- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 2
„Die Rechnung bitte!“
Ich saß in einem Cafe und tat das, was ein dreckiger Hund wie ich in so einem Laden eben macht ... Nikotin und Koffein zu sich nehmen. Es mochte etwa elf Uhr morgens sein. Durch die Glasfassade sah ich draußen das elende Grau. Es hatte früh angefangen zu regnen. Die Wolken verdunkelten den Tag, so dass es ebenso gut sechs Uhr abends hätte sein können. Diese verdammte Tristesse konnte einen wahnsinnig machen. Ich schlürfte den letzten Schluck Kaffee und drückte die Kippe aus. Mein Mantel war feucht und kalt. Ich zog ihn an.
Auf dem Weg zur Tür sprach mich der Kellner von der Seite an. „Also so geht das aber nicht.“
„Wie bitte?“
„Sie haben nicht bezahlt. Sie können doch nicht einfach gehen, ohne zu zahlen.“
Ich wusste doch, da war noch was. „Ach ja. Keine Absicht. Dann holen sie doch mal die Rechnung.“ Die Rechnung kam. Ich zahlte. „Danke Mann.“ Der Kellner sah mich verdutzt an. Er hatte nichts begriffen und ich keine Lust es ihm zu erklären. Ich trat hinaus auf die Straße.
Die Leute eilten mit leeren Gesichtern unter ihren Regenschirmen über den Marktplatz. Ich ging langsam. Zu einem der Häuser auf der gegenüber liegenden Seite. Ich gab einen Scheiß auf den Regen.
Die Eingangstür war nur angelehnt. Ich schritt die mit einem ausgetretenen roten Teppich überzogenen Treppenstufen hinauf.
Die Wohnungstür war schmierig. Sie zeigte die Spuren mehrerer Einbrüche. Drinnen dudelte das Radio. „Stand by your man…”. Ich zog meinen Revolver aus dem Anzug, ließ ihn vorläufig aber noch unter dem Mantel.
Ich klopfte. Als die Tür sich öffnete drängte ich mich in das Zimmer und zog die Knarre aus dem Mantel.
Erschrocken stotterte er: „Hey Consuelo, Alter. Was soll das denn?“
„Das weißt du genau Frankie. Ich schulde dir was.“
„Was? Ich kapier gar nix Mann.“ Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Aber sie war nicht der Ratgeber, den er jetzt brauchte. Sie war nur gut zum Weglaufen. Vor sich selbst. Vor anderen. Dazu war es nun zu spät.
„Wir sind Freunde Frankie. Wie konntest du mich verraten?“
„Hab ich nicht verdammt! Ich bins nicht gewesen.“ Was für ein uneinsichtiger Bastard er doch war. Er hatte mein Vertrauen in Anspruch genommen und wollte sich nun vor der Rechnung drücken.
„Du bist eine dreckige Natter Frankie, aber ich respektiere dich.“ Das verdammte Radio nervte mich „Stand by your man...“. Ich zielte an seinem Kopf vorbei und zerschoss es.
Er fing an zu wimmern. „Mach keinen Scheiß Mann.“
Ich hörte ein Geräusch hinter mir. Noch bevor ich mich umgedreht hatte, spürte ich einen heftigen Schmerz auf dem Hinterkopf. Mir wurde schwarz vor Augen.
Als ich zu mir kam lag ich auf dem versifften roten Teppich im Treppenhaus. Sie hatten mich die Stufen runtergeschmissen. Ich wusste nicht wie viele Stockwerke ich gefallen war. Meine Kleidung war durchtränkt von Wasser und Blut. Der Revolver war weg. Mein Körper schmerzte. Ich hätte nicht sagen können wo. Es tat einfach alles weh. Die Wohnungstür neben mir öffnete sich einen Spalt und eine Alte mit schlechten Zähnen steckte ihren Kopf heraus. „Machen sie, dass sie wegkommen oder ich rufe die Bullen!“
„Is ja gut Oma.“ Ich wusste verdammt noch mal gar nicht, ob ich laufen konnte. Die Tür war schon wieder zu.
Ich kam wieder auf die Beine, ging aber nicht raus, sondern schleppte mich die Stufen wieder hinauf. Jemand musste Frankie die Rechnung bringen. Das war man ihm schuldig. Wer außer mir würde es tun? Ich trat die Tür ein. Er hatte meinen Revolver in der Hand und sprang vom Sofa auf. Ich sah die Mündung vor meinem Gesicht. Seine Freundin stand neben ihm. Sie hatte einen Baseball Schläger in der Hand.
„Siehst du Frankie, du brauchst das Radio nicht mehr. Bist ein glücklicher Mensch. Hast ne Frau, die dir den Arsch rettet. Helfen wird dir das trotzdem nicht. Glück und Unglück liegen nicht weit auseinander.“
„Du bist irre Mann, dass du noch mal hier reinkommst und solchen Mist redest. Ich knall dich ab.“ Er drückte den Abzug. Es klickte. Der verdammte Amateur hätte mir tatsächlich von Angesicht zu Angesicht in die Visage geschossen.
„Scheint keine Kugel mehr drin zu sein Frankie.“ Ich grinste. Sein Gesichtsausdruck wurde hysterisch. Ich schlug ihm mitten hinein. Er taumelte rückwärts und fiel auf das Sofa. „Ich wusste, dass du die Patrone nicht wert bist. Wir sind Freunde, aber das kapierst du nicht. Dreckige Natter.“
Ich drehte mich um und ging. Seine Frau schwang die Keule. Ich duckte mich und sie schlug daneben. Ich hörte einen dumpfen Aufprall, der nicht vom Mobiliar stammte. Sie begann wie wahnsinnig zu schreien.