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7 Tage in der Hölle

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12.10.2008
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7 Tage in der Hölle

Er zitterte.
Schweiß lief über seine Stirn. Er brannte in seinen Augen. Tränen, die zur Abwehr der salzigen, brennenden Tropfen hinunterliefen, nahmen ihm die Sicht. Das Umfeld nur noch in Schlieren erkennbar. Ein paar Tropfen fielen hinunter auf den Staub, zerplatzten auf der Straße.
Er blieb stehen, nahm das schon feuchte Tuch aus der Tasche und wischte sich übers Gesicht. Das Zittern, Resultat des Kontrollverlustes über seine Muskeln, wurde stärker. Der Mund war trocken, die Lippen spröde und leicht aufgerissen. Ein weiteres Zeichen seines unnatürlichen Zustandes. Ein pelziger Geschmack hatte sich auf seine Zunge gelegt, die sich wie ein Fremdkörper in seinem Mund anfühlte.
Längst schmerzte jeder Gesichtsmuskel wegen der aufgerissenen Lippen. Doch er blieb eisern - standhaft. Und deshalb zwang er seine Beine und Muskeln, konzentrierte seinen ganzen Willen darauf, Schritt für Schritt diesen Weg weiterzugehen. Nicht dem gewollten Ziel entgegen, sondern nach Hause. In das Haus, indem seiner Frau und Tochter auf ihn warteten.

Seit Tagen nahm er die Marterung des direkten Weges in Kauf.

Sieben Tage war er schon davon ab, den gewohnten, kleinen Umweg zu gehen. Er konnte nicht mehr. Wie schön war das Leben vorher gewesen. Nur noch einen Schritt vorwärts. Und noch einen. Nicht zurückblicken, nicht zurücklaufen.
Sein gemarterter Körper streikte. In Gedanken ging er die letzte Biegung. Sah sein Haus, seine Frau, sein Kind. In Wirklichkeit rannte er zurück. Da war nur noch der Weg, die Straße, der kleine Umweg - das eigentliche Ziel.

Endlich!
Er war da. Das Herz raste, der Atem ging stoßweise und laut. Seine Hand fuhr in die Jackentasche - nichts! Linke Tasche, rechte Tasche, Gesäßtasche – absolut nichts.

Er erstarrte – dann die Befreiung.
Er lachte laut auf! Schallend, befreiend. Alles fiel von ihm ab. Er mußte einfach weiterlachen. Der Druck war mit einem Male weg. Er drehte sich um und sagte dem Ziel, dem er jahrelang treu geblieben war, endgültig Adieu.

Den Kragen hochschlagend, holte er tief Luft und ging erlöst nach Hause.
Hatte er doch selber aus weiser Vorsicht das ganze Kleingeld und die Kreditkarte aus den Taschen genommen. Und womit sollte er sich jetzt noch Zigaretten aus dem Automaten ziehen?

Vor dem Automaten stehend, hatte es auf einmal bei ihm „Klick“ gemacht. Die Sucht, der er solange verfallen war, war mit einmal besiegt.

 

Hallo Karl-Hubert Hase,

die Geschichte ist falsch. Nicht, weil man während der Raucherentwöhnung nicht so leiden würde, das ist durchaus realistisch, sondern weil sie einen für die Pointe absichtlich mit Lügen verlädt. Du tust, als ginge er nach Hause, dabei will er zum Zigarettenautomaten. Mit bewussten Irreführungen aber bereitet man keine Pointen vor.
Für eine so kurze Geschichte ist sie auch zu wenig verdichtet.
Einige Details:

Schweiß lief über seine Stirn. Er brannte in seinen Augen. Tränen, die zur Abwehr der salzigen, brennenden Tropfen hinunterliefen, nahmen ihm die Sicht nahmen.
unabhängig vom doppelten "nahmen", zu viel Erklärung gleich im ersten Satz. Dadurch zieht es sich in die Länge. Vorschlag: Schweiß lief über seine Stirn in die Augen, verursachte Tränen, die ihm die Sicht nahmen.
Die nächsten beiden Sätze streichen, oder bringen sie deine Geschichte voran?
Das Zittern nahm ihm die Kontrolle über seine Muskeln.
sachlich falsch, denn das Zittern ist Ausdruck des Konrollverlusts, nicht Ursache.
Dem Haus entgegen, wo seine Frau und seine Tochter auf ihn warteten
"wo" ist zwar eine örtliche Angabe, hier würde ich aber dennoch " in dem" schreiben.
Seit Tagen hatte er sein Ziel erreicht – und hatte verloren!
erreicht? Ich dachte,er geht gerade mühselig darauf zu.
Und wie sollte er sich jetzt noch Zigaretten aus dem Automaten ziehen?
Na, mit der Geldkarte, anders ist es doch heute eh kaum noch möglich, schließlich braucht man beim Zigarettenziehen einen Altersnachweis.

ach ja:

PS.
Dies sind meine eigenen Erfahrungen. Die, eines seit 25 Jahren nichtrauchenden Rauchers.
Solche Kommentare bitte immer in einem gesonderten Beitrag unterhalb der Geschichte.

Lieben Gruß
sim

 

@sim
Vielen Dank für deine konstruktiven Anmerkungen. Ich habe sie in dieser neuen Fassung gerne mit eingearbeitet. :)

Viele Grüße
Karl-Hubert

 

Irreführung der Leser

Hallo,

auch ich finde, dass der Leser in die Irre geführt wird. Das ist meiner Meinung schon mal erlaubt, muss dann aber entsprechend gut wieder ausgebügelt werden.

Du löst das Rätsel durch die direkte Nennung des eigentlichen Ziels, des Zigarettenautomaten. Besser wäre es gewesen, wenn du von Anfnag an den Automaten als Ziel beschreibst, aber eben in Worten, die zweideutig sind, und der Leser zwar meint, der Protagonist ginge nach Hause, in Wahrheit aber immer der Automaten beschrieben wird.
So hätte der Leser ein doppeltes Vergnügen an der Irreführung: Einmal die Pointe beim ersten Lesen, und ein andermal beim zweiten Lesen des Textes, wo er den Schlüssel des Rätsels Lösung in der Hand hat und die Doppeldeutigkeit erkennen und genießen kann. (eine sehr kurze Geschichte liest man ja auch gerne zweimal...)

Von der Idee her finde ich die Geschichte witzig.

 

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