhin noch hier gelegen, aber nun ist sie weg. Anna... Anna! Einfach weg.«
Er war wieder in Annas Wohnung zurückgekehrt. Endlich.
»Ben, wir müssen etwas tun, wir müssen etwas tun. Beruhig dich erst mal. Vielleicht ist sie schwer verletzt und liegt irgendwo in der Wohnung. Wir müssen einen Krankenwagen...«
»Ich kann sie nirgends sehen. Oh mein Gott, Jo, meine Hände, ich habe meine Hände angesehen. Meine Hände... Jo, meine Hände.«
»Was ist mit deinen Händen?«
»Der ganze Teppichboden... Jo, wie soll man denn das wieder sauber kriegen?«
»Ben, Scheiße, reiß dich zusammen, du musst Anna finden.«
»Jo, ich... sie ist weg. Sie ist weg. Und überall, überall das viele Blut. Wo ist sie hin? Jo, was soll ich tun? Ich wollte ihr nie weh tun, hörst du. Nie weh tun. Was soll ich tun? Ich habe nur noch dich, hörst du? Nur noch... dich.«
Es piepte und die Verbindung brach ab.
Entweder der Akku oder Ben hatte aufgelegt.

Das Telefon lag in meiner Hand.
Und ich dachte an gemeinsame Abende, an Bier, an Lachen, an raue Lippen, dachte an verschwitzte T-Shirts im Sommer, dachte an die Rolling Stones, an die Beatles, dachte an Weinabende, an Kartenspiele bis spät in die Nacht, an Kinofilme, an Gespräche, an Lagerfeuer, an Spanien, Portugal, Holland, Schweden, Frankreich, Belgien, Irland und Afrika, ich dachte an leere Versprechen, an Treue, dachte an Sophie, Lena und Claudia, an den Geschmack von gegrilltem Fleisch, an den Geruch von Schweiß in Fitnessstudios, an weiße Strände und Strände aus Stein, an salziges Wasser, an dummes Gerede und an blöde Witze.
Auf dem Display vor mir konnte ich ganz deutlich die Ziffern erkennen, die ich soeben wie von selbst eingetippt hatte.
110.
Aber ich drückte nicht auf den Wählknopf.
Noch nicht.
Ich nehme meinen Mantel.

 

Huhu chazar!

Jetzt wage ich mich mal in unbekanntes Terrain. :)

Mir hat die Geschichte ziemlich gut gefallen. Den Plot nur über ein Gespräch ablaufen zu lassen fand ich wirklich spannend. Es gab auch keinen Moment der Langeweile.
Ich musste an einer Stelle unweigerlich lachen, sogar sehr.

»Der ganze Teppichboden... Jo, wie soll man denn das wieder sauber kriegen?«
Schöne Stelle.
Der Schluß ist mE allerdings zu offen. Es ist irgendwie unbefriedigend, dass der Leser noch nicht einmal weiß, was schlussendlich mit Anna passiert ist und mit Ben.

Gruß

 

Lieber chazar,

die Dialoge reizen zum Weiterlesen, ich war gespannt, wie es wohl weitergeht...
aber Fehlanzeige!
Tja, das ist das Los des Kg.de-Lesers, der sich mit solchen Launen der Autoren herumschlagen muss :shy:
...und dann schaltet man seinen Kopf ein und phantasiert ...


Neu ist mir auch, dass ein Akku auflegen kann ;).

Also: Gerne gelesen, Lob für die Dialoge; an-den-Schultern-pack-und-schüttel fürs Ende ;).

Lieber Gruß
ber

 

Hallo Chazar,

interessant, wie du den Plot. durch die Gespräche vermüttelst. Das fand ich eine sehr gute Idee und ich finde, du hast das super umgesetzt.
Bei manchen Geschichten, selbst bei welchen die ich gut finde, geht es mir so, dass ich mich stellenweise langweile. Bei deine war das keine Sekunde lang der Fall.

