Was ist neu

226.Teufelsee

Mitglied
Beitritt
08.07.2002
Beiträge
322
Zuletzt bearbeitet:

226.Teufelsee

Miriam schaute aufgeregt, mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit. Ihr kleiner Kiefer malträtierte in Rekordtempo das Wrigley´s Spearmint in ihrem Mund. Marissa hielt ihrer Tochter eine Hand vors Gesicht und zog sie sanft zurück.
„Spätzchen, du wirst dir noch die Nase an dem Fenster platt drücken.“ Das kleine Mädchen seufzte kurz auf und warf den Kopf in den Nacken, um sich zu befreien. Dann lehnte sie sich nach hinten und begann, in den lockigen Haaren ihrer Mutter herumzuspielen. Marissa schaute auf die Uhr, erfreut darüber, dass sie noch eine gute Stunde lang im Flieger ausspannen konnte.
Links neben ihr saß ein junger Mann. Sein Begleiter war eine große, schwarze Reisetasche, die so ausgebeult war, dass jeder weitere Gegenstand sie unmittelbar zur Explosion gebracht hätte.
Marissa musterte den Mann, dessen Alter sie irgendwo zwischen Mitte und Ende Zwanzig schätzte, eindringlich. Sein Kopf ruhte an der Lehne und vibrierte bei jeder kleinsten Turbulenz der Maschine. Die Augen geschlossen, der Mund leicht geöffnet und mit zerzauster Frisur war er auf seinem Sitz zusammengesunken und schlief wie ein Baby. Marissa schoss ein warmer, elektrisierender Schauder zwischen die Beine. Dieser Mann war unglaublich. Sein dunkler Anzug kaschierte nur widerwillig den athletischen Körper der - so war sich Marissa sicher - darunter verborgen lag. Sein Gesicht markant, mit vollen Augenbrauen und dünnen Lippen, war einzig und alleine die Nase vielleicht ein wenig zu lang. Der dunkle Teint seiner Haut wurde unterstrichen durch kurze, dunkelbraune Haare, die stark in Richtung Schwarz gingen.
Marissa liebte diese durch und durch natürliche Männlichkeit. Dieser Kerl war ohne Zweifel ein Model. Aber keins von diesen blond gelockten Schönlingen oder langhaarigen Klischee Latinos, die auf der Karriereleiter sicherlich weit über ihm standen. Sie bemitleidete sich innerlich ein wenig dafür, ihren Henry schon mit zwanzig geheiratet zu haben. Damals war sie jung und attraktiv gewesen. Ein Blick in das ovale Fenster offenbarte nun mehr als deutlich, wie das Leben mehr und mehr ihrer Schönheit zurückforderte. Ihre Augen wirkten müde und glasig. Sie lächelte in den Spiegel hinein und sofort zauberten sich dutzende Fältchen auf ihr Gesicht.

Im nächsten Moment wurde die Maschine von einer schweren Turbulenz durchgerüttelt. Marissa schrie auf und prallte mit dem Kopf gegen die Lehne ihres Vordermannes. Alle Passagiere waren sofort in heller Aufruhr. Überall waren Stimmen, einige räumten der Angst lauthals Platz ein, andere flüsterten. Marissa drückte ihre sechsjährige Tochter an sich heran und sah sich um. Neben ihr war der Mann aus seinem Schlaf erwacht und griff zu seiner Reisetasche, die mit einem lauten Knall auf den Boden gefallen war. Er blickte zu ihnen und lächelte gezwungen. Marissa erwiderte das Lächeln und war trotz ihrer Aufregung fasziniert von seinen irritierten, braunen Augen.
Die Lage schien sich beruhigt zu haben. Die Stimmen wurden leiser und Marissa lehnte erleichtert den Kopf zurück.
Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, als urplötzlich ein gewaltiges, metallenes Donnern durch die Reihen ging. Ein Teil der Flugzeugwand wurde einfach weggerissen. Anstelle dessen klaffte eine riesige Lücke dort. Ein dunkelblaues Loch, das den Anblick von Wolken und Sternen preisgab, während sich boshaft tosende Winde in Marissa´s Ohr fraßen.
In ihrer Verzweiflung drückte sie Miriam fester an sich, so gut es ging bemüht, der Kleinen die Ohren zuzuhalten. Die Schreie der anderen wurden vom Wind gefressen. Eine ältere, aufgetakelte Dame wurde von ihrem Sitz gerissen und flog - auf skurrile Art und Weise mit ihrem hellen Pelzmantel vereint - in die Dunkelheit.
Als nächstes löste sich ein Funke, der sich wie durch Zauberhand vergrößerte und als Feuerwand auf Marissa zurollte. Sie hatte keine Zeit zu reagieren und ein heißer Schleier legte sich über ihr Gesicht. Das Tosen des Windes war verstummt, in ihrem Ohr knisterten die Flammen, während sich ihr Fleisch Schicht um Schicht auflöste. Miriam hatte sich an die Glasscheibe gedrückt und während sich die Sinne des Mädchens allmählich vernebelten, sah sie unter sich dunkelgrüne Baumkronen und schwarzes Wasser. Als letztes erblickte sie in der verzerrten Wirklichkeit des Spiegels das brennende Gesicht ihrer Mutter ...


*​

Kain Walker lief durch die leeren Straßen von Derris Karlan, während sein Sohn oben auf den Schultern seines Vaters thronte und im Nachthimmel die Sterne zählte. Kain war erledigt. Als Bürgermeister dieses kleinen Dorfes hatte man über das Jahr verteilt nicht unbedingt viel zu tun, aber man war durchgehend präsent. Es galt als ungeschriebenes Gesetz, bei jeder kleinsten Festlichkeit, bei jedem langweiligen Essen aufzutauchen und alle Bürger gleich zu behandeln. Für den Kleinen war das auch nicht einfach. Als allein erziehender Vater machte Kain, so war er sich sicher, nicht unbedingt die beste Figur. Dem Junior fehlte ganz klar die Mutter. Die unzähligen Tagungen langweilten ihn fürchterlich, aber er hatte in dem Sohn eines Geschäftspartners und Freundes von Kain einen Spielkameraden gefunden, der in letzter Zeit glücklicherweise immer dabei war.
„Papa, schau mal da oben“, sagte der Kleine und trommelte seinem Vater aufgeregt auf die Schulter. Kain setzte seinen Sohn ab, genoss kurzzeitig die Erleichterung in seinem Kreuz und schaute in den finsteren Himmel, der von feinen Wolken durchzogen wurde.
Irritiert bemerkte er den größer werdenden Feuerball am Firmament und das pfeifende Heulen in seinen Ohren, das stätig anschwoll.
„Verdammt, was ist das?“, dachte er, während er seinen Schritt beschleunigte, um dem Himmelskörper folgen zu können. Seinen Sohn zog er behutsam hinter sich her.
Der rote Pfeil am Himmel wurde immer größer. Das mechanische Kreischen immer lauter.
„Oh Gott. Das ist ein Flugzeug!“, rief er aus. Er meinte, das brennende Stück Metall zu erkennen.
An der alten Waldbrücke angelangt, verschwand der Feuerball hinter den haushohen Tannen.
Sekunden später erhellte eine ohrenbetäubende Explosion die Nacht. Eine Feuersäule türmte sich am Himmel auf und warf einen glühenden Schleier über die Baumkronen.
„Verdammt Junior. Du wartest hier“, sagte Kain schockiert und rannte über die Brücke in Richtung Waldeingang.
Der Kleine lief weinend hinter seinem Vater her.
„Nicht ...“, schrie Kain und lief seinem Sohn ein Stück entgegen.
„Hämpel, du wirst hier an der Brücke auf mich warten, ist das klar?“, sagte er in einem herrischen Ton und richtete den Zeigefinger auf ihn.
Kain drehte sich um und schaute in den flammenden Wald. Hunderte Funken tanzten im Geäst umher und erzeugten ein unheimliches, loderndes Mobile.
„Warum ausgerechnet der Teufelsee?“, fluchte er leise in sich hinein und bemerkte, wie sich der Schatten zu seinen Füßen auf unnatürliche Weise vergrößerte.


