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a, e, i, o, ü
„Und Sie hießen wie?“
-„Yildim.“
„Woher kommen Sie?“
-„Hamburg.“
„Nein. Woher kommen Sie ursprünglich?“
-„Hamburg.“
„…Gut. Sie hören dann von mir. Uns.“
-„Ja, vielen Dank nochmals.“
„Keine Ursache Herr…Yildim.“
Auf die Straße ging er. Dort, wo er zuvor herkam.
In Hamburg war es ganz nett, manchmal schlimmer. Die Leute kümmerten sich nur um sich selbst. Das Wetter war mies, die Taschen leer.
Jetzt war er hier. Er brauchte Arbeit. Also ging er auf die Straße. Und von dort aus zu Firmen. Vielmehr erst zu einem Kiosk, um sich eine Zeitung zu kaufen, der Stellenanzeigen wegen. Dann ging er aber.
Und so ging er und so ging es schon drei Wochen lang.
Er war wirklich freundlich. Das sagte ihm jeder. Man könnte ein Telefonbuch herauskramen und eine beliebige Nummer daraus wählen. Jeder hätte gesagt, der Yildim sei wirklich nett.
Das sagten auch seine potenziellen Arbeitgeber. Kurz bevor sie ihn verabschiedeten.
„Studiert haben Sie?“
-„Ja.“
„Interessant.“
-„Das ist ja heutzutage notwendig, nicht wahr?“
„Bei uns auf jeden Fall.“
-„Bei so einem großen Unternehmen wie Ihrem ist das ja auch wirklich kein Wunder. Aber ich bin absolut qualifiziert.“
„Kann schon sein. Sagen Sie, wie war doch noch gleich ihr Name?“
Er hätte traurig sein können. Wäre ja nur menschlich. War er aber nie. Niemals. Wirklich. Kann ich beschwören. Tja, der war schon jemand.
Später bekam er dann doch noch Arbeit. Natürlich. Es gibt ja nicht nur Unmenschen auf dieser Welt. Zwar musste er an einem Fließband arbeiten, wofür er sicherlich überqualifiziert war. Aber was soll man machen? Was soll man machen…?
Er war hart im Nehmen. Er sah zwar ein bisschen klapprig aus, ist nicht bös gemeint, aber er war zumindest von geistiger Stärke.
Das hat man immer wieder gemerkt. Im Blick. Der sah einen nur an und man wusste, dass der immer noch was aus sich machen konnte.
Na ja. Daraus wurde dann ja nichts. Ich weiß auch nicht, woran es lag. Der war ja wie du und ich. Nur halt…Sie wissen schon.
„Hey du!“
-„Ja?“
„Was willst du hier?“
-„Nichts weiter. Nur hier langgehen. Mehr nicht.“
„Das geht aber nicht, verstanden!?“
-"Okay, dann geh’ ich halt wieder.“
„Nein. Du bleibst schön hier. Umdrehen ist jetzt zu spät für dich. Wo kommst du denn her?“
-„Hamburg.“
„Hamburg? Wie nett. Wohnst du schon lange da?“
-„Mein ganzes Leben lang. Na ja, jetzt lebe ich ja hier, in dieser Stadt.“
„Dein ganzes Leben lang? Siehst aber nicht gerade aus wie ein Hamburger, ein Deutscher? Dafür hast du doch sicher einen richtigen deutschen Namen, oder?“
Man fand ihn dann zwei, höchstens drei Stunden später in ’nem Busch oder so. Der sah vielleicht aus…
Nach ein paar Wochen ging es dann aber wieder mit ihm. Er war wie gesagt hart im Nehmen. Muss man ja auch heute. Jeder muss das. Da gibt es ja keine Unterschiede.
Manchmal tat der mir auch Leid. Ich glaube auch nicht, dass er das provoziert hatte. So einer war der nicht. Freundlich war der. Nein, richtig zuvorkommend.
Später verließ er ja dann die Stadt. Wohin, weiß ich nicht. Sagte er auch nicht. Wir haben uns ja nicht so oft unterhalten. Ich habe dann erst später erfahren, was mit dem geschehen ist. Üble Sache. Und dabei war er wirklich nett. Ich selbst hatte ja nie Probleme mit dem.
Warum auch? So gut kannte ich den dann doch nicht. Der kam halt…aus Hamburg.