Grundsätzlich geht es bei dieser Geschichte ja um Freundschaft und Loyalität - und die Grenzen von beidem. Wenn Jo zum Telefon greift, wird die Freundschaft unweigerlich vorbei sein - er verrät seinen Freund, auch wenn er richtig handelt. Das hast du vor allem durch den letzten Absatz sehr schön deutlich gemacht.

Tja, mehr kann man zu einer guten Geschichte echt nicht sagen.

LG
Bella

 

Hallo Lieblingskritiker,

tja, deine Geschichte hat echt das Potential, einen von vorne nach hinten durchzuziehen, ohne dass man mit dem Lesen aufhören will, Respekt.
Für die Dialoge hast du ein dickes Lob verdient, sie wirken ungemein natürlich.

Das offene Ende hat mich nicht so besonders gestört. Es regt zum Nachdenken an. Freundschaft vor Recht? Ein Problem, das jeder für sich überlegen muss.
Schön finde ich auch, dass du es schaffst, die Beziehung zwischen den beiden mit so wenigen Eindrücken, Bildern und Gefühlen zu beschreiben, ohne dabei langatmig oder langweilig zu werden.

Alle Achtung! :thumbsup:

Hab ich sehr gerne gelesen.

Liebe Grüße,

Ronja

 

Hallo chazar,

wirklich spannend deine Geschichte, vor allem auch deshalb, weil man Ben manchmal schütteln möchte, dass er doch endlich zu Potte käme.
Zumindestens ist Anna noch einmal aufgestanden, es könnte also auch darauf hindeuten, dass sie nur endlich vor ihrem unbeherrschten Freund geflohen ist.
Das alles kann ich die Fantasie gerne selber ausmalen, Mir fehlte da auch nichts.
Als Gedanken zu der hier oft geäußerten Gegenüberstellung von "Verrat" und "Freudschaft" möchte ich mal die Frage in die Runde geben, ob unter bestimmten Umständen nicht auch ein Verrat ein Freudschaftsdienst sein kann, selbst wenn es dem "Verratenen" noch an Einsichtsfähigkeit fehlt?

 

@sim:

Als Gedanken zu der hier oft geäußerten Gegenüberstellung von "Verrat" und "Freudschaft" möchte ich mal die Frage in die Runde geben, ob unter bestimmten Umständen nicht auch ein Verrat ein Freudschaftsdienst sein kann, selbst wenn es dem "Verratenen" noch an Einsichtsfähigkeit fehlt?

Natürlich kann das sein, ist wahrscheinlich in dem Fall auch so. Ich habe aus der Geschichte nur herausgelesen, dass sich Jo in diesem Fall trotzdem als "Verräter" vorkommt, ganz gleich, wie gut es im Endeffekt für Ben ist.

 

Hi zusammen!

Zuerst mal: :bounce:

Freut mich, dass euch die Geschichte zugesagt hat, hab ich doch nun ungefähr drei Wochen gebraucht, mich durchzuringen, sie hierher zu stellen. Ich war mir einfach absolut unsicher, ob sie Leser mitreißen kann, ob sie spannend ist, schließlich ist der ganze Plot aufs Minimalste beschränkt, ein Zimmer, zwei Personen, kaum Handlung, eigentlich nur Dialog.
Die wahrhaftigste Kurzgeschichte, die ich schrieb.

Im Einzelnen:

@ flashbak:

Jetzt wage ich mich mal in unbekanntes Terrain.
Aber unbedingt!

Der Schluß ist mE allerdings zu offen. Es ist irgendwie unbefriedigend, dass der Leser noch nicht einmal weiß, was schlussendlich mit Anna passiert ist und mit Ben.
Ja, das ist richtig, aber eben das wollte ich der Phantasie des Lesers überlassen. Schließlich wird sich jeder gut in diese Situation hineindenken können. Die "richtige" Entscheidung in diesem Fall ist schwer.

Danke für das viele Lob.

@ bernadette:

Dir ist schon klar, dass diese Geschichte ohne dich gar nicht existieren würde. Zumindest nicht in diesem Form.
Erinnerst du dich an diese hier? Diese Geschichte hier ist die Überarbeitung.