1.

Im ersten Augenblick hatte sich Henner darüber gefreut, die Stimme eines alten Freundes zu hören. Er spielte nervös mit seinem silbernen Kugelschreiber, während seine Augen das Dokument fixierten, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag.
„Könntest du einen Namen für mich herausfinden“, hatte Markus ihn gebeten. Seine Stimme war angespannt. Er klang verzweifelt. Henner strich mit dem Zeigefinger über die schwarze Zeile, die ihm Sekunden zuvor noch eine eisige Gänsehaut beschert hatte. „Antonio Velasquez, sagst du?“
„Ja, sein Name steht hier aufgeführt, aber Markus du weißt, dass es unmöglich sein kann ...“
„Henner ich bitte dich. Die Sache betrifft meine Tochter“, hatte Markus ihn unterbrochen.
Seine Stimme klang unterkühlt, aber bemüht sachlich.
„Irgendetwas stimmt nicht in Derris Karlan. Erinnerst du dich? Du hast damals dasselbe zu mir gesagt.“
Henner öffnete die Schublade und ließ die Passagierliste an ihrem alten Platz verschwinden. Er schaute sich gedankenverloren in seinem Büro um. Auf seiner Stirn stand der Schweiß und sein Atem ging schnell.
Nachdem Markus aufgelegt hatte, war er alleine mit seinen Gedanken. Alles war plötzlich wieder so präsent. Vielleicht war es besser, sich ein für alle Mal seinen Dämonen zu stellen. Privat und ...
Er stand auf und verließ sein Büro.
„Wo wollen sie hin, Henner“, fragte ihn eine dickliche, aber modisch gekleidete Frau, während sie Buchstaben in ihren Rechner speiste.
„Ich bin an einer Story dran“, sagte er beiläufig, während er seinen Laptop in einen Koffer packte und sich in Windeseile einen dunklen Mantel überstreifte.
„Und wohin führt sie der Job?“ Henner öffnete die Tür und drehte sich um. Er zwinkerte seiner Kollegin zu und sagte: „In mein Heimatdorf.“
Dann verschwand er im Treppenhaus.


2.

Der Abend trug eine kühle Brise über die Hügel von Derris Karlan. Die Sonne verabschiedete sich und strahlte wie Zigarettenglut durch die Blätter der Bäume. Maria genoss die Atmosphäre. Der Wind, der mit ihren Haaren spielte und den Frühling ankündigte, trieb sie rasch vorwärts. Als sie die alte Brücke seitlich passierte, verlangsamte sie ihr Tempo.
„Da geht's nicht weiter Sir“, rief sie dem Fremden zu, der gegen das morsche Holz gelehnt stand und irgendwie verloren wirkte.
Er drehte sich verdutzt zu ihr und versuchte zu lächeln. Maria ging über den Rasen zu ihm hinauf. „Dieser Weg mündet an einem großen See. Ziemlich unheimlich dort. Ist auch schon lange keiner mehr da gewesen. Keine Ahnung, ob es überhaupt noch einen Weg durch den Wald gibt“, versuchte sie ihn zu überzeugen. Erst jetzt konnte sie sein Gesicht richtig sehen.
„Ich bin eigentlich nur auf der Durchreise“, sagte er und kratzte sich verlegen am Kopf. „Ist leider schon ziemlich spät geworden.“
„Keine zehn Minuten von hier entfernt befindet sich ein Dorf. Wenn sie wollen, kann ich dort in der Gaststätte nach einem Zimmer für sie fragen. Der Wirt ist ein guter Freund unserer Familie“, sagte Maria. Der Fremde hatte sie auf Anhieb fasziniert. Nie zuvor hatte sie in schönere Augen geblickt. Ihr war so, als wäre sie zum ersten Mal einem richtigen Mann begegnet.
„Ich wäre ihnen sehr dankbar dafür“, sagte er und warf sich eine schwere, dunkle Reisetasche über die Schulter. Er folgte Maria den kurzen Feldweg hinab. Zwischendurch trafen sich die Blicke der beiden. „Wie heißen sie denn?“, fragte Maria. Sie hatte versucht, ihre Neugierde zu überspielen, aber ihre Stimme zitterte.
Der Mann lächelte, während hinter ihm die Umgebung von dem Licht einer blutroten Sonne eingefärbt wurde.
„Antonio. Aber nenn mich Tony.“


3.

Die Erinnerungen begleiteten den jungen Journalisten wie lästige Insekten. Das ruhige Plätschern des Bergquells nistete in seinen Ohren und strohtrockene Gräser säumten den schmalen Kiesweg, der in seine Heimat führte. Als er die alte Brücke passierte, zwang er sich wegzuschauen.

Am Dorfeingang angekommen, stellte er seinen Koffer ab und sah sich um. Kaum etwas hatte sich hier verändert, seit seiner Abreise. Seit seiner Flucht.
Ein paar Häuser waren dazugekommen. Die Straßen sahen alt und rissig aus. Dafür war die Luft frisch und eine fast greifbare Ruhe durchströmte seinen Körper. Er hatte längst verlernt so bescheiden und stressfrei zu leben. Eine Gruppe bestehend aus drei Leuten kam auf ihn zu. Ihre Gesichter waren frostig. „Was machen sie hier, Sir?“, fragte ein sehniger, hochgewachsener Mann mit Bart.
Die anderen beiden versuchten erst gar nicht, ihre skeptische Mine abzulegen.
„Ich möchte zu Markus Wolstenholm“, sagte Henner freundlich und versuchte es mit einem Lächeln.
„Was wollen sie denn vom Bürgermeister?“, fragte der Große weiter.
Henner war irritiert. Normalerweise waren die Leute dieser Stadt aufgeschlossen und weltoffen. Seine aufsteigende Ungeduld unterdrückte er und versuchte zu antworten, als eine ältere Frau vorbeikam und ihn mit fragendem Blick musterte. Nach einer Weile zauberte sich ein wohliges Lächeln auf ihr runzeliges Gesicht.
„Hämpel? Na das gibt es ja gar nicht. Welch eine Freude dich hier noch einmal zu sehen.“
„Mein Gott was bist du groß geworden, Junge“, staunte sie und zupfte an Henners Mantel herum.
Die Augen der alten Blumenverkäuferin, die ihren Laden schon seit Henners Geburt neben seinem Elternhaus führte, leuchteten vor ehrlich gemeinter Freude.
Henner musste laut lachen, während er sich duckte, um die alte Dame zu umarmen.
„Abbi, dieser Spitzname war auch ein Grund, warum ich dieses Dorf verlassen habe“, scherzte er, während er sich an dem blumigen Duft ihres Pullovers erfreute.


4.

Maria nippte bereits an ihrem dritten Bier. Die rauchige Kneipenluft reizte ihre Augen, während die finstere Sitzecke, in der sie sich befand, einzig und alleine durch eine schwächer werdende Öllampe ausgeleuchtet wurde. Maria knibbelte nervös an der Tischkante aus Massivholz, während ihre Augen die schmale Treppe fixierten, die zu den Gästezimmern führte. Mittlerweile waren gut und gerne dreißig Minuten vergangen und Maria kämpfte gegen ihre Scham.
„Vielleicht willst du später noch zu mir raufkommen“, hatte Tony sie gefragt.
„Ich schlafe in letzter Zeit sowieso nicht gut und würde mich über Gesellschaft freuen.“
Maria wusste, dass damit keine ungezwungene Konversation gemeint war. Tony war so wahnsinnig charmant. Die Stunden, in denen sie hier am Tisch saßen und redeten vergingen wie im Flug. Sie wusste, dass er morgen sehr früh aufbrechen würde. Das war vielleicht ihre einzige Chance, mehr mit diesem Mann zu teilen als bloß Worte. Sie schaute auf den leeren Platz, auf dem er zuvor gesessen hatte. Sie blickte gedanklich in sein Gesicht. Verlor sich wieder und wieder in diesen Augen, die ganze Eisberge im Nu zum Schmelzen bringen konnten.
Eine wohlige Wärme durchströmte plötzlich das Zentrum ihres Körpers, als sie sich vorstellte, nackt neben diesem Mann im Bett zu liegen. Er war wie ein zum Leben erweckter Traum. Ein Fremder, der in ihr Leben trat und wieder verschwand, ohne Verpflichtungen zu hinterlassen. Maria rutschte von der hölzernen Sitzbank und schaute sich verschwörerisch um. Niemand zu sehen. Schnellen Schrittes lief sie die Treppe hinauf. In dem spärlich ausgeleuchteten Flur blieb sie erneut stehen. Ihr Herz pochte wie verrückt. Das erste Zimmer auf der linken Seite war das von Tony.
Sie stand nun davor und ihre Faust hing in der Luft fest. Ihr Herz raste wie verrückt und ein unangenehmer Frost breitete sich in ihrem Bauch aus. Dann klopfte sie.
„Komm rein“, hörte sie eine Stimme auf der anderen Seite sagen.
Als sie den dunklen Raum betrat, bemerkte sie sofort den Temperaturunterschied. Hier drin war es eiskalt ...


5.

Henner saß auf einem gemütlichen, roten Sessel und schaute gebannt in das kleine Kaminfeuer, während er wartete. Schon seltsam, wie sich die Dinge veränderten. Sein guter Jugendfreund Markus war nun also Bürgermeister und hatte eine Tochter. Im Rahmen der Dorfgemeinde hatte er es wirklich weit gebracht. Henner war ein wenig nervös, als die Tür aufging und ein kleiner, dicklicher Mann mit dünnem Haar das Zimmer betrat. Er trug eine schlichte Brille und einen Vollbart. Seine Augen verrieten Henner aber sofort, dass es sich um Markus handelte. Die beiden Männer umarmten sich.
„Gut siehst du aus, Henner“, sagte Markus und tätschelte seinem Freund die Schultern.
„Ein bisschen dünn vielleicht, aber gut“, scherzte er und klopfte dabei auf seinen eigenen Vorbau. Dann ging er zu einem Schrank und holte eine kleine Glaskaraffe und zwei Gläser heraus, die er mit Eis füllte.
„Ich bin wirklich froh, dass du gekommen bist“, sagte er erleichtert, während seine Augen weiterhin bekundeten, wie neugierig er auf die Person war, die er zuletzt vor knapp zwanzig Jahren gesehen hatte.
„Nimmst du auch einen Whisky“, fragte er weiter, während er schon längst damit beschäftigt war, einzuschenken.
Henner nickte lächelnd und wartete, bis sich Markus mitsamt dem Alkohol auf die ihm gegenüberliegende Couch setzte.
„Du siehst besorgt aus“, lenkte Henner das Gespräch sofort in die richtige Bahn.
Markus musterte den Mann, der ihm eigentlich hätte vertraut vorkommen müssen, eindringlich.
Er war groß und schlaksig. Der schwarze Mantel, den er trug, unterstrich dieses zerbrechliche Bild noch mehr. Seine dunkelblonden Haare waren kurz und lockig. Sein Gesicht wirkte schmal und dürr. Es passte ebenfalls zum Rest des Körpers. Seine dunklen Augen aber wirkten wach und wissbegierig. Markus vergaß manchmal den Grund, warum Henner jetzt und hier bei ihm saß.
„Es hat vor zwei Tagen angefangen“, begann er schwerfällig zu sprechen. Henner kniff die Augenbrauen zusammen und lehnte sich aufmerksam nach vorne.
„Einige Dorfbewohner sahen seltsame Erscheinungen, wenn sie nachts das Dorf verließen.“
„Was meinst du?“, fragte Henner und griff nach dem Whiskyglas.
„Ich meine die alte Brücke.“ Markus Augen flimmerten nervös von links nach rechts.
„Der Goldschmied hat dort angeblich vor zwei Tagen einen älteren Mann gesehen, der zwei schwere Koffer bei sich trug.“
„Als er nach ihm gerufen hat, hat dieser keine Reaktion gezeigt. Er soll nur humpelnd in den Wald gegangen sein, ohne sich umzudrehen.“
Henner gönnte sich einen großen Schluck und war froh, als der Alkohol seinen Magen wärmte.
„Du meinst den Wald zum Teufelsee“, untermauerte er Markus Aussage.
„Meine Tochter, Maria“, stammelte Markus und kippte sich eine weitere Ladung Whisky ins Glas.
„Sie wurde tags zuvor mit einem Fremden gesehen. Sie hat ihn ins Dorf gebracht und ...“
Dem Mann versagte die Stimme. In seinen Augen brandeten Tränen, aber er sammelte sich wieder.
Henner leerte sein Glas und presste sich die Faust auf die Lippen. Auch für ihn war das Ganze hier nicht einfach.
„Du musst dir das selber anschauen, Henner.“
Markus stand auf und lief zur Mitte des Raumes.
„Komm. Maria ist auf ihrem Zimmer.“


6.