Neu ist mir auch, dass ein Akku auflegen kann
Ist doch ein tolles Stilmittel, nicht? :D

Tja, das ist das Los des Kg.de-Lesers, der sich mit solchen Launen der Autoren herumschlagen muss
...und dann schaltet man seinen Kopf ein und phantasiert ...
Ja, aber eben das freut mich.

Danke auch dir.

@ Bella:

Bei manchen Geschichten, selbst bei welchen die ich gut finde, geht es mir so, dass ich mich stellenweise langweile. Bei deine war das keine Sekunde lang der Fall.
Ach, ein derartig nettes Lob, da freue ich mich furchtbar.

Da werde ich jetzt einfach ganz rot.
Danke dir.

@ Felsy:

tja, deine Geschichte hat echt das Potential, einen von vorne nach hinten durchzuziehen, ohne dass man mit dem Lesen aufhören will, Respekt.
Ach, freut mich, meine Befürchtungen habe ich oben ja ohnehin schon viel zu breit getreten.

Für die Dialoge hast du ein dickes Lob verdient, sie wirken ungemein natürlich.
Ja, in diesem Fall ist das auch wichtig. Denn wenn man die Dialoge in die Tonne treten müsste, könnte man den windigen Rest, der dann noch übrig bliebe, gleich dazukicken.

Dank auch an dich.

@ sim:

wirklich spannend deine Geschichte, vor allem auch deshalb, weil man Ben manchmal schütteln möchte, dass er doch endlich zu Potte käme.
Ja, ich denke, der Ben dieser Geschichte hat dieses Talent.

Als Gedanken zu der hier oft geäußerten Gegenüberstellung von "Verrat" und "Freudschaft" möchte ich mal die Frage in die Runde geben, ob unter bestimmten Umständen nicht auch ein Verrat ein Freudschaftsdienst sein kann, selbst wenn es dem "Verratenen" noch an Einsichtsfähigkeit fehlt?
Sehe ich auch so.
Aber das Problem hat Ronja dann sehr schon beschrieben:

dass sich Jo in diesem Fall trotzdem als "Verräter" vorkommt, ganz gleich, wie gut es im Endeffekt für Ben ist.

Grüße an euch alle und nochmals: Danke.
c

 

Hallo chazar!

Sehr wohl weiß ich, wohin du willst mit diesem Ende, allein es mag mich nicht befriedigen. Eine Kurzgeschichte baut einen Konflikt auf, schafft damit Spannung und löst diesen Konflikt dann. Das tust du hier nicht. Der Konflikt wird abgebrochen, ich sehe ihn auch eher in der Frage, was passiert ist und wie Ben darauf reagiert. Das die Phantasie eine gehörige Rolle spielen sollte, ist unbestritten.
Also, der Schluss ein wenig, na ja, wie fades Essen.

Du bist ja schon sehr gelobt worden für die Dialoge. Man merkt ihnen an, dass du dran gearbeitet hast, du hast gefeilt. Das hat mir gefallen, sehr sogar.

Diese Zeilen sind es auch, die die Geschichte tragen, man kann sich vorstellen, was vor sich geht! Fein, du beschreibst nicht, allein über das Gesagte entsteht das Bild. Wie gesagt, das hat mir sehr gut gefallen. Ich wäre wirklich so begeistert, wie bei deiner ersten Story, (und das will was heißen), wenn dieser unbefriedigende Schluss nicht wäre. Gib uns einen Satz, nur eine Richtung, was mit Anna passierte. Denn die ganze Sache ist nicht eindeutig, auch nicht die Richtung in die ich denken müssste.

Soweit von mir, weiter so und

Viele Grüße von hier!

 

Hi Hanniball!

Gib uns einen Satz, nur eine Richtung, was mit Anna passierte. Denn die ganze Sache ist nicht eindeutig, auch nicht die Richtung in die ich denken müssste.
Mhm, darüber muss ich erst nachdenken. Für mich ist nicht entscheidend, was mit Anna geschieht, sondern wie Jo reagiert.
Und das will ich lieber offen lassen.
Aber ich wälze das nochmal in meinem Kopf.