Maria zog die schweren Vorhänge beiseite und verschränkte die Arme vor der Kälte, während sie die leere Straße überblickte. Eine Laterne spendete ihr fahles Licht und leuchtete den winzigen Raum aus.
„Ganz schön kalt hier drin“, sagte sie zitternd, während sie weiterhin mit dem Gesicht zum Fenster stand. Der Gedanke, dass Tony hinter ihr nackt im Bett lag, jagte ihr einen weiteren elektrisierenden Schauder durch den Körper. Sie hörte, wie hinter ihr das Bettzeug beiseite geschoben wurde, gefolgt von dem leichten Knarren der Dielen, die unter Tonys Füßen nachgaben.
Ihr Herz kam nicht zur Ruhe. Eine prickelnde Gänsehaut hielt sie umschlossen und sie verkrampfte urplötzlich, als sich zwei eiskalte Arme um ihren Hals legten.
„Dann komm doch einfach ins Bett“, hauchte ihr eine verführerische Stimme ins Ohr.
Maria war wie paralysiert von dieser Berührung. Sie wusste nicht, ob es an der klirrenden Kälte, oder an der Erregung lag. Tony presste sie an sich und rieb seinen Unterleib an ihrer Hüfte. Erst sanft und dann immer heftiger. Jetzt konnte auch sie seine Erregung deutlich spüren. Er zog sie nach hinten und beide ließen sich aufs Bett fallen. Maria war ein wenig verkrampft, aber sie genoss jede einzelne Berührung. Sie legte ihre Hand auf seinen Bauch und widerstand der Versuchung, nach seinem steifen Glied zu greifen, das in der Dunkelheit wie ein großer, weißer Knochen leuchtete. Stattdessen zeichnete sie mit ihrem Finger sanft die Konturen des muskulösen Körpers nach.
Dann stieg Tony über sie, hielt ihre Hände stramm mit seinen umschlossen und beugte sich runter um ihre Brüste zu küssen. Maria schloss die Augen, versuchte sich erst gar nicht aus seiner Umklammerung zu befreien. Nur ihre Hüfte reckte sie immer wieder voller Erwartung und Lust nach oben. Dann hörte er urplötzlich auf. Maria öffnete die Augen und schaute erschrocken zum Fenster. Die Laterne brannte nicht mehr. Das Zimmer war genauso dunkel, wie sie es betreten hatte. Sie schaute hoch in Tonys Gesicht, das hinter Schatten verborgen lag. Einzig und alleine seine Haut strahlte in der Dunkelheit hell wie Porzellan.
„Ist schon sehr spät. Die wird jemand ausgemacht haben“, seufzte Maria und versuchte den Griff ihres Liebhabers ein wenig zu lockern.
Dieser blieb stumm und wirkte plötzlich wie eine Puppe, der die Batterie versagte.
„Hey, was ist los Tony?“, fragte sie ängstlich und versuchte diesmal energischer, sich zu befreien.
„Lass mich bitte los.“ Die Erregung war nun vollends aus ihrem Körper verschwunden.
Langsam beugte er sich zu ihr runter. Immer noch tanzten die Schatten über sein Gesicht. Maria schrie entsetzt auf, als sie in die entstellte Fratze blickte, die sich augenblicklich aus der Dunkelheit schälte. Der verbrannte Kopf starrte sie aus leeren Augenhöhlen an. Verkokelte Fleischstreifen hingen wie Lametta an ihm herunter und ein weißes, freiliegendes Gebiss grinste ihr hämisch entgegen. Als er mit einer wuchtigen Bewegung in sie eindrang, war es für das Mädchen, als würde sie innerlich erfrieren. Eine klirrend kalte Paralyse durchzog jeden einzelnen Muskel ihres Körpers. Ihr Herz wurde von zahllosen Eisdolchen durchbohrt und drohte zu explodieren. Wie durch das Gift einer Spinne betäubt, lag Maria da und konnte keinen Finger rühren, während ihr Peiniger sie mit immer heftigeren Stößen malträtierte. Auch wenn sie ihn nicht spüren konnte, so nahm sie doch wahr, wie das Bett unter seinen massiven Bewegungen wackelte. Eine vereinzelte Träne fand den Weg nach draußen und lief wie ein brennender Schweif über ihr gefrorenes Gesicht. Über ihr hatte sich das Gesicht nun wieder verändert. Ein adretter Spanier blickte sie aus kalten, schwarzen Augen an. Sein Gesicht war vor Lust verzerrt. Sein Fleisch bebte bei jedem weiteren Stoß in ihren Unterleib.
Ein verzerrtes Stöhnen, mehr animalisch als menschlich, drang aus seiner Kehle und er warf den Kopf grunzend in den Nacken. Dann legte er seine Lippen auf die des Mädchens und in Sekundenschnelle verkrampfte ihr Körper erneut.
Als sie die Augen aufmachte, war sie alleine im Zimmer. Mit einem Körper aus Stein lag sie in der Dunkelheit und schluchzte ...


7.

„Was ist mit ihr passiert?“, fragte Henner, nachdem sie Marias Zimmer verlassen hatten. Obwohl im Kamin ein Feuer brannte, musste er immer noch die Kälte abschütteln, die das Bett des Mädchens umgeben hatte.
Markus stützte sich auf das Treppengeländer und starrte durch seinen alten Freund wie durch Glas.
„Wir haben sie vor drei Tagen gefunden. Sie lag in einem Gästezimmer in der Taverne. Seitdem ist sie so.“
Markus Körper bebte und seine Hand ballte sich zu einer Faust.
„Sie ist erst fünfzehn Jahre alt.“
Henner tat es weh, seinen Freund in dieser hilflosen Verfassung zu sehen. Vor seinem inneren Auge sah er Maria, die zusammengekauert und mit offenen Augen auf dem Bett lag und sich nicht rührte. Die nur ab und an ihren Mund bewegte, ohne dabei zu sprechen.
„Warum also Antonio Velasquez?“, versuchte er, in die Sachlichkeit zurückzufinden.
Markus wischte sich die Tränen aus den Augen und räusperte sich. Ihm gegenüber stand nun mehr ein knallharter Reporter, anstelle eines guten Freundes.
„Das Zimmer in dem wir sie fanden war vermietet. Der Wirt hat diesen Namen aufgenommen, als er ihn für das Gästezimmer eingetragen hat.“
„Anscheinend will dieser Mensch, dass man die Vergangenheit wieder ausgräbt“, sagte Henner und schaute aus dem kleinen Fenster über die Dächer des Dorfes hinweg.
„Was hast du damals über die Sache herausgefunden?“
„Nichts Neues“, sagte Henner und lief an seinem Freund vorbei, während er sich die Schläfen rieb.
„Bitte lass mich ein wenig nachdenken.“
Markus nickte kurz und verschwand daraufhin schweigend im Zimmer seiner Tochter.


8.