Ansonsten natürlich Danke für das Lob die Dialoge betreffend.

Grüße
c

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Chazar!

Zunächst mal ein Lob für die Dialoge!
Ein Satz in Deiner Antwort hat mich allerdings verwundert: Scheinbar herrscht hier der Glaube, dass sich eine Kurzgeschichte über Dialoge definiert (ich hatte das schon einmal irgendwo gelesen). Das ist - soweit ich weiß - nicht richtig. Zu einer Kurzgeschichte gehört es, dass ein Protagonist vor ein Problem gestellt wird, sich mit diesem auseinandersetzt um schließlich zu scheitern, das Problem zu lösen oder dass beispielsweise die Lage durch eine überraschende Wendung gelöst wird (Das kann auch völlig ohne wörtliche Rede erfolgen).

So gesehen fehlt in Deiner Geschichte das Ende und Lösung des Konflikts.
Es wäre ungeschickt, Jo die Polizei anrufen zu lassen. Für Deinen Plot muss sich Jo an den Tatort begeben. Ansonsten enttäuschst Du den Leser. Erst dort kannst Du die Geschichte mit einer überraschenden Wendung lösen oder in die Katastrophe gleiten lassen (die Möglichkeit, dass sich Ben das alles nur eingebildet hat scheidet ebenfalls aus: Damit würdest Du ebenso den Leser enttäuschen.)
Vielleicht fällt Dir dazu ja etwas ein.

LG,

sarpenta

P.S: Wenn Du mit der Geschichte fertig bist, dann schick mir doch mal 'ne Nachricht, ich hatte da so ein paar Kleinigkeiten noch entdeckt ... ;)

Nachtrag: ... oder Häferl findet sie bis dahin ... zumindest alle Rechtschreibfehler :D

 

Hi chazar,

mir ist, als hätte ich die Geschichte schon mal gelesen. Hast du die alte überarbeitet?

Egal, diese hier habe ich verschlungen, konnte vor lauter Spannung, garnicht schnell genug an die Auflösung kommen. Und dann war sie weg ... garnicht da :(

Ich weiß, es ist dir um die freundschaftliche Beziehung gegangen.
Deine Dialoge sind Klasse, spannend und ergreifend.
Trotzdem hätte ich gerne gewußt, ob die Freundin überlebt hat.
Gut, ich könnte mir vorstellen, dass sie sich zu Nachbarn geschleppt hat, denn sonst hätte Ben sie ja finden müssen.
Das er die Polizei gerufen hat, ist in Ordnung.
Denn Ben war so verwirrt, dass er für sich selber eine Gefahr darstellte.
Und ob Jo ihn hätte beruhigen können?
Wie sim schon sagte, ein "Verrat" kann auch ein Freundschaftsdienst sein.
In diesem Fall geschieht es zum Schutz für Ben.

Klasse Geschichte. :thumbsup:

lieben Gruß, coleratio

 

Hallo chazar!

Schön, daß es die Geschichte noch einmal hochgespült hat, denn ich hab sie auch gern gelesen. :)
Wie meine Vorredner fand ich allerdings auch, daß Du den Schluß zu früh gesetzt hast. In der Hinsicht schließe ich mich Sarpentas Kritik an, der das sehr schön ausgeführt hat. Allerdings sei auch dazugesagt, daß hier ja nicht nur Kurzgeschichten in diesem engen Korsett der "Short Stories" erlaubt sind. ;) Aber so, wie die Geschichte jetzt ist, ist sie eben unbefriedigend, weil sie am Höhepunkt der Spannung endet, wo man als Leser gerade neugierig ist, was Jo denn nun aus der Situation macht.
Außerdem geht Jo am Ende ein bisschen gar viel durch den Kopf, und das zu wenig tief - mit der Aufzählung all der Sachen erfahre ich zwar, daß sie sich schon lang kennen und viel gemeinsam unternommen haben, aber ich sehe nicht, ob Ben zum Beispiel immer schon ein Problemfall für Jo war, oder ob früher alles reibungslos funktioniert hat; daher bringt die Länge der Aufzählung, vor allem der vielen Länder, nicht sehr viel, die Hälfte würde eine lange Freundschaft auch schon verdeutlichen.