Abigail Kingsley saß auf einer Bank vor den Toren des Dorfes und lauschte dem Wind. Das beruhigende Plätschern des Bergquells war eine Wohltat für ihre alte Seele. Sie dachte über vieles nach. Über Maria und auch über Henner Walker. Der Kleine hatte damals so viel durchstehen müssen. Sie hatte sich oft gefragt, ob die Seele des Kindes jemals geheilt werden konnte. Auch wenn er in den Wolstenholms bemühte Ersatzeltern gefunden hatte, so konnte doch der Schrecken jener Nacht nie und nimmer verblasst sein. Auch heute früh noch konnte sie es in seinen Augen sehen. Diese Unsicherheit. Er war nicht gerne zuhause.
Abigail zog ihr Kopftuch ein wenig fester zu, als eine tosende Windböe an ihr vorbeizog und durch die Gräser brauste.
Dann hörte sie jemanden weinen. Sie blickte sich erschrocken um. Der Wind trug das Geräusch in alle Richtungen.
Sie stand mühsam auf und blickte über die dunklen Hügel. Auf dem schmalen Kiesweg hockte eine kleine Gestalt und presste sich die Hände vor die Augen. Die Haut des Mädchens leuchtete hell wie Papier.
Abigail schaute sich auf den Straßen um. Niemand da. Aus einigen Häusern quoll fahles Licht.
„Was ist los, mein Kind?“, rief sie dem Wind entgegen. Das Mädchen reagierte nicht.
Langsam und vorsichtig tastete sie sich mit ihrem Gehstock voran. Die Hügel waren nachts wahnsinnig dunkel. Hinzu kam der Wandernebel, der einen urplötzlich umschließen konnte.
Als sie bei dem Kind ankam, bemerkte sie den frostigen Hauch, der ihr den Körper hinaufkroch.
Das Mädchen mit den roten Locken und dem blauen Kleid sah zu ihr auf und seufzte. Seine runden Wangen waren benetzt mit Tränen.
„Ich kann meine Mama nicht finden“, schluchzte sie, während sie sich aufrichtete, um ihr Kleid abzuklopfen.
„Hilfst du mir, sie zu suchen“, fragte die Kleine und griff nach Abigail. Diese zuckte kurz zusammen, als die eiskalte Hand des Mädchens sie berührte.
„Wie heißt du denn, mein Kind?“, fragte Abigail, während sie den Hügel heraufgeführt wurde.
„Ich bin Miriam.“
„Dann sag mir doch mal Miriam, wo hast du deine Mama zuletzt gesehen?“
Abigail fröstelte, als Miriam sie dazu bewegen wollte, über die alte Brücke zu gehen.
„Was ist los Oma?“, fragte sie und zerrte an ihrem Arm.
„Mama ist da drüben.“
Das kleine Mädchen fing an zu kichern und zog weiter.
Abigail hatte Mühe, sich zu befreien. Als sie es endlich geschafft hatte, kippte sie nach hinten und fiel auf den Kies.
Sie stöhnte vor Schmerzen, aber vielmehr hatte sie Angst. Kaum hörbar rief sie nach Hilfe, während sie sich schwerfällig aufrichtete.
Miriam hüpfte unterdessen unbeschwert über die Brücke und deutete mit dem Finger in Richtung Wald.
„Siehst du das, Oma?“
Abigail bemerkte eine Gestalt, die im Laub versteckt stand. Sie trug ein langes, helles Kleid, das zusammen mit ihren gelockten Haaren im Wind wehte.
„Da ist Mama“, schrie sie und kicherte.
Abigail spürte, wie ihr die Luft wegblieb. Wie sich eine kalte Hand um ihr Herz legte und zudrückte. Sie drehte sich um und wankte in Richtung Derris Karlan. Jeder einzelne Schritt erfüllt von eisigem Schmerz. Nie zuvor hatte die alte Dame solch eine Angst verspürt ...


9.

Markus schaute gedankenverloren in das schwächer werdende Feuer. Beobachtete jeden kleinen Funkenflug, der freudig aufstrebte und dann doch verglühte. Er wärmte sich auf, nachdem er zuvor die ganze Zeit über am Bett seiner Tochter gesessen hatte. Die unnatürliche Kälte, die das Mädchen umgab, ließ Markus trotz des Kaminfeuers frösteln. Er wusste nicht, ob sie seit dieser Sache geschlafen hatte. Ihre Augen jedenfalls waren nie geschlossen. Markus stand auf und lief zum Fenster, als es plötzlich an der Tür klopfte. Durch das Glas sah er das milchige Abziehbild einer dünnen Gestalt, die leise das Zimmer betrat. Dem Nebel, der langsam alle Straßen und Gassen von Derris Karlan flutete, schenkte er keine Beachtung.
„Die Geschichte wird dir nicht gefallen“, sagte Henner und lief selbstständig rüber zum Schrank, um den Whisky bereitzustellen.


10.

Die letzten Gäste hatten vor kurzem aufgegeben und waren gegangen. Harry Winston und seine Frau Rosemary waren damit beschäftigt, den Alkohol von den Tischen zu schrubben und den Boden zu wischen, als sie draußen vor den Fenstern eine massive Nebelfront aufkommen sahen.
„Dieses Dorf ist wirklich verflucht“, sagte Harry erschöpft, während ihn eine Gänsehaut umschloss, als er zur Treppe hinaufblickte, die zu den Gästezimmern führte.
Maria wurde dort oben vergewaltigt, während er hier unten friedlich Bier ausgeschenkt und mit seinen Gästen herumgealbert hatte.
Rosemary stand vor dem großen Fenster und presste ihr Gesicht ans Glas.
„Da sieht man wirklich gar nichts mehr“, flüsterte sie sich selber zu, als plötzlich das angsterfüllte Gesicht von Abigail Kingsley vor ihr auftauchte. Ein Schrei löste sich aus der Kehle der Wirtsfrau und sie taumelte erschrocken zurück, während ihr Mann sofort herbeigelaufen kam und das Schloss öffnete.
Ein kalter Windzug fiel zusammen mit der alten Frau in seine Arme. Augenblicklich drängten dichte Nebelschwaden hinein, die dampfend verflogen, als Harry die Tür zudrückte und Abigail behutsam auf einen robusten Holzstuhl hievte.
„Abigail, was ist los mit ihnen?“, fragte Harry bestürzt, während seine Frau in der Ecke stand und sich die Hand auf den Mund presste.
„Da ... da ...“, stotterte die alte Dame, während sich ihr Finger zitternd erhob und nach draußen zeigte.
Harry hatte kaum Zeit sich umzudrehen, da dröhnte ihm schon der Schrei seiner Frau im Ohr. Seine Beine versagten beinahe ihren Dienst, als er die schwarzen, verkohlten Schemen sah, die unmittelbar vor seinem Fenster standen. Eine sauber aufgereihte Palette aus schwarzen Totenschädeln glotzte ihn aus leeren Augen an. Als einer von ihnen seine knochige Hand hob, sprang Harry nach vorne und drehte den Schlüssel um. Dann wendete er sich weg, nicht in der Lage diesen Schrecken als wahrhaft real zu begreifen.
Er griff sich Abigail Kingsley und trug die völlig verstörte Frau hinter die Theke. Rosemary folgte ihm laut schluchzend.
Wie gebannt schaute Harry nun auf das Schauspiel, das sich vor seinen Augen abzuspielen begann.
Der Nebel hüllte die Toten Stück für Stück ein. Er kroch an ihren Beinen hoch und sprudelte aus den dunklen Öffnungen in ihrem Gesicht, die damals noch Platz für Nase und Augen boten.
Dann waren sie verschwunden. Der Nebel aber blieb. Harry warf den Arm um den Hals seiner Frau und presste sie an sich, während er mit der anderen Hand sanft die gefrorene Handfläche von Abigail Kingsley streichelte.
Er wollte aufstehen und sich vorsichtig der Tür nähern, als ihn ein lautes Poltern zusammenfahren ließ. Sein Körper erstarrte, als sein Blick langsam die Treppe ins Visier nahm.
„Das kommt aus den Gästezimmern“, sagte er mit bebender Stimme, duckte sich zurück hinter die Theke und versteckte sich dort mit den beiden Frauen.


11.