Hm, jetzt hab ich sie noch einmal gelesen: Kann es sein, daß Du mit dem Ende andeuten willst, daß Ben sich umbringt? Ruft Jo deshalb noch nicht die Polizei, damit es ihm auch gelingt? :susp:
Es könnte auch sein, daß Ben deshalb nach seiner Feststellung »Jo, ich... ich habe nur noch dich, hörst du? Nur noch... dich« aufgelegt hat, weil er gerade den Entschluß gefaßt hat, nun auch noch Jo zu beseitigen...

Wie gesagt, solange Du das Ende so beläßt, ist alles Mögliche drin, weil ja nichts Konkretes in der Geschichte steht. (Jo könnte mit "Jetzt noch nicht" auch genausogut meinen, daß er erst noch Schweigegeld von Ben kassieren will - allerdings glaube ich nicht, daß Du das so gedacht hast. ;))

Stilistisch hat mir die Geschichte auch sehr gut gefallen - allerdings könntest Du, wenn Du sie nach hinten verlängerst, am Beginn noch etwas kürzen.

sarpenta schrieb:
Scheinbar herrscht hier der Glaube, dass sich eine Kurzgeschichte über Dialoge definiert
Ich schließe mich zwar keinem derartigen Glauben an (jeder Geschichte das, was zu ihr paßt), aber "show don´t tell" funktioniert doch meistens ganz gut mithilfe von Dialogen - zumindest dann, wenn sie gut und glaubwürdig sind, und das sind sie in der Geschichte jedenfalls. Ein erzähltes "Er sprach verwirrt von seiner Jacke, die er vergessen hatte, und fragte mich, ob er zurückgehen solle" kann doch das, was die Dialoge verdeutlichen, nicht so ganz wiedergeben. ;)

Etwas war gerade in meinem Magen geschossen.
in meinen Magen

Liebe Grüße,
Susi :)

 

wow, echt gut.
deine geschichte fesselt einen einfach. auch der stil ist gut. aber die andere fand ich besser:
(Trommelwirbel... Und da bin ich wieder...)
nichts destotrotz eine sehr gelungene KG.
mach weiter so

 

Hallo zusammen!

@sarpenta:

Zunächst mal ein Lob für die Dialoge!
Zunächst mal Danke.

Scheinbar herrscht hier der Glaube, dass sich eine Kurzgeschichte über Dialoge definiert
Nein, das sehe ich nicht so. Vielleicht habe ich mich unglücklich ausgedrückt?

Zu einer Kurzgeschichte gehört es, dass ein Protagonist vor ein Problem gestellt wird, sich mit diesem auseinandersetzt um schließlich zu scheitern, das Problem zu lösen oder dass beispielsweise die Lage durch eine überraschende Wendung gelöst wird
Ja, Konflikte, Konflikte, Konflikte. Dadurch definiert sich jede (klassische) Geschichte.

So gesehen fehlt in Deiner Geschichte das Ende und Lösung des Konflikts.
Das ist richtig. Aber auch nicht Ziel dieser Kurzgeschichte. Ich wollte den Konflikt eben am Ende stehen lassen.
Offen lassen und dem Leser überlassen.

@coleratio:

Und dann war sie weg ... garnicht da
Ach, ich bin schon gemein. :)

Trotzdem hätte ich gerne gewußt, ob die Freundin überlebt hat.
Hat sie ja, in meinen Augen, deshalb hat Ben sie ja nicht gefunden.
Ich wollte eben viel nur andeuten.

Klasse Geschichte.
Danke.