Henner blickte auf das Eis und beobachtete, wie sich ein schimmernder Teppich seinen Weg durch die orange-gelbe Flüssigkeit bahnte, die er in der Hand trug.
„Die Bergungsteams kamen damals mit leeren Händen nach Hause zurück“, sagte er zögerlich, während er sich einen großen Schluck gönnte und das Feuer genoss, das sich in seinem Magen auszubreiten begann.
„Es gab weder Leichen noch ...“, unterbrach Henner sich selbst, während er nachschenkte.
„... gab es Spuren von der Boeing.“
Markus kniff verwundert die Augen zusammen, machte aber keine Anstalten seinen Freund zu unterbrechen.
„Angeblich mussten die Taucher ihre Suche abbrechen, weil es im See zu dunkel war. Zu viel Sand und zu viele Algen.“
„So jedenfalls die offizielle Erklärung“, sagte Henner und versuchte das Ganze nüchtern klingen zu lassen.
„Wie ist deine Meinung dazu?“, fragte Markus und schaukelte das Glas in seiner Hand sanft hin und her.
Henner schaute auf den Boden und hielt einige Sekunden inne, bevor er sprach.
„Dieses Dorf hat sich nie mit der Sache beschäftigt. Den Leuten war egal, was aus den Leichen und dem Flugzeugwrack wurde“, sagte er, während er aufsprang und durchs Zimmer lief.
„Kain Walker wurde auch totgeschwiegen.“
Markus schaute beschämt zu Boden, während Henner die Arme hinter dem Kopf verschränkte und tief einatmete.
„Solange nur der Teufelsee erwähnt wurde, haben die Leute ihre Augen vor der Wahrheit verschlossen. Seht euch heute nur an. Die Bürger dieses Dorfes meiden den Wald seit Jahrzenten.“
Henner setzte sein Glas ab und fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht.
„Wie ich über die Sache denke, willst du wissen? Ich wette, dass die Ereignisse von damals eng mit diesen hier verknüpft sind.“
„Was willst du damit sagen?“, fragte Markus und blickte in das entschlossene Gesicht seines Freundes.
„Ich sage, finden wir es heraus.“

Die beiden Männer schwiegen sich sekundenlang an, als plötzlich ein dumpfer Schrei den Raum erfüllte.
Markus sprang sofort hoch und lief raus auf den Flur. Henner war dicht hinter ihm.
„Maria, was ist los?“, brüllte Markus und riss die Tür zum Zimmer seiner Tochter auf. Augenblicklich legte sich ein frostiger Mantel um ihn, während er entsetzt auf die schwarze Gestalt blickte, die auf dem Bett thronte und sich zu Maria herunterbeugte.
Ohne lange zu zögern, stürmte er auf das Phantom zu und schlug mit Fäusten darauf ein.
Henner stand wie paralysiert unter dem Türrahmen und beobachtete, wie die Schläge seines Freundes den Schemen in Stücke rissen, während Maria sich krampfhaft an der Bettdecke festhielt und den Kopf zur Seite reckte.
Als der schwarze Rauch verflogen war, stürzte ihr Vater wie ein Stein zu Boden.
Henner war sofort bei ihm und schüttelte ihn kräftig durch. Markus Haut war kreidebleich und kalt wie Schnee. Seine Glieder zuckten unkontrolliert, während die Augen vergeblich versuchten, sich auf Henner zu fixieren.
Dieser reagierte schnell und hievte Markus aufs Bett. Er griff sich die Wolldecke, die am Fußende lag, und wickelte das zitternde Bündel darin ein. Dann presste er die Schultern seines Freundes nach unten und legte sich halb über ihn, um seine Muskeln zu entlasten.
„Es wird alles wieder gut“, sagte er so beruhigend wie nur irgend möglich und schaute dabei auch Maria an, der blankes Entsetzen ins Gesicht geschrieben stand.
Von draußen pressten sich dicke Nebelschwaden ans Fenster. Fast schien es so, als würden sie das Glas jeden Augenblick zum Bersten bringen.
Als Henner den langen Schatten bemerkte, der sich auf der Wand gegenüber der Tür abzuzeichnen begann und stetig größer wurde, fingen auch seine Beine zu zittern an. Er nahm all seinen Mut zusammen und sprang zur Tür. Er knallte sie zu, ohne dabei einen Blick von dem erhaschen zu können, was sich dort auf dem Flur befand. Nachdem er das Schloss verriegelt hatte, eilte er auf die Bettseite des Mädchens und entzündete die Öllampe, deren Licht umgehend alle Schatten im Zimmer verjagte.
Das heftige Rütteln an der Türklinke ließ ihn abermals zusammenfahren. Er hielt die Lampe wie eine Waffe in Händen und rutschte auf dem Bett zurück, sodass er genau zwischen Vater und Tochter saß, als sein Rücken die harte Lehne berührte.
Aus dem Rütteln war längst ein Poltern geworden. Wütende Schläge ließen das Holz vibrieren und die Scharniere wackeln.
Bei jedem neuen Schlag zuckte auch Henners Körper zusammen. Mit starrem Blick saß er auf dem Bett und wartete auf das Splittern des Holzes.


12.

Als er seine Augen öffnete, verspürte Henner einen drückenden Schmerz in seiner Magengegend. Er richtete sich auf und zog die erloschene Öllampe beiseite, auf der er gelegen hatte. Er wusste nicht, wie lange sein Schlaf dauerte, aber es kam ihm höchstens wie eine Minute vor. Markus und Maria jedenfalls lagen unverändert neben ihm. Ihre trüben, aber wachen Augen starrten ins Nichts, während ihre Körper weiterhin regungslos blieben.
Henner kroch nach vorne aus dem Bett und lief zum Fenster. Es war immer noch verdammt nebelig draußen. Aber durch die weiße Schicht konnte er Teile des Dorfes erkennen.
„Ich gehe Hilfe holen“, sagte er mehr zu sich selber und öffnete langsam die Tür. Sein Herz pochte immer noch wie verrückt und auf dem Flur war es für diese Uhrzeit unnatürlich dunkel ...


13.​

Ängstlich und langsam stapfte Henner über den Kiesweg. Ein letztes Mal blieb er stehen und drehte sich um. Seltsamerweise gab es hier auf den Hügeln kaum Nebel. Nur Derris Karlan war durch und durch von einem weißen Schleier behangen, der in jeden einzelnen Winkel des Dorfes gekommen war. In jedes einzelne Haus.
Henner dachte an die Taverne, bei dessen Bewohnern er zuerst nach Hilfe gesucht hatte.
An die beiden leblos wirkenden Gestalten, die erst bei näherem Hinsehen den gleichen Zustand aufwiesen, wie Markus und seine Tochter.
Henner fing an zu weinen, als er über den Fund nachdachte, der ihn hinter der Theke erwartet hatte.
Die vor Angst geweiteten Augen von Abigail Kingsley brannten sich in sein Gehirn. Ihr im Tode erstarrtes Gesicht ebenso wie der weit aufgerissene, zahnlose Mund.
Henner schluchzte laut, während er seine müden Beine durch den Kies schleifte.
„Mach dir keine Sorgen, es wird alles gut. Ich gehe zum See“, hatte er Markus ins Ohr geflüstert, nachdem jede Chance auf Hilfe absolut unrealistisch geworden war. Derris Karlan war ausgestorben. Seine Bewohner zu seelenlosen Hüllen verkommen. Eine Stadt der Geister.