@Susi:

Aber so, wie die Geschichte jetzt ist, ist sie eben unbefriedigend, weil sie am Höhepunkt der Spannung endet, wo man als Leser gerade neugierig ist, was Jo denn nun aus der Situation macht.
Die Idee hinter diesem Text war es, die Geschichte eben genau bei der schwierigen Entscheidung enden zu lassen. Wenn dies für den Leser unbefrieidigend wirkt, ist das natürlich nicht so ideal, das gebe ich zu. Andererseits will ich nicht am Schluss irgendein schnelles Ende anbasteln. Das Problem vor dem ich stehe ist Folgendes: wie bringe ich mit ein paar Sätzen - am Besten mit einem einzigen - die Geschichte zu einem beftriedigendem Schluss. So ohne weiteres wüsste ich dazu auf Anhieb keine Lösung.
Und mehr als ein paar Sätze will ich nicht ans Ende dieses Textes stellen. Deshalb muss sie vorerst so bleiben - und ich brauche ein paar Tage Zeit, das zu überdenken. Gut möglich, dass aber nix dabei rumkommt.

Außerdem geht Jo am Ende ein bisschen gar viel durch den Kopf, und das zu wenig tief - mit der Aufzählung all der Sachen erfahre ich zwar, daß sie sich schon lang kennen und viel gemeinsam unternommen haben, aber ich sehe nicht, ob Ben zum Beispiel immer schon ein Problemfall für Jo war, oder ob früher alles reibungslos funktioniert hat;
Das mag stimmen. Ich habe mit dieser Aufzählung am Ende versucht, beim Leser eigene Erinnerungen zu wecken und deshalb alles sehr allgemein zu halten (==> Identifikation) Das hat vielleicht ebenso nicht funktioniert.

Hm, jetzt hab ich sie noch einmal gelesen: Kann es sein, daß Du mit dem Ende andeuten willst, daß Ben sich umbringt? Ruft Jo deshalb noch nicht die Polizei, damit es ihm auch gelingt?
Nein, das war eigentlich weniger mein Gedanke.

Es könnte auch sein, daß Ben deshalb nach seiner Feststellung »Jo, ich... ich habe nur noch dich, hörst du? Nur noch... dich« aufgelegt hat, weil er gerade den Entschluß gefaßt hat, nun auch noch Jo zu beseitigen...
Auch das nicht.

ch schließe mich zwar keinem derartigen Glauben an (jeder Geschichte das, was zu ihr paßt), aber "show don´t tell" funktioniert doch meistens ganz gut mithilfe von Dialogen - zumindest dann, wenn sie gut und glaubwürdig sind, und das sind sie in der Geschichte jedenfalls.
Dankeschön.

@ less:

Danke auch dir.
Mit der anderen Geschichte, die dir besser gefallen hat, meinst du wohl "Das Amt für sonderbare und unnötige Aufgaben", wie ich deiner Klammer entnehme.

Grüße an alle
c

 

Mir ist das Ende schon zu genau. Allein der Hinweis mit dem versauten Teppich läßt doch schon den einzig richtigen Schluß zu.
Ich hätte es interessanter gefunden, das Ende offener zu gestalten. Der Hinweis mit dem Teppich weg, und stattdessen meldet sich Ben einfach nicht mehr auf etwaige Anrufversuche.

Insgesamt aber sehr gut zu lesen.

 

Hi Cruzha!

Das mit dem Teppich ist mir schon sehr wichtig. Es zeigt doch, dass Anna nicht tot ist. Und das finde ich einfach erwähnenswert. Da fände ich ein Ende, wo sich Ben einfach nicht mehr meldet NOCH unbefreidigender als das jetztige.

Danke für deine Bemerkungen und das Lob.

Gruß
c

 

Hi chazar.

Klasse gemacht, die Beziehungsdarstellung zwischen Jo und Ben, gezeichnet nur mittels Handygespräch, gelingt dir wunderbar. Die Erzählperspektive, der offene Schluss, alles stimmt.

Mhm, darüber muss ich erst nachdenken. Für mich ist nicht entscheidend, was mit Anna geschieht, sondern wie Jo reagiert.
Und das will ich lieber offen lassen.
Aber ich wälze das nochmal in meinem Kopf.
Bitte wälze. Das scheint mir nämlich die Krux um die Geschichte abzurunden.
Die "Nebenrolle" der Anna wird leider zu stark beschnitten. Meine Gedanken wandern während des Dialogs über Bilder, wie Anna da auf dem Tepich liegt, in ihrem eigenen Blut, röchelnd, sich hochzieht, versucht ins Bad zu gelangen, usw.

Es stimmt, eigentlich ist das wahre Schicksal von Anna für die Aussage der Geschichte (Wie weit kann Freundschaft gehen, wo hört sie auf? ) egal. Aber du rückst mit dem Inhalt deines rasanten Dialogs den "Vorfall" in den Mittelpunkt, so dass ich mich als Leser damit auseindandersetze, ohne dass ich dafür am Schluss entschädigt werde.

Ebenfalls konnte ich die Reaktion von Jo nicht ganz nachvollziehen, ich zumindest würde mich schon überzeugen wollen, ob Ben nur verwirrt ist, weil er im Suff Ketchup auf Annas teuren Perser gekleckert hat oder ob tatsächlich ein Verbrechen vorliegt.

Nicht falsch verstehen, mir muss niemand alles lang und breit darlegen, aber hier blieb mMn einfach zuviel zum Ausmalen. Wie bereits von sim angesprochen, gebe dem Leser einfach noch einen Wink in die richtige Richtung, den Rest malen wir uns dann aus. ;)

Konklusion: Süffig zu Lesen, hatte Fahrt und war trotz dem Angemeckerten recht unterhaltsam.

LG./

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi ./!

Klasse gemacht, die Beziehungsdarstellung zwischen Jo und Ben, gezeichnet nur mittels Handygespräch, gelingt dir wunderbar. Die Erzählperspektive, der offene Schluss, alles stimmt.
Danke sehr.

Wie bereits von sim angesprochen, gebe dem Leser einfach noch einen Wink in die richtige Richtung, den Rest malen wir uns dann aus.
Okay, mal sehen, was sich noch machen lässt.

Grüße
c

Kleines Edit: habe jetzt den Schluss des Gesprächs noch einen kleinen Tick ausgebaut. Damit es etwas eindeutiger wird.

 

Hi chazar!!!

Und daneben auf meinem Nachttisch rumpelte der Vibrationsalarm meines Mobiltelefons und das neonblau leuchtende Gerät gab laute Klingeltöne von sich.
Klingeltöne finde ich in diesem Zusammenhang unpassend, ich denke sofort an mehrere verschiedene. ... gab laut einen Klingelton von sich. würde mir persönlich besser gefallen.

Und ich dachte an gemeinsame Abende, an Bier, an Lachen, an raue Lippen, dachte an verschwitzte T-Shirts im Sommer, dachte an die Rolling Stones, an die Beatles, dachte an Weinabende, an Kartenspiele bis spät in die Nacht, an Kinofilme, an Gespräche, an Lagerfeuer, an Spanien, Portugal, Holland, Schweden, Frankreich, Belgien, Irland und Afrika, ich dachte an leere Versprechen, an Treue, dachte an Sophie, Lena und Claudia, an den Geschmack von gegrilltem Fleisch, an den Geruch von Schweiß in Fitnessstudios, an weiße Strände und Strände aus Stein, an salziges Wasser, an dummes Gerede und an blöde Witze.
Ein toller Absatz. Ohne Worte. (Naja, jetzt wars doch mit Worten)


Heuet mach ichs kurz: Die Geschichte ist sehr gut, dein Stil ist gewohnt fließend, so fließend, dass man nie absetzt. Dass sich alles fast komplett im Dialog abspielt ist spannend und ungewohnt.


Hat mir sehr großen Spaß gemacht! Sonst fällt mir nichts mehr, was nicht bereits gesagt worden wäre.


Liebe Grüße,
Tama

 

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