Als Henner die alte Brücke erreichte, hinterließ eine unsichtbare Macht einen schmerzenden Stich in seinem Herzen.
Er schaute wieder mit den Augen eines Kindes auf seinen Vater, wie dieser ihm befahl, stehen zu bleiben.
In der Luft tanzten flammende Irrlichter, während schwarzer Qualm aus den Baumkronen in den Nachthimmel strömte.
Er blickte nach oben und dachte zuerst, einen riesigen Vogel zu sehen. Nicht etwa eine alte Frau, deren Mantel auf skurrile Weise wie ein tierischer Fallschirm in der Luft flatterte und sich um ihr Gesicht geschlungen hatte.
Dann donnerte der Aufprall in seinen Ohren und Henner griff taumelnd nach dem Brückengeländer.
Gedanklich hörte er wieder und wieder das Bersten der Knochen und sah den Sturzbach aus Blut, der auf ihn zurollte. Vor ihm lag das Fleischgemisch, bestehend aus seinem Vater, einer alten Frau und einem haarigen Pelz.
Seine Beine wurden schwer wie Zementsäcke und er zog sich mühsam über die Brücke. Seine Augen hielt er geschlossen, doch die alptraumhaften Bilder blitzten weiter in seinem Kopf.

Der Wald war gut überschaubar und ein breiter Trampelpfad führte Henner tiefer und tiefer hinein, vorbei an riesigen Tannen und ausgemergelten Beerensträuchern. Hin und wieder wurde der Weg schmaler, wenn knorriges Geäst versuchte die Lücken zu schließen. Der Nebel hielt auch hier Einzug. Ab und an musste Henner stehen bleiben, wenn eine Nebelbank seinen Weg kreuzte und die Umgebung in feuchtes Weiß tauchte.
Dann stand er urplötzlich am Ufer des Sees, dessen Ende durch den Nebel nicht erkennbar war.
Schmutziges, pechschwarzes Wasser schwappte an seine Schuhe, als er die kleine Böschung hinter sich ließ. Die Wasseroberfläche war mit bloßen Augen nicht zu durchschauen. Henner wunderte gar nichts mehr. Er spielte mit dem Gedanken, dass dieser See vielleicht unendlich tief sein könnte und keinen Boden hatte. Die Tatsache, dass weder Flugzeug noch Passagiere je gefunden wurden, ließ dieses Hirngespinst furchteinflößenderweise gar nicht so abwegig erscheinen.
Henner brauchte nicht lange auf irgendwelche Eingebungen zu warten, denn seine Anwesenheit blieb nicht unbemerkt.

Unzählige Schatten tauchten aus dem Nebel auf und schwebten über das Wasser in seine Richtung.
Henner taumelte zurück, und fiel in ein Nest aus feuchten Schlingpflanzen, während sein Herz drohte, vor Angst zu explodieren. Das Wasser brandete unterdessen an seinem Körper vorbei, aber Henner spürte die Kälte nicht. Sein Blick ruhte auf hunderten Phantomen, die sich überall auf dem See verteilt hatten und ihn anzustarren schienen.
Im nächsten Moment war dem Journalisten so, als würde sich eine Luke unter ihm öffnen und er tauchte ein, in stinkendes Wasser.
Zur gleichen Zeit wurde sein Bewusstsein von einer schier unfassbaren Menge an Erinnerungen überflutet. In seinem Kopf gewitterten Bilder des Glücks und der Freude. Angst und Verzweiflung mischten sich darunter und wurde abgelöst von entsetzlicher Panik. Er sah Menschen, die bei dem Absturz ums Leben kamen und von den Angehörigen, die sie zurückließen. Er sah Menschen, die bei lebendigem Leib verbrannt waren und andere, die im dunklen Wasser des Teufelsees ihr Leben verloren hatten. So viel Schmerz. So viele Seelen. So ein böser Ort ...
Die Gefühle und Bilder in seinem Kopf hörten nicht auf sich ungeordnet auszudehnen und die Last wurde bald unerträglich schwer. Als sich seine Sinne vernebelten, hatte sich sein eigenes Bewusstsein längst in ihnen verloren ...


14.​

„Henry, wo bist du?“
„So dunkel ...“; „Mir ist kalt.“
„Nach Hause. Bitte, ich flehe euch an.“
„Diese Augen“; „Kalt!“
„Wo finde ich dich, Kelly?“; „Nenn mich Tony.“
„Ich habe Gott gesehen ...“
„Die Frau ist einfach davongeflogen!“
„Miriam, ich hab dir gesagt du sollst Mama in Ruhe lassen.“
„Lebe ich noch?“; Flugzeuge sind sicher. Autos sind viel gefährlicher.“
„Natürlich lebe ich noch“; „Irgendwo ...“
„Bist du zu allen Frauen so charmant?“
„Hat irgendwer mein Bein gesehen? Ich kann es nicht finden.“
„In zwei Stunden werden wir landen“; „Ich habe Druck auf den Ohren“; „Feuer brennt auf der Haut“; Sag mal, geht das vielleicht auch ein wenig leiser?“
„Wo bin ich hier?“; „Wie bin ich hierher gekommen?“
„Wasser zu atmen ist seltsam“; „Aber wenigstens lebst du noch.“
„Den würde ich gerne mal nackt sehen.“
„Nein, ich denke doch das ich eher tot bin.“
„An dir ist ja gar nichts mehr dran“; „Ob es den anderen wohl gut geht?“
„Bitte bringt mich um!“; „Gott sieht alles.“
„Ich hasse meinen Spitznamen.“
„Papa?“

Markus saß auf der Bettkante und hielt die Hand seines Freundes, während bittere Tränen die Realität um ihn herum fluteten.
„Man muss doch etwas tun können“, schluchzte er und suchte Halt in den kühlen Augen des Gemeindepfarrers. Dieser wich den Blicken aus und schaute angestrengt nach draußen, während Markus versuchte, aus jedem wirr gesprochenen Satz eine versteckte Botschaft herauszufiltern.
Henner lag regungslos und kerzengerade auf dem Bett. Seine braunen Augen rotierten in alle Richtungen, während sein Mund unermüdlich neue Worte und Satzfetzen formte.
Nachdem der Nebel urplötzlich aus dem Dorf verschwunden war und Markus die Kontrolle über seinen Körper zurückerlangt hatte, war er ohne zu zögern in den Wald gelaufen und hatte Henner gefunden, wie er zitternd und vollkommen durchnässt am Ufer des Teufelsees lag.
Seit einigen Stunden sprach er nun schon ununterbrochen.
„Er ist besessen, richtig?“, fragte Markus, während sich der Pfarrer auf einen kleinen Hocker neben das Bett setzte, sich räusperte und kaum merklich nickte.
„Was ist mit Exorzismus?“
Der ältere, früh ergraute Geistliche war über die konsequente Art des Bürgermeisters überrascht.
„Ich bitte dich, mich kurz mit Henner alleine zu lassen“, sagte er harsch und duldete keine weiteren Fragen.
Markus hatte verstanden und ging wortlos zur Tür. Dort hielt er kurz inne.
„Bitte helfen sie ihm“, sagte er und verließ den Raum.

Damien Frey ging ein paar Mal vor dem Bett auf und ab, bevor er sich über Henner beugte und seine gefrorene Stirn berührte.
„Es tut mir unendlich leid für dich Markus ...“, murmelte er, während er sich ein Kopfkissen griff und es dem Journalisten mit aller Kraft aufs Gesicht drückte.
„Aber zweihundertsechsundzwanzig Geister sind unmöglich zu exorzieren.“

Damien küsste das Kruzifix, dass er zuvor an seinem Hals getragen hatte und legte es Henner auf die Brust.
„Du wirst dich niemandem mehr mitteilen“, sprach er zornig in den Raum und beugte sich über den leblosen Körper, um die im Zeitpunkt des Todes erstarrten Augen zu schließen.
„Fortan wird sich Gott um euch kümmern. Ruhet nun in Frieden, meine Söhne und Töchter.“


Ende

 

Hey ANiMA,


Ein paar Textsachen hab ich ja doch gefunden...

Anstelle dessen klaffte eine riesige Lücke dort.
Liest sich holprig. Entweder "dort" streichen oder vor "eine" einsetzen.

Als nächstes löste sich ein Funke, der sich wie durch Zauberhand vergrößerte und als Feuerwand auf Marissa zurollte. Sie hatte keine Zeit zu reagieren und ein heißer Schleier legte sich über ihr Gesicht. Das Tosen des Windes war verstummt, in ihrem Ohr knisterten die Flammen, während sich ihr Fleisch Schicht um Schicht auflöste. Miriam hatte sich an die Glasscheibe gedrückt und während sich die Sinne des Mädchens allmählich vernebelten, sah sie unter sich dunkelgrüne Baumkronen und schwarzes Wasser. Als letztes erblickte sie in der verzerrten Wirklichkeit des Spiegels das brennende Gesicht ihrer Mutter ...
Der Abschnitt ist sehr schön geschrieben. NUR: Der plötzliche Perspektivenwechsel von der Mutter zur Tochter ist etwas verwirrend

Irritiert bemerkte er den größer werdenden Feuerball am Firmament und das pfeifende Heulen in seinen Ohren, das stätig anschwoll.
stetig

„Hilfst du mir, sie zu suchen“, fragte die Kleine und griff nach Abigail
Da fehlt ein Fragezeichen

Im nächsten Moment war dem Journalisten so, als würde sich eine Luke unter ihm öffnen und er tauchte ein, in stinkendes Wasser.
Liest sich auch holprig. "...tauchte in stinkendes Wasser ein" passt besser

„Nein, ich denke doch, dass ich eher tot bin.“
Dieser Abschnitt mit den vielen Geisterstimmen ist toll

Anmerkung: Wenn du "The Stand" nicht gelesen hast, könntest du meine Kritik etwas verwirrend finden :hmm:

Deine Geschichte hat mich stark an Stephen Kings "The Stand - Das letzte Gefecht" erinnnert. (kannst du durchaus als Kompliment auffassen).
Eine ähnliche Schreibweise, viele Perspektivenwechsel, ähnliche Personen (Abigail)...
Durch die vielen Perspektivenwechsel (die durchaus ihren Reiz haben) ergeben sich aber Probleme beim (Wieder)Erkennen der Protagonisten.

Beispiel:
Abschnitt mit Henner → Maria → Dann irgendwann wieder Henner (Hä? Wer war das noch gleich? Der Journalist oder der Bürgermeister?)

Im Großen und Ganzen muss ich sagen, dass ich beim Lesen deiner Geschichte die gleichen Probleme hatte, die mir schon bei "The Stand" das Lesevergnügen getrübt hatten.
Nur, dass sich im Buch die Probleme mit dem Wiedererkennen irgendwann einmal geben, was bei deiner Geschichte aufgrund der Länge nicht möglich ist.

Trotz alledem hat mir die Schreibweise (an sich) und die Geschichte gefallen. Das Ende mit den 226. Geistern in einem Kopf ist gelungen.

Gruß,
Blaine

 

Hallo ANiMA,

schön, dass du in deiner Geschichte den Faktor Grusel über den Faktor Horror gestellt hast. Auch wenn die frostige Atmosphäre um deine Untoten greifbar ist, setzt du eher auf psychologischen Schauder, als aud Splatter.
Gelungen finde ich die achronologische Erzählstruktur, auch wenn einem manches dadurch erst etwas später aufgeht. Die Geschichte ist spannend und plausibel.
Auch im tieferen Sinn, in dem immer erst unsere Angst etwas so mächtig macht, wie es das Geschehen am Teufelssee bei dir für die Bewohner von Derris Karlan bei dir ist, gerade weil sie die Augen davor verschließen, konnte mich deine Geschichte überzeugen. Angst ist nicht fort, nur weil wir sie verdrängen und sie wird sich immer an anderer Stelle melden, ob bei Henner, dem Journalisten, der letztlich den Ungleichen Kampf aufnimmt, wie auch bei Markus oder ganz zum Schluss bei Damien Frey, der noch immer das Böse so sehr fürchtet, dass er Henners Kampf auf seine Weise beendet.

Hat mir gut gefallen, deine Geschichte.

Lieben Gruß, sim

 

Hey ihr beiden :)

Blaine, ja ich kenne "The Stand". Allerdings habe ich das Buch nie gelesen, sondern die Filme gesehen.
Freut mich, das dir die Geschichte gefallen hat.
Allerdings kann ich auch verstehen, das die Übersicht durch die zahlreichen Perspektivenwechsel gelitten hat. Meinen "Testpersonen" ist es ganz genau so ergangen!
Ich danke dir auch für die Aufzählungen!!

Zu dir Sim, noch mal ein großes Dankeschön fürs Korrekturlesen!
Und natürlich freut es mich, dass die Story durchweg gut bei dir angekommen ist :)

Dank an euch!

*Christian*

 

Hey Ike ;)
Hab mich tierisch über deine Kritik gefreut. Und umso besser natürlich, dass sie dir gut gefallen hat!
Das mit Tony hast du richtig erkannt. Er ist halt auch nach dem Tod noch damit beschäftigt, fleißig Frauen/Mädchen aufzureißen (oh je, hab ich da etwa eine oberflächliche Figur entworfen?) :D

Also, besten Dank von mir!!
Christian (der immer noch von Radioheads "Ok Computer" gefesselt ist)

 

Hallo ANiMA,

ich schließe mich mal den Lobbekundungen meiner Vorredner an. Die Geschichte ist stilistisch sauber, gut ausgefeilt und souverän erzählt. Und ziemlich gruselig ist sie auch noch.

Mit Abstand am besten fand ich allerdings das Ende der Geschichte - da (zumindest für mich) diese eine absolute unerwartete Wendung genommen hat. Auch der von dir aufgebaute Spannungsbogen war gut konstruiert.

Einziger Kritikpunkt sind die zahlreichen Perspektivwechsel. An und für sich ist dagegen ja nichts einzuwenden, aber bei einer Kurzgeschichte ist es eben immer schwierig die in relativ kurzer Abfolge vorgestellten Charaktere auch in Erinnerung zu behalten. Auf der anderen Seite verleihen die Perspektivwechsel deiner Geschichte aber eine sehr zügigen und rasanten Stil.

Alles in allem: eine ziemlich gute Geschichte, die mich stilistisch an Somebodys "Das Ding aus dem Wald" erinnert hat. Und das darfst du als Kompliment auffassen :)

Gruß

 

Hey :)

Freu mich natürlich über das Lob! Sehr schön auch, dass dir das Ende gefallen hat.
Und besonders darüber, dass du dem Perspektivenwechseln auch etwas gutes abgewinnen konntest. Du hast Recht, dass sowas gerade in einer Kurzgeschichte ungemein verwirrend sein kann. Ich glaube eine halbe Person mehr hätte da wohl auch den Rahmen gesprengt :)

Und den Vergleich mit Some(buddy) nehme ich natürlich als Kompliment auf!! Er gehört hier ohnehin zu meinen Lieblingsautoren :D

Also, vielen Dank nochmal!

besten Gruß
*Christian*

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom